Ulm, die alte Reichsstadt an der jungen Donau (Galerie)

  • Heute fange ich an mit der von euch lang ersehnten Ulm-Galerie!

    Ihr werdet mit mir ein ausgewogenes Bild von Ulm mit seiner vielen Sonnen- aber auch Schattenseiten erhalten.

    Bevor wir loslegen noch ein geschichtlicher Abriss.

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    Ulm um 1490

    Ulm wurde urkundlich bereits 854 erwähnt und ist somit eine ziemlich alte Stadt. Zunächst war die Stadt eine Königspfalz "Hulma“ wurde die Pfalz damals genannt, ein germanischer Gewässername. Aufgrund der strategisch günstigen Lage wurden viele Aufenthalte des Kaisers dort abgehalten. In ottonischer Zeit wurde die Pfalz zu einer Burg ausgebaut. 1181 wurde die Siedlung um die Pfalz zur Stadt erklärt, und 3 Jahre später, nämlich 1184 zur freien Reichsstadt. Sie blieb es bis 1802. In dieser Zeit hat sich ein starkes wohlhabenes Bürgertum gebildet, welches neben dem Rathaus einige prächtige Bauten errichten ließ, die wir uns alle später anschauen. 1376 Mitglied im schwäbischen Städtebund, 1397 erhielt die Stadt sogar als erste in Deutschland eine eigene Verfassung "großer Schwörbrief". 1802 mit dem Reichsdeputationshauptschuss und der Neuordnung Europas durch Napoleon kam Ulm zunächst bis 1810 an Bayern, Am 14. Oktober 1805 schlug hier Napoleon die Österreicher in der Schlacht von Ulm. Von 1810 bis 1918 kam die Stadt an das Kgr. Württemberg. Damit eine solche Besatzung wie durch Napoleon nicht noch einmal geschah wurde die Stadt im Laufe des 19. Jh. zur Bundesfestung erklärt. Einige dieser Anlagen bestehen noch heute. Am 17. 12. 1944 wurde die alte Reichsstadt von Bomben der RAF stark getroffen. Von den 11.115 in Ulm vorhandenen Gebäuden blieben nur 1.763 unbeschädigt. Somit wurden 81 % der Altsttadt zerstört.

    Heute hat die Stadt über 120.000 Einwohner und liegt an der Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern.

    Beginnen wir unsere Stadterkundung an einem der hässlichsten Ecken der Stadt, aber für einen Bahnreisenden unausweichlichen Ort, dem Hauptbahnhof;

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    Der Bahnhofsplatz ist aktuell eine riesige Baustelle:

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    Über eine neue, unterirdische Passage gelangen wir in die Innenstadt:

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    Interessant, dass hier in Groß eine alte Ansicht des historischen Bahnhofsplatz aufgeklebt wurde. Offensichtlich haben die Ulmer doch eine gewisse Sehnsucht danach im tiefen Herzen...

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    Nun sind wir in der Bahnhofsstraße, dem Hauptgeschäftszentrum von Ulm:

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    Dazwischen eines der wenigen erhaltenen Gründerzeiler, stark entstuckt:

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    Nun sehen wir zum ersten Mal den Turm des Münsters:


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    Doch keine Sorge natürlich will ich euch nicht quälen mit der unwirtlichen westlichen Altstadt. Dafür biegen wir rechts ab über die Glöcklerstraße in Richtung Flüßchen Blau:

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  • Folgen wir der romantischen Blau, welche übrigens in Blaubeuren, am sagenumwobenen Blautopf entspringt:


    Der Neue Bau, ein prächtiges Renaissancegebäude, dazu später noch mehr:

    Und gegenüber noch die letzte Bausünde für heute:

    Weinhofberg Ecke Schwörhausgasse

    Nun kommen wir zu einem Höhepunkt Ulms: das unheimlich idyllische Fischerviertel mit seinen wunderschönen Fachwerkhäusern:

    Weinhofberg 7, im Kern wohl aus dem späten Mittelalter:

  • Dramaturgisch sehr schön aufgebaut - au ja, der Bahnhof als Anfang.

    Gibt es denn das 44 1/2-Gleis (oder wie das hieß) noch, das so nach 1946 aussah, als ich vor vielleicht 15 Jahren mal mit dem Zug den Ulmer Bahnhof berührte? - Diese Katakomben-Bahnhöfe hat man jetzt überall, Zürich ist in dieser Hinsicht recht extrem (unten größer wie oben).

    Das Sparkassengebäude finde ich aber schon recht ulmerisch, denn Ulm war ja das Zentrum des funktionalen Designs, und dieses Gebäude nimmt den funktionalen Purismus als Deko. Also eigentlich schon so ein bißchen Persiflage. Würde mich interessieren, wann das gebaut wurde (90er?).

    Der Neue Bau, da frage ich mich, als was dieses Gebäude gedacht war; meine erste Assoziation war "Gefängnis", meine zweite "Speicher", aber dazu sind die Fenster doch wieder zu groß. Der Backstein/Ziegel wirkt auf mich vage norddeutsch, einfach weil dort viele Ziegelfassaden zu sehen sind, während sie in Süddeutschland fast immer verputzt werden.

  • Danke für das Lob gleich am Anfang schon :)

    Nein der Hbf ist heute ganz anders aufgebaut; https://www.bahnhof.de/resource/blob/…ionPdf-data.pdf

    Die Sparkasse, naja Tübinger hat es ja im allgemeinen Ulmstrang erörtert, wurde vor ungefähr 10 Jahren errichtet. Dafür wurde mutmaßlich alte Fachwerkhäuser abgerissen... Zudem ist es direkt neben dem romantischen Fischerviertel und ein extremer, ich finde unnötiger Kontrast:

    Zum Neuen Bau: es war ursprünglich ein Lagerhaus, nun ist die Polizei drin.

  • Ah, ein Lagerhaus war der Neue Bau. Dann war die Vermutung "Speicher" also richtig. -

    Fachwerkhäuser abzureißen für das Sparkassengebäude ist übel, auf dem neuen (letzten) Bild bildet es wirklich einen häßlichen Kontrast. Auf dem ersten Bild (der Weg vom vom Bahnhof her) sah es allerdings verhältnismäßig stimmig aus. Anscheinend hat man die Klotzhäuserzone auf Kosten der Fachwerkzone ausgeweitet...

  • Die Sparkasse, naja Tübinger hat es ja im allgemeinen Ulmstrang erörtert, wurde vor ungefähr 10 Jahren errichtet. Dafür wurde mutmaßlich alte Fachwerkhäuser abgerissen...

    Drei Häuser wurden abgerissen, davon waren zwei mit Sicherheit Nachkriegsbauten, im dritten steckte wohl zumindest noch älteres Mauerwerk und ein mittelalterlicher Keller: https://www.bauforschung-bw.de/objekt/id/1313…s-in-89073-ulm/

  • Weiter gehts:


    Über ein offenes Fenster kann man ein Blick werfen in die urige Wirtschaft:

    Rückseite ebenfalls sehr authentisch:

    Das dahinterliegende Haus Weinhofberg 8 aus dem 17. Jh. Eine sehr lokale Besonderheit hier an der Donau und in Obeschwaben, schwäbische Alb ist, dass das alte vorhin gesehene oberdeutsche Fachwerk, auch alemannisches Fachwerk genannt, in der Neuzeit zt weiterentwickelt wurde und die Fuß und Kopfbänder blieben, wurden nur mehr zum Schmuckelement:

    Nr 9 mit Gerberlauben:

    Gegenüber ein angepasster Neubau;

  • für einen Bahnreisenden unausweichlichen Ort, dem Hauptbahnhof

    Nicht zwangsläufig. Man kann auch in Neu-Ulm aussteigen und von dort in die Innenstadt von Ulm gehen.

    Von den auf den ersten 9 Bildern im Beitrag 1 gezeigten Gebäuden hat es in en 80er-Jahren nur das Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs, das entstuckte Gebäude und den Woolworth (jetzt Hugendubel und S. Oliver) gegeben; alle anderen Gebäude wurden erst später gebaut (natürlich sind auch die (meisten) Gebäude in der Hirschstraße (hinter dem "Hugendubel" und natürlich der Münsterturm älter). Die Unterführung unter dem Bahnhofsplatz ist so neu, dass ich sie auch noch nicht gesehen habe.

    In der Nähe des 6. Bildes, allerdings an der Nordseite der Bahnhofstraße (links außerhalb des Bildes) war das Geburtshaus von Albert Einstein gestanden.

    Weinhofberg Ecke Schwörhausgasse

    Am linken Bildrand ist die neue Sparkasse angeschnitten. An dieser Stelle war Weinhofberg 5 gestanden.

  • Die Sparkasse ... Zudem ist es direkt neben dem romantischen Fischerviertel und ein extremer, ich finde unnötiger Kontrast

    Mit dem Neubau hat sich die Sparkasse bis zur Blau verlängert. Sie schiebt sich zwischen dem Neuen Bau und dem Weinhof und Weinhofberg nach Westen in einen romantischen Bereich hinein. Dank der Höhenverhältnisse sieht man den Neubau, wie Deine Bilder zeigen, auch vom Fischerviertel aus. Auch vor diesem Hintergrund sehe ich eine deutliche Verschlechterung der Situation durch diese störende Großstruktur.

    Genau wie Loggia sagt:

    Anscheinend hat man die Klotzhäuserzone auf Kosten der Fachwerkzone ausgeweitet...

  • Wir sehen gerade auf den letzten Bildern die Dichte des Althausbestandes im Fischerviertel. Das steht in Kontrast zu den meisten anderen Teilen der Altstadt, deren Althausbestände völlig unterschiedlich gut erhalten sind. Diese Situation führt zu einer Art Zweiteilung des Stadtbildes. Angesichts des Fischerviertels kann man erahnen, was im Rest der Altstadt verlorengegangen ist. Freilich besitzt das Fischerviertel, das flächenmäßig ja nur einen kleineren Bruchteil der Altstadt umfasst, wegen der Krümmung seiner Gassen und dem Durchfluss zweier Arme der Blau eine besondere Romantik. Gut erhalten ist aber auch der Bereich um den Marktplatz, das Kerngebiet der alten Stadt.

  • Sehr gut hätte ich es gefunden, wenn man die Neue Strasse auf Höhe der Blau unterbrochen hätte, aber der Strassenverkehr ist natürlich wichtiger. Auch stellt sich die Frage wie es früher Blau-aufwärts jenseits der Lochmühle ausgesehen hat. Die zuletzt gezeigten Bereiche im Fischervietel kenne ich seit 1984, da war ich seitdem immer wieder gerne, das letzte Mal ist aber inzwischen ein wenig her....

  • Auch stellt sich die Frage wie es früher Blau-aufwärts jenseits der Lochmühle ausgesehen hat.

    Du meinst so zwischen Lautengasse und Neuer Straße sowie westlich davon bis zum Bereich des Deutschhauses? Unsereins kennt das ja bloß überwiegend als Freiflächen und Grünanlagen.

  • Eben, im Bereich dieser Neuen Strasse, an der Lautengase und weiter. Habe es mir gerade mal auf einer Karte angeschaut, die Kleine Blau verläuft ja unter der Bahnhofstrasse und dem Hauptbahnhof, die Grosse Blau südlich davon.