Der obere Gebäudeschwerpunkt auf historischen Ansichten:
Die ersten drei fast zeitgleich entstandenen Ansichten zeigen die obersten drei Mühlen St. Georgen-Str. 36, den Vorgängerbau von Obere Mühlentreppe 2 und Mühlenstr. 30. Der Vergleich ergibt ein zuverlässiges Abbild der Bauten im frühen 19. Jahrhundert:
Oberste Partie der Mülenen und Mühlegg. Radierung von Joh.(?) Joachim Bernet, 1822. Kulturmuseum St. Gallen.
Die älteste Detailansicht der oberen Mülenen ist eine Radierung im Kulturmuseum St. Gallen. Im Onlinekatalog ist sie seitenverkehrt abgebildet, sodass die Schrift unten richtig erscheint. Tatsächlich handelt es sich um einen Druck, bei dem aus irgendwelchen Gründen auch immer die Ansicht spiegelverkehrt wiedergegeben wurde. Für die Beschreibung hier wurde die Ansicht wieder gespiegelt, sodass sie der Realität entspricht.
Von unten nach oben sind Mühlenstr. 30, der Vorgängerbau von Obere Mühlentreppe 2 und St. Georgen-Str. 36 festgehalten. Alle drei Bauten weisen zur Steinach hin je zwei in der Höhe versetzte Antriebsgehäuse für Mühlenräder auf. Bemerkenswert ist das asymmetrische Satteldach von St. Georgen-Str. 36, das gegen Osten nur noch einen Kniestock zuliess. Bereits Hädener zeichnete 1789 das Dach in dieser Form, ebenso der anonyme Zeichner der übernächsten Ansicht. Rechts von Nr. 36 erkennt man auch den hölzernen Mühlenkanal.
Das Haus in der Mitte oben ist der Vorgängerbau von St. Georgen-Str. 39, der nicht mehr zur Mülenen gehörte, sondern bereits zur Mühlegg.
Oberste Partie der Mülenen. Radierung von Johann Jakob Rietmann, 1833, unbekannte Sammlung.
St. Georgen-Str. 36 sieht man hier rechts noch in einem Zustand vor den Modernisierungen im 19. Jahrhundert. Es war ein Sichtfachwerkbau mit einem Nord-Süd ausgerichteten Satteldach und besass an der westlichen Traufseite zwei Gehäuse für Mühlenräder. Am Bildrand rechts ist der aufgeständerte Mühlenkanal noch knapp sichtbar. Er führte das Wasser auf Bodenhöhe des 2. Obergeschosses in das Haus hinein, wo wahrscheinlich im 1. Ober- und im Erdgeschoss Mühlenräder bestanden. In diesem Teil des Hauses zeugen heute noch vom Unter- bis ins 1. Obergeschoss die dicken Flankenmauern, wo einst das Wasser durchgeführt wurde. Zwischen beiden Antriebsgehäusen war offenbar noch ein Plumpsklo angeordnet, unter dem zwei Holzkanäle die Hinterlassenschaften direkt in die Steinach entliessen. Auf dem Dach bestand ein Zwerchhaus.
Auch beim darunter folgenden Vorgängerbau von Obere Mühlentreppe 2 sieht man zwei Gehäuse für den Wassereinlass und für einen Mühlradantrieb. Darunter folgt der südwestliche rückwärtige Giebel von Mühlenstr. 30 mit angebauten Antriebsgehäuse.
Zum Vergleich nochmals die entsprechende Ansicht von heute aus dem vorangehenden Beitrag:
St. Georgen-Str. 36 von der Gottfried-Keller-Strasse aus, dahinter Obere Mühlentreppe 2.
Oberste Partie der Mülenen und Mühlegg. Anonyme Gouache, 1. Hälfte 19. Jahrhundert, Kulturmuseum St. Gallen.
Die Ansicht von unten zeigt die drei Mühlen mit dem gleichen Aussehen wie in der ersten Ansicht. Man erkennt, dass auch Mühlenstr. 30 (vorne) und Obere Mühlentreppe 2 (in der Mitte) zwei in der Höhe versetzte Antriebsgehäuse hintereinander besassen. Zuoberst ist der hölzerne Mühlenkanal festgehalten, der von der heutigen Kreuzung Gottfried-Keller-Strasse / St. Georgen-Strasse exakt der heutigen Parzellengrenze entlang zur St. Georgen-Strasse 36 verlief. Ihr Satteldach zeigt auch hier eine asymmetrische Form. Im Vordergrund zeigt die Traufseite von Mühlenstr. 30 noch Sichtfachwerk mit Klebdächlein.
In der Mitte links bestanden noch die Vorgänger- oder Kernbauten der einstigen Farb St. Georgen-Str. 34. Das kleine Häuschen darüber mit Walmdach und Kamin besteht heute noch in derselben Form und steht unter Denkmalschutz. Es gehörte zu einer grossen landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft, auf der in den 1940er Jahren die heutige Kronberg-Siedlung mit einheitlichen Wohnblöcken erstellt wurde. Knapp angeschnitten ist zudem wohl Mühlenweg 31.
Rechts oben führt die Mühlenstrasse nach links 'ums Eck' zum Vorgängerbau von St. Georgen-Str. 39, der zwischen 1948 und 1964 durch den heutigen Bau ersetzt wurde. Hier beginnt die heute noch so benannte Gebäudeansammlung 'Mühlegg'.
Der obere Gebäudeschwerpunkt in einem Ausschnitt aus der Gouache von 1853 von Liedl (ganzes Bild siehe hier).
Die Ansicht Liedls zeigt links Mühlenweg 31 bereits in der heutigen Form mit Walmdach und dahinter die um- oder neugebaute Farb St. Georgen-Str. 34. Sie wird von einem flachen Satteldach bedeckt, das nach Osten weit auskragt. Wahrscheinlich wurden dort die gefärbten Tuchbahnen zum Trocknen aufgehängt, wo die Sonne nicht so stark daraufschien.
Von rechts unten bis zur Mitte erkennt man Mühlenstr. 26 mit dem Mansarddach, dann unscheinbar wohl den Vorgängerbau von Nr. 28, und dann Nr. 30 noch mit Reihenfenstern und Zugläden an der nordöstlichen Giebelfront. Weiter folgt der Vorgängerbau von Obere Mühlentreppe 2 mit einem Anbau links und einem Vorbau rechts. Das grosse Gebäude zuoberst ist St. Georgen-Str. 36, das zwischenzeitlich ein Walmdach mit zwei Lukarnen erhielt. Deutlich ist an der linken Ecke erstmals die heute noch bestehende Auskragung mit dem Hauseingang darunter festgehalten.
'Ob. Mühlenen, St. Georgenweg'. Bleistiftskizze zwischen 1855 und 1859, Johann Jakob Rietmann, Kantonsbibliothek St. Gallen.
Aus derselben Richtung zeichnete Rietmann etwa 25 Jahre nach seiner Radierung von 1833 vorne Mühlenweg 31 und Obere Mühlentreppe 2 und dahinter St. Georgen-Str. 34 und 36. Baulich entsprechen alle Bauten der wenige Jahre vorher entstandenen Ansicht Liedls.
Oberste Partie der Mülenen. Bleistiftzeichnung von Johann Jakob Rietmann, 1857, Kantonsbibliothek St. Gallen.
Rietmann schuf ab den 1830er Jahren bis zu seinem Tod 1868 sehr viele Skizzen von der Stadt und der ganzen Ostschweiz, von denen er einige zu detaillierten Bleistiftzeichnungen ausarbeitete. Seine schönsten Ansichten höhte er zudem noch mit weisser Farbe, sodass eindrückliche Ansichten mit Licht und Schatten entstanden. Die Zeichnung hier gehört zur mittleren Kategorie.
Im Vordergrund hielt er Mühlenstr. 30 mit Fachwerk, Reihenfenstern und Klebdächlein fest. Dieser Zustand dürfte dem ursprünglichen Aussehen des Hauses entsprechen, das wahrscheinlich im 17. Jahrhundert errichtet wurde. Bei einem Umbau in den 1980er Jahren kam das grau gestrichene Fachwerk kurzzeitig zum Vorschein, nachdem die Verkleidung mit rostigen Blechschindeln entfernt worden war. Dahinter folgen wieder die andern drei Bauten, die er bereits in der vorangehenden Skizze zeichnete. Am Horizont stehen die Vorgängerbauten von Falkenburgstr. 1 'zur Waldburg' und Klusstr. 10.