na ja, das ist schon legitim. Erstens ist dieser Verlust so schmerzhaft, dass man ihn nicht gern darstellen will, zweitens ist dies auch im Sinne der Ruhe als erste Bürgerpflicht, drittens wird es eh von fast niemandem so gesehen und viertens will man einfach keine negative Werbung machen, das gehört sich nicht.
Nürnberg (Allgemeines)
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Im Nürnberger Stadtteil Großgründlach wird das zwischen 1795 und 1800 erbaute ehem. Wächterhaus im Fachwerkstil saniert, das im Besitz der Stadt Nürnberg ist.
ZitatDie Stadt Nürnberg leiste damit einen wichtigen und wertschätzenden Beitrag zum 1000-jährigen Jubiläum Großgründlachs. Nach Abschluss der umfangreichen denkmalpflegerischen Voruntersuchungen kann noch im Herbst mit den Arbeiten zur Instandsetzung des Wächterhauses begonnen werden. Für die Sanierung plant die Stadt Kosten in Höhe von insgesamt 400000 Euro ein. "In einem ersten Schritt wird die nördliche Außenwand des Wächterhauses von Seiten des Friedhofs saniert. Danach soll voraussichtlich zum Jahresende die Dachsanierung starten, für das Hochbauamt ist das kleine, aber feine Bauwerk wegen seiner komplexen Struktur eine echte Herausforderung", sagt Planungs- und Baureferent Daniel Ulrich.
Wächterhaus in Großgründlach wird saniert
Berndpreiss.de, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons
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Was hat es denn? Sieht doch noch ganz proper aus?
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Sicher braucht es eine Transgendertoilette und einen Behindertenaufzug?
Muss übrigens eine imposante Anlage sein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9F…rathaus-v-o.jpg
Hier unser Haus zur Orientierung:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9F…rathaus-v-s.jpg
Gesamt:
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Steht im Bericht, dass es substanzerhaltende Maßnahmen sind, die Dachkonstruktion und den selbstredend unerwünschten Feuchteeintritt betreffend, welche die Sanierung notwendig machen.
Über die fehlenden Mittel für den ursprünglich angedachten Erweiterungsbau des Museums muss man angesichts der gegenwärtigen Baukultur traurigerweise froh sein.
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So n hipper Erweiterungsbau à la Freiberg würde dieses verschlafen-dörfliche Wehrkirchen-Schloss-Ensemble doch erst richtig aufpeppen.
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Bekanntlich stand am Paniersplatz bis zum 02.01.1945 das wundervolle Grolandhaus:
Hier in Luzern laufe ich öfters an einem Gebäude in der Nähe des Franziskanerplatzes vorbei, welches m.E. eine starke Ähnlichkeit mit dem Grolandhaus aufweist, auch wenn es nicht so hoch ist:
(eigene Fotos)
Dazu gibt es auch in der Altstadt von Orléans ein Äquivalent:
Maisons à colombages OrleansJulien45000, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons
Frage an Riegel
Wie stark würdest du die Verwandtschaft der drei Fachwerkhäuser einschätzen, obwohl es sich um fränkisches, alemannisches und zentralfranzösisches Fachwerk handelt?
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Abgesehen von der städtebaulichen Situation gibt es keine.
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Natürlich haben die drei Bauten nur ihre Stellung als auf drei Seiten freistehende Kopfbauten und geringe Haustiefen gemeinsam. Luzern ist wie die meisten Städte in der Schweiz keine Fachwerkstadt mehr, auch wenn es noch einzelne reiche Fachwerkbauten, vorwiegend aus dem 17. Jahrhundert, gibt. Vom spätmittelalterlichen Gesicht Luzerns unterrichtet am besten die reich bebilderten Schweizer Chronik und Luzerner Chronik von Diebold Schilling dem Jüngeren. Daraus geht hervor, dass auch in Luzern wie erwartet die alemannische Fachwerkbauweise heimisch war. Die Altstadt selbst 'versteinerte' vorwiegend im 16. Jahrhundert. Die gesamte Deutschschweiz liegt im Verbreitungsgebiet des alemannischen Fachwerkbaus.
Nürnberg liegt ebenfalls im alemannischen Fachwerkgebiet. Die alemannische und fränkische Fachwerkbauweise verschmolzen aber im 16. Jahrhundert miteinander, sodass die Bauten ab da kaum mehr unterschieden werden können. Die wenigen Sichtfachwerkbauten Luzerns stammen alle aus dem 17. Jahrhundert, als der Schmuck des Fachwerks am ausgeprägtesten war. Sie zeichnen sich durch Knickbüge und geschweifte Brüstungsstreben aus. Zwei markante Gebäude, das Anderallmend-Haus (Kasernenplatz 2) und die ehemalige Spitalmühle (Mühlebachweg 10) weisen als Besonderheit für die Schweiz sogar fränkische Fenstererker auf, die das von Löbenichter gezeigte Haus Franziskanerplatz 3 nicht hat. Die Spitalmühle zeigt aber die in der Schweiz selten zu beobachtende Verstrebung mit K-Streben.
Damit wären wir in Nürnberg angelangt. K-Streben sind eine Spezialität von Nürnberg und seinem Umland. Diese kommen ab 1500 vor und lösten die verblatteten Fuss- und Kopfbänder ab. Beim Grolandhaus aus dem 15. Jahrhundert sind das 1. bis 3. Obergeschoss mit Fuss- und Kopfbändern verstrebt, hingegen das wohl im 16. Jahrhundert aufgestockte 4. Obergeschoss mit eingezapften K-Streben. Schmucklose Fenstererker kommen in Nürnberg sehr häufig vor. Mit den K-Streben und den Fenstererkern hätten wir wenigstens eine gemeinsame Entwicklung des Fachwerks am Luzerner und Nürnberger Beispiel gestreift.
Das Fachwerkhaus aus Orleans besteht aus normannischem Fachwerk. Letzteres ist leider nicht so gut erforscht wie das Fachwerk im deutschen Sprachraum. Normannisches Fachwerk zeichnet sich durch enggestellte Ständerreihen mit wenigen Verstrebungen und Andreaskreuzen aus und lässt sich von England bis Südfrankreich finden. Den angeblatteten Brustriegeln und dem Schwebegiebel nach dürfte es auch aus dem 15. jahrhundert stammen, wie das Grolandhaus in Nürnberg. Die Giebelseite ist besonders hervorgehoben durch engmaschiges Rautenfachwerk.
Noch eine Bemerkung zum Schwebegiebel am Haus aus Orleans: Diese werden ja als typisch schweizerisch angesehen. Man findet sie aber oft auch an alemannischen Fachwerkbauten aus dem 15. Jahrhundert in Deutschland. Hier sieht man aber, dass Schwebegiebel mit einer Rundung ihren Ursprung in Frankreich haben. In die Schweiz wurden solche erst im 19. Jahrhundert adaptiert und die Zwischenräume mit ausgesägten Holzbrettern verschlossen (Laubsägelistil). Die weit ausladenden, markanten Halbwalmdächer wiederum sind im Bernbiet und in der Westschweiz heimisch. Dort haben sich auch die markanten Berner Ründen entwickelt. Somit hätten wir mit den Dächern auch eine (gesuchte) Verbindung zwischen dem Luzerner Haus und jenem in Orleans gefunden.
"Literatur"-Verweise:
Zum Grolandhaus: RE: Nürnberg - Fachwerkbauten
Vergleichbares Haus zu Franziskanerplatz 3 in Luzern: RE: St. Gallen - Fachwerkbauten außerhalb der Altstadt
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Ganz toll erklärt, besten Dank!
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Einige aktuelle Bilder eines Ultrakurz-Abstechers nach Nürnberg von der Hinteren Ledergasse kurz vor der Abrüstung:
...die Tiefgarageneinfahrt und den darüberliegenden Bau rechts daneben ignorieren wir so gut es geht...
War bereits zum Abriss freigegeben, das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen. Es wäre mir nix dir nix aus dem Stadtbild verschwunden und vergessen. Dabei sind gerade auch diese auf den ersten Blick unscheinbaren Häuser die aus Stadtzentren richtige Altstädte machen. Wie viele wurden schon abgerissen und werden noch abgerissen aus Ignoranz und Unwissenheit heraus? Unzählige... Um so glücklicher kann sich Nürnberg schätzen, dass es die Altstadtfreunde gibt.
Bonus:
das bereits hergerichtete Nachbargebäude:
weitere "Kandidaten" :
eine altstadtgerechte Straßengestaltung täte auch mal Not und würde den ganzen Straßenzug aufwerten...
das bekannte Gebäude in der Adlerstraße schreit förmlich nach einer Behandlung durch die Altstadtfreunde:
Blick von der Königstraße in die Theatergasse:
an der Königstraße wäre noch ein guter Rekokandidat:
und noch zwei bekannte Ansichten:
Nassauer Haus...
...und Lorenzkirche
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"Um so glücklicher kann sich Nürnberg schätzen, dass es die Altstadtfreunde gibt."
Tut die Stadt das wirklich? Angesichts der sichtbaren Erfolge sollte man das meinen, aber es wiederholt sich für die Altstadtfreunde (die meine allergrößte Hochachtung haben) doch jedesmal aufs Neue der Kampf gegen alle möglichen Widerstände und bürokratischen Hürden. Dabei wollen sie diese Stadt doch nur schöner machen.
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Und wenn das nicht erwünscht ist?
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Ich glaube nicht dass es nicht erwünscht ist, es fehlt eben an Tatkraft, Idealismus und Liebe zur Historie, die weiter zurückreicht als 1945. Diese bringen scheinbar nur die Altstadtfreunde auf.
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Ich denke, dass sich das heutige offizielle Nürnberg in der Tat als Flächendenkmal der Wiederaufbauzeit begreift und das, was wir als Schönheit empfinden, gar nicht wirklich will.
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Unschlittplatz 8-12 im
winterlichen Kleid - den Altstadtfreunde sei gedankt, dass dieses Hausensemble in den 1970er Jahren vor dem Abbruch gerettet werden konnte:
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Die Geschichte der Rettung eines Stückwerks....
Zitat von AltstadtfreundeDer große Durchbruch gelang 1978 mit der Rettung der Häuser am Unschlittplatz. Ein Ensemble, das von Stadtplanung und Stadtrat längst als unrettbar aufgegeben worden war und der Verbreiterung einer Straße weichen sollte, konnte in hartnäckigen Verhandlungen vor dem Abriss bewahrt werden.
Engagierte Bürger wurden gewonnen, die die vier Häuser nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten in Absprache mit den
Altstadtfreunden auf eigene Rechnung wieder instandsetzten (=Unschlittplatz-Modell). Nach diesem Modell konnten noch vier weitere Denkmäler gerettet werden.
Wer kann sich den Unschlittplatz heute anders vorstellen?
Ensemble Unschlittplatz 8-12
Das linke Haus ist so überhaupt nicht als FWH erkennbar....
Das rechte Haus zeigt, das FWH mitunter sich überhaupt nicht an klassische Proportionierung halten.
Das Beste ist eh hinüber:
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He, Riegel, wär das letzte nicht eine schöne AK für dich? Ich versteh von Nürnberg nix, Österreichische Händler machen einen Bogen um D und insbes. um touristisch interessante Großstädte, aber der Unschlittplatz ist eher nicht zentral, und für eine Hochwasser-AK scheint mir das ein äußerst wohlfeiler Preis.
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Genau den gleichen Scan vom selben Auktionshaus habe ich mir schon lange gespeichert (im Mai 2016 bereits). Natürlich zahle ich nicht jeden Preis und warte auf die nächste Gelegenheit. Aber die Karte hätte ich schon gerne, vor allem weil man hinten diese Dacherhöhung mit einem Trocknungsraum sieht.
Von der Hochwasserkatastrophe 1909 gibt es eine grosse Serie mit wenig bekannten Ansichten. Sie sind allerdings in einem groben Klischeeraster gedruckt worden. Gut fünfzig davon besitze ich bereits, und von sechzig habe ich mir die Scans gespeichert, damit ich sie so wenigstens in meinem Fundus habe und damit arbeiten kann. Im Ansichtenstrang komme ich darauf mal zurück. Die folgende Übersichtskarte ist sehr selten im Handel:
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11,25 für ein unbekanntes Altstadtensemble? Wenn das keine Gelegenheit ist? Davon kann ich bei meinen Gebieten nur träumen. Aber N. wird wahrscheinlich keine hohen Preise erzielen, oder?
Bei Mittel- oder Kleinstädten kann eine solche Ansicht auf weit über 50 € gehen...
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