Vor einiger Zeit besuchte ich den königlichen Palast von Caserta. Trotz der rekordverdächtigen Größe von 247m x 184m (das Berliner Schloss ist in seiner Längsseite auch ungefähr 184 m lang, in der Höhe sind sie ungefähr vergleichbar) ist der Palast eher unbekannt. Man kann durchaus gestalterische Elemente erkennen, die schon 50 Jahre vorher im Berliner Schloss Verwendung fanden und noch früher in Rom natürlich.
Den Auftrag gab 1751 König Karl VII. von Neapel und Sizilien, den Grundstein legte seine Gattin, Maria Amalia von Sachsen.
Architekt war Luigi Vanvitelli, ein niederländischstämmiger Italiener.
Eine Idealansicht der Gartenseite, mit einer fiktiven Stadt im Hintergrund:
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Hier ein Grundriss des Erdgeschosses:
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Quelle: Dichiarazione dei disegni del Reale Palazzo di Caserta
Während man anderswo sich schon längst neuen Moden zugewandt hat, ist man hier im Außenbau und im Treppenhaus noch sehr dem klassischen (römischen) Barock verhaftet, wohingegen einige Räume dem Rokkoko zugewandt, viele Räume aber erst 30/40 Jahre später fertiggestellt wurden und schon den deutlich geänderten Stilgeschmack zum Ausdruck bringen.
Ursprünglich sollte ja in Caserta ein neue große Stadt rund um das Schloss entstehen, da man den Moloch Neapel nicht als angemessenen Regierungssitz hielt. Und so hat der Palast auch ein sehr städtisches Aussehen und weniger das eines Landschlosses. Wie so oft wurde nichts aus den Plänen, König Karl wurde König von Spanien und das Schloss versank alsbald in einen tiefen Schlaf. Es gab also keinen dort ansässigen Hofstaat mehr und somit konnte sich auch keine städtische Infrastruktur um das Gebäude entwickeln. Caserta blieb lange Zeit eine Kleinstadt, erst in den letzten Jahrzehnten wuchert um Schloss und Park immer mehr ein hässlicher Siedlungsbrei der das Schloss und vor allem den Park bedrängt. Leider wirkt das riesige Gemäuer etwas verloren auf weiter Flur. Es fehlt der urbane Kontext.
Die Fassaden wurden wohl vor nicht all zu langer Zeit saniert, wobei man zur Zeit meiner Besichtigung noch nicht ganz fertig war, da sich noch die ein oder andere Hoffassade im Vorzustand präsentierte.
Wir betreten die Anlage von der "Stadtseite" aus. Der Bahnhof ist direkt gegenüber.
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Ursprünglich waren wohl auch noch pavillion-artige Aufbauten auf den Risaliten geplant:
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Die Vegetation drum herum gleicht im Hochsommer eher einer Steppe und scheint generell nicht im gepflegtesten Zustand zu sein, was uns nicht weiter verwundern soll.
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Das Hauptportal:
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Das wären auch für eine Großstadt noch angemessene Dimensionen:
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der linke Risalit
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Die Fassade aus der Nähe:
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morgen gehts dann weiter und wir wagen einen Blick ins innere...