Rio de Janeiro (Allgemeines)

  • Anbei zwei kolorierte Videos von Rio, aufgenommen in den 1930ern. Unglaublich wie diese grossartige Stadt verschandelt wurde, insbesondere die Betonklötze entlang der Copacabana.


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  • Verschandelt? Verdichtet. Da leben heute x-mal so viele Leute wie damals. Ich finde es sehr leer, vor allem der Film von 1936 macht auf mich den Eindruck eines großstädtisch angelegten Straßennetzes, das aber noch in der Bauentwicklungsphase steckt. Zwischendrin sieht man immer wieder wenig schöne Hochhausblöcke - offenbar Neubauten. Die breite Avenida ähnelt sehr denen in Lissabon mit dem zweifarbig gemusterten Straßenpflaster, und den wuchtigen, aber relativ niedrigen Säulen und Gebäuden. Von um 1900 scheinen nur wenige große Wohnhäuser oder Hotels zu sein. Die Panoramabilder wirken "menschenleer", nur einige wenige hingewürfelte Häuser an der Küstenstraße, keine eigentliche Stadtkante.

    Berlin wurde zwischen 1880 und 1920 zur Großstadt, Rio de Janeiro offenbar einige Jahrzehnte später. Wenn ich die Bilder so anschaue, denke ich, so ähnlich könnte Charlottenburg um 1900 gewesen sein.

  • Ich war 2001 in Rio und war begeistert von dieser Stadt! Sie wurde nicht verschandelt, sondern sie ist gewachsen. Im historischen Zentrum nördlich der Copacabana und des Zuckerhuts haben sich sehr grosse Quartiere aus der Kolonialzeit erhalten. Vor 20 Jahren waren diese ab und zu durchsetzt mit Ruinen (Holz vermodert dort sehr schnell), von denen nur noch die Fassaden standen. Aber ich war erstaunt ob der sehr vielen denkmalpflegerisch und farblich gelungenen restaurierten historischen Bauten. Meist dreigeschossig, und das flächendeckend. Vor allem entlang den Magistralen dominieren dort aber die Hochhäuser. Es lohnt sich, diese Stadt auf Google maps zu erforschen; unbedingt auf 3D klicken und immer wieder heranzoomen und drehen:

    Historisches Zentrum

    Für den Stadtteil entlang der Copacabana mussten keine bestehenden Bauten weichen, sondern das Gebiet war zur Zeit der Filmaufnahmen grösstenteils noch unbebaut. Dem Stil nach entstanden die heutigen Hochhäuser ab den 1940er Jahren. Und genau diese unendlich lange Häuserfront hatte es mir auch angetan:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    maps.app.goo.gl

    Alles in weiss und gelblich. Leider wird die Front langsam auch durch Glaskisten gestört, gerade wenn man die Häuserfront weiter nach links verfolgt.

    Die Gegensätzlichkeit all dieser Stadtteile fand ich sehr interessant, und ich möchte diese Stadt wieder einmal besuchen gehen.

  • Sehr faszinierender Fund diese beiden Filme, vielen Dank! Das Rio de Janeiro von Stefan Zweig... so also hat es ausgesehen, als er Ende der 1930er dorthin ins Exil ging. Die Stadt macht einen sehr friedlichen und ruhigen Eindruck, alle Leute elegant gekleidet, die Herren im feinen Anzug und die Damen in lässigen aber schicken Kleidern... hollanda : findest Du das nicht schöner, als wie wenn jeder im Kapuzenpulli und Jeans herumrennt? ;)

    Es sind erstaunlich wenig Schwarze zu sehen, ganz im Gegenteil zu heute, wo das Gegenteil der Fall ist.

    Architektonisch ist es auch interessant, ich teile Loggia's Eindruck, dass es nicht nicht ganz fertig erscheint. Aber die Stadt war wahrscheinlich immer schon "work in progress". Im zweiten Video wird erwähnt, dass die Stadt bereits seit 1900 einen großen Transformationsprozess mitgemacht hätte und dass vom alten Rio des 19. Jhs fast nichts mehr übrig sei... in diesen in den 30er Jahren gemachten Filmen sind an den Stränden auch schon viele moderne Bauten des Neuen Bauens der 20er Jahre zu sehen, wie sie an den europäischen Mittelmeerstränden auch oft stehen... teilweise hat mich das ein bisserl an Rimini u.ä. erinnert. Die Avenidas scheinen unglaublich gepflegt und sauber, wie im Paradies. Kein Vergleich zu heutigen Metropolen. Und gemütlich schaut es aus! Ich bin durchaus fasziniert von diesen Impressionen, vielen herzlichen Dank!

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Riegel : ich war 1998 in Rio, mein Großonkel lebte seit dem 2. Weltkrieg dort und hatte eine Wohnung im obersten Stockwerk eines Hochhauses direkt an der Baia de Botafogo gegenüber vom Zuckerhut... die Aussicht war fantastisch. Ich war auch fasziniert von der Stadt, aber mehr von der Topographie als der Architektur - ich finde schon, dass der Ausdruck "verschandelt" zutreffend ist. Vom Rio des ersten Drittels des 20. Jhs ist meiner Erinnerung nach nicht mehr sehr viel geschlossen übrig, fast alles wird überragt von häßlichen riesigen Wolkenkratzern. Mein Onkel hat mir irgendwo noch ein kleines Viertel (eher nur ein paar Häuser) mit kleineren Häusern aus der Kolonialzeit gezeigt, aber das war die totale Ausnahme. Die im zweiten Film zu sehenden gepflegten Avenidas sind auf jeden Fall Geschichte, alles ist von Stadtautobahnen durchkreuzt. Trotzdem ist die Lage der Stadt, das Licht und die Atmosphäre absolut fantastisch, das werde ich nie vergessen. Und mit am schönsten war die Schifffahrt auf die Insel Paquetà, wo es einen wunderschönen tropischen Park gibt!

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Quartiere wie in diesem Bild gibt es aber sehr viele, siehe meinen Link im Beitrag oben. Es ist eine typische Strassenansicht mit Häusern , die noch aus der Kolonialzeit stammen. Hier ist jetzt nichts denkmalpflegerisch renoviert, dafür teilweise bereits ruinös. Es ist eine zufällig gewählte Ansicht. Auch diese Strasse fasziniert mich, da sie tolle Einzelbauten aufweist, aber auch die krassen Gegensätze in dieser Stadt zeigt, indem ein schmales zwei- oder dreigeschossiges, historisches Haus durch ein dreizehnstöckiges Gebäude ersetzt wurde.

  • Quartiere wie in diesem Bild gibt es aber sehr viele, (...) dafür teilweise bereits ruinös.

    Ich finde den Zustand der Häuser teils erschreckend, wenn man das mit den Aufnahmen der 30er Jahre vergleicht. Sicher waren die Häuser damals noch neu, aber sie so verkommen zu lassen, zeigt schon etwas zum Zustand einer Gesellschaft. In Kuba kann man dem nicht funktionierenden Kommunismus (oder wahlweise den US-Sanktionen) noch die Schuld geben, in Brasilien aber reicht das nicht als Erklärung.

  • Schlimmer sind wohl noch die ganzen Favelas, die ja teilweise wirklich inmitten von "normalen" Wohngebieten liegen.

    Dazu ein etwas melancholisches Lied über das Leben auf den Favela-Hügeln (morros):

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    OT Die Straßenansicht hat mich fast ein wenig an das "Ausgehviertel" am Hafen von Saloniki erinnert, vielleicht ist das heute renoviert, vor 20 Jahren war es auch ruinös.

    sou perfeito porque / igualzinho a você / eu não presto

  • In Lissabon (Baixa) sah ich 1990 noch ruinösere Häuser, bei denen die Holztreppen schon abgefallen waren und das Dach halb kaputt, die aber gleichwohl noch bewohnt waren. Es liegt wohl zum einen an den Gesetzen, die das Renovieren zu teuer machen, zum anderen auch an der Feuchtigkeit, die recht schnell für Moder sorgt.

    Die älteren Häuser in Rio sehen sehr portugiesisch aus, insofern denke ich, daß da auch die Gesetze und das Klima ähnlich sind wie in Lissabon.

  • Dem Stil nach entstanden die heutigen Hochhäuser ab den 1940er Jahren. Und genau diese unendlich lange Häuserfront hatte es mir auch angetan

    Wenn dir das wirklich so gut gefällt, musst du aber keine Weltreise absolvieren. In Belgien gibt es sehr ähnliche Hochhäuser mit den meterhohen risalitartigen Erkern die sehr kleinteilig sind:

    Lüttich

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    Ostende

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  • Also, Oostende hat mich auf eine gewisse Art und Weise sogar fasziniert, obwohl es nach den Kriegszerstörungen tatsächlich ziemlich häßlich ist. Allerdings waren die Preise schon vor 10 Jahren sehr gehoben, auch und gerade in diesen Hochhäusern.

    sou perfeito porque / igualzinho a você / eu não presto

  • Wenn dir das wirklich so gut gefällt

    Ich hatte nicht geschrieben, dass mir das gefällt, sondern 'hatte es mir auch angetan'. Das ist zwar auch eine Beschreibung wie 'entzückt' oder 'begeistert'. Vielleicht hätte ich besser schreiben sollen 'in den Bann gezogen'. :wink:

    Der Vergleich mit Lüttich ist treffend. Auch eine solche Front wie dort mit diesen erkerartigen Vorbauten in verschiedensten Variationen sieht man nicht oft - vereinzelte Gründerzeit- und Art Deco-Häuser, aber vor allem Bauten aus der frühen Moderne, und überwiegend in den Farben, weiss, grau und rot. Einfach das Hochhaus dort müsste nicht sein. Aber sonst üben auf mich solche Fronten in ihrer Einheitlichkeit an einem Ufer schon eine gewisse Faszination aus.