Natürlich soll auch das Reichsparteitagsgelände besprochen werden, schließlich trug ja Nürnberg ab 1936 die offizielle Bezeichnung "Stadt der Reichsparteitage", und ab 1933 fand bis 1938 jedes Jahr im September ein einwöchiger Reichsparteitag statt.
Der geplante Reichsparteitag für 1939 trug übrigens die Bezeichnung Reichsparteitag des Friedens ... wurde aber nicht mehr abgehalten. Vor 1933 gab es vier kleinere und kürzere Reichsparteitage, zweimal in Nürnberg, wo man mit dem Luitpoldhain eine größere Fläche nutzen konnte, und je einmal in München und Weimar. Die geringe Zahl erklärt sich nicht zuletzt aus finanziellen und organisatorischen Problemen, die natürlich ab 1933 nicht mehr bestanden.
Das Areal befindet sich im Nürnberger Südosten, in einem Naherholungsgebiet, in dem sich zuvor auch der Nürnberger Zoo befand, der deshalb auch verlegt wurde.
Viele Informationen und Bilder enthält das Buch "Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg" von Alexander Schmidt, ggf. zeige ich darauf einige Fotos, aber nicht im öffentlichen Bereich.
Hier der Gesamtüberblick:
Es fallen die großen Teiche auf sowie ein hufeisenförmiges Gebäude und eine lange, heute als Parkplatz genutzte Straße. Im Süden befindet sich heute das Nürnberger Messegelände, das Areal des früheren Zoos dient als Volksfestplatz.
Hier etwas detaillierter:
Nördlich der Bayernstraße dann der Luitpoldhain, eine von mehreren großen Aufmarschflächen, einen Überblick bietet die Wikipedia
Die übergeordnete Planung erfolgt durch Albert Speer, die Detailplanung und Umsetzung durch den aus Leipzig stammenden Nürnberger Hochbaureferenten Walter Brugmann (der übrigens die Karriere von Heinz Schmeißner förderte, der gemeinsam mit Wilhelm Schlegtental nach dem Krieg den Wettbewerb für den Wiederaufbau Nürnbergs gewann).
Das Areal war zuvor nur sporadisch bebaut, im Norden war 1912 für eine Ausstellung der Luitpoldhain errichtet worden, von den Jugenstilgebäuden blieb nur die Maschinenhalle erhalten, die zur Luitpoldhalle umgebaut wurde. Außerdem wurde während der Weimarer Republik eine Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs gebaut, heute wird das Areal u. a. für das Klassik Open Air genutzt.
Im Dritten Reich wurde die Jugenstilfassade der Luitpoldhalle massiv verblendet, die extrem lange und schmale Halle eignete sich aber kaum als Veranstaltungsort.
Ebenfalls aus der Weimarer Republik stammte das Städtische Stadion, nach mehrmaligen Umbauten noch heute in Betrieb, außerdem gab es unmittelbar südlich der Bayernstraße noch den schon angesprochenen Alten Tiergarten, der 1939 dann an seinen neuen Standort wechselte.
Im Dritten Reich wurde das Areal dann zum Reichsparteitagsgelände umgebaut, wobei aber verblüffend wenig tatsächlich fertiggestellt wurde und die errichteten Bauten offensichtlich in höchster Eile und ohne besonders solide Planung errichtet wurden, so daß z. B. die Steintribüne kaum nutzbare Innenräume besaß und schon kurz nach Errichtung wieder instandgesetzt werden mußte.
Im einzelnen entstanden (Details dann bei den Fotos):
Als Umbauten:
- Luitpoldarena im Norden, eine Aufmarschfläche zwischen Gefallenendenkmal und Rednerkanzel im Westen, die Luitpoldhalle stand etwas abseits und wurde oberflächlich umgestaltet
- Stadion der Hitlerjugend, ein geringfügig umgebautes Städtisches Stadion, viel wurde da nicht investiert, da ja das gigantische Deutsche Stadion geplant war
Als Neubauten fertiggestellt:
- Große Straße als große Nord-Süd-Achse zwischen den beiden Dutzendteichen hindurch, 1,5 km lang und 40 Meter breit, mit zweifarbigen Granitplatten, nie genutzt, da erst 1939 fertig (oder zumindest weitgehend fertig, da 2 km geplant waren)
- Zeppelinfeld als Aufmarschfläche mit der bekannten "Steintribüne", im Eiltempo 1935-37 errichtet, vorher wurden Holzattrappen genutzt, einziges fertiggestelltes Gebäude des gesamten Areals
Im Zusammenhang mit dem Gelände errichtet, aber nicht direkt darauf gelegen:
- Arbeiter-Wohnkomplex, erst 1939 östlich davon fertiggestellt
- SS Unterkunft (Originalbezeichnung, heute meist als "SS-Kaserne" bezeichnet), westlich gelegen, erst 1939 weitgehend fertig und daher auch nie für die Parteitage genutzt
- Transformatorstation an der Regensburger Straße, bemerkenswert monumentales Gebäude, heute u. a. als Burger King genutzt, von der Straße aus sichtbar und daher erwähnenswert ...
Begonnen, aber nicht fertiggestellt:
- Bahnhof Märzfeld im Süden, 1938 in Betrieb genommen, Empfangsgebäude aber nicht fertiggestellt
- Der Namensgeber, das Märzfeld, ebenfalls im Süden des Geländes, 1938 begonnen, nicht fertiggestellt, heute überbaut mit Wohnungen
- Deutsches Stadion, als größtes Stadion der Welt für 400.000 Besucher geplant, Aushub der Baugrube 1937 begonnen, lief danach mit Grundwasser voll, heute der "Silbersee", südlich davon wurden nach dem Krieg Schuttreste der zerstörten Stadt, aber auch giftige Chemikalien, zum "Silberbuck" aufgeschüttet, entsprechend ist der Silbersee heute toxisch verunreinigt
- Kongreßhalle im Norden, nach Vorbild des Kolosseums in Rom, nach Prora das zweitgrößte NS-Bauprojekt, nur teilweise errichtet (39 statt 70 Meter Höhe) und innen leere Fläche bzw. nach Zwischennutzungen als Parkplatz heute weitgehend leer
Geplant:
- Haus der Kultur, neben der Kongreßhalle, heute eine freie Fläche bzw. Volksfestplatz
Alles in allem wurde also überraschend wenig realisiert, was auch auf die gigantischen geplanten Gebäude zurückzuführen ist, im wesentlichen war es eine Freiluft-Aufmarschfläche. Das Areal mit den Teichen und Wäldchen eignete sich wohl auch nicht besonders für den geplanten Zweck und wird nur durch die Große Straße etwas zusammengehalten, das Luitpoldareal im Norden wirkt wie ein Fremdkörper.
Selbst bei einer Fertigstellung wäre der Gesamteindruck wohl nicht so überzeugend gewesen, angesichts der recht asymmetrischen Gestaltung und den stark unterschiedlichen Gebäudemassen, selbst die Kongreßhalle hätte gegenüber dem Stadion klein gewirkt ...
Besucht habe ich das Areal Anfang Juni an einem sehr gewittrigen Tag, ich wurde zum Ende auch noch ordentlich naß und muß daher auch noch einige Fotos nachliefern. Die wichtigen Gebäude und Areale konnte ich aber alle aufnehmen - im nächsten Beitrag beginnen dann die Fotos.