Nürnberg - Reichsparteitagsgelände (Galerie)

  • Da die Nürnberger "Große Straße" recht kurz ist (für heutige Großstadtverhältnisse), frage ich mich, ob die vielleicht sowieso als Fußgängerstraße gedacht war - als Zugangsstraße für die Massenveranstaltungen?

    Ja, das sollte wohl die Hauptachse des Geländes sein, die die Luitpoldarena im Norden mit dem geplanten Märzfeld im Süden verbindet, sicherlich nur für Massenaufmärsche gedacht. Bei der Größe der Platten auf die Schrittweite beim militärischen Marsch geachtet, die Oberfläche war aufgeraut, damit auch niemand beim Marsch ausrutscht, und die abwechselnden Farben sollten dabei helfen, nicht von der geraden Linie abzukommen.

    Vom heute komplett überbauten Märzfeld standen bis 1967 noch 11 Türme, die dann gesprengt wurden.

    Realisiert wurden 1,5 km der Großen Straße, die Straße hört ja auf der Höhe des Volksfestplatzes auf, der wiederum 500 Meter lang ist, vermutlich sind das die fehlenden 500 Meter zu den geplanten 2 km Länge.

    Hier gibt es noch historische Fotos: Reichsparteitagsgelände

    Man hat wohl ausgehend von der Luitpoldarena versucht, so etwas wie ein Verbindungselement zu gestalten, das das Gelände quasi zusammenhält. Allerdings ist das meines Erachtens nicht gelungen, z. B. ist die Steintribüne 800 Meter von der Großen Straße entfernt, und es ist auch unverständlich, warum die Kongreßhalle nicht um 180° gedreht wurde, damit der Eingangsbereich zur Großen Straße zeigt.

    Wobei die große Entfernung zur Steintribüne wohl auch darauf zurückzuführen ist, daß sehr große Menschenmassen direkt auf die Mitte der Steintribüne durch eine Lücke in der umgebenden Erdtribüne zumarschieren sollten, über die "Rasenstraße".

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  • Was mir an der Tribüne auffällt, ist diese Gliederung mit Blöcken dazwischen

    Ob diese Blöcke noch eine gewisse technische Funktion erfüllten, weiß nicht nicht, darauf waren dann Hakenkreuzfahnen angebracht.

    Von der Steintribüne selbst ist nur ein Teil erhalten, das große Hakenkreuz in der Mitte wurde schon 1945 gesprengt, die langen Pfeilerhallen wegen schlechten Bauzustands 1967 (sicherlich auch, weil im Inneren noch Hakenkreuze als Mosaik zu sehen waren), die Endbauten wiederum wurden 1976 weitgehend abgetragen, ebenfalls wegen Baufälligkeit.

    Wobei die Sprengung 1967 ein Mißerfolg war, da die Säulen nicht hinter die Tribüne fielen, sondern umkippten und dadurch Schäden verursachten.

    Die Tribüne selbst wurde ursprünglich sehr schnell hochgezogen, sie ist abgesehen von einigen technischen Räumen, Toiletten an den Enden und einem Goldenen Saal unter der Mitte der Tribüne funktionslos (wurde ebenfalls nie genutzt, da 1938 noch nicht fertig) und wies schon 1941 Risse an vielen Verkleidungsplatten auf, die man aus vielen verschiedenen Steinbrüchen bezog, ohne auf Frostfestigkeit zu achten.

    Interessanterweise wurde auch parteiintern eine gewisse Langeweile vieler Veranstaltungen kritisiert und eine teilweise chaotische Organisation. Auch waren die Veranstaltungen unterschiedlich beliebt, was sich auch an den Eintrittskarten bemerktbar machte, z. B. Tag der Wehrmacht für 10 Reichsmark, Tag des Reichsarbeitsdienstes für 3 Reichsmark ...

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  • Hier nun die Tribüne aus der Nähe:

    Besonders dramatisch durch die Wolken, die leider recht schnell zu einem gewittigen Wolkenbruch führen, so daß ich meinen Besuch dann rasch abbrechen mußte - aber ich plane schon, noch die restlichen Areale zu fotografieren, auch wenn sie heute überbaut sind, z. B. mit der Messe oder Wohnungen.

    Hier noch einige weitere Ansichten:

    Vor knapp 20 Jahren war ich übrigens mal beim Autorennen rund um die Tribüne (DTM) und fand es reichlich langweilig, man fuhr immer nur im Kreis herum und es war überhaupt nicht ersichtlich, wer in Führung lag, da aufgrund der kurzen Strecke mehrere Fahrzeuge gleich mehrmals überrundet wurden.

    Auch hier gibt es wieder Schilder zur Dokumentation und Planung:

    Wir nähern uns der Haupttribüne:

    Man stand offensichtlich einfach auf dem Erdwall:

    Blick zum Stadion:

    Auch an der Rednertribüne gibt es Informationsschilder:

    So sah die Tribüne ursprünglich aus:

    Das Herzstück der Tribüne - hier hielt Hitler seine Ansprachen:

    Und ein letzter Blick vor dem Starkregen:

    Auf den 10 Gehminuten zur S-Bahn wurde ich so naß, daß ich zwei Stunden später zuhause immer noch nicht trocken war :smile:

    Dennoch konnte ich alles wichtige zeigen, Fortsetzung mit Fotos des Umfelds wird aber folgen.

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  • Ist halt so ein ausgesprochenes Massenveranstaltungsareal. Wieviele Personen waren bei den Großveranstaltungen denn wo anwesend? - Heutzutage sind Stadien für 30.000, 60.000 Standard, die Loveparade in Berlin in den 2010er Jahren auf dem 17. Juni in Berlin (mit Ausweichmöglichkeit Tiergarten) soll gar 1 Mio Personen angezogen haben. Solche Zusammenballungen und Verkehrsströme unfallfrei zuwegezubringen, setzt einiges an Planung und Ver- und Entsorgung voraus.

  • Damit sind sicherlich die Steinblöcke in den Erdwällen gemeint, in der Mitte dieses Beitrags gezeigt:

    Nürnberg - Reichsparteitagsgelände (Galerie)

    Es handelt sich offensichtlich aber nur um Fahnenpostamente, vielleicht noch mit etwas Technik darin?

    Laut Reichsparteitage der NSDAP dürften maximal 100.000 Menschen gleichzeitig auf die größten Veranstaltungsorte gepaßt haben, im Laufe der Veranstaltungswoche dürften rund 500.000 Menschen die Parteitage besucht haben. Das sollte noch deutlich mehr werden, allein das Deutsche Stadion hätte Platz für 400.000 Menschen geboten.

    Darunter sicherlich auch viele Tagesbesucher, es gab große Zeltlager für SA, SS und HJ und eine Art "Versorgungszug" zur Verköstigung, für den extra Feldbahngleise südlich des Areals verlegt wurden, den "Hilfszug Bayern".

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  • Einen kleinen Nachtrag habe ich noch: 15. Umspannwerk und Arbeiterunterkünfte

    Fotografiert habe ich allerdings nur das Umspannwerk, vielleicht kann ich die Unterkünfte auch noch nachreichen, darin ist heute ein Pflegeheim untergebracht (einige Gebäude wurden aber zerstört).

    Zum Umspannwerk verrät uns obiger Link:

    Zitat

    1936 errichtete Architekt Albert Speer das Gebäude für das Umspannwerk an der Regensburger Straße. Es diente der Stromversorgung des Reichsparteitagsgeländes. Der Energieverbrauch für Beleuchtung und Betrieb war extrem hoch. Das Umspannwerk konnte den Strombedarf einer Großstadt regeln.

    Das Gebäude liegt relativ nah hinter der Steintribüne an der Regensburger Straße in einem Industriegebiet. Allerdings ist es vom Reichsparteitagsgelände durch eine Bahnlinie getrennt, hinter der Straße kommen dann Einrichtungen des 1. FC Nürnberg.

    Diese Seite geht in Richtung Reichsparteitagsgelände, man beachte den passend gestalteten Autoschalter:

    Monumentale Tür, Adler mit Hakenkreuz nur oberflächlich entfernt:

    Zur Straße hin der Außenbereich des Burger King:

    Wahrscheinlich bei Fußballspielen stark nachgefragt, auf dem Parkplatz gibt es auch einen Getränkekiosk.

    Hier der Eingangsbereich von der Straßenseite aus:

    Komplette Fassade:

    Am anderen Ende ist noch ein Fitnessclub untergebracht, die Öffnungen in der Fassade gab es wohl in ähnlicher Form schon vorher:

    Da ich das Thema jetzt doch recht interessant finde, gibt es dann noch einen zweiten Teil mit Gegenüberstellungen Planung/historischer Zustand/heutiger Zustand. Den werde ich dann aber im zugriffsgeschützten Teil veröffentlichen, allein schon wegen etwaiger Bildrechte.

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  • Ich kenne das Buch nicht, aber vom Klappentext her erinnert es mich in der Intention an einige Bücher, mit denen ich in der Studentenzeit in Berührung kam. (Z.B. hier) Der Inhalt ist immer eine negative Haltung zu Repräsentanz und Monumentalität, weil sie ja "Herrschaft legitimiere". Mit diesem Argument könnte man aber auch gegen jeden kirchlichen Großbau oder gegen jedes Barockschloss anschreiben. Und letztlich verschleiert dieser Ansatz ja, dass Herrschaft durch einen Verzicht auf repräsentative traditionelle Staatsarchitektur (die ja auch in neuem Kontext weitergenutzt werden kann) nicht verschwindet, sondern sich nur unsichtbarer macht. Herrschaft wird heute durch die Kontrolle des digital-finanziellen Komplexes ausgeübt. Sie zeigt sich dezentral in den gleichen Firmenlogos, die man weltweit in jeder Stadt als Leuchtreklamen sehen kann. Sie zeigt sich selbstverständlich in der offiziellen Gedenkkultur und deren aktuell gültigen Denk-/Mahnmalen. Und sie zeigt sich auf modernistische Weise, in den immer höheren Wolkenkratzer-Ansammlungen, den vielen Mini-New Yorks, die weltweit vom Kapital errichtet werden.

  • Ich habe es bislang nur kurz überflogen, fand es aber als Doktorarbeit sehr fundiert geschrieben, es geht wohl in erster Linie um extrem monumentale Bauten wie das Haus des Volkes in Bukarest oder eben die Reichsparteitagsbauten.

    Kennengelernt habe ich das Buch durch reinen Zufall, ich schaute kurz mal bei Wir in Bayern vorbei, und da war die Autorin als Bayernlos-Gewinnerin eingeladen ... :smile:

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