Vermüllung unserer Städte

  • Ich kenne die Schweiz nicht umfänglich, allerdings bin ich immer wieder beeindruckt, wie sauber die Straßen und Plätze in Davos sind, wo ich mich jedes Jahr aufhalte. Sicher nicht repräsentativ für das ganze Land, in den Großstädten sieht es wahrscheinlich nicht ganz so proper aus. Aber die Schweizer scheinen doch sehr ordnungsliebend zu sein, etwas was man den Deutschen auch mal nachgesagt hat. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals irgendwo in der Öffentlichkeit meinen Abfall einfach liegen gelassen habe, das grundsätzlich nicht zu tun gehörte für mich noch zur guten Erziehung. Etwas das heute offenbar nicht mehr ausreichend vermittelt wird.

    In dubio pro reko

    Der größte Feind der Ideologie ist die Realität

  • Riegel: bwahhaha! Putzpersonalnotstand kreativ gelöst! - Im Ernst: durch die vielen Mitnehm-Eßgelegenheiten haben sich allenthalben (nicht nur in Berlin, auch am Lago hab ich das schon gesehen) die fliegende Papierserviette, die herumliegende Pizzaschachtel und die herumstehende Flasche mächtig (an den Müllcontainern im Hof: die Kartons der Päckchenversender) ausgebreitet. Muß man wieder einfangen, keine Frage. Aber 3x täglich Müllabfuhr durchschicken ist zuviel. Also was tun... ohne viele Leute, die das Zeug einsammeln, geht es nicht. Ohne mehr Müllgefäße wahrscheinlich auch nicht (in Venezia haben sie an der Piazza San Marco überall große Mülleimer aufgestellt). Müllvermeidung ginge wohl nur, wenn man zur Trostlosigkeit der 60er Jahre zurückkehrt, als es nur zuhause was zu essen gab, sonst nirgends.

  • Neben diesen Müll gesellen sich seit einiger Zeit zunehmend sperrige Gegenstände, die wild auf den Gehsteigen abgestellt werden, wo sie Fußgänger und Radfahrer nerven, die einfach nur durch die Stadt gehen wollen, jetzt aber auch noch um diese Dinger einen Bogen machen müssen. Unglaublich, in welch unübertrefflicher Rücksichtslosigkeit Rollstuhlfahren, Blinden und gehbehinderten Menschen gegenüber die Ablagerung geschieht. Hoffen wir, dass der Spleen mit diesen E-Rollern bald aus der Mode kommt. Dann werden Massen von diesen Rollern auf den Schrottplätzen landen.

    e-scooter-neue-regeln-offenbaren-ueberforderung-der-staedte.html

    E-Scooter: Mit Gehwegverboten und Roten Zonen gegen das Chaos - SPIEGEL ONLINE

    E-Scooter: Verleiher und Kommunen einigen sich auf strengere Richtlinien - SPIEGEL ONLINE

    Hier wird deutlich, welch abartige Rücksichtslosigkeit das wilde Abstellen darstellt:

    Stolperfallen in Berlin: Blinde wollen gegen E-Roller demonstrieren | Berliner Zeitung

    Hier auch die klare Diagnose:

    Zitat

    Wer auf einen dieser Roller steigt, fällt in seiner Reife offenbar um Jahrzehnte zurück.

  • Ich denke, daß man sich mit diesen Elektrorollern bald eine vernünftige Lösung einfallen lassen wird, z. B. Fotografieren des ordnungsgsgemäß abgestellten Rollers innerhalb der App, um die Miete beenden zu können.

    Das Abstellen von Fahrrädern und "herkömmlichen" Rollern auf dem Gehsteig wird aber in den meisten Städten inkl. Stuttgart schon allein deshalb toleriert, weil es an eingezeichneten Parkmöglichkeiten fehlt und auch überhaupt kein Platz für echte zusätzliche Parkplätze vorhanden wäre. Auch bei den eigenen Angeboten der Stadt Stuttgart wie stella - E-Roller in Stuttgart mieten stehen die Roller ja auf den Gehsteigen.

    Daß diese Arten von "free floating" Leihangeboten (wie auch die Car2Go-Elektrosmarts in Stuttgart) wieder außer Mode kommt, hoffe ich nicht, dazu sind die Taktzeiten des öffentlichen Nahverkehrs viel zu hoch, erst heute habe ich wieder 25 Minuten auf den Bus gewartet.

    sou perfeito porque / igualzinho a você / eu não presto

  • Daß diese Arten von "free floating" Leihangeboten (wie auch die Car2Go-Elektrosmarts in Stuttgart) wieder außer Mode kommt, hoffe ich nicht

    Hmmmm... hmmm... ich denke aber doch. Weil es sich nicht wirklich rentiert. Das Fahrzeug wird oft vermüllt zurückgegeben, so daß die Freude daran sehr leidet. Aus China habe ich Berge an Leihfahrrädern gesehen, die mit Lkws auf den Schrott gefahren wurden (ist schon 1/2 oder 1 Jahr her, weiß nicht mehr wo).

    Der Rollerhype wird schätzungsweise nicht lang dauern, etwa so wie der Hype mit den Amphibienbooten in West-Berlin (gab es mal ein paar Jahre). Der Grund ist einfach, daß sich die E-Roller nicht wirklich in den Verkehrsfluß einpassen können, für Straße mit Autos sind sie zu langsam und wacklig, unter den Fahrradfahrern zu monoton in der Geschwindigkeit, und für die Fußgängerwege zu schnell und sperrig.

  • Der Autor stellt zwar fest, dass osteuropäische Städte wesentlich sauberer sind als westeuropäische, aber vermeidet es, irgendeinen Zusammenhang zwischen der Migrationsdichte* hier und dort herzustellen. Damit ein in seinen unzureichenden Erklärungsmustern etwas enttäuschender Artikel.

    Die Vermüllung des Abendlands
    Die Frage nach der zunehmenden Vermüllung unserer Großstädte ist keine Nebensache; sie ist auch kulturmorphologisch relevant. In kaum einem Bereich zeigt sich…
    www.tichyseinblick.de

    *Ich will die Vermüllung unserer Städte nicht einseitig Migranten in die Schuhe schieben, viele Deutsche, gerade jüngere, verhalten sich kein bisschen besser. Aber hierzulande übliche Prinzipen der Müllentsorgung sind in bestimmten Kulturkreisen eben unbekannt, das lässt sich kaum leugnen.

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  • Zwei Aspekte lassen sich noch zu David Engels´ Artikel anmerken:

    1. Entgegen seiner Behauptung werden Müllfahrer - zumindest in Deutschland - recht gut entlohnt. An schlechter Bezahlung kann ein Personalmangel, so es diesen wirklich gibt, nicht liegen. Einfache Müllfahrer erhalten im Durchschnitt bei uns ein Jahresgehalt von 36.500 Euro brutto. Das ist mehr als zum Beispiel ein Check-In-Mitarbeiter an Flughäfen erhält.

    2. Natürlich gibt es die Party- und Eventszene, die die Pizzakartons abends einfach ins Gebüsch wirft. Zudem gibt es eine bestimmte, von "reklov2708" auch angesprochene, Klientel, die womöglich schon aus Sprachbarriere, Dummheit und Bequemlichkeit Sperrmüll einfach in die Landschaft stellt, statt ihn ordnungsgemäß an Wertstoffhöfen zu entsorgen. Ein großes Problem der Vermüllung ist aber mangelnde Abbaubarkeit von Materialien. Damit ist z.B. das viele Plastik gemeint, also Plastikstühle, Plastikspielzeug, Plastiktüten, Plastikverpackungen. (Von Autoreifen oder - in Zukunft - Styropor-Wärmedämmplatten reden wir nicht mal). Bei natürlicheren Materialien wie Jute, Stoff, Holz usw. wäre zumindest eine langfristige Abbaubarkeit gewährleistet. Hier ist eindeutig auch die Verpackungsindustrie bzw. die Politik gefragt, nach Möglichkeiten der Verwendung schneller abbaubarer Stoffe zu suchen und diese auch vorzuschreiben.

  • Heimdall, alles richtig was du schreibst. Bemerkenswert finde ich aber schon, dass der Autor bei der Vermüllung des öffentlichen Raums (als symbolisches Beispiel für eine zerfallende Ordnung des Gemeinwesens) Unterschiede zwischen Ost- und Westeuropa registriert, aber nicht die interessante Frage stellt, woran das liegen könnte. Wohlstandsverwahrloste Gesellschaft, hoher Migrationsanteil, Laissez-faire-Politik, Verlust bürgerlicher Werte und Normen usw.? Das mag etwas weit ausgeholt sein, aber ich denke das sind solche Entwicklungen, vor denen man sich im Osten bislang recht gut zu schützen verstand. Nun will man ja aber in Polen offenbar auch gerne mal die bereichernden Erfahrungen des Westens machen, wenn man das Wahlergebnis betrachtet. So sei es denn.

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  • (Den Ursachen wird nicht wirklich auf den Grund gegangen...)

    Illegale Müllhalden und verdreckte Städte - Stadtreinigung am Limit | ZDF.reportage

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  • Die Schlagzeile deutet darauf hin, dass man wohl ganz vorsichtig den Elefanten im Raum zur Sprache bringt. Wird die kulturelle Bereicherung etwa zum kulturellen Problem? How dare you! Artikel kann ich nicht lesen, weil ich der WELT kein Geld zu geben bereit bin.

    Deutsche Großstädte: Vermüllung? „Auch ein kulturelles Problem“, sagt der junge Mann aus Neukölln - WELT
    Der Müll kommt nicht in die Tonne, sondern einfach auf die Straße: In vielen deutschen Großstädten nimmt die Vermüllung im öffentlichen Raum zu, zeigt eine…
    www.welt.de

    Aber wir wollen nicht immer nur auf Berlin schauen, Stuttgart ist ja auch eine ziemlich bereicherte Stadt. Leider auch ein Paywall-Artikel:

    Hauptbahnhof und Klett-Passage: Baustellen, Müll, Drogen: Ein Rundgang durch Stuttgarts Problemzonen
    Der erste Eindruck zählt. Vor allem für Bahnreisende, die in Stuttgart ankommen, ist er meistens schlecht. Rund um den Bahnhof und die untere Königstraße…
    www.stuttgarter-zeitung.de

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  • Artikel kann ich nicht lesen, weil ich der WELT kein Geld zu geben bereit bin.

    Dann liefere ich unten mal ein paar Zitate aus dem Artikel.

    Festzustellen ist die ganze Palette der gängigen Erklärungsmuster. Die Einen nennen klar die Einwanderung aus Hauptversursacher, möglichenfalls umschrieben als "Bevölkerungswachstum". Die Anderen scheuen diesen Vergleich und sprechen vom Problem "junger Männer", was in der Realität fast auf das Gleiche herausläuft, aber eben die Tür offen lässt, auch Alexander-Sebastian mitverantwortlich zu machen, der gerade auf Sylt Urlaub macht. Die Einen erkennen, dass - wenn das gemeinsame kulturelle Wertefundament schon erodiert - eben mit strikteren Strafen gegengesteuert werden muss. Die Anderen meinen noch, mit ein bisschen pädagogischer Bildung und bunteren Mülltonnen ausreichend das Problem in den Griff bekommen zu können.

    Ich persönlich bin der Auffassung, dass die Verursacher auch nur deshalb so frei agieren können, weil auf der anderen Seite immer weniger Leute vorhanden sind, die sich um den öffentlichen Raum kümmern. Also Leute, die selbst mal Ordnung vor ihrer Haustür schaffen, die ihre Häuser zeitnah von Graffiti säubern lassen, die Schäden an die Ämter melden, die sich mal bücken, wenn einer den Coffee-to-go-Becher vor ihrer Haustür auf den Gehweg geschmissen hat. Es fehlt also das Gegenvorbild, der Putzer.

  • Heimdall, ein Beispiel aus Stuttgart: Ein besonders schönes, gründerzeitliches Eckhaus in der Johannesstraße wurde beschmiert. Dann haben es die Hausbesitzer gereinigt, nur damit es kurze Zeit später erneut beschmiert wurde. Dass man da irgendwann aufgibt ist doch völlig klar. Ich bin der Meinung, es kann nur über (wesentlich) härtere Strafen laufen. Aber davor scheut man sich bislang aus falscher Toleranz. Das Wegwerfen von Müll ist auch ein Statement eines bestimmten "noch nicht länger hier lebenden" Milieus, das unsere kulturellen Gewohnheiten missachtet: Was kümmert mich eure Umwelt, was kümmern mich eure Probleme? Die linksextremen Sprayer sind sowieso ein Fall für sich.

    Wie dem auch sei, für mich werden unsere Großstädte immer mehr zur persönlichen No-Go-Area. Ich möchte mir z.B. Stuttgart gerne so vorstellen wie ich es kannte, und nicht wie es heute teilweise aussieht. Ich will nicht mit der Verwahrlosung konfrontiert werden. Mit diesen Konsequenzen sollen sich die Stadtmenschen, die immer wieder supertolerante Laissez faire-Politik wählen, doch gefälligst selber auseinandersetzen.

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    Der größte Feind der Ideologie ist die Realität

  • Müll auf der Straße einfach fallen zu lassen, werde oft zu einem Akt der Provokation, beobachtet Mellert: „Dabei nehmen die Täterinnen und Täter den Rechtsstaat nicht ernst.“

    Auch ohne zu gendern kann man sich denken, welche Personengruppe damit gemeint ist. Ich schrieb dazu ja bereits etwas. Und auch diese Aktion wird leider nichts an den grundlegenden Problemen ändern, solange man diese nicht wahrhaben will.

    Sauberkeit in Stuttgart-West: „Stuttgart hat gravierendes Müllproblem“ – Anwohner nehmen das nicht länger hin
    Von wegen Kehrwoche: Stuttgart-West sei völlig vermüllt, meint Frank Gugenberger. Mit einer Initiative will er ein Areal einige Tage blitzblank halten – und so…
    www.stuttgarter-zeitung.de

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