Nürnberg - Diskussion über den Wiederaufbau (Allgemeines)

  • IMG_0897_DxO.jpg


    IMG_0896_DxO.jpg

    Bild 1 = Stöpselgasse, nach W (zwischen Egidienplatz und Burgstraße);

    Bild 2 = Tetzelgasse, ganz links die Ruine des Peststadels.

    Gerade hier muss mE. vieles abgerissen und rekonstruiert oder zumindest richtig nürnbertypisch neu gebaut werden, da die 50'er Jahre-Bauten einfach kein würdiger Ersatz für das Verlorene sind:

    fm930502

    Unten der Egidienplatz, darüber vlnr. die Tetzelgasse, und dann in der Bildmitte die Stöpselgasse, nach W (also nach oben). Rechts sehen wir das Pellerhaus und den Peststadel, links oben die Burgstraße, rechts oben die Schildgasse, und ganz links die Theresienstraße.

  • Der Weinmarkt zählt ja heute zu den unvorteilhaftesten Stadträumen, die der spezifisch fränkische Wiederaufbau an prominenter Stelle mit hohem Potential verbrochen hat.

    Erstaunlich ist dabei der ziemlich geringe Zerstörungsgrad der Nordseite:


    Wohnhaus, Nürnberg, Weinmarkt 2

    Man glaubt fast gar nicht, dass das 1946 ist...

    Das meiste steht sogar noch, es sieht aber einfach nicht mehr gut aus. Fränkische Schönheit ist äußerst zerbrechlich.


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    ganz rechts die erhaltene 12a, sieht heute aus wie eine grob, billige Fassadenkopie:


    Datei:Nürnberg, Weinmarkt 12a 20170821 002.jpg

    Das heutige N. ist von Lieblosigkeit geprägt, die sich wohl im Makro- als auch Mikrostrukturellen widerspiegelt.

    der fränkische Sauberkeitsfimmel gut und schön...

    File:Nürnberg, Weinmarkt 2 20170821 001.jpg - Wikimedia Commons

    Aber MUSS man mittelalterliche Häuser so herrichten?

    Auch dieser Wahn trägt sehr viel zum heutigen ungünstigen Zustand bei. Auch die erhaltenen Häuser gehen in der Masse an Belanglosigkeit unter. Die hier gezeigten wirken einfach "wiederaufgebaut", obwohl sie erhalten sind...

    Natürlich hat es ausgerechnet die schönsten Häuser erwischt:


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    Nun, das Reichlinhaus

    Weinmarkt 12

    Wohnhaus, Nürnberg, Weinmarkt 12

    war wohl nicht sehr von "Totalverlust" entfernt, aber das Sicharthaus

    Weinmarkt 10

    Wohnhaus, Nürnberg, Weinmarkt 10

    hätte wohl in einer Stadt, die etwas auf sich hält, erhalten werden müssen.

    Heutige Trostlosigkeit statt barocker Pracht:

    Weinmarkt - Nuremberg

    soll wohl pseudomittelalterliche Einfachheit sein... draus geworden ist üble Einfältigkeit.


    Das bis heute schöne Bastelmeiersche Haus: Bastelmeier'sches Haus, Nürnberg, Winkler Straße 37


    die Fortsetzung war wohl perdu.

    Hier, am neuralgischen Übergang zur teilerhaltenen Weißgerbergasse, sieht es denn auch am allerübelsten aus.

  • der fränkische Sauberkeitsfimmel

    ablachen:)

    Seit wann gibt es in Franken einen Sauberkeitsfimmel, da, wo alles mögliche total verlottert ist? Das ist ja Irone in Reinkultur. Fränkischer Sauberkeitsfimmel ablachen:).

    Trostlosigkeit

    Die Nordseite des Weinmarktes ist doch das Gegenteil von Trostlosigkeit. Wohl auch wieder ursianische Ironie. Oder hast Du das Bild verwechselt mit einem von der Südseite?

  • Na ja, schon. Für uns ist das alles abgeschleckt und steril. Dass sich heute die ganze BRD in Richtung verkommenes Turd-World-Loch bewegt, vor allem die Großstädte, dass bald von der einstigen Prosperität nichts zu sehen sein wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber an und für sich ist im Frankenland schon Krieg gegen alles mit ansatzweiser Patina festzustellen. Auch bei diesen Häusern. Vielleicht sind die Schwaben noch unerträglicher, aber uns etwas Östlichere reicht das völlig.

    Was den letzten Satz betrifft: Na ja die Südseite ist natürlich unter jeder Sau. Nachkriegsnürnberg halt. Nein, ich sprach von der an dieser Stelle gleichfalls miesen Nordseite.

    Hast das überlesen:

    soll wohl pseudomittelalterliche Einfachheit sein... draus geworden ist üble Einfältigkeit.

    , ganz selbstverständlich ohne Ironie. Bei N. vergeht mir das Lachen, versagt oder versiegt meine vis comica.

    Weiß schon, dass d ein Faible für derartige Gemeindewohnungsarmseligkeit hat, solang sie unter einem anständigen roten Dach daherkommt. Aber derartiger städtebaulicher Minimalismus ist für mich das Schlimmste. Womöglich wirst du das sogar dem barocken Vorzustand vorziehen, mich wundert mittlerweile nichts mehr. Hamma doch schon bei Wü genug erörtert. So kann man in der hintersten Pampa bauen, aber doch nicht an einem derartigen Ort.

  • Die Traurigkeit der gesamten Nürnberger Altstadt wird nach meinem Empfinden besonders an den noch am besten erhaltenen Punkten manifest. Hier tritt das Versagen des Wiederaufbaus, gerade was den so wichtigen Punkt des Lückenschließens betrifft, am meisten zutage.

    An sich ist ja dieser Blick nicht gerade unschön:

    Datei:Sebalder Platz.jpg

    Der Blick ist, einigermaßen großzügig betrachtet, direkt bausündenfrei. Dazu finden sich vier recht hochkarätige Bürgerhäuser im Bild, die Flucht der Füll rechts hinten nicht gerechnet.

    Und trotzdem wird man nicht so richtig froh...

    Die beiden wenigstens angeschnittenen Füllbauten sind zwar nicht sonderlich störend, aber nivellieren in ihrer Armseligkeit

    Wir wissen ja natürlich, was hier fehlt, wenngleich nicht aus eigenem Erleben:

    auto, Gasthof, kapelle, KFZ, kirche, Moritzkapelle, Nürnberg, PKW, Sankt-Sebaldus-Kirche, Sebalder-Platz

    Ich denke, dass diese eher seltene Perspektive die damalige städtebauliche Situation recht gut wiedergibt.

    Das Fehlen des Moritzkirchleins auf dem Sebalder Platz wurde schon im den Wiederaufbau allzusehr beschönigenden DTV-Band Nürnberg als bitter bezeichnet, was ich zunächst, bei meinem ersten Besuch als Jugendlicher, nicht so recht verstanden habe: eigentlich scheint ja nichts zu fehlen, der Platz ist als solcher ja vorhanden, ausreichend gefasst, und mit dem Kirchlein wäre er eigentlich als solcher nicht vorhanden...

    In Wahrheit ist diese Leere äußerst unnürnbergerisch und unbefriedigend. Mit dieser Rekonstruktion könnte wenigstens ein kleines, aber charakteristisches und prominentes Stück Alt-Nürnbergs wieder geschaffen werden.

    Dann würden auch nicht die leeren Wiederaufbaufassaden so ins Gewicht fallen.

    Zitat von Petra Schuster DE

    nbg_moritzkapelle_i2.jpgAm 3. Oktober 1944, einem grauen, trüben Herbsttag um 10:53 Uhr gab es Fliegeralarm. Eine der schweren Sprengbomben traf die Moritzkapelle und zerstörte sie vollständig. Sie wurde nicht wieder aufgebaut. An dem heute freien Platz sind die Umrisse der Moritzkapelle am Boden markiert.

    Übrig blieb nur ein Trümmerhaufen und ein vorher vorsorglich von den Altstadtfreunden gemachter Gipsabdruck der Statue des wissenden zukunftskundigen Propheten, die sich jetzt im Archiv des Germanischen Nationalmuseums befindet. Ein Teil eines der Teppiche der Familie Stark, die im 17./18. Jh. in der Moritzkapelle hingen, soll sich in den Kunstsammlungen auf der Harburg befinden. Die Glocke, die während des Krieges vorsorglich auf den Turm der Johanneskirche gebracht worden war, ist, obwohl es dort keinen Schaden gegeben hat, verschwunden.

    Dieser Angriff vom 3-10- 44 war offenbar nicht allzu groß angelegt und ist nicht mit dem ersten Großangriff auf Nürnberg im Frühjahr 1944 zu verwechseln, der erfreulicherweise weitgehend fehlgeschlagen ist und bei den Bomberbesatzungen viele Opfer hervorgerufen hat (ausführlich geschildert in einem in seinem Bomber-Patriotismus schier unerträglichen Buch eines gewissen Martin Middlebrook: Die Nacht, in der die Bomber starben).

    Hier noch eine Ansicht, die die Wichtigkeit der Kapelle für die gotische Wirkung des Stadtbildes zeigt:

    1024x1024

    Das schlichte (erst nach 45 so genannte) Schürstabhaus war nie darauf angelegt, die eigentliche Platzkante zu bilden.


    Weiter Richtung Osten wird es dann so richtig gruselig:

    Veranstaltung Bardentreffen - Nürnberg - 31.07.2020 bis 02.08.2020 |  Frankenradar


    nuremdocnow.jpg

    Neu Nürnberg, wie es leibt und lebt - Wiederaufbau vom Feinsten!

    Hier ein Zerstörungsbild mit Collage:

    13221667_1755571804688808_5600307068171431882_nhhh.jpg


    nuremdoc.jpg

    Ich war mir nicht sicher, ob das auch wirklich stimmt:


    Uncategorized | 5th Floor Left Side | Seite 2

    nämlich ob das im 45er Bild rechts angeschnittene Haus nicht doch das Schürstabhaus ist?

    Aber es dürfte stimmen. Diesfalls eine schwache Leistung, diese Ruine abzutragen. Sie wäre so wichtig gewesen...

    Das letztgezeigte Bild sieht im Abendlicht sehr freundlich, fast intakt aus. Der angepasste Neubau an der Ecke zur Füll bedürfte nur geringer oberflächlicher Adaptionen, Verputz, Fenster, als höchstes der Gefühle Dacherker, um als altstadttauglich durchzugehen.


    Die letzten vier Beiträge von Nürnberg - Spezielle historische Ansichten in diesen Strang verschoben.

    (Riegel, Mod.)

  • Leider sind die Füllbauten in der Straße Füll nicht so gut gelungen, zumindest manche.

    ---

    An sich ist es mir eher auch die alten Bilder ankommen, die entsprechend den Anforderungen des Spezialbilderstranges ausgewählt wurden. Da es idR Zerstörungsbilder waren, lag die Gegenüberstellung mit dem Heute zT auf der Hand. Eine Diskussion über den Wiederaufbau ist nicht angestrebt, wozu auch?

    Man könnte kurz sagen, dass dieser an den gezeigten Stellen fast nicht stattgefunden hat.


    Uncategorized | 5th Floor Left Side | Seite 2

    Bis auf das eine Füll-Füll-Haus, dem jetzt keine so importante Auffälligkeit zukommt, ist alles (äußerlich) erhalten geblieben - bis auf das eben nicht wiederaufgebaute Moritzkirchlein.


    Auch hier:

    File:Nürnberg, Weinmarkt 2 20170821 001.jpg - Wikimedia Commons

    kann es nicht um den Wiederaufbau gehen, sondern um den unsinnigen Verputz von Sandsteinfassaden.

  • Leider sind die Füllbauten in der Straße Füll nicht so gut gelungen, zumindest manche.

    Ein paar Bilder zur Füll:

    fuell_15.09.2009_3234x.jpg

    Die Füll gegen Westen (2009).

    Die "Füll"-Füllbauten ( :wink: ) stimmen wenigstens in der Kubatur und teilweise auch Materialisierung, weshalb sie nicht sofort auffallen. Links stören diese billigen, schmuddeligen und strassenseitig völlig altstadtfremden Balkone. Ein bisschen weiter folgt ein Haus mit zitronenfarbenem(!) Anstrich. Es ist dies gemäss Denkmalliste das geschützte(!) Haus Füll 9.

    Füll 10, auf der rechten Seite mit den bläulichen Fensterbrüstungen, ist wirklich ein störender Füllbau - mit seinen horizontalen Betonbändern, gelbem(!) Sichtbackstein und den übergrossen, bodentiefen Fenstern nimmt er keinerlei nürnbergtypisches Gestaltungsmerkmal auf. Auf zwei der drei Vorschaubildchen ist er links zu erkennen.

    Füll 4, ein postmoderner Neubau, ist rechts angeschnitten zu sehen. Aber auch hier - bodentiefe Fenster und ein ortsuntypischer Fassadenansstrich in Rotbraun hätten in dieser Gasse nichts verloren.

    Es gibt aber auch das Gegenteil:

    Die mächtige Giebelfront von Albrecht-Dürer-Str. 3 schliesst die Füll optisch ab. Das Dach und die Giebelwände wurden bis 1953 rekonstruiert; das Chörlein ist eine Neuanfertigung von 1981. Eine der vielen privaten und unscheinbaren Rekonstruktionen oder Wiederherstellungen in Nürnberg! Die Fenster sind trotz Sprossung leider unsorgfältig gelöst.


    Auch in der Füll:

    fuell-6-8_15.09.2009_3235x.jpg

    Füll 8 und 6 (2009).

    Auch hier gibt's nichts auszusetzen. Der Erker von Füll 6 (rechts) ist eine Neanfertigung von 1978 unter Verwendung von Teilen des ehemaligen Chörleins von Füll 10.

    Im Zusammenhang mit den Füllbauten an der Füll sollten auch jene in der Fortsetzung an der Lammsgasse betrachtet werden, doch davon später.

  • Weshalb Weinmarkt 2 (letztes Bild im vorletzten Beitrag) heute so geleckt daher kommt, ist mir auch schleierhaft. Eine Aufnahme von 1946 zeigt, dass damals mindestens die Fenstergewände steinsichtig waren. In den beiden Fenstergewänden rechts des Chörleins kann man sogar anhand der Steinfugen noch die einstige Kreuzstockteilung erahnen, was in Nürnberg sehr selten ist:

    mi02570a05a.jpg

    (Quelle: bildindex.de)

    Von der Meinung der generellen Steinsichtigkeit von Sandsteinfassaden sollte man sich auch in Bezug auf Nürnberg ein differenzierteres Bild aneignen. Bei zahlreichen bauarchäologischen Untersuchungen bei Renovationen und Umbauten der letzten Jahre stellt man fest, dass die Fassaden schon früh einfach vollflächig getüncht und teilweise mit Quadermalerei versehen waren. Sie waren aber nicht verputzt, sondern eben nur getüncht, wodurch man das Steinrelief noch sehen konnte.

    kuehnertsgasse-18-20_15.09.2009_3052.jpg

    Kühnertsgasse 20 und 18 (2009).


    Auch die Holzsichtigkeit der Chörlein ist nicht von vorneherein gegeben. Diese waren oft schon ursprünglich farbig gefasst worden, oder zumindest im Fassadenton. Das Chörlein von Adlerstr. 16 (bild oben rechts) hat so eine Reaktivierung mit einer Farbfassung hinter sich, während man es in den letzten Jahrzehnten nur hölzern gekannt hat. Ich persönlich habe aber sehr Mühe, dieses Resultat als wissenschaftlich erwiesen anzusehen. Und wenn wir schon bei der Adlerstrasse sind folgt hier noch ein Bild des kürzlich bunt gefassten gotischen Lisenengiebels von Adlerstr. 14: Klick!

    Beide Häuser vor der Renovation:


    adlerstrasse_15.09.2009_3089x.jpg

    Adlerstr. 20-14 vor der Renovation (2009).

  • Von der Meinung der generellen Steinsichtigkeit von Sandsteinfassaden sollte man sich auch in Bezug auf Nürnberg ein differenzierteres Bild aneignen.

    Nein. Nicht was das heutige N betrifft. Es ist so wie beim Fachwerk. Was noch vorhanden ist, es ist wenig genug, gehört frei- und offengelegt. Verputzen kann man Neubauten, da gibt es genug zu tun.

    Was die Füll betrifft: das Balkonhaus ist ein Schlag in die Magengrube. Mit dem Rest könnte man leben. Albrecht Dürer-Straße 3 ist ein Glücksfall. Dadurch bleibt die Füll weitgehend intakt - man will ja nicht kleinlich sein!

    Die Renovierung der Adlerstraße war keine Verbesserung. Wieder mal der fränkische Krieg gegen Patina.

  • Das Stadtmuseum Fembohaus in Nürnberg | KunstNürnberg

    Die 3 Häuser neben dem Fembohaus waren wohl ein Totalverlust und zählen zu den besseren Wiederaufbauleistungen aus späteren Tagen. Eigentlich bestehen sie nur aus Kubatur, Materialität und aus traditioneller Achsenanordnung. Man kann an den fehlenden Details recht viel herumnörgeln, andererseits ist zu sagen, dass mit einem Minimalismus an Mitteln und einem ziemlichen Maximalismus an "altstadtgerechtem Bauen" eine Häuserzeile entstanden ist, der man ihre Entstehungszeit ansieht. Das ist jetzt gar nicht als negative Kritik gemeint. Man ist in Summe irgendwie gespalten, ob man das mag oder nicht. Ich denke letztlich, dass an dieser Stelle das Positive überwiegt - das Fembohaus steht wieder in seinem erhabenen Ambiente. Das ist im heutigen Nürnberg keine Selbstverständlichkeit.

    Das Stadtmuseum Fembohaus in Nürnberg | KunstNürnberg

    Durch die vernünftige Achsengliederung unterscheiden sich diese Häuslein auch sehr positiv von der Umgebung des Nassauer Hauses.


    Datei:Nassauer Haus Nürnberg DSCF2831.jpg – Wikipedia

    Das hätte schon aufgrund des Zerstörungsgrades nicht sein müssen - an den Häusern rechts ist noch einiges alt - und trotzdem sieht es so bescheiden aus---

    Nassauer Haus (Nürnberg // Wohngebäude) - Wiederaufbauatlas :: Haus der Bayerischen Geschichte7


    Datei:Artikel 45477 bilder value 9 geschlechtertuerme8.jpg


    Offenbar hat man das 2. Haus rechts schon vor dem Krieg "rückgebaut", dh altstadtgerecht getrimmt. Als Füllbau würde es sich wohl gar nicht so schlecht machen. Da jedoch die anderen umliegenden Fassaden (außer dem NH natürlich) auch grobe Nivellierungen erfahren haben, fügt es sich fast nahtlos in den Eindruck der Belanglosigkeit und auch Unstimmigkeit.

    Aber im Vergleich zur Situation in der Karolinenstraße sind das Pienats. Auch die FAssade des Nachbarhauses war erhalten... Und wenn der herrliche gotische Giebel kein Rekokandidat hätte gewesen sein müssen, dann... ja, dann sind wird genau da, im heutigen Nürnberg.

  • Ich finde die Gebäude links und rechts vom Nassauer Haus vorbildlich, zumindest wenn man außer Acht lässt was von der historischen Bebauung hätte erhalten werden können. Ich sehe es als eine Fortschreibung nürnberg-spezifischer Bauweise, leicht postmodern und dennoch altstadtgerecht. Wenn man das zum Maßstab nähme und damit den bescheidenen BRD-Wiederaufbau ersetzen würde könnten wir uns wirklich freuen.

  • sei ehrlich: welcher Hahn soll nach so einem Stadtbild krähen? Noch dazu, wo diese Häuseln noch zu den "besseren", sprich gemäßigteren Wiederaufbauleistungen gehören? In einer derartigen Flucht von Beliebigkeit können auch so großartige solitäre Reste wie das Nassauer Haus nicht mehr bewirken, außer die Größe des Verlustes noch schmerzhafter bemerkbar werden zu lassen.

    Der "Alltagszustand" sieht ja noch viel schlimmer aus, überhaupt Richtung Pegnitz, wo früher das stand.

    Alles keine weißgott wie komplexen FWH...

    Erinnerung an die Nobeladresse - Nürnberg - nordbayern.de

    Hier erspare ich uns ein Bild vom Jetztzustand.

  • Die Erhaltensfähigkeit von Ruinen ist natürlich das eine Thema, und wie dann neu gebaut wurde, das andere. Erstes kann hier nicht behandelt werden. Dazu bedürfte es viel mehr Fotografien und Beschreibungen.

    Zum andern Thema: man sieht an der Ugebungsbebauung des Nassauerhauses und des Fembo-Hauses, dass an neuralgischen Punkten wie in der Nachbarschaft besonders wertvoller Baudenkmäler und an Brückenköpfen nicht einfach belanglos geplant wurde wie in normalen Quartieren (z. B. Steppe). Wie man zeitgenössischen Bauberichten und heutigen Forschungen entnehmen kann, wurde damals bei Planungen recht hartnäckig um Details gefeilscht. In einem Nürnberger Altstadtbericht wird die Projektierungsgeschichte der Spitalapotheke am nordöstlichen Brückenkopf der Museumsbrücke anschaulich beschrieben. Es war ein langer Weg bis zu diesem Resultat.

    > Fototechnisch sehr sehenswertes Panorama: https://goo.gl/maps/5ZQidJeHD38jB2zG6

  • Es folgen die versprochenen Fotos von Wiederaufbauten an der Lammsgasse und Neutorstrasse. Diese bilden die geradlinige Fortsetzung des Weinmarkts bis zum Neutor. Man bemerkt hier eine Abnahme der architektonischen Qualität vom Zentrum in Richtung Altstadtrand.


    lammsgasse 16.09.2009 3321x

    Die Nordseite der Lammsgasse Richtung stadteinwärts (2009), Nrn. 14 - 2. Rechts im Schatten die Seitenwand von Albrecht-Dürer-Str. 3, das Gebäude, das auf dem 1. Bild in diesem Beitrag weiter oben zu sehen ist.

    Auf den ersten Blick nimmt man hier eine geschlossene, intakte Häuser Häuserreihe wahr, die in Bezug auf Gebäudebreiten- und -höhen, Materialisierung und Farbigkeit stimmig ist. Erst wenn man jedes einzelne Haus für sich betrachtet, erkennt man sofort die Neubauten ab 1945.


    lammsgasse 8 16.09.2009 3318x

    Lammgasse 8, vermutlich mit modernem Dach (2009).

    Völlig deplatziert sind die beiden Loggien des Nachbarhauses Nr. 6. Loggien = Gegenteil von Chörlein!


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    Lammgasse 10 (2009).

    Was soll man hier dazu schreiben? Der Vorgängerbau wäre mir natürlich lieber, aber Gestaltungswille kann nicht ganz abgesprochen werden. In Frankfurt werden solche Füllbauten im Gebiet des Römers mit Betongotik benamst.


    lammsgasse 12 16.09.2009 3320x

    Lammgasse 12 (2009).

    Das Haus wurde nach der Zerstörung ab dem 1. Obergeschoss neu gebaut und das Chörlein neu erstellt. An der Scharfkantigkeit der Fensterleibungen sieht man sofort, dass es eine moderne Fassade ist. Steinfarbe, Steinformat und Erker sind perfekt. Die Fensterteilung mit dem undurchsichtigen unteren Bereich ruft nach einer Verbesserung. Hier noch die Beschreibung von Lammsgasse 12 in der Bayerischen Denkmalliste.


    lammsgasse 16.09.2009 3323x

    Lammgasse und Neutorstrasse Richtung Westen gegen den Neutorturm (2009).

    In derselben Häuserzeile, aber weiter westlich, steht dieser postmoderner Neubau mit den beiden zweigeschossigen Erkern als wohl jüngster Füllbau. Er negiert die typischen Baumerkmale Nürnbergs in allen Belangen und könnte auch in der Schweiz, Frankreich oder auch Norddeutschland stehen.

    Von hier an stadtauswärts stehen nur noch Banalitäten: Link zm Google Maps-Panorama in der Strassenkreuzung. Die belanglosen Neubauten der 1950er- und 60er-Jahre hätten aber das Potential zu Verbesserungaktionen bei anstehenden Umbauten. Problematisch sind aber die Bauten, deren Treppenhäuser mit ihren Zwischenpodesten an die Fassaden heranreichen und damit die Fenstereinteilungen empfindlich beeinträchtigen. Gebäude mit besonderer Ausstrahlungskraft würden sie durch Umbauten wohl trotzdem nicht.