Hässliche Städte in Deutschland

  • Eigentlich mag ich keine Diskussion anfangen, die in eine der seit APH-Zeiten verpönten Kategorien fällt, in diesem Fall in die des omnipräsenten Städtevergleichs.

    Aber https://www.stadtbild-deutschland.org/forum/index.ph…adtbild-gesucht reizt mich doch zu sehr, um zu widerstehen.

    Dass Pforzheim als erstes genannt wird, wenn es um extem hässliche, vom Brutalismus der 60er- und 70er-Jahre geprägte und mittlerweile verranzte Städte geht, verwundert wohl niemanden. Wer hätte allen Ernstes etwas anderes erwartet?

    Aber dann kommt Köln. Ist die größte Altstadt Deutschlands heutzutage die hässlichste?

    Ich habe Köln nur einmal gesehen, und ausschließlich aus der Zugperspektive. Es war von bedrückender Hässlichkeit. Wie kann es sein, dass sich eine so stolze Stadt wie Köln so kaputtgemacht hat?

  • Das lässt sich vielleicht mit der rheinischen Selbstzufriedenheit erklären. Wir haben ja den Dom, die romanischen Kirchen, also wem interessiert der Rest :aufdenkopf:

    Vielleicht wollte man aber auch wie in nicht allzu vielen anderen Städten in der West-BRD mit der Vergangenheit komplett brutal "aufräumen" und einen "Bruch" durch die Architektur vollziehen? Die verkehrgerechte Stadt hat wohl auch ne Rolle gespielt siehe Domplatte und B55, sowie die Straße Blaubach...

  • Es gibt dort auch kein Bewusstsein, das Stadtbild zu verbessern. Das sehen wir ja beim Dom-Hotel, dem man, statt das historische Dach zu rekonstruieren, das eine enorme Aufwertung bedeuten würde, lieber ein UFO aufs Obergeschoss setzt, auf die Gefahr hin, in zwanzig Jahren wieder unmodern zu wirken. Ähnlich der Umgang mit vorhandener Substanz wie der ehemaligen Reichsbank, die man einfach entstuckt und ohne Giebel belässt. Das ist Frankfurt zumindest mittlerweile ein Stückchen weiter.

  • Bis auf den Dom empfand ich Köln auch als äußerst häßlich.

    Gut, auch Waldkraiburg ist alles andere als schön, nur im Gegensatz zu Köln, war Waldkraiburg zu vor nur Kasernengelände und wurde erst nach dem Krieg von vertriebenen Flüchtlingen erbaut, da blieb natürlich keine Zeit, architektonisch anspruchsvolle Bauten zu errichten.

    In Köln hingegen hätte vieles erhalten und wieder aufgebaut werden können.

  • In Köln hat man immerhin noch südlich von Groß Sankt Martin versucht, so eine Art von Altstadt frei nachzugestalten, es gibt da eine Reihe von Gassen, wobei meist aber sofort ersichtlich ist, daß es sich um Nachkriegsbauten handelt:

    Altstadt-Nord (Köln)

    Das ganze endet dann aber schon am Alter Markt und Heumarkt mit eher mittelprächtigen Bauten, ein paar Fotos von 2010 habe ich noch. Verglichen mit der Gesamtstadt ist das aber nur winzig.

    Ludwigshafen ist natürlich auch nicht gerade eine klassische Schönheit und gilt mithin als häßlichste Stadt Süddeutschlands, allerdings war da ja auch früher kaum etwas und auf Nachkriegsfotos sieht man im Gegensatz zu Mannheim auch flächendeckend komplette Zerstörung.

    Was ich auch äußerst häßlich finde, ist Hamburg - verläßt man da die üblichen Postkartenansichten wie die Binnen-/Außenalster und das Rathaus, erweist sich schon die Innenstadt als äußerst zubetoniert. Gleiches gilt für Altona, von der City-Süd und gruseligen Vororten wie den eingemeindeten Wilhelmsburg und Harburg ganz zu schweigen.

    Vielleicht wollte man aber auch wie in nicht allzu vielen anderen Städten in der West-BRD mit der Vergangenheit komplett brutal "aufräumen" und einen "Bruch" durch die Architektur vollziehen?

    Das ist ganz sicher einer der Hauptgründe, schließlich wurde ja vielerorts noch nach dem Krieg sehr viel abgerissen. Die Gedanken zur Entwicklung einer neuen Stadt gehen aber schon auf die 20er Jahre zurück und wurden teilweise auch schon vor den Zerstörungen des 2. Weltkriegs umgesetzt, übrigens auch im Ausland, z. B. in Warschau (Funktionalismus, Modernismus).

    Wobei aber auch schon vor dem 1. Weltkrieg und speziell ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch schon sehr umfassend abgerissen wurde, man denke nur mal an Dresden oder Breslau.

    sou perfeito porque / igualzinho a você / eu não presto

  • Was ich auch äußerst häßlich finde, ist Hamburg

    Das empfinde ich gar nicht so. Hamburg hat doch an ganz vielen Ecken ein ganz besonderes Flair, schon durch die Nähe zum Wasser.

    Ludwigshafen ist eine Stadtgründung des 19. Jahrhunderts. Zudem wurde die Stadt im zweiten Weltkrieg stark zerstört. Da darfst Du nicht viel Historisches erwarten. Es gibt indes Gründerzeit-Abschnitte. Aber, allgemein ist die Stadt sehr übersichtlich und klar strukturiert, was ich angenehm empfand. Und wenn mal die Hochstraße Nord verschwindet und einem ebenerdigen Boulevard Platz macht, wird die Stadt auch städtebaulich hinzugewonnen haben.

  • Ludwigshafen finde ich ja vergleichsweise auch gar nicht so schlecht, den Hemshof auf jeden Fall angenehmer als das angebliche In-Viertel Jungbusch in Mannheim, siehe auch:

    Ludwigshafen am Rhein (Galerie)

    Hamburg finde ich ja irgendwie sympathisch, ich habe 2014 sogar mal dort Urlaub gemacht, aber im klassischen Sinne schön fand ich Hamburg nicht, zumal das Zentrum für eine so einwohnerstarke Stadt (natürlich durch das Groß-Hamburg-Gesetz) auch sehr klein ist.

    Im direkten Vergleich würde ich Berlin ganz weit vorn sehen (auch wenn dort nicht so schrecklich viel rekonstruiert wurde, hat die Innenstadt doch Flair), gefolgt von München. Köln ist sicherlich urbaner als Hamburg, aber leider ziemlich häßlich und heruntergekommen.

    sou perfeito porque / igualzinho a você / eu não presto

  • Ich bin heute mal wieder an dem Viertel rund um den "Mailänder Platz" (die armen Mailänder) in Stuttgart vorbeigefahren. Es ist wirklich absolut furchtbar. Nichts als riesige, monotone Baukörper und Rasterfassaden, die Seele friert regelrecht beim Anblick. Wenn sich so heutige Architekten Städtebau vorstellen, dann gute Nacht.

  • Unglaublich hässlich ist auch Kiel. Die ehemals sehr pittoreske kleine Altstadt wurde um zweiten Weltkrieg leider nahezu vollständig zertört. Heute ist sie nur noch ein grauenvolles Sammelsurium aus Nachrkiegs-Müll. Fast der gesamte südliche Bereich der "Altstadt" wird heute durch ein riesiges Einkaufszentrum und Parkhäuser belegt.

    Nennenswert sind nur noch der an die Altstadt angrenzende stadtbildprägende Rathauskomplex von 1911, sowie die Stadtkirche St. Nikolai, die allerdings auch nur unzureichend wiederaufgebaut wurde (veränderter Turm, fehlendes Gewölbe) und der Rantzaubau am Schloss (das selbst zerstört und durch einen hässlichen Kasten von 1961 ersetzt wurde).

    Ich bekomme jedes Mal regelrecht Beklemmungen, wenn ich mal nach Kiel muss und versuche das zu vermeiden wo immer es geht.

    Das alte Stadtbild lässt sich auf diesem Bild erahnen:
    Alter_Markt_Kiel_1868.jpg

    Alter Markt in Kiel, 1868. Quelle: Wikipedia, gemeinfrei

    Ähnliche Perspektive heute. Die den Alten Markt vollkommen verstellenden und verschandelnden "Pavillons" von 1972 sollten erst abgerissen werden, wurden aber dann inzwischen tatsächlich unter Denmalschutz gestellt. So tickt man halt in Kiel... :kopfschuetteln: