Bremen - Essighaus (Allgemeines)

  • Die Planungen von Herrn Dr. Christian Jacobs hinsichtlich einer Rekonstruktion der Essighaus-Fassade (in was für einer dubiosen Umsetzung auch immer) haben sich als das erwiesen, was sie leider von Anbeginn waren: Als eine Schimäre !

    Warner, wie 'von Zieten', hatten von Anbeginn an vollkommen recht...

  • Man fragt sich allmählich, ob es sich noch lohnt, sich in dieser Stadt in irgend einer Weise für das historische Stadtbild einzusetzen. Die sich mit der Stadt verbunden fühlenden Autochthonen werden immer weniger (und sind jetzt schon in der deutlichen Minderheit), die Politik hat vollkommen anderer Prioritäten und die Wirtschaft blickt lediglich auf die Stimmigkeit ihrer Bilanzen.

    Finis Brema(e) !

  • Lieber Pagentorn , gräme Dich nicht, zu sehr, erfreue Dich an dem was bleibt! Auch wenn es Dich in der Causa Bremen nicht tröstet, so wirst Du auch insbesondere beim Durchstöbern dieses Forums erkennen, dass unsere Gesellschaft baukulturell ein tiefes und langes Tal durchläuft, trotz kurzzeitiger Leuchtturmprojekte wie wir sie anhand von Rekonstruktionsmaßnahmen erleben durften. Das unbefriedigende Mittelmaß wird allerorts als Zugeständnis gefeiert, gewürdigt oder schlimmstenfalls verteidigt und der brachiale vom Ort losgelöste Modernismus in all seinen verheerenden Facetten ist trotz oder gerade wegen der derzeitigen Krisen auf dem Vormarsch. Bremen ist insofern auch kein Einzelfall.

  • Um auch nicht in das Thema Involvierte mit den Basisdaten zu informieren, sind einige Links sehr hilfreich.

    Es geht um dieses Gebäude:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Essighaus

    Die Fassade sollte rekonstruiert werden:

    https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/po…ighaus-100.html

    Das hat sich nun leider wohl zerschlagen:

    https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtte…kt5clk1ff8szgup

    Ich hoffe, dass sie somit gar nichts an der gegenwärtigen Situation ändern.

  • Und dennoch !

    Auch wenn uns momentan der Wind steif ins Gesicht weht und einige schon den Terminus des 'Scheiterns' mit unserem Verein und seinen Zielen in Verbindung bringen, lassen wir uns von diesem Defätismus nicht anstecken.

    Mir sei erlaubt in diesem Zusammenhang ein Luther-Zitat zu bringen:

    "Und wenn die Welt voll Teufel wär

    Und wollten uns gar verschlingen,

    So fürchten wir uns nicht so sehr,

    Es soll uns doch gelingen."

    Die aktuellen 'Erfolge' des Zeitgeistes (Drama um die Garnisonkirche, Kuppelinschrift an der Berliner Schloßkapelle, Misere des Bremer Essighauses) werden sich auf Dauer als Pyrrhussiege erweisen.

    Letztendlich werden die Deutschen nämlich erkennen, dass sich ihre Identität nur mit individueller, historisch gewachsener Baukunst- und eben nicht mit austauschbarer Beliebigkeit wird retten lassen.

    Der aktuell betriebene Kult der Häßlichkeit (der konsequent zu Ende gedacht auf Tod und Teufel zurückgeht) wird mitsamt seinen weltlichen Statthaltern überwunden und unwiederbringlich 'entsorgt' werden !

    Insofern gehört die Zukunft nicht 'Schattenwürfen' und Rechenzentren, sondern der Garnisonkirche, dem Kornhaus, St. Ansgarii und dem Essighaus.

  • Dokumentation der aktuellen Innenräume und ihres Potentials

    Vor einigen Jahren hatte ich ja die Gelegenheit, das Erdgeschoss des Essighauses in seiner gegenwärtigen Form in Augenschein nehmen zu können. Da seinerzeit der Bankbetrieb in dem Gebäude noch andauerte, waren mir die Obergeschosse - aus verständlichen Sicherheitserwägungen heraus - allerdings nicht zugänglich.

    Durch den geplanten weitreichenden Eingriff in die vorhandenen Bausubstanz drohen nun nicht nur diese Obergeschosse und die in ihnen bestehende Raumaufteilung undokumentiert unterzugehen, sondern auch die bisher noch erhaltenen historischen Teile des Hinterhauses - wie z.B. die Innensituation des nördlichen Ausganges ('Dies Haus hat die Gerechtigkeit des Ganges') -, welche evtl. mit dem 'steinernen Haus' des Arnd von Gröpelingen identisch sind, für immer vernichtet zu werden.

    Verantwortungsvolle Journalisten und Kunsthistoriker hätten hier ein sinnvolles Betätigungsfeld: Sie könnten durch ein Dossier über diese, den allermeisten Bremern niemals zugänglichen und daher völlig unbekannten Räume, vielleicht in letzter Sekunde ein Umdenken bei den Verantwortlichen bewirken. Denn Popularität ließe sich mit der Zerstörung der bestehenden Innenräume (welche durchaus Potential haben) und deren Ersetzung durch sterile, austauschbare Allerwelts-Büroräume für den Investor sicher nicht generieren.

    Mit der reinen Chronologie der Essighaus-Diskussion der vergangenen Jahre ist hingegen nicht wirklich etwas gewonnen...

  • Gibt es denn in Bremen wirklich keine Vereinigung, die sich mit dem Thema Denkmalpflege oder Baukultur auseinandersetzt und für den Erhalt historischer Bauten einsetzt? Mit einem Jakku Scum wie im APH rettet man keine Häuser.

    Was die Obergeschosse betrifft, die Sie nicht besichtigen konnten, müsste doch die Denkmalpflege von sich aus in Sachen Dokumentation aktiv werden. Ein Denkmalstatus besteht ja bei den Gebäuden, respektive Einzelteilen davon. Und wenn sie es nicht tut, müssten Bürger oder ebene eine Vereinigung das öffentlich fordern, sodass die Denkmalpflege in Zugzwang kommt (auch wenn es nur für eine Dokumentation ist).

  • Beiratssitzung zum Essighaus - 01. März 2022

    Heute Abend tagte der Beirat Bremen-Mitte (das für das Altstadtgebiet zuständige 'Lokalparlament') zum Thema 'neues Essighaus' in Form einer 'Zoom-Konferenz', wobei auch die Öffentlichkeit zugelassen und frageberechtigt war.

    Ich darf einmal die für uns hier entscheidenden Punkte zusammenfassen:

    1. Die Visualisierungen der im letzten Sommer überarbeiteten Planungen (Schattenwurf statt Fassaden-Reko)

    werden ab morgen zur öffentlichen Einsichtnahme in der Baubehörde ausliegen.

    Spätestens dann könnte ich auch die von mir angefertigten Screenshots hier einstellen, sofern kein Administrator rechtliche Bedenken dagegen hat.

    2. Die aus dem Mittelalter stammenden Mauern des 'steinernen Hauses' (des Arnd von Gröpelingen) bleiben erhalten.

    3. Der historische Nordeingang mit dem Portal und der Inschrift ("Dieses Haus hat die Gerechtigkeit des Ganges") bleibt erhalten und wird wahrscheinlich für die Öffentlichkeit geöffnet; zumal auch als möglicher - und rechtlich erforderlicher - Notausgang der im Erdgeschoss geplanten gastronomischen Nutzung.

    4. Der Grundiß des Erdgeschosses und des Zwischengeschosses wird im Bereich des Essighauses als eigenständig erfahrbarer Baukörper hergestellt. D.h. die schmale Diele der Vorkriegszeit wird zurückkehren, wobei insbesondere das Schnitzwerk wieder als Galerie des Zwischengeschosses erfahrbar wird - so wie nach dem Umbau durch Albert Dunkel.

    5. Neben den Architekturspolien soll auch alles bisher erhaltene, angestammte Inventar (insbesondere die Gemälde) im Hause verbleiben und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (was seit dem Einzug der Bank im Jahre 1972 nicht mehr der Fall war).

    6. Der Beirat wird - nach endgültigem Auszug des Bankbetriebes - eine Ortsbegehung durchführen, um den Istzustand, der auch den Beiratsmitgliedern vollkommen fremd ist, noch einmal kennenzulernen.

    7. Einem von einem weiteren Gast mit viel Herzblut vorgebrachter Apell an die Planer von Herrn Dr. Jacobs, doch noch eine Fassaden-Reko in Erwägung zu ziehen, wurde mit den üblichen Gegenargumenten (Planungen schon zu weit fortgeschritten, Reko zu teuer und letztlich auch - in Übereinstimmung mit dem Denkmalpfleger - als 'Disney' abzulehnen) begegnet.

    8. Fazit:

    Sehen wir es positiv: Im Innern kommt mehr als man erwarten konnte. Die Außengestaltung ist demgegenüber gewöhnungsbedürftig - auch wenn zumindest das Obergeschoss der Utluchten und das Oculus-Fenster dazwischen nun doch rekonstruiert werden. Daher kann man nur hoffen, daß wir in Bremen die Methode Boddien umdrehen: Erst das Innere und irgendwann später das Äußere...

  • Sorry, das nun geplante Ergebnis sieht für mich nach "Disneyland" aus. Das ist ein x-beliebiger Büro-Rasterbau, den sie nun durch ein Staffelgeschoss mit Pseudo-"Giebel"-Andeutung irgendwie als "Erinnerungsbau" verkaufen wollen. Das sieht schrecklich aus. Ehrlicher wäre es wenigstens gewesen, gleich einen viereckigen Klotz dort hinzustellen. Sehr schade, wie sich diese Ecke nun ästhetisch nochmals verschlechtert. Herr Jacobs hat Bremen einen Bärendienst erwiesen.

  • Disneyland würde ich das nicht nennen - Disneyland ist manierisch.

    Diese Planung ist End-60er-Anfang70er-08/15-Scheußlichkeit, mit drangeklatschten Spolien.

    Diese Fassade ist scheußlich.

    Die Frage ist halt, ob die evt. einfach entfernbar ist und der Grundbau als solcher nachträglich mit einer besseren Fassade versehen werden könnte.

  • Pilaster am Durchgang zum Hinterhaus

    Ja, bisher gibt es sie noch, die beiden Pilaster, die den Durchgang vom Vorderhaus zum Hinterhaus flankieren, auch wenn der rechte - wohl durch Kriegsbeschädigung und nachfolgenden veränderten Wiederaufbau des Bereichs höhenreduziert wurde.

    01 Die Pilaster in ihrem - wohl von Albert Dunkel arrangierten - Umfeld vor der Zerstörung.

    02 + 03 Die Pilaster im Herbst 2018 (eigene Fotos)

  • Rechtzeitige Auslagerung des 'mobilisierbaren' Inventars

    Wer sich fragt, wie z.B. das Schnitzwerk der Galerie (zu dem ich in den nächsten Tagen hier noch Bildmaterial aus dem Jahre 2018 einstellen werde) die totale Zerstörung des Vorderhauses im Dezember 1943 so unbeschadet (wenn auch heute weiß gefaßt) überstehen konnte, der findet in dem folgenden Artikel aus der Bremer Zeitung vom 19. Oktober 1944 die Antwort:

  • Auszug aus dem Protokoll der Beiratssitzung vom 06.Juli 2021

    (Also nicht der jüngsten, oben erwähnten 'Zoom-Sitzung')

    Bei dieser Sitzung waren insbesondere auch die Anwohner und Eigentümer der das Essighaus umgebenden Immobilien zugegen.

    Wer wohl dieser Professor aus der Schweiz sein mag...???

  • Diele des Essighausneubaus von Schott und Wortmann

    Das folgende erste Foto zeigt den Blick von der Estrade vor dem oben gezeigten, pilaster-umrahmten Durchgang zum Hinterhaus in die von Erik Schott und Wilhelm Wortmann in den Jahren 1951 bis 1955 neu geschaffene 'Diele' des Essighauses. Als Unterschiede zum zerstörten Vorkriegszustand fallen unter anderem auf: Die Westwand der Halle ist nun durchfenstert, was vor dem Kriege natürlich nicht möglich war, da sich dort ein unmittelbar - Wand an Wand - angrenzendes Nachbargebäude befand. Die Ostwand der Halle ist in eine zweietagige Arkatur aufgelöst, da das - vor dem Krieg nur durch Durchbrüche zugängliche östliche Nachbarhaus nun als integraler Bestandteil des Essighausneubaus direkt verbunden worden ist. Dafür fehlt der zweietagige Einbau zur Linken (der ehedem Kontor und Küche bzw. Wohn- und Schlafstube enthielt). Was aber vor allem den Raumeindruck im Vergleich zur Vorkriegsdiele absetzt, ist das Fehlen des Halbgeschosses mit seinem Hängewerk. Dessen - durch Auslagerung - gerettete, künstlerisch hochwertvolle Brüstungsfelder sind nun als umlaufender Fries montiert. Modifiziert wurde auch der Windfang, der nun einen eigenen Raum im Erdgeschoss bildet und kein hölzerner, nur die Eingangstür umkleidender, 'Kasten' mehr ist. Das zu sehende Schiffsmodell ist mit dem der Vorkriegszeit nicht identisch und hängt nun in der Mitte des , Raumes (was durch den Wegfall des Hängewerks möglich wurde), statt wie sein Vorgänger in der nordöstlichen Ecke der Diele, vor dem großen Fenster zum Innenhof. In dieser Positionierung fügt es dem Raum aber einen ganz zarten, homöophathischen Hauch von Schiffergesellschaft am Koberg hinzu. Frank1204 möge mir diesen Vergleich verzeihen...

    28.jpg

    Das zweite Foto zeigt die Situation, wie sie sich mir im Jahre 2018 darstellte, in der Nutzung als Foyer der Factoring Bank (die seit der ersten einschlägigen Umnutzung durch das Bankhaus Martens & Weyhausen auch schon mehrere Male modifiziert wurde). Neben der Beseitigung der Restaurantmöbel ist die markanteste Veränderung in der Entfernung der Trennwände und der Windfang-Innentür zu sehen. Zudem wurden die Arkaden zur Linken ganz bis auf Bodenniveau geöffnet. Auch die Statue eines Herren in Renaissance-Tracht (unbekannter Provenienz und Identität - soll vielleicht den Ratsherren Esich repräsentieren !?) gab es zur Zeit der Nutzung als Gastronomie noch nicht. Weshalb man das Schiffsmodell durch den gräßlichen Radleuchter ersetzt und auf der Brüstung der Estrade 'geparkt' hat, ist mir unverständlich. Ebenso der kindische Wandbehang mit seinen grellen, zur gediegenen Atmosphäre total unpassenden Farben.

    P1360040---Kopie.jpg

  • Eine weitere Veränderung zwischen dem Originalzustand der 50er Jahre und dem des Jahres 2018 ist übrigens die offensichtlich tiefer gezogene Decke. Die Balken (oder sollte man von Trägern sprechen), die der Decke eine Struktur gaben und die zwischen ihnen liegenden Fächer mit ihren Deckenleuchten rahmten, sind nicht mehr zu sehen. Statt dessen herrscht nun eine eintönige Flächigkeit vor, in die zahlreiche Punktstrahler eingeschnitten sind.