Leipzig-Innenstadt: Zwischen Barfußgäßchen und Brühl (Galerie)

  • Daran sieht man, daß diese enge Bebauungsweise keineswegs selten war. In den Orten um den Lago Maggiore/Langensee gibt es vielerorts noch alte (mittelalterliche) Bebauungsreste, die ähnliche Gassenbreiten haben, und auch noch schmalere (Gäßchen eben). Schätzungsweise hat man im Laufe der Jahrhunderte vielerorts die Gäßchen zu Straßen verbreitert, wenn mal wieder was abgebrannt ist (was immer mal vorkam). Aber ich glaube, wir gehen nicht fehl, wenn wir uns solcherart dichte Bebauung auch für das alte Frankfurt a.M. vorstellen.

    Goethe kam aus Frankfurt nach Leipzig, um an der Alma Mater Lipsiensis zu studieren. Er fand die Bebauung - im Gegensatz zu manch heutigen Spezialisten- erwähnenswert- und schrieb in "Dichtung und Wahrheit" über die Gebäude in Leipzig:

    "Jedoch ganz nach meinem Sinne waren die mir ungeheuer scheinenden Gebäude, die, nach zwei Straßen ihr Gesicht wendend‚ in großen, himelhoch umbauten Hofräumen eine bürgerliche Welt umfassend, großen Burgen, ja Halbstädten ähnlich sind. "

    In einem haben die Spezialisten natürlich recht: Seit Goethe Leipzig verlassen hat, wurde die Stadt kräftig umgebaut. Die (Innen-) Stadtbereiche, die von den Bomben und den Abrissen zu Ost- und Westzeiten verschont geblieben sind, sind aber noch immer - oder wieder- extrem dicht bebaut.

    Wie im Bereich zwischen Barfußgäßchen, Hainstraße und den Fleischergassen. Dazwischen gibt es nur Durchhöfe und Durchgänge, in Leipzig "Passagen" genannt.


    Das KÖNIG-ALBERT-HAUS wurde 1912-1913 vom Leipziger Architekten Emil Franz Hänsel als Stahlbetonbau am Markt...


    ... und im Barfußgäßchen errichtet.

    Eigene Fotos.

  • Da das König-Albert-Haus inzwischen schon über hundert Jahre alt ist, hat es auch eine eigene Geschichte.

    Hier gibt es die Legende, dass ein russischer Stadtkommandant eine rote Einfahrt haben wollte und auch bekommen hat.


    Im König-Albert-Haus gibt es nur einen Durchgang, keinen Durchhof.


    Aber es gibt zwei Lichthöfe. Nicht alles noch im Original erhalten.

    Eigene Fotos.

  • Auch wenn der Durst noch so groß ist, sollte man nicht zum Barfußgäßchen rennen, sondern auch auf die Gebäudedetails achten.


    Noch ist das Barfußgäßchen ruhig und verlassen...


    Ich kann gar nicht sagen, wie die Gaststätten den Getränkenachschub realisieren.

    Eigene Fotos.

  • BARTHELS HOF ist wohl der letzte Durchhof, bei dem man noch erahnen kann, wie die Stadt Leipzig zu Zeiten der Warenmessen funktioniert hat. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, wie die Händler aus fernen Ländern ihre Waren mittels Fuhrwerken in die Höfe der Handelshäuser transportiert haben.

    Barthels Hof reicht von der Kleinen Fleischergasse (gelbes Gebäude)...

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    ...bis zum Markt.

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    Noch ein paar Fotos aus der Coranazeit.

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    Übersicht vom Cityhochhaus.

    Rechts im Bild das König-Albert- Haus (dunkles Dach) und Barthels Hof.

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    Eigene Fotos.

  • Barthels Hof wurde zwar im Barock errichtet, aber immer wieder umgebaut. In der Gründerzeit wurde neu gebaut, in den 1990er-Jahren -als ein gewisser Herr Schneider Eigentümer war- wurden die Gebäude entkernt. Hinter den Fassaden dürfte sich also Stahlbeton befinden.


    Barthels Hof wird über zwei Zugänge erschlossen.

    Hier der Zugang "Markt"

    Eigene Fotos.

  • In der Gründer- und der Kaiserzeit wuchs Leipzig von 100.000 auf 600.000 Einwohner. Die Innenstadt wurde praktisch neu gebaut. Im Auftrag der Stadt Leipzig hat der Fotograf HERMANN WALTER die alten, zum Abbruch vorgesehenen Gebäude fotografiert.

    Hier die Fassade von Barthels Hof am Markt.

    Barthels Hof vor1870 Leipzig

    Hermann Walter (1838-1909), Public domain, via Wikimedia Commons


    Barthels Hof Leipzig 1890

    Hermann Walter (1838-1909), Public domain, via Wikimedia Commons


    Die neobarocke Sandsteinfassade zur Marktseite wurde 1870/1871 geschaffen. Dabei wurde die Renaissancefassade des Hauses „Zur goldenen Schlange“ mit zweistöckigem Erker, Volutengiebel und aufgesetztem Türmchen vom Markt an die Hofseite verlegt. Der Erker stammt aus dem Jahre 1523 und ist das älteste erhaltene Fragment einer Bürgerhausfassade in Leipzig.[1] Eine um ein Kreuz gewundene, vergoldete Schlange am Konsolstein des Erkers war die Namensgeberin des Hauses „Zur goldenen Schlange“, das für den Kaufmann Hieronymus Walther erbaut wurde. Das Wappen der Familie Walther ist im Brüstungsfeld über dem Konsolstein zu sehen. Über dem unteren Fenster des Erkers befindet sich ein weiteres Brüstungsfeld mit einem aufgeschlagenen Buch und einer lateinischen Inschrift, die auf den Bauherrn und das ursprüngliche Erbauungsjahr 1523 verweist.

    Heute befindet sich die Renaissancefassade mit dem markanten Erker wieder in einem vorzeigbaren Zustand.

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    Bei den Sanierungsarbeiten wurden die Kranbalken der Warenlager erhalten oder erneuert.

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    Nicht gekennzeichnete Fotos: Eigene Fotos.

  • Von Barthels Hof aus kann man auch über WEBERS HOF zur Hainstraße gelangen.


    Webers Hof ist ein historisches Bürgerhaus in der Leipziger Hainstraße 3. Es ist für die Stadt das typische Beispiel für den Übergang von der Renaissance zum Barock und steht unter Denkmalschutz.

    ...

    Der zur Hainstraße gerichtete Teil des Gebäudekomplexes ist ein dreigeschossiger Bau von 30 Meter Länge mit zwölf Fensterachsen. Vor den südlichen beiden Achsen ist die Front leicht geknickt. Vor den mittleren beiden hängt über das erste und zweite Obergeschoss ein hölzerner Erker. Dieser ist im ersten Stock mit Fruchtgirlanden haltenden Putti und im zweiten mit sich kreuzenden Füllhörnern verziert. Über dem Erker erhebt sich im Dachgeschoss ein vierachsiges Frontispiz. Es wird durch Halbsäulen gegliedert, darüber von zwei Voluten und zwei Steinvasen gerahmt. Der Dreiecksgiebel mit einem Muschelmotiv wird außen von zwei Löwen bewacht. Das Muschelmotiv taucht auch an zwei zweifenstrigen Dachgaupen auf. Die übrigen einfenstrigen Gaupen sind schmucklos funktional.

    Durch ein Sandstein-Portal mit Namenszug gelangt man in einen kleinen Innenhof von etwa 40 Quadratmetern. Seine Nordseite begrenzt ein Neubau mit vorgehängter Glas-Stahl-Fassade. An der Ostseite steht ein dreigeschossiger Treppenturm mit schrägen Fenstern. Hinter ihm verlaufen Gänge mit Rundbogenöffnungen.

    Eigene Fotos.

  • Neben den Durchhofsystem von Barthels Hof und Webers Hof gibt es im betrachteten GEBIET nur noch zwei kleinere Durchgänge zwischen den Fleischergassen und der Hainstraße.

    Die anderen Grundstücke werden jeweils nur von einer Gasse oder Straße aus erschlossen. Wie z.B. das Grundstück ZUM ARABISCHEN COFFE BAUM.


    Die Sanierung in den 1990er Jahren war wohl wenig dauerhaft. Seit einiger Zeit sind Gaststätte und Museum geschlossen. Irgendwann soll wieder saniert werden. Bis dahin bleibt nur die Erinnerung.

    Coffe Baum Innenhof

    Photo: Andreas Praefcke, CC BY 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by/3.0>, via Wikimedia Commons


    Die Stadt Leipzig als Eigentümerin plant die Sanierungsarbeiten demnächst zu beginnen.


    Von der Klostergasse zeigt sich das Areal so.

    Nicht gekennzeichnete Fotos: Eigene Fotos.

  • Nur Fußgänger können das Durchhofsystem von KLEINES JOACHIMSTHAL in der Kleinen Fleischergasse...

    Leipzig - Kleine Fleischergasse - 8 01 ies

    Frank Vincentz, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons


    ...und Vetters Hof in der Hainstraße benutzen.

    Lzg. Hainstr. 5-7 1

    Martin Geisler, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons


    Die Hainstraße 5 war bis zur Rekonstruktion in den 1990er Jahren überwiegend RUINE

    Hainstraße 5-1

    Martin Geisler, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons

    Nicht gekennzeichnete Fotos: Eigene Fotos.