Offenburg (Allgemeines)

  • Der Kehler Architekt Jürgen Grossmann hat in Offenburg ein denkmalgeschütztes ehem. Verwaltungsgebäude der Müller Stahlbau gekauft und möchte dieses sanieren. Es handelt sich um einen Bau von Egon Eiermann, errichtet 1958-1961.


    Zitat

    Über die Bedeutung des Gebäudes

    Für den Verein Egon Eiermann Gesellschaft sei das Gebäude ein wichtiger Teil des Gesamtwerks. In seiner Beurteilung heißt es vonseiten des Vereins: „In der Zeit des Wiederaufbaus ging es (…) unter anderem um Sparsamkeit bei Material- und Zeitaufwand, um Flexibilität und Wandelbarkeit im Inneren der Gebäude, um Sauberkeit bei der Materialauswahl und um Detailgenauigkeit. Der Protz und das Repräsentationsbedürfnis (…), die sich Behörden und Firmen in früheren Jahrzehnten bauten, galten für Egon Eiermann nicht. Er griff vielmehr auf grazile Rastersysteme, mit Vorliebe aus Stahl, zurück. Er erreichte dadurch eine große Leichtigkeit und Transparenz. Diese Bauweise gab der Nachkriegsarchitektur wichtige Impulse, die auch heute noch wirken.“

    Grossmann kauft denkmalgeschütztes Eiermann-Gebäude

  • "Diese Bauweise gab der Nachkriegsarchitektur wichtige Impulse, die auch heute noch wirken.“

    Leider, muss man sagen. Ich glaube auch nicht, dass diese Art Architektur irgendwelche Liebhaber hat, außer bei den ideologischen Erben, Architekten von heute. Dabei waren solche Gebäude nicht dafür vorgesehen, jemals zu Denkmälern erklärt zu werden. Sie sollten eine Funktion erfüllen, für einen begrenzten Zeitraum. Aber jetzt macht man einen Fetisch aus diesen Nachkriegszweckbauten und muss sie um jeden Preis erhalten, weil sonst unser kulturelles Erbe auf dem Spiel steht. Völlig lächerlich.

    In dubio pro reko

    3 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (25. September 2020 um 21:01)

  • Das stimmt, "Königsbau". An sich stört mich das kleine Häuserl nicht besonders. Aber, wenn ich sehe, was sie derzeit ein Bohei um solche halb-modernistischen Gebäude machen, weil sie ihren Hass auf "Protz" und "Repräsentationsbedürfnis" ausleben wollen, wünsche ich mir doch ein punktuelles Erdbeben mit ein paar irreparablen Mauerwerksrissen. :smile:

    Wenn sie weniger mit ihren penetranten Neubau-Hochhäusern und "avantgardistischen" Geschäftsbauten protzen würden, wäre uns mehr geholfen.

  • Was'n da drumrum? Nix, oder? Dann habe ich nichts gegen einen 60er-Jahre-Bau. Zumal er schon recht fein ausgearbeitet ist (60er Jahre waren so eine Art Asketentum in der Gestaltung, allerdings brachte das gute Leichtbauten zuwege. Unvergessen die auch 30 Jahre später noch bestens funktionierende, gut dimensionierte und im Polster wie neu sich anfühlende Snapcouch aus dieser Zeit, die ich leider beim Umzug verloren geben mußte.). In der Innenstadt oder wohl auch als Wohnhaus wäre es mir nix, aber als Bürogebäude am Stadtrand geht das schon.

  • Es geht auch um den öffentlichen Fokus, der dem Eiermann‘schen Kandidaten wie dem generellen Modernismus von der staatlichen Denkmalpflege bis hinein in dieses Forum zuteil wird.

    Mit dieser gefährlichen Aufmerksamkeit sinken tendenziell zunehmend Bereitschaft und Mittel zur Bewahrung traditioneller Baukultur. Ein Blick in die Denkmalschriften und Nachrichtenblätter der Landesdenkmalämter genügt, um diese bedenkliche Verschiebung seit geraumer Zeit zugunsten von den vermeintlichen Denkmälern der jüngsten Zeit zu registrieren, die damit eine strategisch angelegte Aufwertung erfahren. Also, bitte nicht auch noch hier auf das gängige modernistische Architektenvokabular hereinfallen, das auch solche Kisten der 50er Jahren gerne zu Ikonen erheben möchten.

    Es ist daher erst einmal zweitrangig von Bedeutung, ob für diesen oder jenen Eiermann historische Bausubstanz fiel und wo er errichtet wurde.

    Die Kritik geht doch vor allem dahin, dass diese Kästen mit der Auszeichnung Denkmalstatus zur Baukultur erhoben werden (sollen).

  • Im badischen Winzerort Fessenbach, der nach Offenburg eingemeindet ist, wurde jüngst durch Kurienerzbischof Georg Gänswein der "SenaTorre" eingeweiht. Es handelt sich um ein neugotisches Denkmal, das der Verlagschef Hubert Burda für seinen Vater "Senator" Franz Burda (1903–86) gestiftet hat. Entworfen wurde der Turm von den Mailänder Innenarchitekten Laura Sartori Rimini und Roberto Peregalli in Zusammenarbeit mit Hubert Burda. Peregalli war auch schon der Architekt eines klassizistischen Pavillons vor dem Fessenbacher Anwesen der Familie Burda.

    Der neue Turm besteht wohl aus einem patinierten Kunststein in Sandsteinoptik. Vorbild waren die Münster in Freiburg und Straßburg. Interessant ist auch ein Sakramentshaus im Innern mit Monstranz, abgebildet am Ende der Bilderstrecke im ersten Link. Beide Objekte wirken auf mich echt antik.

  • Beide Objekte wirken auf mich echt antik.

    Nicht so ganz. Beim Türmchen sind die Ornamente nicht richtig rausgemeißelt, sondern nur als ziemlich flache Reliefs vorhanden, und beim Pavillon sind die Schnörkel oben in der sich immer stärker erweiternden Spiralenform, die seit ca 2000 (? weiß nicht mehr genau, wann die so arg in Mode kam, aber auf jeden Fall vor noch nicht so langer Zeit) üblich ist. Das hätte man früher mE nicht so gemacht.

  • Das Sakramentshaus und die Monstranz im Innern des neugotischen Turms meinte ich. Vielleicht sind sie aber auch nur gekonnt auf "alt" gemacht.

    Bei den zu flachen neugotischen Reliefs und den etwas an Baumarktmöbel erinnernden Kuppelornamenten des Pavillons gebe ich Dir recht.