Nürnberg - Spezielle historische Ansichten (Galerie)
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Intereressant, die Wachstumsschichten des Hauses Theatergasse 17 (links von Böhm's Herrenkeller) zu sehen. Lt. Denkmalliste:
ZitatBürgerhaus, viergeschossiger verputzter Traufseitbau mit steilem Satteldach, Dacherker mit vorkragendem Walmdach, ursprünglich zweigeschossiger Bau um 1500, Aufstockung und barocke Bereicherung 2. Hälfte 17. Jh. und 19. Jh., neubarockes Holzchörlein von 1907.
Erstmal 1942 (eigene Sammlung) [Achtung: Benennung falsch; das Haus ganz links trägt die Nummer 11, nicht 9]:
Und dann in 1950er Jahren (Altstadtfreunde):
Wobei ich aber meine, mehr als 2 Veränderungen des Daches zu sehen.
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Nebst der Dachkontur vom ehemaligen 'Böhm's Herrenkeller' sind insgesamt drei ältere Dachkonturen zu erkennen: Die älteste, direkt über dem Mauerabsatz ansetzende Kontur könnte noch von einem Vorgängerbau von Böhms Herrenkeller stammen (also vom Vorgänger des heute nicht mehr existierenden Hauses). Der Absatz stimmt nämlich weder mit einer Bodenebene von Theatergasse 17 noch mit einer solchen von Böhms Herrenkeller überein. Zudem war dieses Haus bedeutend weniger tief.
Man müsste die Fassaden beider Häuser samt den Bodenebenen nebeneinander aufzeichnen, und so könnte man die Dachkonturen dem zugehörigen Haus zuordnen und so mehr über die Baugeschichte beider Häuser erfahren. Den Mauerabsatz sieht man heute noch: Nürnberg - Nachkriegsprovisorien (APH).
Auf der zweiten Fotografie von Frederics Beitrag sieht man das nach dem Krieg wiederaufgebaute Haus Theatergasse 15. Das Erdgeschoss und Teile des 1. Obergeschosses stammen noch vom Altbau. Darüber wurde ein 2. Obergeschoss mit zwei Fenstern und einem Satteldach errichtet. Heute hat das Haus drei Obergeschosse und drei Fenster pro Stockwerk. Das demnach wahrscheinlich noch historische Erdgeschoss steht nicht unter Schutz.
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Eine Innenaufnahme des Hauptbahnhofs
Vor einem Jahr hatte ich hier zwei Aussenansichten des Hauptbahnhofs eingestellt und war zu folgendem Schluss gekommen:
Architektonisch empfinde ich den 1900 bis 1906 erstellten Hauptbahnhof in seinem historistischen Gewand als sehr rückständig. Hatte man in diesem Stil nicht zwanzig Jahre vorher schon vielerorts ähnliche Hauptbahnhöfe erbaut? Bahnhöfe nach 1900 zeigen doch oft eine Tendenz zum Jugend- und Reformstil - nicht so aber in Nürnberg.
Mittelhalle des Hauptbahnhofs Nürnberg, Blick von Ost nach West, in Querrichtung die Hauptpassage. 1921 gelaufene Ansichtskarte, Verlag Fr. Stöger, Nürnberg. Unbekannte Sammlung.
Durch diese Innenaufnahme fühle ich mich in meiner Beurteilung bestätigt. Ich muss aber vorausschicken, dass die Aufnahme stellenweise stark nachretouchiert worden ist und dadurch Feinheiten verloren gegangen sind.
Der Blick geht von Ost nach West und zeigt die Mittellängshalle zwischen dem stadtseitigen (rechts) und gleisseitigen (links) Flügel. Dadurch konnten in diesen Passagen grosszügig Oberlichter angelegt werden. Nach schweren Beschädigungen im Krieg und auch als Folge deds U-Bahn-Baus wurde diese Mittelhalle von 1977 bis 1984 neu errichtet. > Google maps-Satelittenaufnahme)
Die innenachitektonische Gestaltung war sehr schwerfällig und unterstrich die gedrungenen Proportionen der Räume. Die Hauptkuppel ruht nicht etwa auf den Eckpfeilern der hier abgebildeten Vierung, sondern über dem Raum rechts, durch den man zur Stadt gelangt. Andernorts war der Jugendstil bereits auf dem Höhepunkt seiner Blüte - in Nürnberg wurde hier aber noch nach 1900 spätester Historismus der eher schweren Sorte verwirklicht!
Heutige Innenansichten:
https://goo.gl/maps/YqEyNJuF8cJPX9hH9 (östliches Ende)
https://goo.gl/maps/QrM4hBDtr6APtHDWA (gleiche Blickrichtung wie in der historischen Aufnahme)
> Informativer und reich bebilderter Wikipedia-Artikel.
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Ja gut, das mag ja schon sein, aber wenn ich mir die Situation heute anschaue würde ich mir wirklich den "Historismus der schweren Sorte" zurückwünschen.
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Heutige Innenansichten:
...
https://goo.gl/maps/QrM4hBDtr6APtHDWA (gleiche Blickrichtung wie in der historischen Aufnahme)
Das Bild zeigt das 1. OG, das die allermeisten Reisenden überhaupt nicht zu Gesicht kriegen, weil sich fast der gesamte Verkehr im EG und zu einem kleinen Teil im UG abspielt. Im 1. OG besteht ja auch kein Zugang zu den Bahnsteigen. Dass das Empfangsgebäude ein historisches Gebäude ist, nimmt der Reisende von innerhalb des Gebäudes faktisch nicht wahr.
EG1 des EG2:
Vierung (Blickrichtung West): https://commons.wikimedia.org/wiki/File:N%C3…ung_Eingang.jpg (Standort bis auf ca. 2 m derselbe wie im zitierten Bild, aber (ca.) 5 m tiefer)
Vierung (Blickrichtung Ostnordost): https://commons.wikimedia.org/wiki/File:N%C3…le_Kreuzung.jpg
Ostfügel (Blichkrichung Westnordwest): https://commons.wikimedia.org/wiki/File:N%C3…fl%C3%BCgel.jpg
1: EG = Erdgeschoß
2: EG = Empfangsgebäude
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Der Vorgängerbau des heutigen Hauptbahnhofs
Der Vorgängerbau des heutigen Hauptbahnhofs; im Vordergrund die Königstorbrücke neben dem Frauentor. Links das Ecktürmchen des Grand Hotels (siehe übernächste Aufnahme). Ansichtskarte vor 1900, unbekannte Sammlung.
Der erste Bahnhof Nürnbergs lag vor dem Spittlertor am Plärrer und diente der 1835 eröffneten Ludwigseisenbahn nach Fürth. Der Vorgängerbau des heutigen Bahnhofs war der zweite auf dem Stadtgebiet. Er wurde gegenüber dem Frauentor errichtet und diente der 1847 eröffneten Linie von Lindau nach Hof. Es war ein neugotischer Bau nach dem Entwurf des Architekten und königlichen Baubeamten Eduard Rüber. Nach einem Umbau in den 1880er Jahren wurde dieser Vorgängerbau um 1900 zugunsten des heutigen Bahnhofs abgerissen.
Der Vorgängerbau des heutigen Hauptbahnhofs. Gemeinfreie Ansicht aus dem Wikipedia-Artikel.
Oft werden die Bahnhöfe aus dem 19. Jahrhundert als 'Kathedralen des 19. Jahrhunderts' (oder 'Kathedralen der Technik'?) benannt. Beim Nürnberger Hauptbahnhof war dies offensichtlich der Fall. Die Neugotik war damals in Nürnberg sehr in Mode. Zur selben Zeit wirkte auch Architekt Carl Alexander von Heideloff und 'verschönerte' einige Nürnberger Altstadthäuser nach seinem eigenwilligen Geschmack. Dieser färbte wohl auch auf das sonst sehr mural wirkende Bahnhofgebäude ab, wenn man die drei Baldachine in der Mittelaxe des 1. Obergeschosses betrachtet. Eigenartig sind die Zugänge seitlich der Mittelaxe und nicht in dieser selber.
Blick um 1902 vom sich im Bau befindenden heutigen Hauptbahnhof aus auf das Frauentor und den Königstorgraben. 1903 gelaufene Ansichtskarte, Hermann Martin, Kunstverlag, Nürnberg. Unbekannte Sammlung.
Etwas skurril mutet diese Ansicht an: Obwohl der Bahnhof und das Frauentor/Königstor nur etwa 150 m voneinander entfernt liegen, zeigte sich dem Reisenden in entgegengesetzter Richtung dieses Bild einer Industrielandschaft in nächster Nähe. In Bildmitte steht der 1895/96 errichtete Kernbau des Grand Hotels, das 1911/12 beträchtlich vergrössert und nach dem Krieg vereinfacht wiederaufgebaut wurde. Rechts unten erkennt man das Prinzregentendenkmal und die Baustellenabschrankung für den Bau des heutigen Bahnhofs.
Gleiche Ansicht heute: Google maps
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Passend zur letzten Aufnahme ein weiteres Panoramabild, das vom Hauptbahnhof aus aufgenommen wurde. Es zeigt wiederum die Industrielandschaft östlich vom Königstor- und Marientorgraben.
Panoramablick auf Frauen- und Königstor und Königstorgraben. Rechts vom Frauentorturm das langgezogene Salzmagazin. 1904 gelaufene Panorama-Ansichtskarte von F. Schardt, Nürnberg, unbekannte Sammlung.
Bemerkenswert ist das Fehlen der Stadtbefestigung zwischen Frauentor und Marientor. Diese war hier bereits 1810 für den Bau eines Salzmagazins abgebrochen worden, das in Bildmitte zu sehen ist. Mindestens drei Mauertürme dürften dafür zum Opfer gefallen sein: das Blaues N, O und P. Norimbergus hat zu diesem Mauerabschnitt im APH (> Beitrag) mal geschrieben, dass hier die erste Bresche in die bis anhin intakte mittlelaterliche Stadtbefestigung erfolgte. Auch im Frauentorgraben entstanden im 19. Jahrhundert viele Magazinbauten, die aber um 1910/1920 wieder entfernt wurden.
Auch in der 'Beschreibung der Stadt Nürnberg' (G. A. Hammerbacher, Nürnberg 1866, S. 712) ist die Eröffnung des neuen Salzmagazins Anfang 1811 festgehalten. Gleichzeitig wird dort auch berichtet, dass in jenem Jahr die geometrischen Messungen im ganzen Königreich Bayern auch in Nürnberg aufgenommen wurden. Deshalb fehlt in der Bayerischen Uraufnahme ab 1808 diese Stadtmauerpartie bereits.
Dieses Salzmagazin musste dann dem 1906 bis 1910 errichteten Künstlerhaus Platz machen, das heute als Kulturzentrum betrieben wird. Seine Eingangspartie mit zwei Ecktürmchen gegen das Frauentor fiel dem 2. Weltkrieg zum Opfer und wurde erst in den 1990er Jahren durch einem dekonstruktivistischen Trakt ersetzt.
Vom Künstlerhaus zeige ich eine Ansicht aus einer Serie von kolorierten Ansichtskarten , die ich in nächster Zeit vorstellen werde. Es ist eine Serie aus dem 'Verlag G. Harren, Hof-Fotograf, Nürnberg', die mir wegen der wie Gemälde anmutenden Ansichten besonders gefällt. Sie zeigt vorwiegend Ansichten vom Befestigungsring und Pegnitzpartien und zeichnet sich aus durch leuchtende Farben sowie Bäume und Sträucher in vollster, fast übertriebener Blütenpracht. Erschienen ist die Serie in den frühen 1910er Jahren.
'Künstlerhaus vom Marientorring'. Ungelaufene Ansichtskarte, Verlag G. Harren, Nürnberg.
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Albrecht-Dürer-Platz 1934 mit Fahnenschmuck
Albrecht-Dürer-Platz. 1934 gelaufene Ansichtskarte, Verlag J. H. St.
Die bergseitige, nach Süden gerichtete Häuserfront am Albrecht-Dürer-Platz beherrschte aufgrund ihrer Lage das Platzbild und diente zugleich auch als Hintergrundkulisse für das 1840 geschaffene Albrecht-Dürer-Denkmal. Wohl deshalb gehörte sie zu einem der am häufigsten fotografierten Foto- und Ansichtskartenmotive.
Für die Reichsparteitage wurde die Nürnberger Altstadt jeweils in eine Fahnenmehr getaucht, so wie hier auf dieser Ansichtskarte. Ich vermute, dass die Fahnen an den Fensterbrüstungen einfach ein knalliges Rot aufwiesen. Auffallend ist aber das Fehlen des Hakenkreuzes. Ist es möglich, dass das Hakenkreuz jeweils erst ab den Reichsparteitagen ab 1935 auf offiziellen Beflaggungen genutzt wurde, als es zum Staatssymbol wurde?
1920 wurde das Hakenkreuz unter Adolf Hitler zum Zeichen der nationalsozialistischen Partei (NSDAP). 1933 wurde es zum offiziellen Zeichen des Nationalsozialismus, 1935 im Rahmen der Nürnberger Gesetze schließlich zum Staatssymbol des "Dritten Reiches".
Die Ansicht erinnert mich schon an die aufkommende 1950er Jahre-Architektur, mit Betonskelettstruktur und eingesetzten Brüstungen. Natürlich ist das nur Zufall, aber deswegen erst bin ich auf diese Ansichtskarte aufmerksam geworden. Von den Häusern blieb nach dem Krieg nicht mehr viel übrig: Bild
Heutige Ansicht: Google maps
Der umseitige handschriftliche Text in altdeutscher Schrift:
"d 10.9.34 - Von dem grossen Erleben der Nürnberger Tage grüsse Sie mit einem herzlichen Hitler Heil Ihr [Name]"
Der Poststempel weist zudem auf den "Reichsparteitag der N.S.D.A.P in Nürnberg vom 5. mit 10. Sept. 1934" hin.
Ein Bild vom Wiederaufbau um 1950:
Albrecht-Dürer-Platz, Wiederaufbau der nördlichen Zeile und das Albrecht-Dürer-Denkmal mit neuem Sockel. Anonyme Privataufnahme nach 1955 (Datierung aufgrund des nächsten Bildes), Sammlung Riegel.
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Mit den einfarbigen Textilflächen unter den Fenstern wirkt das Haus wie mit heute modischen raumtiefen Fenstern versehen...
nur die verspielten Dächer wirken so gar nicht "heutig".
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Zur letzten Aufnahme gehört auch die folgende Ansicht. Wenn ich jeweils eine Serie von Privataufnahmen erwerbe, lasse ich diese in der Sammlung zusammen und lege sie nicht nach Sujets sortiert in andere Bereiche ab. Meistens sind solche Serien innert weniger Tage anlässlich eines Ausflugs entstanden, und somit habe ich mehr Hinweise auf eine Datierung.
Das Datum der letzten Aufnahme mit dem Albrecht-Dürer-Platz wäre sicher leicht eruierbar, wenn man die Bauakten der sich im Bau befindlichen Häuser sichtet. Bei der nächsten Aufnahme sind es Königstr. 6 und 17, die gerade im Bau sind. Dafür ist der gesamte Bereich zwischen der Fleisch- und Museumsbrücke beidseits der Pegnitz noch unbebaut, hingegen sind der Sitz der Industrie- und Handelskammer (Wiederaufbau 1949/50) sowie das neue Rathaus (Neubau 1954/55) am Hauptmarkt bereits fertig.
Tugendbrunnen am Lorenzerplatz / Königstrasse. Der Blick geht die Königstrasse hinab über den noch nicht wiederaufgebauten Bereich zwischen der Fleisch- und Museumsbrücke beidseits der Pegnitz, sodass der Blick über den Hauptmarkt bis zur Industrie- und Hammelkammer sowie zum Rathaus verläuft. Links ist Königstr. 6 im Bau, und rechts das Eckhaus Königstr. 17. Anonyme Privataufnahme nach 1955, Sammlung Riegel.
Heutige Ansicht: Google maps.
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Gasthof 'zum Krokodil' Weintraubengasse 2
In diesem Beitrag über eine archäologische Grabung neben der nördlichen Karlsbrücke erwähnte ich am Rande das Sozialgericht an der Weintraubengasse 1. Gegenüber diesem stand der Gasthof 'zum Krokodil', Weintraubengasse 2. Über seinen Standort rätselte ich schon lange, aber ein Blick in ein Adressbuch oder in die Liste historischer Wirtshausnamen in Nürnberg hätte die Antwort schnell geliefert. Auf einer andern Ansicht sieht man das inzwischen purifizierte Gebäude, und anhand des dort links angeschnittenen Eckerkers war mir der Standort dann klar. Zurückversetzt hinter dem Gebäude mit dem halben Blendarkadengiebel befindet sich heute das Spielzeugmuseum.
Weintraubengasse 2, Restaurant 'Krokodil'. 1912 gelaufene Ansichtskarte, Verlag Weitmann, Nürnberg, unbekannte Sammlung.
Es handelte sich um ein eigenwilliges klassizistisch/frühhistoristisches Gebäude, das aufgrund seiner Dimension überhaupt nicht in die Altstadt passte. Wenn man genau schaut, sind die Fenstergruppen unregelmässig verteilt, und zudem sassen - unpassend für ein Gebäude dieses Stils - zwei Holzchörlein an den Fassaden. Der Gasthof scheint in mehreren Etappen gewachsen zu sein. Auf der Bayerischen Uraufnahme von 1811 entspricht der Hausgrundriss jedoch bereits jenem, wie er bis 1945 bestanden hatte. Über die Geschichte des Gebäudes konnte ich nichts in Erfahrung bringen (ausser diesem Hinweis auf eine Verbindung zwischen dem 'Krokodil' und dem ersten Festzelt am Oktoberfest in München). Das links anschliessende Nachbarhaus Weintraubengasse 6 mit Chörlein und Stichbogenfenstern ist das einzige noch erhaltene Haus der Zeile.
Weintraubengasse 2, Restaurant 'Krokodil'. 1940 gelaufene Ansichtskarte, Andro-Verlag, Nürnberg, Sammlung Riegel.
Offensichtlich wurden in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts die Fassaden dermassen purifiziert, dass sie vielmehr einer entstuckten Mietskaserne in Berlin glichen als eine Angleichung an des Wesen der Nürnberger Altstadt erhielten. In den 1930er Jahren wurden ja viele Altstadtgebäude renoviert, Fachwerke freigelegt und nürnberg-untypische Fassaden wieder auf 'nürnbergisch' getrimmt. Hier ist die Massnahme aber gründlich daneben gegangen!
Heutige Ansicht auf Google maps.
(Fortsetzung hier) -
Die Westtormauer
Die Westtormauer von der Oberen Kreuzgasse zur Mohrengasse hinauf. Anonyme Privataufnahme, 1929, Sammlung Riegel.
Diese Fotografie hatte ich hier und im APH als unbekannte Ansicht von Nürnberg eingestellt. Mantikor hatte dann eine beschriftete Vergleichsansicht gefunden: APH - Nürnberg in alten Ansichten. Sie zeigt eine selten abgebildete Innenansicht der Westtormauer, und zwar von der Oberen Kreuzgasse beim Turm 'Grünes C' zur Mohrengasse hinauf. Charakteristisch ist das Fehlen der Arkadenbogen, wie sie sonst fast überall an der Stadtmauer vorkommen. Die starken Strebepfeiler deuten auf eine aufgeschüttete Bastion an der Aussenseite hin. Auch das viermalige Ansteigen des Wehrgangs innert kurzer Distanz kommt sonst nirgendwo vor. In der Schadenskarte von 1945 sind hier keine Schäden eingezeichnet, aber trotzdem besteht dieser Abschnitt heute nicht mehr! Wie verlässlich diese Schadenskarten sind, kann ich zu wenig beurteilen.
Von der Mohrengasse bis zur Fronveste hinunter wurde 1957 das 'Altersheim am Kettensteg' erstellt (siehe auch den Wikipediaartikel zur Fronveste). Dieses bestand noch bis etwa 1990. Integriert waren die Mauertürme Grünes C, D und E. Ich vermute, dass in diesem Zusammenhang das abgebildete Stadtmauerstück abgebrochen(?) und durch den heute noch bestehenden 'Füllbau' ersetzt wurde. An der Mohrengasse wurde ein turmartiger Kopfbau aus glattem Sandstein als Eingang erstellt, der aber nichts mit einem historischen Stadtmauerturm gemein hat und der Fantasie entsprungen ist. Heutige Ansicht von der Mohrengasse her mit dem 'Fantasieturm': Google maps.
Die Fotografie stammt aus einer Serie von sieben 1929 entstandenen Fotos, wohl eines Stadtbesuchers, der vor allem die nordöstlichen und südwestlichen Teile der Altstadt festgehalten hatte.
Vom gleichen Standort aus, aber mit Blick zur Pegnitz und Fronveste hinunter, bot sich ihm dieses Bild:
Die Westtormauer von der Oberen Kreuzgasse zur Fronveste hinunter. Anonyme Privataufnahme, 1929, Sammlung Riegel.
Der Blick fällt auf die ungegliederte Stadtmauer und das 'Grüne D'. Zwischen dem 'Grünen D und E' ('E' ist angebaut an die Fronveste und auf der Fotografie nur schemenhaft zu sehen) bestand ein kasernenartiges Gebäude mit Mittelrisalit und Zinnenbekrönungen (auf der hier sichtbaren Rückseite besass nur der Mittelrisalit Zinnen). Zinnenbekrönungen trugen damals auch die beiden Türme. Die Fronveste selbst wurde im 19. Jahrhundert als Gefängnis genutzt und 1938 zu einem Altersheim umfunktioniert. 1944/45 wurde sie schwer getroffen. Die Vorderseite ist oft auf Ansichten der Altstadt von Westen zu sehen, hingegen sind Rückansichten wie diese von 1929 wohl eher selten.
Ich vermute, dass dieser zinnenbekrönte Bau zwischen dem 'Grünen D und E' ebenfalls als Gefängnis diente und 1938 zu einem Altersheim umgebaut wurde. Auf Ruinenfotos der Fronveste von 1946 sieht man, dass der südlich (rechts) angebaute Turm 'Grünes E' bereits keine Zinnen mehr aufwies und sogar zwei Stockwerke niedriger war. Auch der anschliessende Gefängnistrakt besass keine Zinnen mehr. Es scheint, dass hier 1938 ebenfalls eine Baumassnahme mit dem Ziel stattgefunden hatte, das mittelalterliche Bild der Altstadt wiederherzustellen, indem diese Zinnen entfernt und die Türme 'Grünes D und E' auf ihre ursprüngliche Höhe reduziert wurden.
Auf der folgenden Dreifach-Panoramakarte sieht man den ganzen Komplex von Westen noch im Zustand vor 1938:
Die Altstadt von Westen. Links Hallertor, Mitte Fronveste, rechts Westtormauer mit ehemaligem Gefängnis zwischen dem 'Grünen E und D'. Dreifach-Panoramakarte von 1904, Dr. Trenkler & Co., Leipzig. Sammlung Riegel. Vergrösserung.
Auf einer Ansicht von 1873 ist der Gefängnisbau zwischen dem 'Grünen D und E' bereits vorhanden, hingegen auf der Bayerischen Uraufnahme von 1811 noch nicht. Wann er genau entstanden ist, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
Seit dem Bau des Altersheimes 1957 hat sich die Situation praktisch nicht mehr verändert, ausser dass auf der Bastionsmauer die ursprüngliche Abdeckung mit Satteldächern rekonstruiert wurde. Der ganze Mauerabschnitt ist heute kaum erlebbar und sehr eintönig:
Westtormauer mit den Türmen 'Grünes D und C', 1960. Vergrösserung.
Quelle: Bildindex.de. (Die Bildbeschriftung ist wie so oft beim Bildindex falsch.)
Der niedrigere Turm rechts (unterhalb der Kuppel) ist der 'Fantasieturm' von 1957 an der Mohrengasse.
Ein Blick auf die Bayerische Uraufnahme 1811 lohnt sich auch. Hier ist noch der mittelalterliche Zustand mit freistehender Mauer und den Türmen 'Grünes C, D und E' (von unten nach oben) dargestellt. Interessant sind die zahlreich an die Mauer angebauten Schöpfe, Ställe und sogar ein Wohnhaus, über die es noch Einiges zu schreiben gäbe, ebenso auch über die Strebepfeiler. Von diesen Hüttchen existiert heute nur noch jenes mit der Nr. 1542 (siehe zweites Bild dieses Beitrags). Das Häuschen mit der Nr. 1503 ist jenes Wohnhäuschen, das auf der Fotografie von Mantikor im APH-Beitrag zu sehen ist.
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Es scheint, dass hier 1938 ebenfalls eine Baumassnahme mit dem Ziel stattgefunden hatte, das mittelalterliche Bild der Altstadt wiederherzustellen, indem diese Zinnen entfernt und die Türme 'Grünes D und E' auf ihre ursprüngliche Höhe reduziert wurden.
In diesem Zusammenhang bin ich noch auf diese Seite gestossen, nach der bei der Westtormauer auch ein Hochbunker besteht. Wahrscheinlich erfolgte die Aufhebung des Gefängnisses, der Umbau/Neubau zu einem Altersheim, die Reduktion der Türme auf ihre ursprüngliche Höhe und der Bau des Hochbunkers in einem Zuge 1938.
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Die Museumsbrücke und Fleischbrücke 1869
Die Museumsbrücke und Fleischbrücke vom Heilig-Geist-Spital aus gesehen, 1869. Links das 'Viatishaus' und rechts die Häuserzeile Spitalgasse 2-10. Carte de visite von C. Koenig, Verlag H. Schrag, Nürnberg.
Mal der umgekehrte Blick als der wohl berühmteste Blick in Nürnberg von der Museumsbrücke aus auf das Heilig-Geist-Spital... vor 154 Jahren. Mich interessiert darauf vor allem die Häuserzeile am rechten Pegnitzufer. Sie bestand aus zwei Zeilen mit den Hauptgebäuden an der Spitalgasse und den zur Pegnitz hin auskragenden Hintergebäuden.
Der Kopfbau an der Museumsbrücke hatte die Adresse Spitalgasse 2. Darauf folgten die beiden mittelbreiten Häuser Nrn. 4, 6. Alle drei wurden um 1870 durch zwei spätklassizistisch/frühhistoristische Neubauten ersetzt, unter Vereinigung der Parzellen von Nr. 4 und 6. Der ganze Häuserblock wurde im Krieg stark getroffen. Anstelle des Kopfbaus entstand dann Mitte der 1950er Jahre der heute noch existierende Bau mit der Apotheke. Nr. 4/6 brannte im Krieg vollständig aus, aber sein Rohbau wurde beim Wiederaufbau weiterverwendet, aber aus optischen Gründen um das 3. Ober- und Mansardgeschoss reduziert.
Die beiden folgenden schmalen Häuser Nr. 8 und 10 existieren heute nicht einmal mehr im Grundriss, denn sie wurden beim Wiederaufbau des Heilig-Geist-Spitals ab 1945 diesem zugeschlagen. Beide Häuser sind auf Fotos oft festgehalten worden, und anhand von diesen könnte man eine kleine Baugeschichte über deren Bauweise aus Fachwerk mit Fenstererkern und sogar einem Balkönchen schreiben. Es sind die beiden Häuser auf der Fotografie ganz rechts: Nr. 8 mit Reihenfenstern und Nr. 10 mit Einzelfenstern in zwei Achsen. Die beiden Vorgängerbauten von Nr. 4/6 mit Dacherkern sind ebenfalls sichtbar.
Auf Stichen aus dem 17. und 18. Jahrhundert (A. Boener, J. A. Delsenbach) ist die Zeile von Westen her festgehalten worden, allerdings mit grossen Unterschieden, die zuerst erörtert werden müssten.
Über das Schicksal der Häuserreihe hatte ich vor zwei Jahren im APH einen Beitrag mit einigen Abbildungen geschrieben, den ich hier als Ergänzung zitiere:
Zuerst eine 'Postkartenansicht', wie sie jedermann kennt. Es geht hier nicht um den Wiederaufbau des über die Pegnitz gebauten Heilig-Geist-Spitals, sondern um das Gebäude ganz links und den links ausserhalb des Bildes liegenden Kopfbau der Spitalapotheke.
Heilig-Geist-Spital. Quelle: wikimedia commons, by Thomas Wolf (CC BY-SA 3.0 DE).
Wie alt schätzt ihr das Gebäude links? Falsch , es war ursprünglich ein Gründerzeitbau von etwa 1870. Das Heilig-Geist-Spital wurde von den Bomben schwer getroffen, wurde aber am Äussern originalgetreu wiederaufgebaut. Der Gründerzeitbau hatte etwas mehr Glück, denn von ihm scheinen auch die Decken erhalten geblieben zu sein. Dieser Link zeigt ein Ruinenbild (am linken Bildrand, noch mit einem zusätzlichen Geschoss) und auch einen Stich mit der im 19. Jahrhundert abgebrochenen Vorgängerbebauung. Beim Wiederaufbau wurde das oberste Geschoss trotz Wohnungsnot nicht mehr wiederhergestellt, sondern ganz abgebrochen und ein Steildach aufgesetzt, sowie die Fassade leicht vereinfacht. Entstanden ist doch ein gefälliges Gebäude im typischen Nürnberger Stil.
(Sogar historische Dachziegel wurden wiederverwendet, und nicht einfach als Auffüllmaterial für hochwassersicherere Pegnitz-Ufer missbraucht!!!)
Nun möchte ich aber auf den Kopfbau an der Museumsbrücke, die Spitalapotheke, zu sprechen kommen. Er folgt gleich links im Bild oben. Ich weiss nicht, wie weit der Vorgängerbau zerstört war; gemäss der detaillierten Schadenskarte 1945 wies jedes Gebäude im Quartier schwere Schäden auf. Jedenfalls entstand hier Mitte der 1950er-Jahre ein zweigiebliger Neubau. Über den ganzen Vorgang, wie es dazu gekommen ist, gibt es in 'Nürnberger Altstadtberichte, Band 20 (1995)' einen eingehenden Beitrag von Erich Mulzer. Ob aufgrund der zentralen Lage an der Museumsbrücke und der Nähe zum Heilig-Geist-Spital ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde, weiss ich nicht mehr (ich habe den Artikel vor ein paar Jahren gelesen). Jedenfalls musste das Projekt mehrmals nachgebessert werden, bis die Baubewilligung erteilt wurde.
Das neue Gebäude kurz nach der Bauvollendung, wie es sich heute noch präsentiert:
Reklamekarte der Spital-Apotheke zum heiligen Geist kurz nach Bauvollendung.
Von misslungenem Wiederaufbau würde ich hier nicht sprechen. Eine Rekonstruktion des Gründerzeitbaus wäre meiner Meinung nach nicht das Richtige gewesen, weil zu hoch, zu mietskasernenhaft und bis auf die beiden Erker zu fremde Architektur - ein Bruch. Die Seitenfassade zur Pegnitz hin zeigte ein mit Sichtbacksteinen ausgemauertes Fachwerk. Die strassenseitige Fassade mit den Eingängen schmückten zwei Nürnberger-Chörlein, sonst aber eine mit sandsteinernen Architekturelementen versehene Sichtbacksteinfassade. Nur schon aufgrund der mangelhaften Dokumentation der im 19. Jahrhundert abgebrochenen Vorgängerbebauung (siehe Link im ersten Abschnitt) wäre auch deren Rekonstruktion nicht in Frage gekommen. Blieb also nur noch eine Neuschöpfung (was mit dem Nachbarhaus durch rigorose Umgestaltung ja auch gemacht wurde).
Auch wenn dieses Gebäude von der Architektur her nicht jedermann gefällt, so ist es städtebaulich richtig gesetzt worden. Es hat zudem von der Grundstruktur her das Potential für eine architektonische Verbesserung oder Veränderung. Tabula rasa ist hier sicher nicht vonnöten.
Rechts daneben sieht man auch den 'Gründerzeitbau', dessen oberstes Geschoss abgetragen wurde. Wenn man mit den folgenden Bildern vergleicht, erkennt man an der charakteristischen Fensterachsenverteilung (2-3-2), dass hier tatsächlich noch das alte Gebäude drin steckt:
Ungelaufene Ansichtskarte um 1930. Neue photographische Gesellschaft A. G. Steglitz 1904.
Die Museumsbrücke anlässlich des Hochwassers am 5. Februar 1909.
Nun betrachten wir die Nachbarbebauung. Die Luft anhalten und dieses Panoramabild im Uhrzeigersinn betrachten:
https://goo.gl/maps/RzvZCBmpSUzxV8iP6
- über die Pegnitz hinweg die HypoVereinsbank. Späte 50er-Jahre?
- diagonal gegenüber ein Geschäftshaus anstelle des kürzlich hier genannten Viatishauses, das aussieht wie eine Kaserne in Waschbetonoptik. 1960?
- über die Strasse hinweg ein langgestreckter eintöniger - aber trotzdem sorgfältig gestalteter - Neubau. Anfang 50er-Jahre?
- nun zurückdrehen zwischen HypoVereinsbank und Geschäftshaus und heranzoomen. Vor wenigen Jahren passierte dann dieser Neubau in einfältigster Architektur, wie man sie seit zehn Jahren auffallend oft von Konstanz bis nach Berlin findet.
Fazit:
Ohne jetzt hier Beispiele zu nennen, stelle ich während meiner Beschäftigung mit Nürnberg an diversen Orten in der Altstadt fest, dass in den Planungen ab 1945 bis in die frühen 50er-Jahre irgendwie Herzblut für einen angemessenen Wiederaufbau der Altstadt vorhanden war. Gleichzeitig begannen ja sehr viele rekonstruktive Wiederaufbauten historischer Denkmäler wie Kaiserburg, Kirchen, Stadtbefestigung und profaner Grossbauten. Ich frage mich aber, was dann gegen Ende der 50er-Jahre geschah, als plötzlich viele Grossbauten wie Banken, Bürobauten etc. rücksichtslos hineingepfercht wurden. Kamen da nicht andere Kräfte ins Spiel? Hat hier wirklich die Stadtplanung versagt? War es wirtschaftlicher Aufschwung, der Druck gegen die angemessenen Planungen nun ausübte. Oder gab es personelle Wechsel in Stadtplanung und Politik? Fragen über Fragen, deren Beantwortung mich mehr interessieren würde als pauschale Verurteilung des Wiederaufbaus.
Die Orte, wo sorgfältig neu gebaut, wiederaufgebaut und rekonstruiert wurde, verteilen sich in Nürnberg auf die Fläche von einem ganzen Quadratkilometer - und nicht nur auf ein kleines historisches Stadtzentrum mit Kirche und Markt wie in vielen anderen Städten Deutschlands noch heutzutage.
Nordöstlich des Heilig-Geist-Spitals passierte dann das:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…eist-Spital.jpg
Der Begriff "Verlustschmerz", wie er in den vorangehenden Beiträgen genannt und diskutiert wurde, ist für mich neu. Aber er hat es wirklich in sich. Die allgegenwärtigen Bausünden in der ganzen Altstadt können schon beelendend sein - anders als in andern ehemaligen grossen Altstädten, wo in den Aussenbereichen überhaupt nichts Historisches mehr vorhanden ist.
(Alle Ansichten - wenn nichts anderes vermerkt - aus meiner Sammlung.)
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Demnach bestand/besteht der Hochbunker zwischen den Türmen Grünes D und E (E ist ja an die Fronveste angebaut), wo sich das Gefängnis befand.Es ist zwar immer die Rede von einem Hochbunker, aber gemäss den Innenaufnahmen auf Geschichtsspuren vermute ich eher, dass der Bunker innerhalb der Bastion zwischen den Türmen Grünes C bis E hineingebaut wurde, und nicht anstelle des Gefängnisses. Das Häuschen mit dem Mansarddach besteht heute nicht mehr, dafür aber die beiden Bauten dahinter noch.
Ich möchte das Bild mit dem ansteigenden Stück der Westtormauer südlich des Turms Grünes C, das Mantikor im APH eingestellt hatte, hier auch noch festhalten. Das Bild stammt aus einem französischen Ebay-Shop, in welchem noch weitere Originalaufnahmen der Stadtmauer zu finden sind. Nur sehr überteuert... Nach Verkäuferangaben werden dort 400'000 Fotos gehortet; allein 655 davon von Nürnberg...
frederic Vielleicht magst Du dein Bild auch noch hier einbinden?
Turm Grünes C und die Westtormauer von der Oberen Kreuzgasse zur Mohrengasse hinauf um 1900. Ebay-Angebot.
Edit.: Eine Ansicht des oberen (hier links sichtbaren) Endes an der Mohrengasse habe ich hier in einem späteren Beitrag eingestellt. -
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3:53: Man beachte das kleine Häuschen vor der Tiergärtnertorbrücke. Was für ein Idyll!
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'Kraft durch Freude-Stadt' auf dem Reichsparteitagsgelände
Beim Durchforsten nach Angeboten von Ansichtskarten ist mir diese Ansicht aufgefallen. Ein Brunnen wie aus der Steinzeit, der Brunnenschaft wie ein Marterpfahl. Das ganze aus knorrigen Baumstämmen und Ästen - ideal für einen Fantasy-Film! Was das 'K.-d.-F.-Stadt' bedeutet, musste ich zuerst nachschauen, auch wenn mir die Hallen mit den auffallend grossen Dächern auch schon begegnet sind.
Naturbrunnen der KdF-Stadt. Unbekannter Verlag.
Es ist die 'Kraft durch Freude-Stadt', die 1937 als Teil des Nürnberger Reichsparteitagsgeländes errichtet wurde:
1937 wurde östlich des Reichsparteitagsgeländes die Kraft-durch-Freude-Stadt eingeweiht. Große Bierhallen, Freilichttheater und Kegelbahnen sollten den Unterhaltungswert der Reichsparteitage steigern. Die Holzbauten wurden für die Olympiade 1936 in Berlin errichtet und anschließend nach Nürnberg gebracht.
Im nördlichen Bereich des Reichsparteitagsgeländes, auf dem heutigen Areal des 1. FC Nürnberg, entstand 1937 die KdF-Stadt. Ein Teil der für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin errichteten hölzernen Ausstellungsbauten wurde nach Beendigung der Wettkämpfe nach Nürnberg gebracht und dort wieder aufgebaut. In den Ausstellungshallen wurden während der Reichsparteitage regionale Produkte präsentiert sowie Freizeitveranstaltungen durchgeführt. Die KdF-Stadt brannte 1942 nach einem Bombenangriff ab.
Schon die Römer wussten, dass man ein Volk durch Brot und Spiele im Zaun halten kann... Nebst dem Unterhaltungswert dienten die Hallen auch als Ausstellungsort für Produkte (zum Beispiel auch für den KdF-Wagen, dem Ur-Käfer). Interessant ist auch, dass die Hallen hier in Zweitverwendung aufgestellt wurden. Eine Flugaufnahme davon, als die Hallen noch in Berlin standen:
KdF-Stadt bei den olympischen Spielen 1936 in Berlin.
Im Wesentlichen bestand die 'Stadt' aus einer grossen Festhalle ('Frankenhalle') und vier kleineren Ausstellunghallen. Zum Gelände gehörten auch der Naturbrunnen und ein Aussichts- und Glockenspielturm.
Festhalle und Glockenspielturm der KdF-Stadt. Nach Farbfoto-Aufnahme, Stoja-Verlag, Nürnberg.Ausstellungshallen der KdF-Stadt. Nach Farbfoto-Aufnahme, Stoja-Verlag, Nürnberg.
Inneres der Festhalle. Andro-Verlag, Nürnberg.
Anhand dieser Innenaufnahme kann man sich vorstellen, dass hier wohl Münchner Oktoberfest-Stimmung herrschte. Imposant ist auch die Konstruktion des Daches, dessen Flächen durch konische Fachwerkträger getragen werden. Es ist interessant, dass die Dachkonstruktion dieser riesigen, stützenfreien Halle ohne horizontale Binder auskam, welche den Horizontaldruck auf die beiden Seitenwände auffangen sollten.
Durch die Architektur fühle ich mich in die Zeit des Limes versetzt - irgendwie nordisch, germanisch. Auch der Glockenspielturm erinnert mich an einen Wachtturm mit Obergaden, wie es solche am Limes gab. War das aber nicht Absicht, um das Urtümliche, das Deutsch-hafte hervorzuheben?
Die Giebelwände aller fünf Hallen zierte 'Kunst am Bau'. Die Kunst an den vier Ausstellungshallen erinnert mich zwar eher an mit Gouche-Farben bemalte Salzteigfigürchen aus Kinderhand.
Weitere Farbaufnahmen und den Ur-Käfer sieht man hier (leider grünstichig):
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