Nürnberg - Spezielle historische Ansichten (Galerie)

  • Keine spektakuläre, aber trotzdem schöne Ansicht des Hauptbahnhofs:

    Ak-Hauptbahnhof-um-1910.jpg

    Der Hautbahnhof kurz nach seiner Fertigstellung 1906. In der Axe des Mittelportals stand das 1901 eingeweihte Denkmal für Prinzregent Luitpold von Bayern. Ungelaufene Ansichtskarte, Soldan'sche Verlagsbuchhandlung, Nürnberg.

    Architektonisch empfinde ich den 1900 bis 1906 erstellten Hauptbahnhof in seinem historistischen Gewand als sehr rückständig. Hatte man in diesem Stil nicht zwanzig Jahre vorher schon vielerorts ähnliche Hauptbahnhöfe erbaut? Bahnhöfe nach 1900 zeigen doch oft eine Tendenz zum Jugend- und Reformstil - nicht so aber in Nürnberg. Dieser Frage müsste man mal nachgehen. Schon weiter oben stellte ich dieses Rückbesinnen auf lokale Formen ab 1900 fest:

    Erst bei öffentlichen Bauvorhaben ab 1900 fand der Nürnberger Stil wieder vermehrt Beachtung. An ihnen findet man oft Elemente von historischen Bürgerhäusern wie Chörlein, Masswerkbrüstungen, Dacherker etc. Auch Hotelneubauten, insbesondere an der Königstrasse, folgten diesem regionalen Stil.

    Beim Hauptbahnhof lässt sich diese Tendenz nicht nachweisen. War der Grund wohl der, dass es sich um ein staatliches Bauvorhaben handelte, und das auch eine mehrjährige Planungsvorphase bedingte?

    In der Mittelaxe das Bahnhofgebäudes wurde 1901 ein Denkmal für den Prinzregenten Luitpold enthüllt. Im Vergleich zu vielen andern Denkmälern der Zeit kommt es aber eher bescheiden daher. Vielleicht macht es die Materialwahl des Sockels und des 'Zoos' rundherum aus Stein anstatt Bronce aus, wodurch das ganze Denkmal viel leichter wirkte. Bereits 1934 wurde es aber als Verkehrshinderniss abgebrochen und das Reiterstandbild im Krieg eingeschmolzen.

    https://bayern-online.de/nuernberg/erle…itpold-denkmal/

    Oder war ein für Bayern geschichtsträchtiges Denkmal den an die Reichsparteitage Anreisenden schlichtweg unzumutbar, sodass es entfernt wurde?

    Anstelle des Denkmals steht heute ein anderes Denkmal:

    https://geoportal.bayern.de/denkmalatlas/s…bau&koid=123955

  • Bahnhöfe nach 1900 zeigen doch oft eine Tendenz zum Jugend- und Reformstil - nicht so aber in Nürnberg. Dieser Frage müsste man mal nachgehen. Schon weiter oben stellte ich dieses Rückbesinnen auf lokale Formen ab 1900 fest

    Interessante These! Wobei es in der Stadt Nürnberg an Jugendstilbauten keineswegs mangelt. Im Gegenteil: diese Stadt hat wohl die meisten Gebäude dieser Art nach München in Bayern. Dies belegt diese eindrucksvolle Liste:

    http://www.guenter-hauenstein.de/jugend/js_ortn_uz.htm#Nuernberg

    Auch staatliche Gebäuekomplexe wie das Stadtbad sind in diesem damals neuen Stil gehalten sowie zahlreiche Schulen. Selbst im Hbf gibt es einen Wartesaal mit Jugendstilformen.

  • Eine weitere spezelle Ansicht des Hauptbahnhofes. Aus diesem Blickwinkel sieht er eher wie ein Schloss im Park mit Orangerie in der Kuppel aus. Im Hintergrund die kürzlich abgerissene Hauptpost.

    Hauptbahnhof.jpg

    Ansichtskarte nach 1935 (Fertigstellung Hauptpost). Das Prinzregenten-Denkmal besteht bereits nicht mehr.

  • Webersplatz 11

    Die Foto-Ansichtskarte ist ein Vertreter dieser vielen, meistens privat in Auftrag gegebenen Karten. Insofern gehörte sie nicht in den Strang der speziellen Ansichten. Aber dennoch ist mir die Fotografie wegen der Ähnlichkeit der Architektur des abgebildeten Gründerzeithauses mit jener des Toplerhauses aufgefallen: im Giebel die Halbsäulen, die wie Kerzen über die Giebelkante hinausragen, die Wohn-Dacherker, der mehrgeschossige Erker mit seinen Masswerkreliefs und seiner Abstützung bis auf den Boden, die stark stichbogigen Fenster des Erdgeschosses, die das Hausportal des Toplerhauses rahmenden Halbsäulen, hier einfach unter dem Erker angeordnet... einzig die Renaissance-Gliederung des Erkers mit Pilastern und verkröpften Gebälken hatte ihre Vorbilder von anderswo her. Hatte... heute sieht es hier so aus: Google maps. Webersplatz 11 gehört zur westlichen Zeile, welche die 'Sieben Zeilen' säumt.

    Link zu Bildern des Toplerhauses.

    Das Haus ist ein Gebäude, das nicht wie unendlich viele andere Gründerzeitbauten irgendwo stehen kann. Es ist durch und durch 'nürnbergisch'. Einzige Ausnahme sind die Nürnberger Gaststuben in anderen Städten, für die oft ein Gebäude im Nürnberger-Stil entworfen wurde, wie beispielsweise das in diesem Strang gezeigte und diskutierte Gebäude in Berlin und auch hier.


    Ak-Webersplatz-11-1913x.jpg

    Webersplatz 11. 1913 gelaufene Privat-Fotoansichtskarte. Vergrösserung

  • Vom Maxtor aus in Richtung zur Kaiserburg

    Ein ungewohnter Anblick vom Maxtor aus - natürlich ist mir sofort das Fachwerkhaus aufgefallen, das ich so noch nie gesehen habe, ebenso das Gebäude im Vordergrund und der Spitzhelm dahinter. In der Fachwerkfassade sind drei Bauetappen sichtbar. Findet jemand die Adresse des Hauses heraus, oder jene des heutigen Baus, der dort steht? Sie sind nämlich nicht dieselben... Die Nürnberg-Kenner werden sich noch wundern, um welches Haus es sich handelt, von dem man ab und zu die Vorderseite sieht. Auch in diesem Strang gab's schon mal eine Ansicht davon. :wink:


    Maxtor-Burgx.jpg

    1903 gelaufene Ansichtskarte. Fritz Schardt, Kunstverlag, Nürnberg.

  • Bei dem Gebäude im Vordergrund würde ich bei Vestnertormauer 5 landen, entsprechend nach links bei Haus-Nr. 715 (nach der historischen Karte / Bayern-Atlas), jetzt offenbar Vestnertormauer 22 und früher Paniersplatz 25 (wobei der Paniersplatz wenn ich das richtig lese in der historischen Karte mit Pamnierstraße bezeichnet ist).

  • Ja, perfekt!

    Vestnertor 5 ist ja ein Mauerturm der Stadtbefestigung und trägt die Bezeichnung "Schwarzes B". Für mich ist es allerdings ein Kasematten- oder Grabenturm, dem man im Zwingerbereich ein grosses Gebäude vorangestellt hat, und kein Mauerturm. Demnach müsste er eine römische Ziffer als Bezeichnung haben. Über Vestnertor 5 hatte ich mal im Strang über die nürnberger Fachwerkbauten einen Beitrag geschrieben. Edit.: und ausgiebig auch ab hier im APH.

    Auf der Ansichtskarte sieht man unmittelbar über dem First den sehr schlanken, hohen Spitzhelm eines Mauerturms, der um 1944 zerstört worden war. Dieser müsste eigentlich die Bezeichnung "Schwarzes B" getragen haben, denn wenn man ihn heute rekonstruieren würde, hätte es für ihn keine Bezeichnung mehr. Das "Schwarze A" ist nämlich der Luginsland, und der abgegangene Turm stand ja dazwischen.

    Auf der historischen Karte steht "Pannier-Straße" mit zwei "n". Was Du als "m" gelesen hast, ist nur eine Verbindung vom "a" zum "n". Link zum entsprechenden Kartenausschnitt: klick.

    Der impostante Fachwerkgiebel ist tatsächlich der Ostgiebel des einstigen Hauses Paniersplatz 25. Über das Haus wollte ich wegen seiner markanten Fenstererker und Lage schon lange mal einen Bericht im Fachwerkstrang schreiben, aber allein die verputzte Vorderfassade bot einfach zu wenig 'Fleisch' dazu. Nun habe ich aber einen Grund mehr! :smile: Das Gebäude hatte ich ziemlich am Anfang dieses Stranges gezeigt, allerdings "nur" am linken Bildrand:

    paniersplatz-25-33.jpg

    Paniersplatz 25 - 33. Undatierte Privataufnahme. Sammlung Riegel.

    Von links nach rechts sind es die Nrn. 25 - 33. Die Häuser stehen heute nicht mehr, nur das nächstfolgende Haus Nr. 35 mit einer Neorenaissancefassade (die Denkmalliste bezeichnet sie als neubarock) von 1904/05 überlebte.

    Zwischen Nr. 25 und 27 sieht man hier die Hoffassade von Vestnertormauer 20, das erst so um 1905/1915 erstellt wurde und deshalb auf der Ansichtskarte den Fachwerkgiebel von Nr. 25 noch nicht verdeckt. Es existiert auch nicht mehr.

  • Hier noch zwei Bilder von F.T. Schulz von 1903, die dir hinsichtlich des Fachwerks helfen können, wenn du sie nicht eh schon hast:

    Leider ist das Fachwerk auf der Straßenseite fast nicht zu erkennen. Und außerdem ist Druckqualität des 90 Jahren alten Buchs bescheiden.

    Das 3. Stockwerk stammt vermutlich aus dem Jahr 1598, da diese Zahl im Mörtel des Schornsteins im obersten Stock stand.

  • Vielen Dank für die beiden tollen Bilder, die sehr aufschlussreich sind! Jetzt lohnt es sich wirklich, Beobachtungen zum Haus niederzuschreiben und Schlüsse daraus zu ziehen.

    Was ich bereits jetzt schon sehe: gegen den Paniersplatz ist das Haus viergeschossig; ein gemauertes Erdgeschoss und drei Fachwerkobergeschosse, wobei die Seitenwand auch gemauert ist. Die beiden ersten Obergeschosse weisen wohl angeblattete oder eingezapfte, breite Brüstungsstreben auf, wie es bei Stubenpartien mit Fenstererkern üblich ist. Am 3. Obergeschoss sieht man K-Streben, aber die Fenster und das sichtbare Fachwerk rechts gehören wohl zu einer Erneuerung im 18./19. Jahrhundert. Darüber folgt ein dreigeschossiges Satteldach. Die K-Streben könnten mit dem Datum 1598 übereinstimmen.

    An der Rückseite sieht man drei Vollgeschosse und wiederum drei Dachgeschosse. Demnach liegen die Traufen vorne und hinten auf gleicher Höhe (bei Am Oelberg 9 haben wir ein assymmetrisches Dach!). Somit ist auf der Rückseite das Erdgeschoss nicht sichtbar. Das 1. Obergeschos - halb verdeckt von der Hofmauer - ist gemauert, was man an den profilierten Leibungen sehen kann. Das 2. Obergeschoss bestand vermutlich aus verputztem Fachwerk. Das 3. auskragende Obergeschoss weist eine hohe Fussstrebe auf, was zur Vorderseite mit den K-Streben passen würde. Schwelle und Rähm (eigentlich sind es nur die Rand-Deckenbalken) sind nach rechts durchgehend, obwohl mittig oberhalb der beiden Fenster ein Dachsparren fusst. Das rechts abgeschleppte Dach gehört wohl zum ganzen Dachstuhl und ist keine spätere Bauetappe. Dies ist eine Form, die man bei Galerien/Lauben oft sieht.

    Spannend ist nun das 1. Dachgeschoss: links erkennt man eine Stuhlkonstruktion mit einem angeblatteten Steigband und einem Fussband. Dies ist eindeutig eine Dachkonstruktion spätestens aus dem 15. Jahrhundert. Gleichzeitig ist um die Ecke nach vorne am 3. Obergeschoss aber jüngeres K-Strebenfachwerk sichtbar. Die restlichen Teile der Giebelwand (wieder mit K-Streben) sind einheitlich und gehören zur Bauetappe mit der erwähnten hohen Fussstrebe am 3. Obergeschoss.

    Wahrscheinlich wurde hier spätestens im 15. Jahrhundert ein viergeschossiges Haus mit einer Feuerwand gegen Westen erstellt. Dieses wurde später rückseitig erweitert und erhielt einen neuen Dachstuhl, wobei im 1. Dachgeschoss Teile des älteren, weniger tiefen Dachstuhls erhalten blieben. Das 3. Obergeschoss wurde dabei vorne stark umgebaut. Diese Umbauetappe könnte 1598 stattgefunden haben.

    Man müsste diese Beobachtungen in den Fotos eintragen und die Bauetappen einfärben, damit alles plausibler erscheint. Doch dies dann mal für den Fachwerkstrang. >> Hier.

  • Danke für die vielen interessanten Infos, die du auf die schnelle herausfinden konntest. Nachfolgend lade ich noch die Beschreibung aus dem Buch hoch. Diesmal aber nur Fotos, da ich die wacklige Bindung nicht schon wieder im Scanner quälen wollte. Vielleicht ist was brauchbares für dich dabei:

    IMG-8467.jpg

    IMG-8469.jpg

    Achtung, die eingebetteten Bilder sind von anderen Häusern. Das ist immer extrem irritierend in dem Buch...

  • Laufertormauer

    Ak-Laufertormauer-Alcibiades-Turm-1931.jpg

    Laufertormauer mit Alcibiades-Turm und 'Schwarzem T'. 1931 gelaufene Ansichtskarte, Verlag E. Nister, Nürnberg.

    Mit dieser Ansicht möchte ich an diesen Beitrag mit einem Bild der Schmausengasse anschliessen. Zur Eruierung der anfänglich unbekannten Ansicht der Schmausengasse spielte das Haus Spitzenberg 4 im Hintergrund eine Rolle. Dieses nicht mehr existierende Haus zeichnete sich durch ein viergeschossiges Dach mit einem achteckigen Türmchen neben dem First aus. Gegen die Laufertormauer sass ein schlanker, zweigeschossiger(!) Aufzugserker am Dachfuss (siehe 2. Bild im verlinkten Beitrag). Das Haus selbst besass nur drei Vollgeschosse, dafür aber eine enorme Tiefe, woraus dieses hohe Dach resultierte.

    Auf der neuen Ansicht von der Stadtgrabenseite her sieht man dieses enorme Dach wieder, und man erhält eine Ahnung, welche Aussicht sich einem von dort oben aus dem Türmchen bot. Vor dem Gebäude ist der Turm 'Schwarzes T' kaum erkennbar. Die Laufertormauer erlitt im 2. Weltkrieg grosse Schäden und wurde erst Ende 1966 wieder aufgebaut, allerdings ohne den Wehrgang. Dieser exsistierte bereits vor der Zerstörung teilweise nicht mehr.

    Im Marburger Bildindex findet sich ein Bild, welches das Mass der Zerstörung zeigt (im Vordergrund mit dem 'Scharzen S'):

    mi02519f12a.jpg


    Ein Bild von 1966 mit fast derselben Perspektive zeigt, mit welchem Aufwand hier wiederaufgebaut wurde. Dies einfach zur Verdeutlichung für jene, die immer behaupten, in Nürnberg sei wenig rekonstruiert worden.

    Zitat

    [...] ist mit einigen Millionen Mark erkauft worden.

    Und das schon vor mehr als 50 Jahren! Und diese Arbeiten werden bis heute laufend fortgeführt, nur bemerken sie die wenigsten.

  • Frauentor

    Von den fünf aus dem Mittelalter stammenden Toren der Stadtbefestigung ist das Königstor das wohl am meisten fotografierte Tor der Nürnberger Altstadt. Vier Tore (Spittlertor, Neutor, Laufertor, Frauentor) zeichnen sich durch je einen massiven Rundturm und davor liegendem Zwinger, den sogenannten Waffenhöfen, aus. Sie entstanden in der Mitte des 16. Jahrhunderts durch Ummantelung der aus dem 14. Jahrhundert stammenden Tortürme der letzten Stadtmauer. Einzig das Tiergärtnertor behielt im Wesentlichen seine ursprüngliche Gestalt bei, ausser dass die Tordurchfahrt verschoben und der Turm erhöht wurde. 1849 wurde das Frauentor um das unmittelbar daneben liegende Königstor erweitert.

    Der Zugang zur Stadt erfolgte durch diese Waffenhöfe, durch je ein Tor an der Aussenseite und ein diagonal gegenüberliegendes Tor an der Innenseite. Ab Ende des 19. Jahrhunderts erleichterten weitere Tordurchbrüche in den Zwingermauern den Zugang zur Stadt, sogar auch für die Strassenbahn (Spittlertor).

    Im Waffenhof des Frauentors befindet sich seit 1971 der Handwerkerhof, der aus Anlass des 500. Geburtstages Albrecht Dürers angelegt wurde. Er besteht aus eingeschossigen Fachwerkhäuschen, in denen Gastronomie und Handwerkskunst angeboten werden. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Bauten 1972 wieder abgebrochen werden sollten, aber der Handwerkerhof etablierte sich so zu einer beliebten Touristenattraktion, dass er bis heute bestehen blieb. Natürlich sind es kitschige "Lebkuchenfachwerkhäuschen", aber sie greifen nicht in die historische Substanz der ganzen Toranlage ein. Das historisch korrekte Bild der vier Höfe wären einfach leere Höfe.

    Zwei Ansichtskarten zeigen sehr seltene Ansichten der Toranlage: Die erste zeigt den Waffenhof, der heute eben mit dem Handwerkerhof bebaut ist. Der Rundturm hat die Bezeichnung "Blaues Q" und der Mauerturm links "Blaues R". Von letzterem zeugen heute fast keine Spuren mehr, ausser einer Verdickung an der Stadtmauerinnenseite (Bild). An der Aussenseite ist von ihm überhaupt nichts mehr vorhanden und sein Platz beim Auswärtsknick der Stadtmauer mit einem dieser Handwerkerhäuschen überbaut (Bild). Dass dieser Turm nicht mehr wiederaufgebaut wurde, ist erstaunlich, ist doch das Frauentor gleich gegenüber dem Hauptbahnhof der wichtigste Zugang zur Altstadt.


    Ak-Frauentor-1907.jpg

    Frauentor - Waffenhof. In diesem Hof befindet sich heute der "Handwerkerhof". Links der nicht mehr existierende Mauerturm "Blaues R". Das Gebäude mit dem Doppelgiebel existiert heute noch, aber unter Verlust der gesamten Dachzone. 1907 gelaufene Ansichtskarte, Hermann Martin, Kunstverlag, Nürnberg.


    Die zweite Aufnahme entstand südwestlich der Toranlage mit der nebenanliegenden Frauentor-Bastion. Von dieser Bastion führte einst eine Rampe in den Zwinger der Stadtmauer.


    Ak-Frauentor-1909.jpg

    Frauentor und Frauentormauer, davor die Frauentor-Bastion und der Mauerturm "Blaues S". 1909 gelaufene Ansichtskarte, Hermann Martin, Kunstverlag, Nürnberg.

  • Hier nun wie versprochen das erste Bild. Fachwerk ist hier keines zu sehen (das kommt erst noch bei den anderen Bildern). Aber ansonsten ist das Haus Neue Gasse 10 ungewöhnlich:

    Der verdrehte Dachstuhl, das enorme Auskragen und außerdem scheinen es ja auch ursprünglich zwei Häusern gewesen zu sein?!

    Über Kommentare würde ich mich freuen.

  • scheinen es ja auch ursprünglich zwei Häusern gewesen zu sein

    Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es seit alters her zusammengehört hat (in der Uraufnahme gemeinsam Haus Nr. S 1177 b) und man beide Bauteile gleichzeitig gebaut hat und nur der Dachbereich unterschiedlich ist, vielleicht auch, um die nicht rechteckige Dachkonstruktion auf den dreiachsigen östlichen Teil beschränken zu können. Sind beide Bauteile nicht bis zum 1. OG gleichartig, es also vielleicht ein (1) Gebäude mit geteilter Dachkonstruktion? Das 2. OG scheint aber bereits nicht mehr durchgehend zu sein (unterschiedliche Geschoßhöhen?), also evtl. nur bis zum 1. OG ein gemeinsamer Baukörper.

    Riegel kann da sicherlich mehr dazu sagen.

  • Die mögliche Baugeschichte dieses Hauses nur aufgrund dieser Fotografie zu erforschen, fällt mir schwer. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten.

    und außerdem scheinen es ja auch ursprünglich zwei Häusern gewesen zu sein?!

    Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es seit alters her zusammengehört hat

    Eine typisch mittelalterliche Baugeschichte wäre auch, dass zuerst nur der rechte Hausteil aus zwei oder drei Geschossen bestand und links ein zughöriger Garten mit einer Homauer eingefasst war. Dieser Garten könnte dann zwecks Wohnraumerweiterung später überbaut worden sein.

    Die obersten Geschosse beider Hausteile bestanden aus Fachwerk und sind mit Fenstererkern versehen. Auch hier sehe ich keine Hinweise, ob sie gleichzeitig entstanden sind oder nicht. Die Fassade des rechten Hausteils ist bis und mit 2. Obergeschoss gemauert; bei jener des inken Hausteils im 1. Obergeschoss bin ich mir unsicher. Jedenfalls muss man wissen, dass Fachwerkfassaden erst allmählich durch gemauerte Fassaden ersetzt wurden, und auch ein solcher Vorgang muss bei einem einzelnen Haus nicht in einem Zuge vonstatten gegangen sein, sondern kann ebenfalls in mehreren Etappen erfolgt sein.

    Eigentümlich ist auch, dass in der Uraufnahme das Haus mit dem rechts angeschnittenen Nachbarhaus eine gemeinsame Nr. '1177' hat und diese nur durch 'a' und 'b' unterschieden werden. Dies deutet darauf hin, dass hier einmal ein grösseres Hausgeteilt worden ist oder zwei benachbarte Häuser demselben Besitzer gehörten. Man könnte jetzt noch weiter spekulieren.

    Ich hätte noch eine weitere Spekulation, aber dazu müsste ich wissen, wann die historische Häusernummerierung geschaffen worden ist.

  • Die alte Nummerierung stammt wohl aus dem Jahr 1796

    Ich habe eben von einem andern Mitglied auch eine Quelle erhalten, welche besagt, dass die Häusernummerierung 1796 eingeführt wurde: https://www.nuernberg.de/internet/stati…mmern_1796.html

    Somit erübrigt sich meine angekündigte Spekulation, denn diese hätte sich mit dem Umstand befasst, weshalb Neue Gasse 8 und 10 dieselbe Nummer aufwiesen, die sich aber nur mit 'a' und 'b' unterschieden. Da hätte ich einen gemeinsamen Kern beider Häuser vermutet, der aber schon im 16. Jahrhundert eine Hausteilung vorausgesetzt hätte (bevor Nr. 10 seine beiden Aufstockungen erhielt).

  • Hier noch die versprochene 2. Ansicht. Diesmal das Grolandhaus aus ungewohnter Perspektive.

    29-Kopie.jpg

    Aus eigener Sammlung; undatiert, m.E. aber um den 1. Weltkrieg herum aufgenommen.

    Interessant finde ich hier, daß in Höhe des Daches des Nachbarhauses wohl ein Anbau am Grolandhaus abgerissen wurden. Für mich sieht es so aus, als hingen hier noch ein paar lose Ziegel an der Wand. Aber evtl. täuscht das auch.

  • Solche 'Rückansichten' sind immer sehr wertvoll für die Forschung, weil sie sehr selten sind.

    Diese Absätze in der Brandmauer geben mir auch Rätsel auf. Jedenfalls ist die Mauer jünger als das kleine Fachwerkhäuschen (Tetzelgasse 61) davor, denn die linken Eckpfosten beider Fachwerkgeschosse fehlen; das heisst, dass sie für den nachträglichen Einbau der Brandmauer entfernt wurden. Dem Fachwerk nach dürften das Grolandhaus (Paniersplatz 20) und das Nachbarhaus aus dem 15. Jahrhundert stammen Das Grolandhaus war übrigens das erste Fachwerkhaus, das ich im Fachwerkstrang eingehend beschrieben hatte: Paniersplatz 20, 'Grolandhaus'. Schon dort wies ich auf den nachträglichen Einbau der Brandmauer hin. Auf der Fotografie oben erkennt man die an der Brandmauer anliegenden, rechten Eckpfosten der ersten beiden Obergeschosse nicht, da das Grolandhaus sich leicht gegen Südosten neigte und daher einige Zentimeter zurückstand. Auf andern Fotografien sieht man aber, dass die Eckpfosten alle vorhanden waren.

    Einige Feststellungen zur Brandmauer:

    Oft sind Brandmauern anzutreffen, die unten dicker sind (ca. 60 cm Bruchstein?) und sich gegen oben mittels eines Absatzes verjüngen (40 cm Backstein?). Dies hatten wir auch bei Paniersplatz 25 schon so angetroffen. Es muss sich nicht um zwei Bauetappen handeln, sondern könnte auch der Material- und Kostenersparnis geschuldet sein. Dem Thema "Brandmauern" sollte sowieso mehr Beachtung geschenkt werden, denn dort verbirgt sich jeweils sehr viel Baugeschichtliches!

    Rätselhaft ist aber die Unregelmässigkeit des 'Absatzes'. Als Überrest eines Treppengiebel kommt dieser nicht in Frage, da beide Häuser ja älter sind als die Brandwand. Gegen Südosten (Tetzelgasse) war ein solcher Absatz auch vorhanden, wie man auf dieser Flugaufnahme links oben bei sehr starker Vergrösserung schwach erkennen kann.

    Nun fällt aber in der Fotografie oben im 4. Obergeschoss des Grolandhaues in der Brandmauer eine kleine zugemauerte Öffnung auf: Könnte es sich hier um einen Ausguss eines Schüttsteins in einer Küche gehandelt haben? Bis um 1800 waren solche Ausgüsse zum Hof oder Nachbardach hin üblich. Dies würde auch erklären, weshalb der Absatz mit Hohlziegeln anstatt mit Biberschwänzen abgedeckt war.