München - Die Kirchen (Galerie)

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    Jesuitenkirche St. Michael, erbaut 1583-97

    Die Kirchen Münchens

    Neben den Schlösserkomplexen Residenz, Nymphenburg und Schleißheim sind es sicher die zahlreichen Kirchen, die den größten architektonischen Reichtum Münchens ausmachen: München besitzt eine Kirchenlandschaft, die an Umfang, stilistischer Vielfalt und künstlerischer Qualität im deutschsprachigen Raum wohl nur noch durch Wien übertroffen wird.

    Ich möchte in diesem Faden im Laufe der Zeit die wichtigsten historischen Kirchen Münchens vorstellen; ich bin seit Jahren damit beschäftigt, alle alten Kirchen und Sakralräume der Stadt umfassend fotografisch zu dokumentieren und ausführliche Informationen zu ihrer Baugeschichte und ihrer kunsthistorischen Einordnung zu sammeln. Der von mir abgedeckte Zeitraum geht dabei von der Spätgotik bis zum 1. Weltkrieg: auf der einen Seite fallen aufgrund des relativ jungen Alters der Stadt München (erste urkundliche Erwähnung 1158) frühere Baustile wie die Romanik praktisch aus und der uns überlieferte Bestand beginnt mit der Spätgotik, auf der anderen Seite interessieren mich die Kirchenbauten nach dem 1. Weltkrieg aus ästhetischen Gründen nur sehr wenig (wobei auch festzustellen ist, dass nach dem 1. Weltkrieg im Grunde nichts mehr gebaut wurde, was an Anspruch und Bedeutung den großen Kirchenbauten vor 1914 gleichkäme). Der Höhepunkt dieser jahrhundertelangen Entwicklung des Münchner Kirchenbaus wird sicherlich in der Renaissance und dem Barock erreicht, weswegen den Kirchen dieser Epochen am meisten Aufmerksamkeit geschenkt werden soll. Ich beginne mit sämtlichen Kirchen der Altstadt (in chronologischer Reihenfolge) und werde dann im weiteren Verlauf die wichtigsten Kirchen der Vorstädte präsentieren. Mit inbegriffen sind die (wenigen) profanierten Kirchen und Kapellen.
    Es war alleine ein riesiges Unterfangen, alle 20 Kirchen der Altstadt ausführlich zu fotografieren: es haben sich sehr viele Fotos angesammelt, die ich nicht alle hier einstellen kann, weswegen ich nur einige wenige direkt in die Beiträge einbinden, den großen Rest aber in meinem Flickr-Account präsentieren werde, so dass man sich dort bei Interesse ein umfassendes Bild der jeweiligen Kirche machen kann (und die Fotos auch in größerer Auflösung betrachten kann). Dazu werde ich, soweit bekannt, eine ausführliche Baugeschichte und einige kunsthistorische Einschätzungen anfügen; die Informationen hierzu stammen ausnahmslos aus der Fachliteratur und sind nicht etwa aus Wikipedia abgeschrieben, ich habe sie nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen. Da dies natürlich trotzdem keine wissenschaftliche Abhandlung ist, erlaube ich mir darüber hinaus auch persönlich-subjektive Eindrücke einzuflechten.
    Die Fotos stammen aus den Jahren seit 2018 und bilden den heutigen Zustand ab, der nach vielen Jahrzehnten des Wiederaufbaus der im 2. Weltkrieg größtenteils stark beschädigten bis zerstörten Kirchen wieder erreicht wurde; dieser Aspekt des Wiederaufbaus soll, den Interessen dieses Forums gemäß, in den Beiträgen zu den einzelnen Kirchen dann auch ausreichend beleuchtet werden. Die meisten Kirchen sind darüber hinaus sehr gut restauriert und befinden sich somit in einem Zustand, der sich für ein Resümee anbietet; inwiefern dieser gute Zustand bei der momentanen Entwicklung der Gesellschaft, die sich immer mehr vom christlichen Glauben abwendet, aufrecht erhalten werden kann, bleibt abzuwarten. Auch dies war und ist für mich ein Grund, die Münchner Kirchen ausführlich fotografisch zu dokumentieren - ich bin leider eher skeptisch, ob in Zukunft noch, wie bisher selbstverständlich geschehen, in allen Fällen die nötigen Gelder für Restaurierungen bereitgestellt werden. Auf keinen Fall glaube ich, dass eine so umfangreiche und über viele Jahrzehnte sich hinziehende exakte Rekonstruktion verlorener Kirchenräume, wie in München nach dem Krieg oftmals durchgeführt, heute noch einmal in Angriff genommen würde. Es gab nach dem Krieg in München noch eine breite gläubige Gesellschaftsschicht, die der Motor für diese unglaubliche Wiederaufbauleistung war und die heute leider größtenteils verschwunden ist; außerdem war die Bevölkerung zu einem guten Teil noch wirklich in der Kultur der Stadt verwurzelt, während heute die meisten zugereist sind und im Grunde mit der Stadt, ihrer Kultur und Geschichte nichts zu tun haben.
    Sei es wie es sei, die Wiederherstellung der vielen Kirchen war sicherlich neben derjenigen der Residenz die größte Wiederaufbauleistung in München und dürfte auch deutschlandweit mit an der Spitze stehen, vor allem was die Wiedergewinnung der Innenräume betrifft. Man kann hier letztendlich von zwei Verdiensten sprechen: einerseits der Kulturleistung, die Kirchen ursprünglich gebaut zu haben, andererseits der Wiederaufbauleistung, diese Kirchen nach den verheerenden Zerstörungen des 2. Weltkriegs größtenteils in altem Glanz wiedererstehen zu lassen.

    Inhaltsverzeichnis:

    1. Geschichtlicher Überblick

    Kirchen der Altstadt:

    2. St. Peter („Alter Peter“), gotisch, barockisiert
    3. Heiliggeistkirche, gotisch, barockisiert
    4. Münchner Dom Zu Unserer Lieben Frau („Frauenkirche“), spätgotisch
    5. Augustinerkirche St. Johannes der Täufer und St. Johannes Evangelist, gotisch, barockisiert, profaniert
    6. Allerheiligenkirche am Kreuz („Kreuzkirche“), spätgotisch, barockisiert
    7. Salvatorkirche, spätgotisch, inzwischen griechisch-orthodox
    8. Jesuitenkirche St. Michael, Renaissance
    9. Hofkapelle Residenz, Renaissance
    10. Reiche Kapelle Residenz, Renaissance
    11. Karmelitenkirche St. Nikolaus, Frühbarock, klassizistisch umgestaltet, profaniert
    12. Theatinerkirche St. Kajetan, Hochbarock
    13. St. Stephan, Spätrenaissance/Frühbarock
    14. Bürgersaalkirche, Barock
    15. Dreifaltigkeitskirche, Spätbarock
    16. Damenstiftkirche, Spätbarock
    17. St. Johann Nepomuk („Asamkirche“), Spätbarock
    18. Allerheiligen-Hofkirche, Neobyzantinisch, profaniert
    19. St. Willibrord, neugotisch, altkatholisch (ursprünglich anglikanische Kirche St. Georg)
    20. Herzogspitalkirche, Nachkriegsmoderne (ursprünglich Renaissance)
    21. St. Jakob am Anger, Nachkriegsmoderne (ursprünglich romanisch, dann gotisch, dann barockisiert)

    Einige abgegangene Kirchen der Altstadt:

    22. Josephspitalkirche, Barock, im 2. Weltkrieg zerstört
    23. Kapelle des Instituts der Englischen Fräulein, Barock, im 2. Weltkrieg zerstört
    24. St. Lorenz am Alten Hof, gotisch, 1816 abgebrochen
    25. Franziskanerkirche, gotisch, später im Renaissancestil umgestaltet, 1802/03 abgebrochen

    Kirchen der Vorstädte:

    26. Klosterkirche St. Anna im Lehel, spätbarock


    Übersichtskarte der Kirchen in der Altstadt:

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    (Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter ODbL)

    Bevor wir zu den einzelnen Kirchenporträts kommen, sehen wir uns als kleine Vorschau ein paar Fotos einiger Münchner Kirchen an und verschaffen uns dann eine allgemeine Übersicht über die geschichtliche Entwicklung des Kirchenbaus in München.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    20 Mal editiert, zuletzt von Leonhard (5. März 2024 um 14:26)

  • Eine Auswahl von Innenansichten Münchner Kirchen

    St. Peter, erbaut 1329-86, barockisiert im 17. und 18. Jh:

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    Münchner Dom Zu Unserer Lieben Frau "Frauenkirche“, erbaut 1468-94:

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    Heiliggeistkirche, erbaut 1327-92, barockisiert im 18. Jh:

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    Damenstiftkirche St. Anna, erbaut 1732-35:

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    Dreifaltigkeitskirche, erbaut 1711-18:

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    St. Johann Nepomuk "Asamkirche", erbaut 1733-46:

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    Reiche Kapelle Residenz, erbaut ca. 1600-07:

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    Salvatorkirche, erbaut 1493-99:

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    Theatinerkirche St. Kajetan, erbaut 1663-92:

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    St. Anna im Lehel, erbaut 1727-39:

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    Ludwigskirche, erbaut 1829-44:

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    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Geschichtlicher Überblick

    Anmerkungen: die folgende Übersicht müsste, wenn ich nichts übersehen habe, alle bekannten Kirchenbauten auf dem heutigen Stadtgebiet Münchens von Anbeginn bis zum 2. Weltkrieg enthalten. Bei Jahreszahlen ohne weitere Angaben handelt es sich um den jeweiligen Baubeginn.


    - Die erste Pfarrkirche Münchens war St. Peter (1181 Grundsteinlegung, 1190 Weihe), dann kam die Spitalkirche Heiliggeist (1208 Gründung eines Pilgerhauses mit einer Katharinenkapelle, 1250 Vergrößerung von Spital und Kirche, 1327 Neubau nach Stadtbrand), darauf die Frauenkirche (um 1230 Baubeginn der romanischen Frauenkirche als zweiter Pfarrkirche der Stadt nach St. Peter, 1271 Weihe; ab 1468 spätgotischer Neubau anstelle des romanischen Baus, 1494 Weihe).

    - In der ab 1250 gebauten Kirche St. Jakob am Anger waren bis zur Zerstörung im 2. Weltkrieg noch Reste einer romanischen Kapelle vorhanden, ansonsten gab und gibt es keine romanischen Überreste in der Altstadt Münchens mehr. Auf dem heutigen Stadtgebiet dürfte die alte Pfarrkirche St. Martin in Moosach die älteste Kirche sein, sie ist im 12. Jh entstanden, ihre Grundmauern und Teile der Apsis sind noch romanisch.

    - Die zwei Pfarreien St. Peter und Zu Unserer Lieben Frau teilen sich seit alter Zeit die Stadt auf: alles nördlich der Achse Neuhauser Straße, Kaufinger Straße, Marienplatz, Tal gehört zur Frauenkirche, alles südlich davon zu St. Peter; diese Aufteilung besteht bis heute. Beide Kirchen sind gemäß altem bayerischen Stadtwesen von der Hauptachse abgerückt. St. Peter war eher bürgerlich geprägt, die Frauenkirche bekam durch die Anlage einer Fürstengruft durch Ludwig den Bayern den Vorrang.

    - Die Heiliggeistkirche ist das erste Beispiel einer oberbayerischen Wandpfeilerkirche; spätere Beispiele sind Polling, Andechs und die spägotische Münchner Frauenkirche. Die Frauenkirche übernimmt von Heiliggeist das dreischiffige System mit Chorumgang und steigert es zu monumentaler Größe. Charakteristiken sind das Durchflutetsein mit Licht sowie die Einheitlichkeit und Einfachheit der Gestaltung. Die charakteristischen Kuppeln, die sogenannten “welschen Hauben”, kommen erst 1524, nachdem man 1492 den Bau ansonsten abgeschlossen hatte.

    - Durch die Verbindung von Ordensansiedlungen und Fürstentum kommt es immer wieder zum Bau von Kirchen, erste Beispiele hiervon sind die Franziskanerkirche und die Augustinerkirche: 1284 Franziskanerkirche St. Antonius am späteren Max-Joseph-Platz (1802 Abbruch), um 1294 Augustinerkirche St. Johann Baptist und Evangelist, im 14. Jh Kirche des Püttrich-Regelhauses St. Christophorus Ecke Residenz-/Perusastraße (1806 Abbruch)

    - Die erste wirkliche Hofkirche Münchens ist St. Lorenz am Alten Hof (erbaut 1319-24), die, längst schon funktionslos geworden, 1816 abgebrochen wird.

    - Weitere Kirchenbauten von Ende des 13. bis Mitte des 15. Jhs: Wieskapelle St. Salvator am Petersbergl (1880 Abbruch), Nikolauskapelle am Petersbergl (1807 profaniert und überbaut, 1898 entfernt), St. Nikolaus in Englschalking, St. Johann Baptist in Johanneskirchen, St. Martin in Riem, Heilig Kreuz in Fröttmaning, St. Nikolaus in Freimann, Kirche des Ridler-Regelhauses St. Johann Baptist und Evangelist am Max-Joseph-Platz (1803 Abbruch), St. Maria in Ramersdorf, Mariae Himmelfahrt in Thalkirchen, Heilig Kreuz in Forstenried, St. Georg in Obermenzing, St. Johann Baptist in Solln, Gruft- oder Neu-Stiftkirche “Unsere Liebe Frau in der Gruft” in der Gruftstraße (heute Marienhof; 1806 profaniert, 1944 zerstört).

    - Ende des 15. Jhs Bau der beiden Friedhofskirchen in der Altstadt: Allerheiligenkirche am Kreuz (1478, zu St. Peter gehörig) und St. Salvator (1493, zur Frauenkirche gehörig). Die beiden Friedhofskirchen beziehen sich aufeinander; der aus Niederbayern stammende Architekt von St. Salvator, Lukas Rottaler, bringt den lebhaft-grazilen Stil der Landshuter spätgotischen Schule nach München, der einen Gegenakzent setzt zum oberbayerisch-gewichtigeren, rustikaleren Stil von Frauenkirche und Allerheiligen am Kreuz.

    - Weitere spätgotische Kirchenbauten ab Mitte des 15. Jhs: St. Quirin in Aubing, St. Wolfgang in Pipping, Kirche des Leprosenhauses St. Nikolaus in Schwabing, Schlosskapelle Blutenburg, St. Martin in Untermenzing, St. Georg in Milbertshofen, St. Stephan in Baumkirchen, St. Philippus und Jakobus in Daglfing, Heilig Kreuz in Freiham, St. Nikolai am Gasteig, St. Peter in Großhadern, St. Michael in Lochhausen, Maria Trost (Winthirkirche) in Neuhausen, Mariae Geburt in Pasing, St. Sylvester in Schwabing, Kapelle des Benediktinerstiftes Ebersberg St. Sebastian am Anger (1814 abgebrochen).

    - Im 16. Jh kommt es zu einem Stillstand im Kirchenbau: einerseits waren die dringendsten Aufgaben erfüllt, andererseits war durch den Konfessionsstreit eine große Unsicherheit entstanden. Nur drei Kirchen aus der zweiten Hälfte des 16. Jhs sind zu vermerken: die Herzogspitalkirche von 1555, die zwar noch spätgotische Reminiszenzen aufweist, aber schon der Renaissance zugehört (im 2. Weltkrieg zerstört), die Hofkapelle St. Georg in der Neuveste von 1559 (1750 beim großen Residenzbrand vernichtet) und die Friedhofskapelle St. Salvator vor dem Sendlinger Tor von 1576 (1638 abgebrochen).

    München und das Herzogtum Baiern bleiben katholisch und werden auf Betreiben der Wittelsbacher Herrscher zur wichtigsten Bastion der Gegenreformation, protestantische Sympathisanten werden streng verfolgt und des Landes verwiesen.

    - 1583 dann der Baubeginn der Jesuitenkirche St. Michael, dem wichtigsten Kirchenbau des späten 16. Jh und der Renaissance in ganz Deutschland. Die Michaelskirche ist kirchlich-staatliche Triumpharchitektur der Gegenreformation, einendes Symbol des katholischen Glaubens, eine Wandpfeilerkirche mit riesigem Tonnengewölbe, die immer wieder als Vorbild für den Kirchenbau in Süddeutschland diente. Sie ist die Verbindung von Fürstentum und religiösem Bekenntnis, welche Bayern mehrere Jahrhunderte zutiefst prägen sollte. Zusammen mit dem benachbarten Jesuitenkolleg ist sie ein Beispiel für den aus Rom importierten Kirchen-Palastbau der Renaissancezeit - eine geistlich-geistige Residenz.

    - In den Jahren danach weitere Renaissance-Kirchen und Kapellen: 1588 Wartenbergische Kapelle St. Sebastian im Rosental (1807 Abbruch), 1592 Heilig-Kreuz-Kapelle auf dem Friedhof vor dem Sendlinger Tor (1830 Abbruch), 1593 Hofkapelle der Wilhelminischen Veste (spätere Herzog-Max-Burg) Maria Immaculata (1944 zerstört), um 1600 die beiden Kapellen in der Residenz: Hofkapelle und Reiche Kapelle, 1601 Kapuzinerklosterkirche St. Franciscus Seraphicus am heutigen Lenbachplatz (1802 Abbruch), 1603 Spitalkirche St. Rochus in der Rochusgasse (Abbruch Anfang des 19. Jhs), 1623 Paulaner-Klosterkirche St. Karl Borromäus in der Au (1902 Abbruch), 1629 Wallfahrtskirche Mariahilf in der Au (nach Vollendung der neuen Mariahilferkirche 1839 abbgebrochen), 1645 Kapelle des Gregoriushauses St. Maria und Gregorius in der Neuhauser Straße (1806 Abbruch), 1660 St. Nikolai am Gasteig.

    - Die 1657-60 erbaute Karmeliterkirche St. Nikolaus leitet den Übergang zum Barock ein. Mit dem Bau der Theatinerkirche 1663-1692 wird dann die volle Ausbildungsstufe des Barock erreicht: nach dem Salzburger Dom ist sie die zweite überkuppelte Saalkirche mit Abseiten auf kreuzförmigem Grundriss auf deutschem Boden. Außerdem ist sie das erste Beispiel der italienischen plastischen Stuckkunst in Altbayern, die begeisterte Nachfolge finden wird.

    - Zwischen dem Bau der Theatinerkirche 1663 und dem von St. Georg in Bogenhausen 1766 erstreckt sich das große barocke Zeitalter der Kirchenkunst in München: charakteristisch sind die Einheit aller Stände in Stadt und Umland bis hinein in die Bräuche des kirchlichen Jahresablaufs, ein großer Optimismus im Glauben und die Begründung von starken Traditionen in der Ausstattung der Kirchen, in Altarbau, Deckenmalerei, Stuckaturen und Skulptur. Zu Beginn des 18. Jhs werden die italienischen und Graubündner Künstler durch reif gewordene einheimische Kräfte abgelöst und der italienische Barock in eine eigenständige, dekorativere und freie Form, in ein bewegtes und farbiges Raumbild umgewandelt.

    Die barocken Kirchenneubauten in München zu dieser Zeit:

    - 1663 Theatinerkirche

    - 1665 Kapelle St. Joseph im Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide in der Residenz (1944 zerstört)

    - 1669 Kapelle St. Katharina in der Residenz (1750 beim Residenzbrand zerstört)

    - 1674 Friedhofskirche St. Stephan

    - 1680 St. Lorenz in Oberföhring

    - 1682 Josephspitalkirche (1944 zerstört)

    - 1691 Kapelle des Instituts der Englischen Fräulein Maria Immaculata an der Weinstraße; in der 1692 geweihten Kapelle findet sich das erste Werk sakraler Deckenfreskomalerei im Münchner Barock durch Hans Georg Asam, dem Vater der Brüder Asam (1944 zerstört).

    - 1701 Kapelle des Benediktinerinnenklosters am Lilienberg Maria Immaculata in der Au (nach 1803 abgebrochen)

    - 1702 Schmerzhafte Kapelle an der Kapuzinerstraße

    - 1704 Kapelle des Paulanerinnenklosters im Lilienthal Maria Immaculata in der Au (nach 1802 abgebrochen)

    - 1708 St. Peter und Paul in Allach

    - 1709 Bürgersaalkirche

    - 1711 Dreifaltigkeitskirche

    - 1711 St. Margaret in Sendling

    - 1714 Hofkapelle St. Magdalena im Schloss Nymphenburg

    - 1725 Magdalenenklause St. Magdalena im Schlosspark Nymphenburg

    - 1727 St. Anna im Lehel, die erste Rokokokirche Bayerns

    - 1728 St. Michael in Perlach

    - 1732 Damenstiftkirche

    - 1733 Asamkirche

    - 1734 Klosterkirche der Chorfrauen de Notre Dame im Ostflügel von Schloss Nymphenburg (1944 zerstört)

    - 1738 St. Michael in Berg am Laim

    - 1742 Nockherspitalkirche in der Blumenstraße (1895 abgebrochen)

    - 1750 Spitalkirche der Barmherzigen Brüder St. Max in der Ziemssenstraße (1809 abgebrochen)

    - 1753 St. Anna in Harlaching

    - 1757 Cäcilienkapelle in der Residenz (1944 Vernichtung der Ausstattung)

    - 1758 Elisabethspitalkirche in der Mathildenstraße

    - 1766 St. Georg in Bogenhausen

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Zusätzlich werden mit Ausnahme von St. Salvator alle alten Kirchen der Altstadt im 18. Jh barockisiert: dabei stechen heraus St. Peter und die Heiliggeistkirche. Auch die Frauenkirche wird umgestaltet: nachdem kurz nach 1600 schon der Bennobogen und ein neuer Hochaltar eingebaut worden war, wird sie nun gemäß des höheren Lichtbedürfnisses ausgeweißelt und werden die gotischen Glasmalereien entfernt; außerdem ersetzt man die Portale, die Kanzel und das Chorgestühl. Auch in der Peripherie von München kommt es ab Ende des 17. Jhs zu Barockisierungen: u.a. 1672 Heilig Kreuz in Forstenried, 1675 St. Maria in Ramersdorf, 1680 St. Peter in Großhadern, 1695 St. Maria in Thalkirchen, um 1700 St. Johann Baptist in Haidhausen, 1723 Mariahilf in der Au.

    Insgesamt entsteht in jener Zeit ein enormer kirchlicher Reichtum, ein Ausdruck von tiefer, warmherziger Religiosität.

    - Ende des 18. Jh. gibt es in München und den unmittelbaren Vorstädten Au und Lehel bei insgesamt 38000 Einwohnern 46 Kirchen und Kapellen, in der Pfarrei St. Peter 40 und in der Pfarrei Zu Unserer Lieben Frau 27 Hauskapellen sowie 9 Männer- und 11 Frauenklöster; dies ergibt für München insgesamt 113 Kirchen und Kapellen sowie 20 Klöster (Lorenz Westenrieder kommt in seiner Beschreibung Münchens von 1782 auf 112 Kirchen). Dazu kommen 37 Kirchen und Kapellen der später eingemeindeten Vororte. Mitte des 18. Jhs gibt es in St. Peter 16 und in der Frauenkirche 30 Altäre, an denen teilweise gleichzeitig zelebriert wird; 554 Priester, 361 Weltgeistliche und 193 Ordenspriester, zelebrieren täglich gestiftete Messen. Die Durchdringung von Religion und alltäglichem Leben ist auf dem Höhepunkt, das komplette Leben der Münchner Bürger von Glauben und Kirche geprägt.

    - 1770 kommt es zu einem ersten Einschnitt durch einen kurfürstlichen Erlass, dass neue Kirchen ab sofort in einer „reinen und regelmäßigen Architektur“ zu erbauen seien und für ihre Ausstattung eine „edle Simplizität“ unter Verzicht auf alle „überflüssigen, öfters ungereimten und lächerlichen Zieraten“ angestrebt werden solle. Diese Bauvorschrift hat allerdings zunächst keine direkte Auswirkung auf München, da es mit Ausnahme der 1808 anstelle der vorherigen Spitalkirche St. Max in der Ziemssenstraße erbauten neuen Krankenhauskapelle St. Maximilian zwischen 1770 und 1826, dem Baubeginn der Allerheiligen-Hofkirche, keine Kirchenneubauten in München geben wird. Es kommt nach 1770 aber zu ersten Aufhebungen von Klöstern und Kollegien (z.B. Jesuitenkolleg), zu einer Einschränkung der Fronleichnamsprozession und zur Einstellung anderer kirchlicher Umzüge.

    Der noch größere und grausamere Einschnitt geschieht 1802/03 durch die Säkularisation: es werden alle Klöster aufgehoben und folgende 11 Kirchen und Kapellen abgebrochen: St. Lorenz am Alten Hof, Franziskanerkirche, Kapuzinerkirche, Kirche des Püttrich-Regelhauses, Kirche des Ridler-Regelhauses, Wartenbergische Kapelle im Rosental, Spitalkirche St. Rochus, Kapelle des Gregoriushauses, Kapelle des Benediktinerstiftes Ebersberg St. Sebastian am Anger, Kapelle des Benediktinerinnenklosters am Lilienberg in der Au, Kapelle des Paulanerinnenklosters im Lilienthal in der Au.

    Dazu werden die Salvatorkirche, die Augustinerkirche, die Gruftkirche, die Wieskapelle und die Nikolauskapelle profaniert sowie die Karmeliterkirche purifiziert. Anstelle der alten bilderreichen katholischen Glaubensvermittlung tritt ein „Aufklärungsklassizismus“.

    - Mit der Ankunft der pfälzischen Wittelsbacher 1799 wird auch die ausschließliche Katholizität Münchens aufgegeben: der neue Kurfürst Max IV. Joseph ist selbst zwar katholisch, seine Gemahlin Karoline von Baden aber evangelisch. Am 2. Juni 1799 findet in Schloss Nymphenburg der erste protestantische Gottesdienst Münchens statt, es dauert aber noch bis 1827, bis die erste öffentliche evangelische Kirche in München, die Matthäuskirche am Karlsplatz, gebaut werden wird (1938 abgebrochen). 1824 wird übrigens auch die erste Synagoge in der Westenrieder Straße gebaut, nachdem die Juden im Mittelalter aus der Stadt vertrieben worden waren.

    - Unter Ludwig I. kommt es zu einer Rückkehr der katholischen Sakralarchitektur: 1826 Allerheiligen-Hofkirche, 1829 St. Ludwig, 1831 Mariahilf in der Au, 1835 St. Bonifaz. Ludwig I. erstrebt eine neue humane Allianz von Thron und Altar: „Die Religion soll nicht nur im Innern wohnen, sondern auch äußerlich geübt werden“ - d.h. in der Kunst. Vor allem St. Ludwig tritt nicht nur als stilistisch bedeutsamer romantisch-nazarenischer Schlüsselbau, sondern auch als städtebaulich prägender Fixpunkt an der Ludwigstraße in Erscheinung.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von Leonhard (23. Januar 2024 um 09:28)

  • - Im Laufe des 19. Jhs entsteht durch das große Wachstum der Stadt die Notwendigkeit, neue Kirchen in den Vorstädten zu bauen - eine Aufgabe, die nun in verschiedenen historistischen Stilen gelöst wird. Die bereits erwähnte Mariahilferkirche in der Au (1831-39) gilt dabei als erste neugotische Kirche Deutschlands. Mit Ausnahme der anglikanischen Kirche St. Georg (heute altkatholische Kirche St. Willibrord) in der Blumenstraße am Rande der Altstadt werden alle ab nun entstehenden Kirchen in den Vorstädten gebaut; daraus ergibt sich, dass es in der Altstadt bis heute keine evangelische Kirche gibt.

    Folgend eine Aufzählung aller Kirchen und Kapellen, die von diesem Zeitpunkt bis zum Ende des 1. Weltkriegs gebaut werden:

    1837 Klosterkirche der Barmherzigen Schwestern St. Vinzenz von Paul in der Ludwigsvorstadt, 1841 Klosterkirche der Frauen vom Guten Hirten in Haidhausen, 1849 St. Paulus in Perlach (evangelisch), 1851 Loretokapelle in Berg am Laim, 1853 St. Johann Baptist in Haidhausen (anstelle der alten gleichnamigen Kirche), 1861 Kapelle im Gasteig-Spital Mater dolorosa (Ende der 1970er Jahre zusammen mit dem Gasteig-Spital abgerissen), 1865 Marienklause in Harlaching, 1866 Heilig Kreuz in Giesing (anstelle der alten, erst 1888 abgerissenen Heiligkreuz-Kirche), 1866 St. Emmeram in Oberföhring (anstelle der alten, 1821 abgerissenen Emmeramskapelle), 1869 Klosterkirche der Niederbronner Schwestern Herz Jesu in der Isarvorstadt (nach völliger Zerstörung im 2. Weltkrieg ab 1953 neugebaut), 1873 St. Markus in der Maxvorstadt (evangelisch), 1878 St. Benedikt im Westend, 1879 Hauskapelle der Josephsanstalt St. Joseph in Haidhausen, 1883 Hauskapelle der Marienanstalt Maria vom Trost in der Maxvorstadt, 1884 Synagoge am Lenbachplatz, 1887 Pfarrkirche St. Anna im Lehel, 1888 St. Benno in Neuhausen, 1890 Hauskapelle der Maria-Ludwig-Ferdinand-Anstalt Maria Königin in Neuhausen, 1890 Hauskapelle des Instituts der Englischen Fräulein Königin des hl. Rosenkranzes in Pasing, 1892 St. Paul in der Ludwigsvorstadt, 1892 Hauskapelle des St. Martinspitals St. Martin in Obergiesing, 1893 St. Lukas im Lehel (evangelisch), 1893 Kapuzinerklosterkirche St. Anton in der Isarvorstadt, 1894 St. Ursula in Schwabing, 1895 St. Maximilian in der Isarvorstadt, 1895 Hauskapelle des Mathilden-Pensionats St. Mathilde in der Ludwigsvorstadt, 1896 Hauskapelle des Städtischen Waisenhauses Heilige Schutzengel in Neuhausen (1944 zerstört), 1898 St. Joseph in der Maxvorstadt, 1899 Erlöserkirche in Schwabing (evangelisch), 1900 Christuskirche in Neuhausen (evangelisch), 1901 St. Ruppert im Westend, 1902 Neue Pfarrkirche St. Margaret in Sendling (anstelle der alten Kirche St. Margaret, die bestehen bleibt), 1902 Kirche des Vicentinums Maria Immaculata im Lehel, 1903 Himmelfahrtskirche in Pasing (evangelisch), 1904 St. Johann Baptist in Solln, 1904 Kirche des neuen Heiliggeistspitals in Neuhausen, 1905 Maria Schutz in Pasing, 1906 Kirche des Schwabinger Krankenhauses Heilig Kreuz, 1910 Neue Kirche St. Georg in Milbertshofen, 1910 Hauskapelle des Bürgerheims von Dall’Armi Mariae Himmelfahrt in Nymphenburg, 1910 Kirche der Universitätsfrauenklinik St. Maria in der Ludwigsvorstadt, 1911 Kirche des Dritten-Ordens-Krankenhauses St. Elisabeth in Nymphenburg, 1913 Anglikanische Kirche St. Georg (heute Altkatholische Kirche St. Willibrord) in der Blumenstraße, 1912 St. Ulrich in Laim (unter Einbeziehung des spätgotischen Chors und des barocken Turms der Vorgängerkirche), 1912 St. Johannes in Haidhausen (evangelisch), 1915 St. Wolfgang in Haidhausen (im 2. Weltkrieg zerstört und nachher durch einen Neubau ersetzt).

    1902 kommt es infolge von schweren Brandschäden bedauerlicherweise zum Abbruch der 1623 gebauten Paulaner-Klosterkirche St. Karl Borromäus in der Au, auf der anderen Seite wird 1906 die abrissbedrohte Augustinerkirche in der Neuhauser Straße gerettet.

    Auch wenn der historistische Kirchenbau in München insgesamt sehr umfangreich und mitunter auch durchaus prachtvoll ausfällt (z.B. St. Paul, St. Lukas, Heilig-Kreuz, St. Benno oder St. Margaret), so steht er letztendlich sowohl in der Gunst der Bevölkerung als auch im Urteil der Kunsthistoriker doch deutlich im Schatten der älteren Kirchenbauten der vorherigen Jahrhunderte, die in München einfach zu übermächtig und identitätsstiftend sind. Auffällig ist, dass stilistisch meist auf die Romanik oder Gotik zurückgegriffen wird, zwei Stile, die aufgrund des relativ jungen Alters der Stadt München im vorhistoristischen Kirchenbau entweder gar nicht oder nur in begrenztem Umfang vorgekommen waren.

    - Nach dem 1. Weltkrieg werden unvermindert viele neue Kirchen in den Vorstädten gebaut, nachfolgend alle zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg entstandenen Kirchen und Kapellen:

    1922 Karmeliterklosterkirche St. Theresia in Neuhausen, 1922 St. Barbara in Neuhausen, 1922 Hauskapelle des Ottilienkollegs St. Ottilie in der Königinstraße in Schwabing, 1922 Neue Pfarrkirche St. Martin in Moosach, 1922 St. Clemens in Neuhausen, 1923 Leiden Christi in Obermenzing, 1924 St. Korbinian in Sendling, 1924 Votivkapelle Patrona Bavariae im Fasangarten, 1925 St. Canisius in Großhadern, 1925 St. Franziskus in Giesing, 1925 Franziskanerklosterkirche St. Gabriel in Bogenhausen, 1925 Kirche des Altersheims St. Joseph, 1926 Martin-Luther-Kirche in Giesing (evangelisch), 1926 St. Christoph in Fasanerie-Nord, 1927 St. Achaz in Mittersendling, 1927 Allerseelen in Schwabing, 1928 St. Sebastian in Schwabing, 1928 Christkönig in Nymphenburg, 1929 Friedenskirche in Trudering (evangelisch), 1930 St. Raphael in Hartmannshofen, 1930 Auferstehungskirche im Westend (evangelisch), 1930 Heilige Familie in Harlaching, 1931 St. Pius in Berg am Laim, 1932 Epiphaniaskirche in Allach (evangelisch), 1932 Dominikanerkirche St. Albert in Freimann, 1932 Friedhofskirche auf dem Waldfriedhof St. Anastasia, 1932 Christi Himmelfahrt in Waldtrudering, 1932 St. Emmeram in Englschalking, 1933 Mariae Heimsuchung im Westend, 1933 Kirche des Krescentia-Stifts Maria Immaculata in der Isarvorstadt, 1934 Gustav-Adolf-Kirche in Ramersdorf (evangelisch), 1934 St. Heinrich in Sendling-Westpark, 1934 Heilig Blut in Bogenhausen, 1934 Namen Jesu in Neufriedenheim (1971 bis auf den Turm abgerissen), 1934 Kirche der Armen Schulschwestern St. Augustinus in der Au, 1935 Vierzehn Nothelfer am Hart, 1935 St. Franz Xaver in Trudering (1967 abgebrochen), 1935 St. Peter und Paul in Trudering (Neubau anstelle der mittelalterlichen Vorgängerkirche, von der der Turm beibehalten wurde), 1936 Dreieinigkeitskirche in Bogenhausen (evangelisch), 1936 Stephanuskirche in Nymphenburg (evangelisch), 1936 Maria Königin des Friedens in Giesing, 1938 Adventskirche in Neuaubing (evangelisch).

    - Im 2. Weltkrieg bleiben von den 33 Kirchen und Kapellen der Innenstadt (d.h. der Altstadt und der unmittelbar angrenzenden Viertel) nur die Pfarrkirche St. Anton und die Schmerzhafte Kapelle völlig unversehrt (beide werden aber leider in den Jahrzehnten nach dem Krieg innen purifiziert und umgestaltet); relativ geringe Schäden erleiden außerdem nur die Dreifaltigkeitskirche, die Salvatorkirche und die Lukaskirche. Alle anderen Kirchen werden schwer beschädigt oder zerstört; von diesen stark beschädigten oder zerstörten 28 Kirchen werden nach dem Krieg zwölf sowohl außen als auch innen fast vollständig originalgetreu wiederhergestellt bzw. rekonstruiert (Alter Peter, Asamkirche, Bürgersaalkirche, Damenstiftkirche, Heiliggeistkirche, Ludwigskirche, Klosterkirche St. Anna im Lehel, Pfarrkirche St. Anna im Lehel (leider später innen purifiziert), St. Michael, Theatinerkirche, Hofkapelle und Reiche Kapelle der Residenz), sechs außen vollständig und innen vereinfacht wiederhergestellt (Allerheiligenkirche am Kreuz, Augustinerkirche, Frauenkirche, St. Paul, St. Stephan, St. Willibrord), drei nur außen (Allerheiligen-Hofkirche der Residenz, Elisabethspitalkirche, Karmeliterkirche), drei außen und innen nur teilweise bzw. vereinfacht (St. Bonifaz, St. Joseph und St. Maximilian), eine außen und innen stark vereinfacht (Markuskirche), zwei abgerissen und in neuem Stil wiedererrichtet (Herzogspitalkirche, St. Jakob am Anger) und eine abgerissen und gar nicht wiedererrichtet (Josephspitalkirche).

    Auch anhand des Wiederaufbaus kann man feststellen, dass den Kirchenbauten des 19. Jhs weniger Wert beigemessen und dementsprechend meistens nur ihr Außenbau wiederhergestellt wird, während die kunst- und kulturhistorisch bedeutenden älteren Kirchen der Innenstadt überwiegend auch innen originalgetreu rekonstruiert werden, so dass sich diese Kirchen heute nur in wenigen Details vom Vorkriegszustand unterscheiden.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • St. Peter („Alter Peter“)

    Petersplatz 1

    Erbaut 1329-86

    Typus: dreischiffige Basilika mit Dreikonchenchor

    Ansicht vom Viktualienmarkt:

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    Ansicht vom Rindermarkt:

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    Baugeschichte:

    - 1181 Grundsteinlegung der ersten romanischen Basilika, 1190 Weihe

    - 1329 Neubau einer gotischen Basilika, 1368 Weihe, 1377-86 Turmbau

    - 1490 spätgotischer Hochaltar von Erasmus Grasser und Jan Polack, 1520 Kruzifixus von Veit Stoß (jetzt in St. Martin (Jengen/Ostallgäu)

    - 1607-21 neuer Turmbau, 1630-36 Neubau des Chors, 1642-44 neuer Hochaltar von Heinrich Schön d.J. und Marx Schinnagl, 1653-54 Umbau des Langhauses, 1654-76 neue Seitenaltäre

    - 1730-34 Umgestaltung des Chors durch Ignaz Anton Gunetzrhainer, neuer Hochaltar nach Entwurf von Nikolaus Gottfried Stuber, 1733 Vollendung der Hochaltarskulpturen durch Ägid Quirin Asam, 1750 Chorgestühle von Joachim Dietrich und J. Greiff, 1753 Umgestaltung des Langhauses durch Ignaz Anton Gunetzrhainer (Architekt) und Johann Baptist Zimmermann (Freskant und Stuckateur), 1754-67 diverse Seitenaltäre von J. B. Straub und Ignaz Günther

    - 1944-45 weitgehende Zerstörung, die einzigen unzerstörten Räume sind die beiden Kapellen in den Turmuntergeschoßen

    - 1949 Sicherung und Wiederaufbau des Chores, 1950-54 Wiederherstellung der gesamten Kirche

    - 1985 Rekonstruktion des Chorgewölbefreskos durch Karl Manninger (beim ersten Wiederaufbau war dort ein einfacher Wolkenhimmel aufgemalt worden), 1998-2000 Rekonstruktion der Deckenbilder im Langhaus durch Hermenegild Peiker


    Architektonisch sicherlich nicht herausragend, ist St. Peter aber trotz weitgehender Zerstörung im 2. Weltkrieg inzwischen wieder eine der am reichsten ausgestatteten Kirchen Münchens, vor allem die Altäre und der Dreikonchenchor sind von großer Bedeutung. Der Anblick des prächtigen Hochaltars beherrscht das Mittelschiff auf beeindruckende Weise.

    Im Alten Peter, wie die Kirche im Volksmund heißt, wird sehr viel Wert auf Tradition gelegt, z.B. wurde die Vorgabe des 2. Vatikanischen Konzils, einen Volksaltar aufzustellen und die Messe mit Blick auf die Gemeinde zu zelebrieren, nie umgesetzt - noch heute zelebriert der Priester am Hochaltar, zum Allerheiligsten gewandt. Der Figur des Hl. Petrus, die aus dem spätgotischen Hochaltar in den von Berninis Cathedra Petri im römischen Petersdom inspirierten barocken Hochaltar übernommen wurde, wird noch heute beim Tod eines Papstes die Krone abgenommen und bei der Krönung des Nachfolgers wieder feierlich aufsetzt. Vor allem aber ist der Alte Peter ein schönes Beispiel einer bürgerlichen Kirche, die im Laufe der Jahrhunderte immer wieder mit großem Einsatz und Aufwand umgebaut und neu ausgestattet wurde und in der sich Stolz und Schönheitssinn einer tief religiösen Bürgerschaft ausdrückt.

    Schäden und Wiederaufbau:

    St. Peter war eine der ersten wiederhergestellten Kirchen in München und wurde dadurch Vorbild für die Wiederherstellung anderer Münchner Kirchen, weswegen wir hier exemplarisch ausführlicher auf die Geschichte ihres Wiederaufbaus eingehen möchten.

    Zuerst die Situation bei Kriegsende: Chor und Turm waren größtenteils ausgebrannt, aber die Außenmauern erhalten; das Langhaus war schwer zerstört und seine Mauern in Teilen eingestürzt.

    Zunächst wollte man das Langhaus abreißen und als Diözesanmuseum neu errichten (die Sprengung war schon vorbereitet), doch dann entschloss man sich auf Engagement des Pfarrers Max Stritter doch zu einer Rettung der verbliebenen Bausubstanz und schließlich zu einem kompletten Wiederaufbau. Für den Wiederaufbau wurde auch in der Bevölkerung gesammelt, die Spendenbereitschaft war dabei trotz der allgemein herrschenden Not erstaunlich groß. Was die Wiederherstellung des Langhauses und die wandfeste Gestaltung des Innenraumes betrifft, so lehnte das Landesamt für Denkmalpflege eine mehr oder weniger originalgetreue Wiederherstellung ab und verwies auf den für vorbildlich gehaltenen Wiederaufbau von St. Moritz in Augsburg, bei der die überkommene Bausubstanz im wesentlichen erhalten, der Innenraum aber bewusst schlicht nach zeitgemäßem Empfinden neu gestaltet wurde. Der inzwischen neue Pfarrer von St. Peter, Max Zistl, besuchte daraufhin St. Moritz, wurde dadurch aber nur abgeschreckt und in seiner Haltung bestärkt, die Kirche auch innen möglichst originalgetreu wiederauferstehen zu lassen. Die Langhauspfeiler konnten zwar größtenteils gerettet und weiterverwendet werden (u.a. durch Verwendung von stabilisierenden umspannenden Flacheisenbändern), waren aber nicht mehr so stark belastbar, als dass man das komplett zerstörte Gewölbe mit Ziegeln hätte rekonstruieren können. So entschloss man sich, es als leichte Holzkonstruktion wiederzuerrichten, um nicht zu viel Schubkraft auf die Hochschiffmauern auszuüben. Die gesamte Deckenkonstruktion besitzt eine Spannweite von 10,3 m, eine Länge von 54 m und eine Gesamtoberfläche von ca. 800 qm. Anfänglich verzichtete man auf eine Rekonstruktion des ursprünglichen Dekors, d.h. des Stucks und der Deckenbilder, und versah das Gewölbe nur mit einer Abfolge von schlichten Stuckfeldern, um einen zu unangenehmen Kontrast zwischen den wiederhergestellten Stuckaturen auf den Hochschiffwänden und einem völlig leer belassenem Gewölbe zu vermeiden. Die Entscheidung zur Leichtbauweise des Gewölbes hatte allerdings zur Folge, dass man Jahrzehnte später, als man dann doch an die Rekonstruktion des originalen Gewölbedekors ging (1998-2000), den ursprünglichen, opulenten Stuck nicht rekonstruieren konnte, weil dadurch das Holzgewölbe unverantwortlich hoch belastet worden wäre. So entschloss man sich dazu, den Stuck, der hauptsächlich als Rahmung der Deckenbilder diente, durch Malerei illusionistisch zu ersetzen.

    Bei der Frage nach der Ausstattung der Kirche wiederholte sich der Konflikt zwischen Pfarrer Zistl und dem Denkmalamt, welches auf reine Rekonstruktionen möglichst verzichten wollte, während Pfarrer Zistl so weit wie möglich das alte Erscheinungsbild wiederherstellen wollte. Durch viele Spenden, die der Pfarrer organisiert hatte (weswegen er den Spitznamen „Bettelpfarrer von St. Peter“ bekam) und die glückliche Einbindung des Architekten Erwin Schleich und vor allem des einflussreichen Rudolf Esterer, des langjährigen Präsidenten der Schlösserverwaltung, konnte schließlich die ursprüngliche Ausstattung doch weitestgehend originalgetreu wiederhergestellt und rekonstruiert werden. Dabei spielte auch eine große Rolle, dass man sofort nach den Zerstörungen die Überreste der vielen Holzskulpturen aus dem Schutt gezogen und geborgen hatte und somit nachher wieder zusammensetzen und ergänzen konnte. Dabei kommt der Rekonstruktion des Hochaltars eine Schlüsselstellung zu. Hier wollte das Denkmalamt eine Kombination aus geborgenen Figuren und modernem Altar, während Schleich, Esterer und Zistl dies als inakzeptablen Stilbruch angesehen hätten. Eine vollständige Rekonstruktion eines derart großen und komplexen Gebildes wie dem barocken Hochaltar des Alten Peters, von dem keine Maßzeichnungen oder Pläne, sondern nur Fotografien existierten, war aber damals eine sehr gewagte Sache, die noch niemand durchgeführt hatte und die dementsprechend auf viel Skepsis stieß. Der hauptsächliche Verfechter einer vollständigen Rekonstruktion, Erwin Schleich, setzte sich aber schließlich durch und schaffte somit ein Exempel, das wegweisenden Charakter nicht nur für den weiteren Aufbau der Peterskirche, sondern auch auf ähnlich schwierige Wiederaufbauprojekte in München wie z.B. St. Michael, Heiliggeistkirche etc. und letztendlich sogar auf den Wiederaufbau der Residenz hatte: rekonstruierende Vorhaben, die man vorher als unmöglich angesehen hatte, wurden dadurch auf einmal denkbar.

    Was man sicherlich bedauern kann, ist, dass das Kurfürstenportal (1726) auf der Nordostseite der Kirche mit anschließender Kurfürstentreppe zur einstigen Kurfürstenloge im nördlichen Emporengeschoß nicht rekonstruiert wurde; dadurch, dass beides nicht vom Kirchenraum aus einsehbar und die Funktion der ganzen Anlage natürlich seit langem obsolet war, glaubte man darauf verzichten zu können. Außerdem kann man, wenn man kritisch sein möchte, die rekonstruierten Deckenbilder von Hermenegild Peiker im Langhaus etwas bemängeln, die nicht ganz an die Qualität seines Lehrmeisters Manninger heranreichen. Alles in allem aber wurde bei der Rekonstruktion von St. Peter ein Ergebnis erreicht, das sich nur in wenigen Einzelheiten vom Vorkriegszustand unterscheidet und ein absolut harmonisches und überzeugendes Bild abgibt, bei dem sich niemand mehr vorstellen kann, dass die Kirche einmal nahezu komplett zerstört war.

    Wie schrieb der Kunsthistoriker Norbert Lieb über die Peterskirche:

    So bezeugen Bau und Raum von St. Peter immer wieder ein beharrliches, schönstes Wachstum. Die Geschichte und die Rangstellung der ältesten Pfarrkirche Münchens haben ihre sichtbare Selbstdarstellung gefunden: als das St. Peter eines „deutschen Rom“. Dabei ist der Charakter einer bürgerlichen Kirche stets bewahrt, doch auch die Zuneigung der Landesfürsten immer wieder wirksam gewesen. Zuversicht, Energie und Opfersinn, Stolz und Freude verbanden sich immer wieder in Werken der Kunst - zum Bau von Turm und Chor und schließlich zum Innenbild eines „Hauses voll Glorie“. Diese Gesinnungen und Kräfte haben sich auch beim Wiederaufbau nach dem Krieg nochmals bewährt: heute ist St. Peter in München der Raum der lebendigsten Tradition.“

    Ansicht vor der Zerstörung:

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    Zustand nach der Zerstörung:

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    Weitere Fotos vom zerstörten Zustand hier: https://www.bildindex.de/document/obj22…medium=fm202082

    Heute:

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    Das rekonstruierte Chorfresko:

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    Vorkriegsaufnahme des alten Chorfreskos: https://www.bildindex.de/document/obj22…dium=mi07394g12

    Zentrales Deckenfresko, wie alle Malereien im Alten Peter kriegszerstört und rekonstruiert:

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    Die ebenfalls rekonstruierten Malereien an den Hochschiffwänden:

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    Der Chor mit dem bis auf die Figuren der vier Kirchenväter und Petrus komplett rekonstruierten Hochaltar:

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    Vorkriegsaufnahme des alten Hochaltars: https://www.bildindex.de/document/obj22…medium=fm120016

    Weitere Fotos von St. Peter auf meinem Flickr-Account: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312177416

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von Leonhard (9. Dezember 2023 um 22:37)

  • Heiliggeistkirche

    Prälat-Miller-Weg 1

    Erbaut nach 1327 bis 1392

    Typus: dreischiffige Hallenkirche mit Chorumgang und 9/16-Abschluss

    Ansicht vom Viktualienmarkt (links angeschnitten das alte Rathaus):

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    Neubarocke Westfassade von 1888:

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    Ansicht vor der Errichtung der neobarocken Fassade mit dem alten Heiliggeistspital: https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/bil…=409981&DEID=10

    Städtebaulich reizvolle Ansicht vom Petersbergl mit dem Turm des alten Rathauses, ganz links angeschnitten der Chor vom Alten Peter:

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    Baugeschichte:

    - 1208 Gründung eines Pilgerhauses mit einer Katharinenkapelle, 1257 Abschluss des Erweiterungsbaues von Spital und Kirche

    - 1327 Zerstörung von Spital und Kirche durch Brand, bis 1392 Neubau der Kirche mit Heiliggeistpatrozinium

    - um 1550 Abtragung des aufgrund mangelhafter Fundamentierung baufälligen Turmes

    - 1633-69 Einbau des Nordportals, Umbau der Orgelempore, Errichtung eines neuen Hochaltars

    - 1724 Umbau der gesamten Kirche aufgrund von größeren Bauschäden durch Johann Georg Ettenhofer, 1726 Beginn der Stuckarbeiten: Entwurf von Egid Quirin Asam, Ausführung von Matthias Schmidtgartner, 1727 Fresken im Mittelschiff von Cosmas Damian Asam, in den Seitenschiffen von Nikolaus Gottfried Stuber, 1728 Errichtung des neuen Hochaltars nach Entwurf von Stuber, 1729-30 Turmbau, 1731 Weihe

    - 1885-88 Abbruch des Spitalgebäudes und Erweiterung der Kirche um drei Joche nach Westen mit neobarocker Westfassade nach Plänen von Friedrich Löwel; außerdem Anbau von Sakristei und Taufkapelle. (Die Bewohner des Spitals waren schon 1823 in das ehemalige Kloster der Elisabethinnen in der Mathildenstraße verlegt worden; als dieses schließlich zu klein wurde, wurde als Ersatz das neue Heiliggeistspital am Dom-Pedro-Platz in Neuhausen gebaut.)

    - 1944-45 Zerstörung bis auf die Außenmauern, Einsturz der Gewölbe und mehrerer Pfeiler, Verlust der Fresken, der Kanzel, der Orgel, des Josephaltars, des halben Hauptaltars und 80% des Gestühls

    - 1946-58 Neuerrichtung von Pfeiler, Gewölbe, Orgelempore, Kanzel, Hochaltar und Dach, Wiederherstellung des Turmes

    - ab 1963 bis 1975 Rekonstruktion des Stuckes (durch Joseph Schnitzer) und der Asamfresken im Mittelschiff (durch Karl Manninger); von den Deckenfresken in den Seitenschiffen existieren keine brauchbaren Fotos, weswegen die dortigen Deckenfelder frei bleiben; die Kanzel wird im schlichten Stil der Nachkriegszeit neu gestaltet


    Die barocke Umformung der gotischen Heiliggeistkirche war eine der zahlreichen in Bayern durchgeführten Barockisierungen im 17. und 18. Jh. Sie schaffte es mithilfe einer Veränderung der Lichtsituation, der opulenten und farbigen Dekoration, der Rhythmisierung und Zentralisierung das ursprünglich gotische Gepräge zu überspielen und den Raumeindruck komplett im Sinne barocker Auffassung umzudeuten. Die Dekoration drängt nach oben und löst damit das Gewölbe in Licht, Farbe und Ornament illusionistisch auf. Unter diesem Aspekt stellt die neobarocke Erweiterung um drei Joche nach hinten (1885-88) eher einen Widerspruch zum barocken Raumkonzept dar: die Betonung der Länge beeinträchtigt die Einheitlichkeit des Raumes und fasst die Dekoration fälschlicherweise als bloßen, beliebig zu wiederholenden Zierat auf. Die neobarocke Westfassade hingegen kann als Gewinn gewertet werden, zusammen mit dem gegenüberliegenden Chor von St. Peter und dem Alten Rathaus ergibt sie ein beeindruckendes städtebauliches Ensemble.

    Die Wiederherstellung des vollkommen zerstörten Kircheninneren (das Gewölbe war komplett zerstört, es blieben nur die Umfassungsmauern stehen) nach dem Krieg ist vorbildlich zu nennen; bedauerlich ist lediglich der Verlust der Deckenfresken in den Seitenschiffen (von denen es im Gegensatz zu den Fresken des Hauptschiffs keine brauchbaren Fotos gab) und natürlich auch der barocken Kanzel, wenngleich man anerkennen muss, dass sich die Nachkriegskanzel einigermaßen geschmackvoll und unauffällig in das Gesamtbild einfügt.


    Ansicht vor der Kriegszerstörung:

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    (https://hdbg.eu/wiederaufbau/g…eilig-geist/354)

    Zustand nach der Zerstörung - wie man sieht, ist das komplette Gewölbe samt eines Großteils der Innenpfeiler weg:

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    Heute mit komplett rekonstruiertem Gewölbe samt Dekoration:

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    Das von Manninger rekonstruierte zentrale Fresko "Die Gründung des Heiliggeistspitals“:

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    Vorkriegsaufnahme des originalen Freskos von C. D. Asam: https://www.bildindex.de/document/obj21…medium=fm621099

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    Weitere Fotos der Heiliggeistkirche hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312209359

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von Leonhard (9. Dezember 2023 um 22:37)

  • Münchner Dom Zu Unserer Lieben Frau („Frauenkirche“)

    Frauenplatz 1

    Erbaut 1468-94

    Typus: dreischiffige Hallenkirche von zehn Jochen mit polygonalem Chorumgang

    Ansicht vom Turm von St. Peter (man sieht eindrücklich, wie sehr die riesige Masse des Kirchenschiffes das umliegende Häusermeer beherrscht):

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    Die Frauenkirche ist von vielen Punkten der Stadt aus prominent zu sehen, hier vom Dach der Alten Bayerischen Staatsbank:

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    Von der Domfreiheit, also durch die Liebfrauenstraße gesehen:

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    Die beiden Türme:

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    Das Nordostportal mit den wie auch bei allen anderen Portalen 1772 von Ignaz Günther geschaffenen frühklassizistischen Türflügeln:

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    Baugeschichte:

    - um die Mitte des 13. Jhs Baubeginn der sogenannten Marienkapelle, einer dreischiffigen spätromanischen Pfeilerbasilika mit zwei Westtürmen, 1271 Weihe und Erhebung zur zweiten Pfarrkirche der Stadt, im frühen 14. Jh Erneuerung des Chors im gotischen Stil und Einbau eines Lettners

    - 1468 Grundsteinlegung für einen größeren Neubau, der jetzigen Frauenkirche, durch Herzog Sigismund; als Bauträger fungiert die Bürgerschaft, Baumeister ist Jörg von Halsbach (von Polling); zunächst wird um die alte Kirche herum gebaut, 1472 wird die alte Kirche abgerissen, 1473 stehen Umfassungsmauern und Pfeiler, 1477/78 Aufbringung des Dachstuhls, 1488 Fertigstellung der Türme bis auf die Abschlüsse, 1494 Weihe

    - 1524/25 Aufbringung der charakteristischen Turmhauben („welsche Hauben“)

    - die Ausstattung wird größtenteils von der Vorgängerkirche übernommen, zusätzlich werden neue Fenster (1480-93) und das Chorgestühl von Erasmus Grasser (1502) eingebaut sowie das Kaisergrab von Ludwig dem Bayern (um 1490) errichtet

    - 1601 Beginn der Neuausstattung unter Maximilian I., zunächst wird der Kirchenraum weiß getüncht; 1604 wird Benno von Meißen zum Stadt- und Landespatron erhoben, seine Reliquien kommen bereits 1580 in die Kirche; Bennoschrein, Bennosakristei und vor allem der Bennobogen (1604/05) von Peter Candid und Hans Krumper, 1620 Hochaltar, 1619-22 Kaisermonument von P. Candid, H. Krumper und Hubert Gerhard

    - 1770-79 Restaurierung: neue Eichentüren, Reliefmedaillons zum Chorgestühl, neue Bestuhlung von Ignaz Günther, Kanzel von Roman Anton Boos, Entfernung der Glasgemälde

    - 1821 Frauenkirche wird Dom des 1817 eingerichteten Erzbistums München-Freising; Erhöhung des Chors

    - 1858-68 Neugotische Ausgestaltung unter Leitung von Mathias Berger und Ludwig Foltz; unter den ausführenden Künstlern u.a. Moritz von Schwind, Kaspar Zumbusch, Joseph Knabl und Anselm Sickinger; Entfernung des Bennobogens, Glasgemälde wieder eingesetzt, Pläne zur Umgestaltung des Außenbaus, vor allem der Fassade und der Türme, die aber nicht umgesetzt werden

    - 1932 Wiederherstellung der ursprünglichen Farbigkeit, neue Fenster

    - 1943-45 schwerste Kriegszerstörungen; Verlust des größten Teils des Daches, Einsturz der Gewölbe, Chorpfeiler und -mauern, Verlust der neugotischen Ausstattung, die man nicht für so wertvoll erachtet hatte, als dass man sie rechtzeitig ausgelagert hätte; Ausbau allerdings der noch erhaltenen mittelalterlichen Glasfenster

    - 1953 äußerer Wiederaufbau (das Gewölbe aus Bimssteinen, die Gewölberippen und das Fenstermaßwerk aus Beton, die Turmkuppeln aus Stahlbeton), 1954-57 Innengestaltung unter Leitung von Walther Bertram, Errichtung der Kardinalsgruft mit abermaliger Erhöhung des Chors, Einsetzung der verbliebenen alten Fenster und neuer moderner Fenster, Triumphkreuz von Josef Henselmann (derselbe, der 1953 den neuen Hochalter im Passauer Dom schuf), neue Orgel von Josef Zeilhuber

    - 1971/72 Absenkung des Chors, Neugestaltung des Altarbereichs und der Gruft

    - 1990-94 Renovierung; farbige Ausmalung in Anlehnung an die ursprüngliche Farbigkeit und Einrichtung des Inneren mit einigen Teilen alter Ausstattung


    Das Äußere, ein riesenhafter Backsteinbau mit Sockel aus Nagelfluh, ist für eine spätgotische Kirche atypisch schlicht und massig gehalten, die Wandpfeiler erscheinen nur als flache, am Dachgesims endende Lisenen und Maßwerk gibt es nur an wenigen Stellen. Gerade der Vergleich mit der ebenfalls spätgotischen Landshuter Martinskirche ist hierbei interessant: beide Kirchen bestehen überwiegend aus unverputztem Backstein mit wenig Maßwerk, doch die Landshuter Kirche ist wesentlich filigraner und luftiger. Im ornamentverliebten 19. Jh. nannte man die Frauenkirche deshalb den schwerfälligen Ausdruck einer bäuerlich verbliebenen mittelalterlichen Bürgerschaft, die noch durch keine fürstliche Kunstpolitik verfeinert worden war - sozusagen eine „glorifizierte Dorfkirche“. Verschiedene Künstler fertigten im 19. Jh. Pläne, das Äußere filigraner und reicher zu gestalten und schreckten auch nicht vor Plänen zur Umgestaltung der im Laufe der Jahrhunderte ikonisch gewordenen kuppelförmigen „welschen“ Turmhauben zurück, die aber zum Glück niemals realisiert wurden. Der Kunsthistoriker und Dokumentarfilmer Dieter Wieland hingegen bezeichnete die klare und rationale Architektur der Frauenkirche als Vorbote der Renaissance, was zeitlich zwar hinkommen würde, aber vielleicht wirklich den Bildungshorizont der damaligen Münchner Bürgerschaft überstieg… der Gedanke ist aber jedenfalls nicht uninteressant.

    Ein paar Worte zur Herkunft der charakteristischen und eigenartigen runden Turmhauben: sie stammen nicht von italienischen Renaissancekuppeln ab, mit denen sie nur die Idee der Kuppel, nicht aber die Form gemein haben, sondern sehr wahrscheinlich von venezianischen Kuppeln wie bei Madonna dell’Orto oder den Laternenkuppeln von San Marco, die ihrerseits wiederum ins Heilige Land d.h. nach Jerusalem weisen. In Deutschland waren die überkuppelten Gebäude von Venedig und Jerusalem vor allem durch die Holzstiche der 1486 erschienenen Reisebeschreibung „Die Reise ins Heilige Land“ von Bernhard von Breydenbach einem breiteren Leserkreis bekannt geworden.

    Das Innere der Frauenkirche (das Kirchenschiff ist 109 Meter lang, 40 Meter breit, 37 Meter hoch und bietet 2.000 Menschen Platz) entspricht auch nicht dem gängigen Bild einer weitläufigen spätgotischen Hallenkirche, sondern wird durch 11 Paare enggestellter riesiger Achteckpfeiler beherrscht, deren Licht- und Schattenspiel den Raumeindruck maßgeblich prägt. Die ursprüngliche Farbfassung, die 1932 fest- und wiederhergestellt wurde, war wie folgt: Blaugrau in den Gewölbekappen, ein lichtes Gelb auf den Rippen und Pfeilern sowie ein rötlich-heller Ton auf den Wandflächen, das ganze ohne ornamentale oder figürliche Wandmalereien. Durch die enge Stellung der riesigen Pfeiler und der daraus resultierenden Abtrennung des Mittelschiffs von den Seitenschiffen ergab sich jeweils ein deutlich unterschiedlicher Farbcharakter: das Mittelschiff gelblich-warm, die Seitenschiffe und der Chorumgang rötlich-grau-kühl. Man kann feststellen, dass im Innenraum der Frauenkirche das Licht in seinen verschiedenen Facetten der Hauptdarsteller war (und ist), nicht etwa eine reiche Ausstattung, und dass diese Lichthaftigkeit in interessantem Gegensatz zur schweren Materialität des Außenbaus steht. Es gibt auch andere interessante Gegensätze, wie das breit Hingelagerte des Kirchenschiffs einerseits und die steil emporragenden Türme (Höhe knapp 99m) andererseits, die große Ausdehnung von Fläche einerseits und die Zierlichkeit der Friese und Gewölbe andererseits, die Unterschiede zwischen Längs- und Querblick u.a. In diesem Sinne ist die Frauenkirche durchaus ein originell konzeptionierter, außergewöhnlicher Bau.

    Im frühen 17. Jh wurde das Kircheninnere umgestaltet, vor allem wurde ein großer Triumphbogen (Bennobogen) und neuer Hochaltar eingebaut, die der Kirche einen triumphalen Grundcharakter geben sollten, der auf die Erfolge von Maximilian I. in der Gegenreformation hinweisen sollte. Der Altar war das Dankgeschenk Maximilians für den 1620 am Weißen Berg errungenen Sieg über den böhmischen Winterkönig, den Führer der protestantischen Union, woraufhin Bayern die pfälzische Kurwürde bekam.

    Im mittleren 19. Jh wurden Stimmen laut, die eine Rückführung des Innenraums in seine ursprüngliche gotische Gestalt forderten und sich damit schließlich durchsetzten. So wurde die Kirche ab 1858 regotisiert, dabei Bennobogen und frühbarocker Hochaltar entfernt und die gesamte Kirche mit einer reichen neugotischen Ausstattung versehen. Der Schweizer Kunsthistoriker Jakob Burckhardt schrieb 1877 über die „Wiederherstellung“: „… die Frauenkirche, die ich vor 21 Jahren noch mit ihren herrlichen Barockgittern an den Kapellen und mit dem köstlichen Triumphbogen über dem Grab des Kaisers Ludwig mitten im Schiffe (und demselben zur schönsten und leichtesten Unterbrechung dienend) gesehen hatte, - diese Kirche haben sie nun streng purifiziert; vor allem natürlich ein blaues Gewölbe mit Sternen, so dass sie nur mehr halb so hoch wie früher aussieht, darunter die achteckigen Pfeiler jetzt cremegelb…“

    Im 20. Jh lehnte man solche historistischen Umformungen immer mehr ab, weswegen man auch keine sonderlichen Anstrengungen traf, die neugotische Ausstattung vor den drohenden Zerstörungen des 2. Weltkriegs rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Die Ausstattung wurde folglich zusammen mit der Kirche auch weitgehend zerstört und die verbliebenen Reste räumte man ohne Gewissensbisse ab, so dass heute bis auf zwei Epitaphien keine Reste der historistischen Periode mehr übriggeblieben sind. Der Wiederaufbau, der die Kirche äußerlich originalgetreu wiederherstellte, gab dem Innenraum leider eine sehr nüchterne und modern-unverbindliche Form, die zwar Anfang der 1980er Jahre etwas abgemildert wurde, aber im Grunde bis heute anhält: der erste Eindruck nach dem Eintreten kommt sogar dem einer protestantischen Kirche nahe, da es keinen Hochaltar mehr gibt, sondern nur Volksaltar und Ambo. Es ist schade, dass man in den reichen Beständen des Diözesanmuseums keine geeigneten Ausstattungsgegenstände finden konnte (oder wollte), die dem spätgotischen Innenraum mehr sakrale Würde und katholische Ausstrahlung hätten geben können. So bleibt das heutige Innere der Frauenkirche in der ansonsten so reich ausgestatteten Sakrallandschaft Münchens eine gewisse Enttäuschung.


    Ansicht mit der frühbarocken Umgestaltung vom Anfang des 17. Jhs, u.a. dem Bennobogen:

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    (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Frauenkirche_046.jpg)

    Ansicht des regotisierten Zustands nach 1868:

    index.php?eID=dumpFile&t=f&f=234&token=4c33aa9509af9930b960f962de2c691bee9a8d26

    (https://www.muenchner-dom.de/die-kathedrale…/baugeschichte/)

    Weitere Vorkriegsansichten:

    Stadtarchiv München - Ansichtsbild

    Stadtarchiv München - Ansichtsbild

    Stadtarchiv München - Ansichtsbild

    Stadtarchiv München - Ansichtsbild

    Stadtarchiv München - Ansichtsbild

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    Stadtarchiv München - Ansichtsbild

    Zustand nach der Zerstörung:

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    (https://timelineimages.sueddeutsche.de/zerstörte-frauenkirche-in-münchen-ende-der-40er-jahre_00235306)

    Der komplett zerstörte Chor:

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    Heute:

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    Der in meinen Augen unbefriedigend gestaltete Chorbereich:

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    Im Eingangsbereich hat sich ein kleines Zellengewölbe versteckt:

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    Blick in das Chorgewölbe:

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    Weitere Fotos hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312261804

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von Leonhard (9. Dezember 2023 um 22:37)

  • Augustinerkirche St. Johannes der Täufer und St. Johannes Evangelist (profaniert, heute Deutsches Jagd- und Fischereimuseum)

    Neuhauser Str. 2

    Erbaut ab ca. 1290 (Chor und erstes Langhaus), 1. Hälfte 15. Jh Erneuerung des Langhauses

    Typus: ursprünglich dreischiffige Basilika mit Langchor und Fünfachtelschluss

    Ansicht von Osten (hinten links ist die Michaelskirche zu sehen):

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    Ansicht von Westen:

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    Baugeschichte:

    - Die frühe Baugeschichte der Augustinerkirche ist unklar; die offizielle Genehmigung zur Klostergründung der Augustiner-Eremiten stammt von 1294, der Baubeginn ist aber wahrscheinlich schon 2-3 Jahre früher anzunehmen. Zuerst entsteht laut Bayer. Denkmaltopographie der dreijochige Langchor mit 5/8-Schluss, abgetreppten Strebepfeilern und vermutlich den zeitüblichen Kreuzrippengewölben, von denen Spuren über der Barockwölbung erhalten sind. 1311 Stiftung einer Magdalenenkapelle am Chor. 1341 Chorweihe; dieser späte Zeitpunkt resultiert vermutlich aus dem zwischenzeitlich über Kaiser Ludwig den Bayern und die Stadt München verhängten päpstlichen Interdikt, welches 1340 aufgehoben wurde (allerdings wurde die Kirche schon vorher benediziert und konnte dadurch benutzt werden). Unklar ist auch die Datierung des Langhauses: aufgrund des Fehlens von Strebepfeilern ist anzunehmen, dass es ursprünglich flachgedeckt war; dies und sein basilikaler Querschnitt zusammen mit den Viereckpfeilern lassen auf eine Entstehung im frühen 14. Jh schließen. Ebenso ungeklärt ist die Datierung der ehem. Sakristei, des heutigen Eingangsbereiches des Museums: das achteckige, aus Dreistrahlgraten zusammengesetzte Sterngewölbe mit Mittelstütze war vor allem im 14.Jh verbreitet, es gibt aber auch Vermutungen, dass es erst nachträglich eingebaut wurde.

    - Nach mehreren verheerenden Bränden (1414, 1429, 1434) ab 1448 Erneuerung des Langhauses, wobei unklar bleibt, inwiefern alte Bausubstanz weiterverwendet wurde; Indizien deuten darauf hin, dass damals die Hochschiffwände erneuert und das Mittelschiff mit einem Rippennetzgewölbe neu eingewölbt wurde.

    - 1619/20 frühbarocke Umgestaltung unter Leitung des Maurermeisters und Stuckators Veit Schmidt und mutmaßlich nach Entwürfen von Hans Krumpper, bedingt wahrscheinlich durch die Konkurrenzsituation mit der neuen, unmittelbar daneben liegenden und viel aufsehenerregenderen Michaelskirche der Jesuiten: u.a. Neueinwölbung von Mittelschiff und Chor mit einer Stichkappentonne, Ausrundung der Pfeilerarkaden und Fensterschlüsse, Aufblendung einer korinthischen Pilasterordnung mit verkröpftem Gebälk, flacher Hermenpilaster und mit Stuckornamentik gefüllter Blendfelder; der Chor ist dabei durch eine reichere Ornamentik vom Langhaus unterschieden. Weitere reiche Ausstattung mit zwölf Altären, prächtigem Chorgestühl und Orgel; im Laufe des 17. und 18. Jhs immer wieder ergänzt und verändert, u.a. die spätbarock geschwungene Westempore hinzugefügt. Unter den Altarbildern war die berühmte 9 x 6 m große Kreuzigung von Tintoretto, die sich heute in Stift Haug in Würzburg befindet; weitere Altarbilder stammten von Peter Candid, Ulrich Loth, Johann Rottenhammer (heute in der Allerheiligenkirche am Kreuz), Rubens und Carlo Saraceni.

    - 1802 Klosteraufhebung und Profanierung der Kirche; die Ausstattung gelangte dabei teilweise in andere Kirchen, in die Staatsgalerie, ins Bayerische Nationalmuseum oder wurde versteigert: u.a. kamen die Altarbilder mehrheitlich in die Staatsgalerie, die sog. Hammerthaler Madonna in die Heiliggeistkirche, die große Orgel in die Theatinerkirche, zwei spätgotische Altarbilder und ein Kapellengitter aus dem 17. Jh ins Bayerische Nationalmuseum. Die Kirche selbst wurde mit zusätzlichen Einfahrten versehen und als Mauthalle benutzt, bis 1871 das neue Hauptzollamt in der Bayerstraße gebaut wurde; das Kloster diente als Sitz verschiedener Justizbehörden bis zum Bezug des neuen Justizpalastes am Stachus 1897.

    - Nach dem Verlust dieser Funktion sollte die inzwischen verwahrloste Kirche 1906 abgerissen werden, doch setzte sich eine Initiative von prominenten Persönlichkeiten unter Führung von Gabriel v. Seidl erfolgreich für eine Rettung der Kirche und eine neue Nutzung ein. Das benachbarte Augustinerkloster wurde zwar abgerissen und 1909-16 durch das neue Polizeipräsidium ersetzt, die Kirche aber bewahrt und durch eine eingezogene Zwischendecke in zwei Geschoße geteilt: unten wurden Läden und weitere Amtsräume der Polizei eingerichtet, oben entstand der für verschiedene Zwecke nutzbare “Weiße Saal”, der mithilfe einer im Chorbereich eingebauten großzügigen gegenläufigen Treppe erschlossen wurde (Architekt Theodor Fischer). Dazu kam eine neue dekorative Putzgliederung des Äußeren (anstelle des vorher uniformen Putzes), die Errichtung einer Terrasse mit von Vasen und Obelisken bekrönter Balustrade über dem südlichen Seitenschiff, die Aufstellung von Kalksteingruppen der vier Elemente auf den kleinen Nischendächern zwischen den Strebepfeilern des Chors sowie die Hinzufügung einer Portalädikula samt (nicht erhaltenem) Tympanongemälde an der zuvor völlig glatten Westfassade.

    - 1944/45 schwere Schäden vor allem im Westbereich: oberer Teil der Westfassade, Dachstuhl und Gewölbe des Mittelschiffs zerstört.

    - 1949 Wiederherstellung des Äußeren in alten Formen und Wiederherstellung der Läden im Erdgeschoß, Unterteilung des Mittelschiffs.

    - 1962-64 Umbau des Weißen Saals (Obergeschoß) zum neuen Sitz des Deutschen Jagdmuseums unter Leitung von Erwin Schleich: Rekonstruktion des Langhausgewölbes samt Stuckdekor, Restaurierung und Ergänzung des erhaltenen Stucks im Chorbereich.


    Die ehemalige, seit über 200 Jahren profanierte Augustinerkirche mag im Vergleich zur benachbarten Michaelskirche zwar eher unscheinbar wirken, ist aber eine der ältesten Kirchen Münchens und innen vor allem aufgrund der eingebauten Treppe und des prächtigen Stucks im Chorbereich sehr sehenswert. Natürlich ist aber auch das seit den 1960er Jahren dort untergebrachte Deutsche Jagd- und Fischereimuseum einen Besuch wert. Städtebaulich ergibt die Augustinerkirche zusammen mit der Michaelskirche und den dahinter emporragenden Türmen der Frauenkirche ein äußerst beeindruckendes städtebauliches Ensemble.

    Auf der Website des Hauses der bayerischen Geschichte findet sich ein lesenswerter Artikel zur Geschichte des Augustinerklosters: https://hdbg.eu/kloster/index.…ichte?id=KS0252

    Ansicht von Kirche und Kloster von Michael Wening in der Topographia Bavariae um 1700: https://de.wikipedia.org/wiki/Augustinerkirche_%28München%29#/media/Datei:Augustinerkloster_München.png

    Ansicht des Weißen Saals vor der Zerstörung: https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=614336

    Ansicht des Weißen Saals nach der Zerstörung (in Richtung Westen):

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    Heute:

    Treppenaufgang im ehem. Chor:

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    Der prächtige, teilweise noch original erhaltene Spätrenaissance-Stuck im Chor:

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    Die 1914/15 von Theodor Fischer eingebaute Treppe und der Weiße Saal vom Zwischenpodest aus:

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    Der ganze Chor:

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    Der Weiße Saal Richtung Westen:

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    Die Empore an der Westwand:

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    Weißer Saal Richtung Osten:

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    Weitere Fotos hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312236722

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    Karl Kraus

    2 Mal editiert, zuletzt von Leonhard (5. Januar 2024 um 13:05)

  • Kommen wir nun zu den zwei spätgotischen Friedhofskirchen der Altstadt: Allerheiligenkirche am Kreuz und Salvatorkirche.

    Allerheiligenkirche am Kreuz („Kreuzkirche“)

    Kreuzstraße 10

    Filialkirche der Pfarrei St. Peter

    Erbaut 1478-85

    Typus: spätgotische, dreijochige Saalkirche mit Wandpfeilern und tonnengewölbter Chorapsis

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    Ansicht des Turms von der Damenstiftstraße:

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    Baugeschichte:

    - 1478 Baubeginn (Baumeister wahrscheinlich Jörg von Halsbach), 1485 Weihe, Turm erst 1500-10 errichtet, evtl. durch Lukas Rottaler

    - 1620-25 Barockisierung und Neugestaltung der Apsis

    - 1722-26 neue Empore

    - 1814 neuer Hochaltar mit dem aus der abgerissenen Franziskanerkirche stammenden Altarblatt von Johann Rottenhammer von 1614, Tabernakel aus der Karmeliterkirche von ca. 1770, neues Nordportal, Seiteneingänge dabei vermauert

    - 1944/45 schwer beschädigt: Dachstuhl, Turmhelm, Orgelempore, Kanzel, Seitenaltäre, Gestühl ganz zerstört, Langhausgewölbe teilweise zerstört (zwei Fehlstellen), Schiff völlig ausgebrannt, 1947-49 mit reduzierter Ausstattung wiederhergestellt


    Durch das stetige Anwachsen der Bevölkerung zu Ende des 15. Jh waren neue Friedhöfe mit dazugehörigen Kirchen nötig, die aber noch innerhalb der Stadtmauern lagen. Die Pfarrei St. Peter erbaute zu diesem Zweck die Allerheiligenkirche am Kreuz, wahrscheinlich durch Jörg von Halsbach, den gleichen Baumeister, der auch die neue Frauenkirche baute.

    Auffällig ist die beträchtliche Turmhöhe von 66m im Vergleich zum eher kleinen Langhaus.

    Die Kirche wurde nach den Zerstörungen des 2. Weltkriegs nur vereinfacht wiederhergestellt, es fehlen u.a. die beiden Seitenaltäre und die Kanzel; trotzdem macht die Kreuzkirche einen würdigen Eindruck.

    Ich habe keine Gesamtansicht des Vorkriegszustandes finden können, nur folgende Teilansicht: https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=399037

    Fotos nach der Zerstörung: https://www.bildindex.de/document/obj22…medium=fm202518

    Heute:

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    Der klassizistische Hochaltar:

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    Weitere Fotos hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312402318

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    Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von Leonhard (9. Dezember 2023 um 22:38)

  • Salvatorkirche (griechisch-orthodox)

    Salvatorstraße 17

    Erbaut 1493-99

    Typus: spätgotische Saalkirche von vier Jochen und Fünfachtelschluss

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    Baugeschichte:

    - 1493 Baubeginn (Baumeister vermutlich Lukas Rottaler oder Hans Trager), 1494 Weihe (Übernahme des Patroziniums der 1493 abgebrochenen, 1328 errichteten Salvatorkirche am Schwabinger Tor), Ausstattung bis 1499

    - nachdem 1767 die gotische Turmspitze durch Blitzeinschlag beschädigt worden war, wurde sie mit einer barocken Zwiebelhaube ersetzt

    - seit 1829 griechisch-orthodoxe Kirche

    - 1878 Regotisierung der Turmspitze

    - im 2. Weltkrieg nur leicht beschädigt, hauptsächlich einige zuvor ausgelagerte Fenster zerstört, von denen vier nachher wiederhergestellt und wieder eingesetzt werden konnten


    Die Salvatorkirche war das Pendant zur Kreuzkirche und diente als Friedhofskirche der Frauenkirche. Nach Aufhebung der innerstädtischen Friedhöfe 1788 wurde St. Salvator 1803 profaniert und nach einigem Hin und Her (zwischenzeitlich war sowohl ein Abbruch erwägt als auch die Kirche kurzzeitig der neuen evangelischen Gemeinde übertragen worden, die diese jedoch nie nutzen konnte, da die Kirche noch als Remise und Getreidespeicher belegt war) schließlich 1829 der griechisch-orthodoxen Gemeinde übergeben, die sie bis heute nützt.

    Die Salvatorkirche ist eine der wenigen Kirchen Münchens, die im 2. Weltkrieg kaum beschädigt wurden. Leider ist der stimmungsvolle Innenraum nur selten offen, so dass er den meisten Leuten unbekannt sein dürfte.

    Zeichnung der Kirche mit barocker Zwiebelhaube (Zustand 1767 bis 1878): https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=620091

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    Die barockisierte Empore:

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    Weitere Fotos hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312419113

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von Leonhard (9. Dezember 2023 um 22:38)

  • Jesuitenkirche St. Michael

    Neuhauser Straße 6

    Erbaut 1583-97

    Typus: tonnengewölbte Wandpfeilerkirche mit nicht vortretendem Querhaus und tonnengewölbtem Chor mit Fünfzehntelpolygonschluss

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    Links ein Teil der Alten Akademie, rechts die Augustinerkirche und darüber die Türme der Frauenkirche:

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    Baugeschichte:

    - 1559 Gründung des Jesuitenkollegs durch Petrus Canisius, Errichtung der Kollegiengebäude 1559-61 durch Wilhelm Egkl und 1585-97 vermutlich durch Friedrich Sustris

    - 1583 Approbation des Planes für den Kirchenbau durch das Generalat des Jesuitenordens in Rom und Baubeginn, Architekt hauptsächlich Friedrich Sustris, ausführender Baumeister Wolfgang Miller, weiterer Ratgeber Wendel Dietrich, 1587 Gewölbe eingezogen, 1588 Abbau der Gerüste, geplante Weihe 1590

    - 1590 Einsturz des Turms, der den Chor zerschmettert, dies wird als Mahnung des Erzengels Michael gewertet, dass die Kirche zu klein geplant ist und vergrößert werden soll

    - 1591 Konsultation des Jesuitenbaumeisters Giuseppe Valeriano aus Rom

    - 1592 Aufstellung der Fassadenfiguren, 1592-96 Errichtung der Kreuzkapelle

    - 1593 Fortsetzung der Bauarbeiten: das Langhaus wird beibehalten, ein Querhaus eingefügt und der Chor verlängert, der neue Turm kommt an die Nordostecke des Areals; 1595 Schließung des Gewölbes, 1596 Fertigstellung des Inneren, 1597 Weihe

    - ursprüngliche Ausstattung: Fassade: Fürstenstandbilder entworfen von F. Sustris, ausgeführt nach Modellen von Hubert Gerhard und Carlo Pallago, Michaelsgruppe modelliert von Hubert Gerhard;

    Hochaltar 1586-89 durch Wendel Dietrich, Figuren von Andreas Weinhart, Gemälde von Christoph Schwartz; Nebenaltäre von Anton Viviani, Peter Candid und Hans von Aachen; Chorgestühl von Wendel Dietrich; Kreuzmonument von Giovanni da Bologna, Magdalena von Hans Reichle; Altäre am Chorbogen 1623/24 von Ulrich Loth und Alessandro Scalzi

    - 1697/98 zur Hundertjahrfeier der Weihe Renovation der Fassade und Kapellen, Querhausfenster und das obere Fassadenfenster vergrößert, neue Nebenaltäre, Kanzel und Orgel; Vergoldung von Basen, Kapitellen und Muscheln, Neustuckierung der nordöstlichen Kapelle

    - 1750 Renovation

    - 1773 Aufhebung des Jesuitenordens, daraufhin wird St. Michael Hofkirche

    - 1830 Grabmal für Eugene de Beauharnais, des Herzogs von Leuchtenberg und Stiefsohn von Napoleon durch Bertel Thorvaldsen

    - 1852-57 Renovation durch Friedrich Bürklein: Inneres in hellem Sandsteinton gestrichen

    - 1907 Renovation der Fassade unter teilweiser Erneuerung der Figuren

    - 1921 Rückgabe der Kirche an die Jesuiten

    - 1944 schwerste Zerstörung, Einsturz der Gewölbe und von Teilen der Fassade

    - 1946-53 Wiederaufbau: Verzicht auf den Gewölbestuck, neue, moderne Orgelempore von Sep Ruf, freistehender Volksaltar 1965, neue Orgel 1966

    - 1960 & 1971/72 Außenrenovation mit Wiederherstellung der ursprünglichen Einteilung und der als ursprünglich angenommenen Farbigkeit

    - 1980-83 Rekonstruktion der Innenseite der Hauptfassade, der Orgelempore samt Orgel und des Gewölbestucks von Langhaus und Chor in den Formen von 1697


    St. Michael ist nicht nur die bedeutendste Kirche Münchens, sie ist auch die sicherlich bedeutendste Renaissance-Kirche in ganz Deutschland. Sie war Initialzündung für den neuzeitlichen, nachmittelalterlichen Kirchenbau nördlich der Alpen, indem sie erstmals die neuen italienischen Raumgedanken der Renaissance, namentlich von Sant’Andrea in Mantua und Il Gesù in Rom, nach Deutschland brachte und mit den deutschen Traditionen vereinte. Ihr riesiges Tonnengewölbe, mit 20m Spannweite das zweitgrößte gemauerte Tonnengewölbe der Welt nach dem Petersdom in Rom, sowie eine völlig neuartige Lichtsituation erzeugten eine bis dahin noch nie gesehene Raumwirkung.

    Zugleich stellt sie eine kirchlich-staatliche Triumpharchitektur der Gegenreformation dar, ein einendes Symbol des katholischen Glaubens, eine Verbindung von Fürstentum und religiösem Bekenntnis, welche Bayern mehrere Jahrhunderte zutiefst prägen sollte. Zusammen mit dem Jesuitenkolleg ist der Gesamtkomplex ein Beispiel für den aus Rom importierten Kirchen-Palastbau der Renaissancezeit: eine geistlich-geistige Residenz mit einer neuen und imposanten Platzarchitektur, die diejenige der Münchner Gotik (Heiliggeistkirche und altes Rathaus) weit übertrifft.

    Sehen wir uns zum besseren Verständnis an, was verschiedene Kunsthistoriker zu St. Michael geschrieben haben.

    Heinz-Jürgen Sauermost: „Die Jesuitenkirche St. Michael ist der erste große neuzeitliche Kirchenbau Münchens nach einer Zäsur von drei Generationen, zugleich Beginn einer Welle katholischen, im Gegenzug auch protestantischen Kirchenbaus in Deutschland, die nach dem Stau des Dreißigjährigen Krieges in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte und in den 1770er Jahren verebbte.“

    Norbert Lieb: „Mit St. Michael tritt München nach der Frauenkirche zum zweiten Mal in die Gesamtkunstgeschichte kirchlicher Architektur ein. St. Michael ist der prominenteste Sakralbau des späten 16. Jahrhunderts in ganz Deutschland. (…) Die 1583 begonnene, 1597 geweihte Kirche enthält einen mächtigen Tonnenraum „alla romana“. Die struktive Energie besteht in den Langhausflanken: in ihrer herrlichen Vertikalspannung, der horizontalen Eingliederung der Emporen, in der Stelzung der Haupttonne und in der Gegensetzung der Quertonnen. Die von diesem Gerüst umfangene Räumlichkeit ist spezifisch architektonisch, von feierlicher Existenz - auch im Licht, fähig, eine große Gemeindeeinheit zu sammeln, zum Hören von Predigt und Musik, zum Blick auf den Hochaltar, einen wirklich hohen, festen Altar im tiefen und steilen Chor. So wurde, ein Jahrhundert nach der die Spätgotik summierenden Frauenkirche, eine sakrale Renaissance, das heißt hier wörtlich: eine Wiedergeburt der „einen, heiligen Kirche“ erreicht. Als Grundwerk einer ganzen neuen Epoche hat St. Michael bis zum Ende des 18. Jahrhunderts immer wieder als Vorbild der Wandpfeilerkirchen Süddeutschlands gewirkt.“

    Georg Dehio: „Die Michaels-Kirche ist epochemachend für den Kirchenbau des katholischen Süddeutschland; künstlerisches Wahrzeichen der gegenreformatorischen Bewegung und der mit ihr vordringenden romanischen Kulturwelle; im Anlagetypus ein Muster, das mit wachsendem Ansehen im 17. und 18. Jh. eine ungezählte Nachkommenschaft gefunden hat. Dieser Typus ist kunstgeschichtlich zu klassifizieren als die deutsche Variante der Gesù-Kirche in Rom.“

    Bernhard Schütz: „Das Ergebnis ist unbestreitbar ein Stück Weltarchitektur. In Größe und Anspruch sind hier Maßstäbe gesetzt, wie sie in Süddeutschland für mehr als ein Jahrhundert nicht annähernd mehr erreicht wurden. (…) Insgesamt war St. Michael, ganz gleich, ob in der Bauidee oder in den Einzelheiten, eine so umwerfende, alles Herkömmliche wegfegende Invention, daß die folgenden Architekten gar nicht anders konnten, als sich hiermit auseinanderzusetzen oder gar, wenn der Anspruch besonders hoch war, zu messen. Im süddeutschen Kirchenbau begann hier urplötzlich die Neuzeit. Eine große neue Epoche war eröffnet: der Barock.“

    Erich Hubala: „Zum ersten Mal in Deutschland kommt es hier zu einer Raumwirkung, die nicht mehr als mittelalterlich bezeichnet werden kann, obwohl doch die hinter die Raumgrenze versteckten, eine kühne Überwölbung des Hauptraumes sichernden Wandpfeiler zweifellos aus der mittelalterlichen Baupraxis zu erklären sind, wofür es zahlreiche, wenn auch räumlich ganz anders geartete Beispiele im bayerischen Kirchenbau des 15. Jahrhundert gibt.

    Zum ersten Mal in Deutschland kommt es hier zu einem Zusammenwirken von Baugestalt und Lichtsituation, die wir vom Standpunkt einer europäischen Architekturgeschichte als schon barock bewerten müssen, obwohl viele der geläufigen ikonographischen und ornamentalen Merkzeichen für Barock fehlen. Wir nehmen in der Münchner Michaelskirche das Volumen wahr, nicht mehr als eine Zusammensetzung von breit, hoch und lang, sondern als ein Ganzes, in dem die genannten Dimensionen simultan zur Wirkung kommen und als ein Ganzes, das sich rundet, nicht richtet oder vornehmlich als ein stehendes Raumbild sich präsentiert. So erklärt sich der (...) Eindruck, unter einem mächtig sich blähenden Segel zu stehen, das nur an wenigen Punkten auf der Erde festgemacht wurde, dazwischen aber hoch und weit gelüftet wird.

    Es ist ein spezifisches Verhältnis von Licht und Wölbung, also ein Phänomen der Proportion, das diesen singulären Raumeindruck garantiert. (…) Eine solche strukturelle, also nicht bloß impressionistische Umgestaltung von Beleuchtung nach Maßgabe von Formen und Anordnung der Gewölbe in räumlich spezifische Suggestion läßt sich architekturgeschichtlich nicht anders als im Sinne einer Stilbildung bewerten. Das Langhaus das Münchner Jesuitenkirche ist für den Barock des 17. Jahrhunderts das entscheidende stilbildende Bauwerk, ohne doch selbst ein barocker Kirchenbau schon zu sein.“

    Es sei noch darauf hingewiesen, dass ein großer Teil des überwältigenden Effekts des Tonnengewölbes von St. Michael darauf beruht, dass die Schubkräfte desselben nicht wie üblich mithilfe von Stichkappen auf die Wandpfeiler übertragen werden, sondern von den breiten, quergestellten Tonnenbrücken der Emporen abgefangen werden: somit bleibt die Rundung bis an den Rand gewahrt und wird nicht durch regelmäßige Einschnitte unterbrochen. Die daraus resultierende unterschiedliche Raumwirkung kann z.B. gut im Vergleich zur etwa 50 Jahre später entstandenen Innsbrucker Jesuitenkirche nachvollzogen werden, deren Langhaus eine konventionelle Stichkappentonne besitzt.

    Nach den verheerenden Zerstörungen des 2. Weltkriegs, bei denen u.a. das gesamte Gewölbe, die Orgelempore sowie Teile der Fassade eingestürzt waren, wurde St. Michael bis Anfang der 1980er Jahre vollständig wiederhergestellt, nachdem bei der ersten Wiederaufbauphase direkt nach dem Krieg die zerstörte Orgelempore samt Orgelprospekt zunächst völlig unpassend in modernem Stil ersetzt und das Gewölbe nur mit einfacher Feldergliederung stuckiert worden war. Der heutige Zustand entspricht also wieder fast vollständig dem Vorkriegszustand, die einzigen Änderungen betreffen die Aufstellung eines Volksaltars gemäß 2. Vatikanischen Konzil, die Zweiteilung der Kirchenbänke mit zentralem Durchgang im Gegensatz zur mittigen, ungeteilten Anordnung der alten Kirchenbänke sowie quadratische Solnhofener Platten statt Marmorboden in Rosenspitzmuster. Das Gewölbe wurde in traditioneller Maurertechnik mit Ziegelsteinen rekonstruiert und nicht etwa in Stahlbeton.

    St. Michael ist heute eine der beliebtesten Kirchen Münchens, die Gottesdienste sind dort fast immer sehr gut besucht, was auch an den Predigten der Jesuiten und der hervorragenden Kirchenmusik liegt. Die Hauptrolle spielt aber sicherlich der überwältigende Raum.


    Ansicht vor der Zerstörung:

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    Weitere historische Ansichten:

    Jesuitenkirche Sankt Michael | München | Friedrich Sustris | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex
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    Zustand nach den Zerstörungen des 2. Weltkriegs:

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    (https://hdbg.eu/wiederaufbau/g…uitenkirche/361)

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    (https://hdbg.eu/wiederaufbau/g…uitenkirche/361)

    Weitere Ansichten des zerstörten Zustands:

    Jesuitenkirche Sankt Michael | München | Friedrich Sustris | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex
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    Fotos nach der ersten Wiederherstellungsphase 1946-53 d.h. u.a. nur mit einfach gegliedertem Gewölbe ohne genaue Stuckierung und ohne originalem Hochaltar:

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    (https://hdbg.eu/wiederaufbau/g…uitenkirche/361)

    Moderne Orgelempore von Sep Ruf:

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    Weitere Ansicht des Zustands zwischen 1953-1980, schon wieder mit ursprünglichem Hochaltar (die unteren zwei Drittel sind mehr oder weniger original, das obere Drittel rekonstruiert): https://www.bildindex.de/document/obj20…edium=fm1581930

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    2 Mal editiert, zuletzt von Leonhard (25. März 2024 um 21:11)

  • Heute, d.h. nach der zweiten Rekonstruktionsphase 1980-83 mit rekonstruiertem Deckenstuck und rekonstruierter Orgelempore:

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    Die rekonstruierte Orgelempore in den Formen von 1697:

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    Das gewaltige Tonnengewölbe mit etwas über 20m Spannweite:

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    Der Chor von der Kanzel aus gesehen:

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    Die von der Ettstraße aus zugängliche Kreuzkapelle von 1592-96:

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    Die Gruft, d.h. die Grablege der Wittelsbacher, in der u.a. Ludwig II. begraben liegt (oder vielleicht auch nicht mehr?), ist vom Inneren der Michaelskirche aus zugänglich; Fotos sind nicht erlaubt.

    Zum Abschluss eine abendliche Innenansicht dieser großartigen Kirche:

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    Weitere Fotos von St. Michael hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312508518

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Hofkapelle Residenz (der Unbefleckten Empfängnis Mariens geweiht)

    Residenzstraße 1

    Erbaut 1600-30

    Typus: einschiffiges tonnengewölbtes Langhaus mit leicht eingezogenem Chor


    Baugeschichte:

    - 1600/01 Rohbau des Langhauses, Stuckierung der Wände

    - 1603 Weihe

    - 1614 Stuckierung des Gewölbes; Entwurf von Architektur, Stuckaturen und Hochaltar Hans Krumper zugeschrieben

    - 1630 Anfügung des Chores mit Chorgestühl; Entwurf von Hans Schön d.Ä.

    - 1748 Seitenaltäre von Johann Baptist und Franz Michael Zimmermann

    - 2. Viertel 19. Jh Vergrößerung der Doppelempore

    - um 1870 sieben farbige Glasfenster in der Chor-West- und Nordwand

    - 1944 Chor und Langhausdecke schwer beschädigt, Gewölbe im Chor eingestürzt

    - 1956/58 Wiederherstellung des Chors samt Rekonstruktion der Altararchitektur und des Stucks; Doppelempore im hinteren Bereich in ursprünglicher Form (d.h. vor den Veränderungen des 19. Jhs, wiederhergestellt


    Die Hofkapelle der Residenz steht in unverkennbarer Verwandtschaft zu St. Michael, der Architekt Hans Krumper hatte bei Sustris, dem Architekten der Michaelskirche, gelernt. Neben dem offensichtlichen Tonnengewölbe wurden auch die äußeren, durch Fenster abgeschlossenen Korridore vom Chor der Michaelskirche übernommen. Im Gegenzug ist die Architektur regelmäßiger geworden, die Geschoße stärker abgegrenzt und vor allem wird der viel reichere Deckenstuck Träger eines Bildprogramms, welches der Verehrung der Gottesmutter Maria dient.

    Die Hofkapelle verlor mit dem Bau der Theatinerkirche als neue Hofkirche ihre Bedeutung und diente danach hauptsächlich den Feierlichkeiten des Georgiritterordens, des Hausordens der Wittelsbacher.

    Die Hofkapelle ist heute normalerweise nur von der oberen rückwärtigen Empore aus zu besichtigen, was sehr schade ist, da von dort ihre schöne Renaissance-Architektur gar nicht in Gänze eingesehen werden kann.

    Ein Vorkriegsfoto der Hofkapelle hab ich leider nicht finden können, hier aber ein Foto nach der schweren Beschädigung:

    Hofkapelle-zerstort.jpeg


    Heute:

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    Blick von der Empore:

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    Die rückwärtige Empore:

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    Das reich stuckierte Tonnengewölbe, das im Chorbereich (auf dem Foto unterhalb des Gurtbogens) komplett, im Langhaus teilweise rekonstruiert werden musste:

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    Die Seiten mit den Rokokoaltären von Johann Baptist und Franz Michael Zimmermann:

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    Der rekonstruierte Hauptaltar:

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    Weitere Fotos der Hofkapelle hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312575165

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    Einmal editiert, zuletzt von Leonhard (9. Dezember 2023 um 22:39)

  • "Die Hofkapelle ist heute normalerweise nur von der oberen rückwärtigen Empore aus zu besichtigen, was sehr schade ist, da von dort ihre schöne Renaissance-Architektur gar nicht in Gänze eingesehen werden kann."

    Unglaublich. Von unten her gesehen ein ganz anderer Raum. Über die Empore trabt man halt so durch und nimmt nur kurz (aus ungünstiger Perspektive) den Deckenstuck und den Altar wahr.

  • Ja, wirklich sehr schade, von unten ist das ein ganz anderer Raum und sogar einer der beeindruckenderen in der Residenz. Die Besucherführung in der Residenz ist eh generell problematisch und ein Dauerthema... aber die Hofkapelle müsste echt mal für den normalen Besucherverkehr geöffnet werden.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • Reiche Kapelle Residenz (der hl. Maria geweiht)

    Residenzstraße 1

    Erbaut ca. 1600-35

    Typus: zimmergroße Privatkapelle mit flachem Stichkappengewölbe und Laterne


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    Baugeschichte:

    - Um 1600 Baubeginn, 1607 Weihe; Entwurf wohl von Hans Krumper, Scagliola-Arbeiten von Blasius Pfeiffer (Fistulator); Hochaltar von Paulus Dietrich und Jakob Anthoni; Prunkorgel von Georg Haas, Jakob Melper, Hans Sepier und Jakob Schönauer

    - 1632-35 Scagliolabilder mit Szenen des Marienlebens von Wilhelm Pfeiffer

    - 1944 nahezu ganz zerstört, Gewölbe eingestürzt, mobile Ausstattung vorher ausgelagert

    - 1958-66 vollständige Rekonstruktion (mit Ausnahme von zwei Reliquienkästen, die verlorengegangen waren) unter Verwendung von Resten der übriggebliebenen Scagliola-Tafeln


    Die Reiche Kapelle war die Privatkapelle Maximilians I. und diente seiner Marienverehrung. Sie ist ein Kleinod von ungewöhnlicher Pracht, gerade im Vergleich zu den überwiegend weißen Kirchenräumen von St. Michael und der Hofkapelle. Was neben der prachtvollen (und meines Erachtens auch stilistisch überraschend freien und fast barock anmutenden) Stuckdekoration des Gewölbes am meisten auffällt, sind die komplett mit Scagliola (Stuckmarmor) überzogenen Wände, die aussehen wie echte Steinintarsien und damals für große Bewunderung sorgten, da mit Steinintarsien solch feingliedrige Szenen und Figuren (die Bildplatten zeigen hauptsächlich Szenen aus dem Leben von Maria) normalerweise nicht möglich waren. Der Fußboden hingegen besteht aus echtem und reich intarsiertem Marmor. Auch sonst beherbergte die Reiche Kapelle viele kleine Kostbarkeiten und war insgesamt mit ihrer Vorliebe für kleines Format und kostbarste Materialien ein Höhepunkt fürstlichen Sammlertums in der deutschen Renaissance.

    Die Rekonstruktion dieser Kapelle, vor allem der Scagliolafelder, nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg war eine der aufwändigsten und schwierigsten Aufgaben bei der Wiederherstellung der Residenz, da es sich bei Scagliola um eine äußerst schwierige Technik handelt, die heute kaum mehr beherrscht wird.


    Ansicht vor der Zerstörung:

    Reiche-Kapelle-vor-dem-Krieg-klein.jpeg

    Zustand nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg:

    Reiche-Kapelle-zerstort.jpeg

    Heute:

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    Die rekonstruierte Decke:

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    Rechte Seite mit den rekonstruierten Scagliola-Tafeln:

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    Ausschnitt:

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    Rückseite:

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    Rückseite Supraporte:

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    Nochmal das Gewölbe:

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    Zum Abschluss noch ein interessanter Vergleich: von der Reichen Kapelle wurden 1943/44, also kurz vor der Zerstörung, noch Farbfotos gemacht, die in der Deutschen Fotothek zu sehen sind (und unter CC-Lizenz auch verwendet werden dürfen). Hier ein Vergleich zwischen dem originalen und dem rekonstruierten Gewölbe anhand eines Ausschnitts:

    Reiche-Kapelle-Deckenausschnitt-19431944.jpeg

    (© SLUB / Deutsche Fotothek / Karl Henseler, CC BY-NC-SA 3.0 DE, https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/70701136)

    Rekonstruktion:

    Reiche-Kapelle-Deckenausschnitt.jpeg


    Weitere Fotos der Reichen Kapelle hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720312739636

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

    3 Mal editiert, zuletzt von Leonhard (25. März 2024 um 21:16)

  • "Zimmergroße Privatkapelle" - nach herkömmlicher Terminologie wegen der geringen Größe wohl eine Kammerkapelle!?

    Die Vergleichsbilder sind interessant: Der originale Deckenstuck wirkt schon etwas ´fleischiger´ und ´saftiger´. Die Nachschöpfung (abgesehen von den Bildfeldern) hat etwas von im 19. Jahrhundert streng nachgemalten Renaissancegrotesken.

    Erneut ein Raum, den man wahrscheinlich nur zur Gänze fassen kann, wenn man mal wirklich reingehen könnte.

  • "Zimmergroße Privatkapelle" - nach herkömmlicher Terminologie wegen der geringen Größe wohl eine Kammerkapelle!?

    Ja, kann man so sagen; ich wollte halt unterstreichen, dass es eine Privatkapelle war, so wie es damals häufig der Fall war, und niemandem außer dem Herrscherpaar und den Priestern zugänglich war.

    An sich ist der Eindruck, wenn man hinter der Abgrenzung steht, ausreichend um den Raum zu erleben, weiter vorne gibt es eigentlich nicht mehr viel Neues, bis auf die Möglichkeit, in die Laterne zu schauen; die Hauptattraktion ist sicher die opulente Decke. Ob der originale Deckenstuck wirklich "fleischiger" war, weiß ich nicht, das alte Foto hat halt auch wesentlich mehr Kontrast, weswegen die Konturen auch deutlicher erscheinen. Aber vielleicht hast Du auch recht. Sei es wie es sei, die Decke ist, so wie sie sich heute präsentiert, schon extrem beeindruckend.

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus