Ein paar Eindrücke von der CMT 2019 in Stuttgart

  • Im Folgenden in aller gebotenen Kürze einige Eindrücke von der CMT in Stuttgart, der Touristik- und Caravan-Messe, wobei es natürlich nur um die Caravans (=Wohnwagen) gehen soll.

    Zwar gehört dies nicht unbedingt zu den zentralen Inhalten unseres Forums, aber letztlich ist mobiles Wohnen ein recht interessantes Thema, das - natürlich durch geltende deutsche Vorschriften und Gesetze gehemmt - langsam auch bei uns an Bedeutung gewinnt:

    Stichwort Dauercamping (wobei auch eingeschränkt mobile Wohnformen wie Mobilheime oder Tiny Houses immer beliebter werden - vielleicht in Ballungsräumen wie Stuttgart fast die einzige Möglichkeit, zumindest provisorisch noch ausreichend bezahlbaren Wohnraum für die gewünschten flexiblen Arbeitskräfte bereitzustellen).

    Daß Wohnwagen heute durchaus auch als Wohnungsersatz konzipiert werden, zeigt gleich dieser Weinsberg (gehört zu Knaus-Tabbert) mit fast 10 Metern Länge, wintertauglicher Isolierung und Fußbodenheizung (für knapp über 30.000 Euro):

    Im Folgenden möchte ich mich auf zwei Marken konzentrieren, nämlich auf Fendt (Nähe Donauwörth) und auf Kabe (aus Schweden), und zum Schluß noch kurz eine technische Innovation vorstellen, nämlich die ultraleichte FibreFrame-Bauweise von Knaus.

    sou perfeito porque / igualzinho a você / eu não presto

  • Beginnen wir also mit Fendt aus der Nähe von Donauwörth - ursprünglich als Lely-Dechentreiter auf dem Markt, nach dem Konkurs 1970 vom Fendt Traktorenwerk übernommen und nach deren Verkauf wiederum 1998 an Hobby in Schleswig-Holstein weiterverkauft, übrigens den einzigen verbliebenen Hersteller in deutschem Besitz.

    Die Geschäfte scheinen momentan sehr gut zu laufen, Fendt hat erst gerade eben eine dritte Produktionshalle in Mertingen eröffnet.

    Die Caravan-Ausstellung in Düsseldorf soll noch größer sein, ich finde aber die CMT auch gigantisch groß. Hier der Stand von Fendt:

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    Die Designsprache von Fendt ist einzigartig, die Flächen werden durch Leisten strukturiert:

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    Interaktive Informationstafeln an allen Wohnwagen:

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    Eindrücke aus dem Innenraum:

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    Die meisten Zulieferteile stammen inzwischen von Quasi-Monopolisten - Dometic-Kühlschränke, Thetford-Toiletten, Truma-Warmwasserthermen und -Heizungen sowie Alde-Fußbodenheizungen, AL-KO Fahrgestelle usw. lassen kaum Platz für Differenzierung (außer natürlich durch Auswahl hochwertigerer Produkte aus den jeweiligen Sortimenten).

    Auch der Aufbau ist fast immer derselbe - dazu später mehr.

    Dennoch gefiel mir Fendt in Sachen Qualität und "Wohlfühlfaktor" am besten:

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    Richtig solide Türen, alles sauber eingepaßt, vernünftige Türgriffe und praktische Verriegelungsknöpfe an den Schränken.

    Mit den neuen Grundrissen greift Fendt auch einige Trends auf, die sich in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt haben: Frontküche mit großzügiger Scheibe, Grundrisse für Singles oder Paare ohne Kinder sowie - endlich - Heckbäder über die volle Wohnwagenbreite mit richtiger Duschkabine:

    Hier ein Bianco als Beispiel, ein einzelnes breites Bett, dahinter das Heckbad:

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    Und darin eine richtige Dusche mit eigener Kabine integriert (und keine Notlösung mit wegklappbarem Waschbecken in der Toilette):

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    Zum Duschen gibt es entsprechend die Möglichkeit, eine externe Wasserversorgung anzuschließen oder einen größeren eigenen Tank zu wählen - mehr als 10 Liter heißes Wasser schafft die Therme aber nicht. Für das Stehen ohne Infrastruktur für ein oder zwei Tage sollte es aber reichen, insbesondere mit einem "Autark-Paket" mit eigener großer Batterie für die Bordstromversorgung (gekocht wird sowieso mit Gas, der Kühlschrank kann optional auch mit Gas betrieben werden).

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  • Von hier aus ging es vorbei an Adria, einem slowenischen Hersteller, der inzwischen von der französischen Trigano-Gruppe aufgekauft wurde - leider waren hier vor allem Wohnmobile ausgestellt und bei den Wohnwagen weder die wintertauglichen Alpina-Modelle noch die absoluten Einsteiger wie der 400 PS.

    Daher nur ganz kurz:

    Generell gelten die Aufbauten als haltbar und solide, speziell die Innenausstattung wirkte aber schon sehr einfach, auch die Polster waren viel zu weich. Hier die Vorderseite mit dem Gaskasten:

    Daher geht es gleich weiter zu Kabe, dem schwedischen Luxushersteller (siehe Wohnwagen - Kabe), bei dem man locker das Doppelte wie bei der Konkurrenz zahlt. Dafür gibt es wohl einen besonders gut isolierten und robusten Aufbau, eine gut integrierte Fußbodenheizung, kältegeschützt verlegte Wasserleitungen und gut hinterlüftete Aufbauten mit atmungsaktiver Beschichtung.

    Neben Polar, die sich nach einem Konkurs wieder auf Sparflamme auf dem Markt halten, übrigens der einzige verbliebene Hersteller aus Skandinavien. Auch die Niederlande haben nur noch Kip zu bieten (war meines Wissens nicht vertreten).

    Hier der Kabe-Stand:

    Bestenfalls die Classic wären ausstattungsbereinigt noch halbwegs erschwinglich, hier die Luxusklasse in Form des Royal:

    Die klassischen und irgendwie kultigen hochgezogenen Polster:

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  • Die Innenraumgestaltung wirkt durchaus hochwertig und angenehm:

    Es kommt auch eine Art von Cocooning-Effekt auf:

    Die Detaillösungen überzeugen aber nicht unbedingt, Dusche und Toilette gibts z. B. bei Fendt durchaus hochwertiger:

    Auch die Materialoberflächen wirken nicht so hochqualitativ, wie ich das bei diesen Preisen erwartet hatte. Ziemlich enttäuschend die Tür- und Schrankschnapper, ein Original-Kabe-Teil, aber aus billigstem Kunststoff:

    Die Türen lassen sich entsprechend auch nicht besonders gut schließen - so bleibt ein gemischtes Fazit.

    Zum Abschluß noch ein kurzer Abstecher zu Knaus Tabbert aus der Nähe von Passau, einem Zusammenschluß der beiden ehemals unabhängigen Anbieter, wobei Tabbert die Rolle der Luxusmarke zukommt, deren Wohnwagen durchaus sechsstellige Beträge kosten können.

    Nach diversen Konkursen gehört das Unternehmen heute einer Investmentgesellschaft aus den Niederlanden, da sich Hymer ja vor kurzem gewissermaßen selbst an die US-Gruppe Thor Industries verkauft hat, bleibt somit Hobby/Fendt als einziger deutscher Hersteller übrig - alle anderen deutschen Marken von Bürstner bis LMC und Dethleffs gehören ja zu Hymer (wobei sich der Einstieg der Amerikaner schon negativ auswirkt, angeblich soll die besonders hochwertige holzfreie PUAL-Bauweise gestrichen werden).

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  • Nun noch ein paar Worte zu den beiden neuen Knaus-Modellen Travellino und Deseo. Die restlichen Modelle des Herstellers finde ich nicht so bemerkenswert, die übliche Technologie und eine eher durchschnittliche Verarbeitung.

    Auch die als Oberklasse positionierten Tabbert-Modelle verwendeten dann im Detail dieselben Standardlösungen inkl. schief eingepasster Türen und teilweise recht einfacher Materialien.

    Interessanter indes die neue Bauweise bei den genannten Modellen - Stichwort FibreFrame. Die anderen Caravans auf dem Markt weisen nach wie vor denselben Aufbau wie vor Jahrzehnten auf:

    Eine Art von Holzfachwerk mit Dämmmaterial dazwischen, an der Oberfläche eine ziemlich dünne Deckschicht (wie Hammerschlag-Aluminium), die Festigkeit entsteht erst durch die fest verschraubten Möbel - entsprechend ist die Auswahl an Grundrissen begrenzt. Außerdem ist es natürlich ungünstig, wenn durch Undichtigkeiten oder Wärmebrücken Feuchtigkeit in die Konstruktion gelangt, sich das Dämmmaterial vollsaugt und das Holz durch die Feuchtigkeit an Festigkeit verliert oder alles zu schimmeln beginnt.

    Bei FibreFrame gibt es einen hochfesten verklebten Rahmen, der für die gesamte Formstabilität sorgt, an den Seiten ist aber nach wie vor die alte Fachwerkkonstruktion vorhanden.

    Der Vorteil: Der Innenraum kann auch nachträglich umgestaltet werden, die Konstruktion wird deutlich leichter.

    Dies ermöglicht auch neue Bauformen wie einen kombinierten Wohn-/Lastanhänger wie den Deseo:

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    So kann der Wagen über die Heckklappe beladen werden, auch eine Nutzung im Sommer mit offener Klappe (Vorzelt) ist möglich.

    Zweites Beispiel der Travelino:

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    Innen bestehen die Schränke ("Revolution Cubes") aus geformtem Schaum:

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    Auch hier hat mich die Verarbeitung nicht wirklich überzeugt, die Klappen waren schwer zu öffnen und der Mechanismus bestand aus einem Kunststoffrohr, das nicht mal richtig angebracht war.

    Mehr zum Travelino gibt es hier:

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    Auch hier fällt das Fazit eher durchwachsen aus - aber eine zukunftsträchtige Technologie ist es allemal.

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