München - Die Maxburg (Galerie)

  • Einer der wohl - aus meiner Sicht - schmerzlichsten Verluste in München:

    Die Herzog-Max-Burg oder auch "Wilhelminische Veste" (gelb umrahmt, rechts daneben das bereits in einigen Beiträgen angesprochene ehem. Karmelitenkloster, links St. Michael und Wilhelminum/Jesuitenkolleg/Alte Akademie, links unten die ehem. Augustinerkirche:

    [B1]

    Ab den 1590er Jahren von Wilhelm V. erbaut, bildete die Residenz zusammen mit dem Jesuitenkolleg das politisch-religiöse Zentrum des Herzogtum Bayerns und ein Zentrum der Gegenreformation und war nicht unähnlich dem Escorial Philips II. von einem Staatskirchentum geprägt, dass eine enge Verbindung zwischen dem bayerischen Herrscher, den Jesuiten und der römischen Kurie prägte.

    Tatsächlich nur kurz als vollwertige Residenz, diente der prächtige Bau über die Jahrhunderte bis in das 19. Jahrhunderts als Wohnsitz für nachgeborene Angehörigen des Hauses Wittelsbach und auch für das Militär. Auch verlagerte man dorthin Teile der Staatsverwaltung , und ab der Mitte des 19. Jhd. diente der gesamte Komplex Ministerien als Sitz.

    Erwin Schleich schreibt in seinem Buch Die zweite Zerstörung Münchens: "Ein echtes Renaissanceschloss entstand, das mit seinen gelbschwarzen Fassaden den Zauber Italiens nach München brachte. [...]wurde die Maxburg Stück um Stück abgeräumt, die Fassaden an der Pacellistraße 1951, also erst sechs Jahre nach Kriegsende. [...]Die Herzog Max-Burg, durchaus vergleichbar mit den Ufficien in Florenz[...]"

    zuerst ein Stich des Komplexes "Die von Ihro Hochfürstl: Durchleücht Herzog Wilhelm erbaute Residenz, alswo der Zeit Ihro Hochfürstliche Durch=
    leücht Herzog Maximilian Philipp residieren."
    aus der Historico-topographica descriptio Bavariae (1701/1726), gut zu erkennen der Turm, der auch heute noch steht; und ganz rechts der sogenannte "Wilhelmsbogen" der die Verbindung zum kurz vorher errichteten Jesuitenkolleg und der Michaelskirche war:

    [B2]

    ein weiterer Stich aus dem 19. Jhd., noch ohne die Erweiterung, aber die Stadtbefestigung ist geschleift (die Stadtmauer lag quasi direkt vor dem Tor):

    [B3]

    hier ein sehr altes Bild (ca. 1860) aus der Sammlung Karl Valentins:

    [B4]

    ab 1866 errichtete man eine umfassende Erweiterung (der Bereich rechts neben dem Turm):

    [B5]


    [B6]
    Erweiterung hieß im 19. Jahrhundert tatsächlich noch (kongenial) Erweitern im Wortsinn und nicht das alte Gebäude mit einem Bruch zu degradieren.

    der Wilhelmsbogen in der Maxburgstraße:

    [B7]

    nach dem Krieg:

    [B8]


    [B8b]


    [B9]


    Was danach kam, war Sep Rufs "Neue Maxburg", schon seit einiger Zeit unter Denkmalschutz und aus der so manch ein Architekturkritiker trotz oder gerade wegen ihrer Scheußlichkeit eine Ikone, ein Heiligtum der Nachkriegsmoderne machen.
    Generell ist die Literatur zu diesem Palast dürftig. Im Internet findet man relativ wenige Infos/Bilder. Bücher sind auch sehr rar gesäht. Wie viel Renaissance war noch übrig? Gab es noch prächtige Renaissancesäle? Wie sah die Ausstattung aus? Wie die Hofkapelle? Die Residenz genoss auch vor dem Krieg keine große Aufmerksamkeit. In allen Vorkriegsführern die ich habe, wird die Herzog-Max-Burg mit zwei, drei Sätzen abgehandelt, was auch wohl daran liegt, dass man den Wert (noch) nicht kannte und eher den im 19. Jhd stark erweiterten Ministerialsitz sah als ein Renaissance-Palast von europäischem Rang. Das wäre mal eine schöne Dissertationsarbeit für nen Kunstgeschichtestudenten. cool:)
    weitere Infos:
    http://www.stmf.bayern.de/ueber_uns/auss…ult.asp?seite=1 (unten weiterblättern)
    http://www.stmf.bayern.de/ueber_uns/auss…xburg/flyer.pdf
    http://de.wikipedia.org/wiki/Maxburg_%28M%C3%BCnchen%29
    http://alleburgen.de/dispF.php?i=19&t=by&id=512
    http://www.moesslang.net/maxburgkaserne_muenchen.htm
    Sehr interessante Seite zur Kunst und Architektur unter Wilhelm V. und Maximilian I.: http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2000/040…ik/Interpre.htm

    Ach ja die passende Musik sich mit so einem Bau zu beschäftigen: :wink:

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    Bildquellen:
    Bildindex.de
    de.wikipedia.org
    "Der Stadtfotograf. Georg Pettendorfers Ansichten von München 1895 - 1935", München 1989
    "Die zweite Zerstörung Münchens", Stuttgart 1981

  • Das glaube ich auch nicht, auf dem zweiten Bild erkennt man, wenn man genau hinschaut, dass noch die ganze Fassade zur Pacellistraße hin steht, was sich auch mit Schleichs Kommentar in seinem Buch deckt, das quasi noch sämtliche Aussenfassaden und darüberhinaus einiges mehr noch vorhanden war und erst später immer mehr abgeräumt wurde...

  • links die Herzog-Max-Burg, in der Bildmitte die von den Nazis abgebrochene Synagoge:

    [B10] Aufnahme vor 1893 (dem Jahr der Grundsteinlegung des Künstlerhauses)


    [B11]

    noch einige weiter Bilder vom Bildindex:


    [B12] angeblich um 1920?

    Ruinenfotos alle angeblich um 1946:

    [B13]


    [B14]


    [B15]


    [B16]


    [B17]


    [B18]

    1956:

    [B19]

    Es lässt sich auch erkennen, dass wohl ausgerechnet der Flügel der für die "Neue Maxburg" platt gemacht wurde, bis aufs Dach am besten erhalten war [sic!]. Siehe B8b und B13.

  • In diesem Youtube-Video sieht man ab 26:45 kurz einen Teil der Maxburg aus erhöhter Position aus südöstlicher Richtung (von der Frauenkirche aus?) und ab 27:35 die Maxburgstraße mit dem Wilhelmsbogen. Die Aufnahmen sind kurz nach Kriegsende gemacht worden und zeigen größere Teile von München. Ein sehr interessantes Dokument!

  • @erbse: nein, soweit ich weiß nicht. Das Gebäude hatte keine Lobby wie die Residenz mit den "Freunden der Residenz München", die sich sehr engagiert für einen Wiederaufbau der Münchner Residenz eingesetzt haben. Wobei das womöglich tatsächlich daran lag, dass ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil aus dem 19 Jhd stammen dürfte. Und Häuser des 19. Jhd genossen keinen guten Ruf in der Nachkriegszeit. Sie wurden als künstlerisch minderwertig eingestuft.
    Ich habe in einem Kunstführer von 1906 zwei Bilder entdeckt:

    zum einen eine Repro eines "Merianische[n] Stadtplans von 1644." (der deutliche Unterschiede zu dem ca 70 Jahre später erschienen Stich [B2] aufzeigt)
    hier ein kleiner Ausschnitt:

    [B20]

    gelb der bekannte, heute noch stehende Turm,
    grün die Wilhelminische Veste/Herzog-Max-Burg (links davon die Stadtbefestigung)
    rot der Wilhelmsbogen über der Maxburgstraße zum Jesuitenkolleg und
    blau St. Michael
    türkiser Kringel 1 Portal
    türkiser Kringel 2 besonderer Dachabschluss

    Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass der auf dem folgenden Fotoausschnitt violett markierter Bereich später, wohl ganz überwiegend wenn nicht sogar gänzlich im 19 Jhd errichtet worden ist, der Flügel aber, der vom Turm Richtung Süden ausgegangen ist, abgerissen worden ist.Dieser Abriss erfolgte wohl schon im ersten Viertel des 18.Jhd, da auf dem Stich der Historico-topographica descriptio Bavariae [B2] bereits nicht mehr eingezeichnet ist, wohl aber ein neuerbauter Trakt westlich davon (orange).


    [B21]

    An der Pacellistraße wurde nicht sofort mit dem neuen Flügel (rechts des Turms) auch ein weiteres Geschoss aufgesetzt wie ich erst vermutet hab, so dass er die selbe Höhe gehabt hätte wie der Flügel zum Lenbachplatz hin, nein wie man an diesem Foto erkennen kann gab es einen "Zwischenschritt" , nämlich den Anbau des Flügels rechts des Turms mit derselben Höhe wie des ursprünglichen Renaissance-Trakts links des Turms (und der wohl mindestens noch 1906 so war als, das Buch mit diesem Bild erschien) (vgl B5/B6):


    [B22]

    Dass die neue Maxburg irgendwann fällt, halte ich für fast ausgeschlossen, da sie als der Inbegriff der Nachkriegsmoderne in Deutschland von nationalen und internationalen "Architekturexperten" gilt. Was aber in ferner Zukunft einmal möglich sein könnte, diese vergammelten Gebäude drumherum abreißt und wieder eine intakte Blockrandbebauung nach dem Vorbild der ursprünglichen Architektur erstellt. In einer zugegeben etwas stümperhaft erstellten Grafik unter Zuhilfenahme von Google-Maps(https://www.google.de/maps/@48.14006…m/data=!3m1!1e3) möchte ich das veranschaulichen:
    die schwarzen Bereiche sind die (Fassaden)Rekonstruktionen, der orange Bereich ist die Neue Maxburg, die stehen bleibt und gelb wieder der Turm, rot die Karmelitenkirche:


    [B23]

    Bilder:
    bildindex.de
    Berühmte Kunststätten Nr. 35 München, Bern 1906

  • Noch zur Ergänzung zwei alte Aufnahmen aus der Valentin-Sammlung auf Wikipedia:


    [B24]
    um 1860 (über dem Haus am linken Bildrand sieht man den Turm, rechts daneben die Fassade zur heutigen Pacellistraße Ecke Lenbachplatz, wohl noch mit Festungsgraben)


    [B25]
    ohne Datierung


    [B26]
    um 1888, allerdings halte ich das für zu spät datiert, ist wohl eher auch aus den 1860er/70er Jahren (Fassade am linken Bildrand zum Lenbachplatz hin)


    Bilder der Neuen Maxburg finden sich hier:
    http://www.sep-ruf.com/40607.html

    Zitat

    Heute ist die Maxburg als Schmuckstück in München vollständig angenommen, die Läden werden gerne besucht und der Innenhof ist den Münchnern im Sommer ein beliebter kühler Ort um am Mosesbrunnen die Cafés zu besuchen. Die Generationen von Architekturstudenten, die um und durch das Gebäude, die Eingangshalle und die geschwungene Treppe geführt werden, sind mittlerweile zahllos. Sie betrachten eines der schönsten Bauten in Deutschland.

    Das war vielleicht vor 40 Jahren noch so...
    :augenrollen:

    @Moderator: ich weiß nicht, ob es sich lohnt, vielleicht kann man mit den Beiträgen zur Maxburg schon einen eigenen Strang begründen und diese dorthin verschieben; dann würde ich hier der Vollständigkeit halber nur einen kurzen Beitrag mit drei/vier Bildern zum Vergleich posten...

    Bilder:
    commons.wikipedia.org

  • Die Geschmäcker sind verschieden. Das Klinikum in Aachen schätze ich sehr als ein Hauptwerk des industriellen Brutalismus (oder wie immer man den Stil bezeichnen will) und es ist ein wirklich innovativer Bau, der z. B. dem Centre Pompidou oder dem Lloyd’s-Gebäude in London etliche Jahre vorausgeht. Mit der Neuen Maxburg hingegen kann ich mich nicht anfreunden. Das Innere, insbesondere das Atrium, ist gut gelungen, doch die Fassade empfinde ich als öde und die vielgelobte "Leichtigkeit" sehe ich einfach nicht. Es gibt auch einen wichtigen Unterschied zwischem dem Klinikum Aachen und der Neuen Maxburg: Das Klinikum wurde auf der grünen Wiese am Stadtrand erbaut, die Neue Maxburg steht provozierend in einem historischen Umfeld und an Stelle eines bedeutenden Baus, den man nach dem Krieg hätte wiederaufbauen müssen. Eines will ich Ruf zugute halten: "Sep Ruf erhielt den Auftrag zusammen mit dem Architekten Theo Papst. Jeder hatte getrennt voneinander Pläne abgegeben. Für sie war es von größter Wichtigkeit gewesen, den Renaissance-Turm vollständig einzubinden. In der Ausschreibung durfte auch ohne Turm geplant werden." (Quelle). Wenn das stimmt, hat er immerhin den Turm gerettet.

    Vielen Dank auch an thommystyle™ für diesen gehaltvollen Thread!

  • Wenn das stimmt, hat er immerhin den Turm gerettet.


    Das muss man ihm in der Tat sehr zugute halten. Gleichwohl habe ich schon als Kind Probleme gehabt, den Turm als historisch wiederzuerkennen.

    Na ja, die Maxburg ist schon irgendwie Ausdruck des Lebensgefühls jener Jahre. Auch ich mag das München der 60er-Jahre. Dennoch ist der Neubau der Maxburg, so bemerkenswert er sein mag, an dieser Stelle fehlplaziert. Da gehört halt einfach was Gescheites hin. Die Architektur der 60er-Jahre hat außerhalb der Altstadt noch genügend Platz.

  • Nun generell bin ich Bauten der 50er Jahre von allen Nachkriegsbauten der Moderne am wenigsten abgeneigt und sie haben durchaus gewisse gestalterische Qualitäten. Allerdings kann ich diese Lobhudelei, die ich weiter oben ins Zitat gesetzt habe, nicht nachvollziehen - oder maximal insofern als die Seite wohl von Nachkommen des Architekten erstellt worden ist und daher eher persönlichen Motiven denn einer kritischen Beurteilung entsprang (wobei wohl viele Architekten genauso denken). Hier fehlt ein kritisches Hinterfragen des Ist-Zustandes. Die Aufenthaltsqualität auf dem Areal ist - meiner Ansicht nach - gleich null. Das Gelände ist "zugig" und zerfranst und wirkt - wie so oft bei solcher Bebauung - leicht "angegammelt".

    Tübinger: mir erging es vor Jahren genauso; der Turm weckte mein Interesse, aber als ein 400 Jahre altes Bauwerk ist er auf den ersten Blick nicht zu identifizieren, zu "glatt" und verloren präsentiert er sich heute.

    @Pfälzer Bub: wenn du vom überkommenen Zustand im 19. Jhd [B3]/[B4]/[B24]/[B25] ausgehst, dann muss ich dir rechtgeben. Hier erkennt man nicht einmal richtig, dass es sich um ein zusammenhängendes Gebäude handelt. Andererseits muss man aber auch sagen, dass es eben oft die nicht-perfekten Gebäude, denen man ein wenig ihrer Geschichte ansehen kann, oft die für das Stadtbild bedeutenden sind und (im Ensemble) das Pittoreske erzeugen (siehe italienische Städte).
    Wenn man aber den Zustand direkt vor der Zerstörung vor Augen hat, so kann ich deine Meinung nicht teilen. Die drei Schauseiten bildeten ein monumentales und einheitliches Ensemble, dass dem jeweilgen Platz davor einen Teil seiner Fassung gab, da ist der Residenzkomplex weit verbauter. Dass ein Teil der Fassaden aus dem 19. Jhd/ Anfang 20. Jhd stammt ist für mich kein Problem, da man die Gestaltung und Gliederung von der originalen Renaissance-Fassade übernommen hat. Man baute quasi im Sinne der Renaissance diesen Palast weiter. Dinge die man sich heute als selbsterverständlich wünschen würde. Kunsthistorisch hat dieser Teil tatsächlich wohl nicht den selben Wert wir der Originalteil, da es sich nicht um ein Repräsentations- sondern um ein Kasernen- und Verwaltungsbau handelte, städtebaulich würde ich ihn aber sogar noch wertvoller einstufen, da er diesem Konglomerat auch in sich eine Fassung gab.

    Aber abgesehen von Geschmacksfragen ist es echt spannend sich mit so einem Gebäude zu beschäftigen und obwohl es einmal - wenn auch kurz - ein bedeutender Herrschersitz war und eine Dominante im Stadtbild, existiert online aber auch "offline" so gut wie nichts an zusammengetragenen Informationen.

  • Im 19. Jh. ist die Herzog-Max-Burg durch die Schleifung der Wallanlagen und die Verfüllung des Grabens zunehmend in den Fokus geraten. Ursprünglich seit der Erbauung am äußersten Rande der Stadt, stand sie nun mitten drin, an einem verkehrsreichen Platz. Da sie in ihrem Zustand aber kein gutes Bild abgab [siehe B4], gab es offenbar schon früh Bestrebungen, sie in ihrem äußeren Erscheinungsbild "aufzuwerten".

    Eduard Riedels Entwurf von 1832 (lange bevor der Graben tatsächlich verfüllt worden ist) hätte die Fassade von einem Renaissancepalast in einen "mittelalterlichen" Palast verwandelt und mit dem neugotischen Dekor den Charakter total verändert:

    [B27]

    Ludwig Lange brachte 1864 (wohl in Zusammenhang mit seinem Entwurf für ein Volkstheater) diesen (sehr reizvollen) Entwurf, der den Renaissance-Charakter belässt und ihn sehr stilsicher ergänzt um neue Baukörper:

    [B28]


    [B29]
    Interessant ist an diesem Entwurf auch die Farbgebung der Fassade. Ich denk man kann hier -zumindest annähernd - die ursprüngliche und bis zum Krieg bestehende Farbgebung sehen. Erwin Schleich beschreibt den Palast ja als "Renaissanceschloss [...], das mit seinen gelbschwarzen Fassaden den Zauber Italiens nach München brachte."*


    Theodor Fischer hatte 1929 wiederum eine ganz andere Idee: mit dem Einbau einer Ladenpassage ("Maxburgpassage"), die sich von der Pacellistraße (oder damals "Pfandhaus-Straße") durch die Herzog-Max-Burg mit Unterbrechung durch die Maxburgstraße, von dem Turm (wohl als Eingang) an der Nordwestecke des ehem. Jesuiten-Komplexes weiter durch die Alte Akademie bis vor zur Neuhauser Str. [sic!] "gegraben" [B31] hätte, eine durchaus originelle Idee:

    [B30]


    [B31]

    Umgesetzt wurde freilich keiner der Entwürfe/Planungen. Einzig der Entwurf von L. Lange wäre geeignet, als Grundlage für die tatsächlichen Umgestaltungen in der 2. Hälfte des 19. Jh. zu dienen. Von daher wäre es interessant herauszufinden, wer denn tatsächlich den/die Aufträge bekam bzw. welche Rolle der Lange'sche Entwurf dabei spielte.
    In wie weit diese drei Entwürfe im Zusammenhang mit einem Wettbewerb/bestimmten Ereignis/konkreten Planungen (Nutzung als Nebenresidenz der Wittelsbacher, Einzug eines Ministeriums, Nutzung als Kaserne etc, oder eben später als Einkaufspassage) standen oder ob es nur zu Papier gebrachte, freie Gedanken sind vermag ich nicht zu sagen.

    *E. Schleich (1981, 2. Aufl.) "Die zweite Zerstörung Münchens"

    Bildquelle:
    Die Bestände des Architekturmuseums der TUM
    https://mediatum.ub.tum.de/?cfold=647610
    CC-BY-ND

  • Habe mich jetzt auch mal etwas intensiver mit der Herzog-Max-Burg beschäftigt. Ein Beitrag zu dieser gewaltigen Schlossanlage findet sich in dem Altstadtviertelbuch Bürger schreiben für Bürger - Das Kreuzviertel.
    Insbesondere dazu, inwieweit Teile der Schlossanlage vor 1945 noch in die Renaissancezeit zurückgingen bzw. speziell wie viel im Inneren noch von der prächtigen Innenausstattung übrig war, zur Hofkapelle oder zum Turm findet man dort aber auch wenig bis nichts, die Bebilderung ist darüber hinaus dürftig. Der Artikel bietet aber trotzdem doch einiges Interessantes. So wird u.a. erwähnt, dass der wilhelminischen Feste 54 Bürgerhäuser zum Opfer fielen, die Gartenanlagen zur Zeit Herzog Albrechts VI. besondere Bewunderung bei manch einem Besucher hervorriefen (diese "Hängenden Gärten" waren aber offenbar bereits 1663 wieder Geschichte) und 1762 Teile der Anlage abgebrannt sind. Das Feuer vernichtete Stallungen und Wirtschaftsgebäude zur Stadtmauer hin, ein Übergreifen auf das Schloss konnte aber offenbar verhindert werden. 1820 wurde das Ballhaus nördlich der jetzigen Pacellistraße, mit dem die Herzog-Max-Burg verbunden war, abgebrochen (im Hintergrund des Kupferstiches von Wening erkennbar). Zur Hofkapelle steht, dass diese angeblich 1867 aufgelassen wurde, "weil die im Hof stattfindenden Exerzierübungen einen ungestörten Gottesdienst unmöglich machten" (seinerzeit wurde der Nordflügel zur Pacellistraße hin als Sitz der Militärakademie und der Kriegsschule genutzt).

    Mich würde auch mal besonders interessieren, ob speziell im Südflügel noch historische Räume vorhanden waren. Zum prächtig ausgestatteten ehem. Jesuitenkolleg oder dem Palais Piosasque de Non z.B. gibt es doch auch Bilder, wieso findet man zur Herzog-Max-Burg gar nichts?

    Der sinnlose Verlust dieser bedeutenden Schlossanlage ist eigentlich unbegreiflich, aber bezeichnend (nicht nur) für München. Besonders gut wird der barbarische Umgang Münchens mit seinen vielen aus dem Stadtbild inzwischen verschwundenen und hochbedeutenden Baudenkmälern im überaus empfehlenswerten Buch Erwin Schleich - Die zweite Zerstörung Münchens dargestellt. Einfach unfassbar...

    Das was jetzt dort herumsteht Maxburg zu nennen, empfinde ich als besonders lächerlich, unverschwämt und den früheren Prachtbau verunglimpfend.

    Nichtsdestotrotz, wenn die Murxburg irgendwo z.B. in der Maxvorstadt errichtet worden wäre, könnte ich mit einer Unterdenkmalschutzstellung des Hauptgebäudes an der Pacellistraße leben. Gerade aber diese widerlichen Flachdachbauten an der Maxburgstraße und dieses unförmige Gebilde zum Lenbachplatz hin gehören einfach nur wieder abgerissen und was Anständiges hingebaut.

    Was den Turm angeht, so steht im angeführten Buch von Erwin Schleich dazu: "Nur der Turm blieb letztlich stehen, vor dem die Zerstörungswut noch Halt gemacht hat. Kommentar vieler Münchner damals wie heute war: Den hätte man nun auch noch wegreissen können."

  • Wie angekündigt die Mini-Galerie zur Neuen Maxburg, von 1954 bis 1957 erbaut an der Stelle der im Krieg zerstörten Maxburg durch Sep Ruf und Theo Pabst - wobei noch etwas übrig blieb:

    Der Maxturm wurde rekonstruiert und steht jetzt vor dem großen Gebäuderiegel zur Pacellistraße mit dem Justizgebäude und der Ladenzeile (zu erraten war ja die Rückseite).

    Infos gibt es in der Süddeutschen: Ein vernachlässigtes Juwel mitten in der Stadt und natürlich in der Wikipedia, letztere bietet auch eine schöne Übersicht:

    Das ganze war gar nicht als Galerie geplant, ich wollte nach Büromöbeln schauen und der Laden war zufälligerweise in der Neuen Maxburg, entsprechend stammen die Fotos vom Handy.

    sou perfeito porque / igualzinho a você / eu não presto

  • Hier nun also die Fotos - das Umfeld will ich Euch natürlich auch nicht vorenthalten. Und es gibt noch zwei interessante PDF-Dateien, die ich an diesen Beitrag anhänge - einmal Informationen zum Sep-Ruf-Pfad inkl. der neuen Maxburg und einmal zum Kaufhausgebäude am Stachus von seinem Partner Theo Pabst.

    Hier gleich einmal zur Einstimmung das Kaufhaus:

    PXL_20220416_120524840.jpg

    Wenige Gehminuten daneben etwas für die Freunde opulenter Gründerzeitarchitektur - der Lenbachplatz mit den prächtigen beiden neobarocken Prachbauten und dem Künstlerhaus.

    Erst einmal der Blick zurück zum Justizpalast und dem neobarocken und etwas vereinfacht wiederhergestellten Börsengebäude:

    PXL_20220416_120854324.jpg

    Mit grammatikalisch fragwürdigen Gastronmieangeboten strada facendo zur Maxburg:

    PXL_20220430_115706440.jpg

    Direkt gegenüber das Künstlerhaus von Seidl, pünktlich zum Fin de Siècle fertiggestellt:

    PXL_20220416_120803958.jpg

    PXL_20220416_120647918.jpg

    Hier noch eine Aufnahme vom Bernheimer-Haus mit etwas vereinfachter Dachstruktur, später im Besitz eines gewissen Jürgen Schneider:

    PXL_20220430_114714911.jpg

    Nun aber zur Zentralschaffe von Sep Ruf, zunächst kommt der Oberpollinger ins Bild, dessen Gestaltung einen doch etwas sprachlos zurückläßt, gleich daneben indes schon der BMW-Pavillon (ganz oben in der Übersicht eingezeichnet):

    PXL_20220416_120729641.jpg

  • Nach der umfassenden Einführung fällt nun die eigentliche Galerie ziemlich ... übersichtlich aus.

    Zunächst einmal der BMW-Pavillon aus der Nähe, derzeit genutzt von Mini:

    PXL_20220430_115428654.jpg

    Hier sehen wir schon die beiden großen Gebäudereihen des Bauprojekts - rechts der Maxburgblock mit der Ladenkolonnade und links der Pacelliblock mit einer Ladenzeile:

    PXL_20220430_115519281.jpg

    Hier sind die monumentalen Säulen zu erkennen:

    PXL_20220430_115440746.jpg

    Ein klein wenig chic ist es schon, vor allem mit dem Schriftzug:

    PXL_20220430_115230764.jpg

    Zwischen den beiden Blöcken gibt es eine Grünanlage:

    PXL_20220430_115444105.jpg

    Irgendwie kommt man sich gar nicht wie in München vor, dabei ist das Zentrum so nah:

    PXL_20220430_114626745.jpg

    Das Ratebild - der Pacelliblock von hinten:

    PXL_20220430_114612057b9031347c4d64698.jpg

    Von der anderen Seite aus - die klassische Ansicht mit dem freistehenden Turm:

    PXL_20220416_120913347.jpg

    PXL_20220416_120936233.jpg

    Die Ladenzeile mit dem Büromöbelladen, der der eigentliche Grund meines Besuchs war (bestellt habe ich dann doch günstigere Möbel im Internet, ich wurde aber sehr gut und nett beraten):

    PXL_20220416_121028862.jpg

    Und noch etwas für die Freunde klassischer Architektur zum Abschluß:

    PXL_20220416_121518352.jpg

    sou perfeito porque / igualzinho a você / eu não presto

  • Irgendwie kommt man sich gar nicht wie in München vor, dabei ist das Zentrum so nah

    Doch, genau so ist München. Aber man kommt sich nicht wie in der Altstadt vor, das ist das Problem.

    Die Maxburg gibt mir immer wieder das Gefühl der Ambivalenz. Es sind typische 50er-Jahre-Gebäude, die das München jener Zeit prägen. Aber so eine Großstruktur gehört nicht in die Altstadt, auch wenn wir alle die Altstadt nur mit der Maxburg kennen. Aber das Kreuzviertel, der nordwestliche Teil der Altstadt, ist voll von Großbauten. Den Promenadeplatz mit seinen riesigen neubarocken, historistischen und sonstigen Großbauten habe ich schon als Kind nicht mögen. Ich habe damals gehofft, um nicht zu sagen mir geschworen, mein Leben so einrichten zu können, dass ich da (ich meine nur den Promenadeplatz) möglichst nie hin muss. Glücklicherweise hat die Altstadt ja auch noch einen Teil südlich von Neuhauser Straße und Tal.


    giulio, willst Du diesen Strang nicht mit dem bereits bestehenden Strang München - Die Maxburg (Galerie) vereinigen?

  • Irgendwie kommt man sich gar nicht wie in München vor, dabei ist das Zentrum so nah:

    Ja, diese Ansichten haben irgendwie ganz starke Kassel- oder Frankfurt-Vibes

    Doch, genau so ist München. Aber man kommt sich nicht wie in der Altstadt vor, das ist das Problem.

    Leider sind das (auch) die Realitäten in München, das ist die Seite, die ich immer möglichst verdränge und umgehe, ob außerhalb oder ganz besonders innerhalb der Altstadt...

    Wenn ich an der neuen Maxburg vorbeikomme, dann denke ich eigentlich sofort immer an das, was dort vor dem Krieg stand, das bekomme ich nicht mehr aus dem Kopf (wie so viele andere zerstörte Ansichten...)