Modefarben im Laufe der Zeit / Farbgebung an Häusern und auf Gegenständen

  • Mit der Vorstellung unterschiedlicher Liturgiefarben machst Du mich etwas ratlos, ich dachte immer, die seien seit Jahrhunderten festgelegt?

    An sich schon. Nur

    Zitat
    • Blau, die Farbe der Reinheit, galt früher für Marien- und örtlich auch für Bekennerfeste (Bekenner sind Glaubenszeugen, die keine Märtyrer waren, wie etwa der heilige Martin), sie wurde durch Weiß ersetzt. Das Missale Romanum von 1570 hatte blaue und auch gelbe Paramente für unerlaubt erklärt.[2] Trotzdem werden auch heute noch in einigen Gegenden blaue Gewänder für Marienfeste verwendet, in spanischen Diözesen sind diese sogar vorgeschrieben. Blau war auch im englischen Ritus von Sarum (Salisbury) bekannt und ersetzte dort das adventliche Violett. Blau kann auch für das Wasser stehen, das wiederum den Heiligen Geist symbolisiert.

    Quelle und mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Liturgische_Farben

  • Gut, Wikipedia ist sicherlich in einigen Fragen mit Vorsicht zu genießen, daher noch eine andere Quelle:

    Zitat
    • Blau: Die Farbe der Reinheit, galt früher für Marien- und örtlich auch für Bekennerfeste. Sie wurde nach der Liturgiereform durch Weiß ersetzt.

    Quelle und mehr: https://www.kathweb.de/lexikon-kirche…che-farben.html

    In München selbst, kenne ich die Marienfeste auch nur in weiß - ich kann mir aber durchaus vorstellen, daß es Landkreise gibt, welche weiterhin blau verwenden.

    Aber um mal auf das Thema zurück zu kommen - ich denke die Färbung der Bauwerke früher, hatte eher religiöse, spirituelle oder rein praktische Gründe. Heute entscheidet man wohl eher nach psychologischen Gründen, welche Farbkombinationen die Menschen am besten in den Wahnsinn treiben können :biggrin:

  • Angewandte Farbpsychologie ist eher in Läden zuhause (die bekannten rötlichen Lampen an der Fleischtheke z.B.), bei Fassadenfarben sind eher Moden und persönliche Vorlieben.

    Die Unterschiede zwischen "Weißphasen", Hang zum Pastelligen und Knallfarben kann man nicht so wirklich mit Farbpsychologie erklären (abgesehen davon, daß den Leuten die Art der Farbgebung irgendwann zuviel und langweilig wird); das läuft so wellenmäßig ab, und irgendwann nach 10 oder 30 Jahren, manchmal auch nach 500, wird das Haus anders eingefärbt.

  • Zu Grün haben wir noch nichts.

    Es gibt Häuser mit komplett grün gestrichener Fassade, aber nicht oft. Meist ist das ein "Munkelesgrün",d.h. ein ziemlich "dreckig" erscheinender Farbton, schätzungsweise weil meist das Pigment "Chromdioxid stumpf" verwendet wird, das ziemlich lichtecht und haltbar ist. Charlottenburger Küchen von Häusern um 1900 hatten idR irgendwelche ungelenken Ranken in diesem Farbton um das Waschbecken oder als Zierborte oben an der Wand aufgemalt. Ansonsten ist dieser Farbton auch von Bahnfahrzeugen (Loks+Waggons) von Anfang des 20. Jhdts bekannt.

    Viel öfter als grüne Fassaden gibt es grüne Türen, Fenster und Fensterläden; diese aber idR in einem leuchtenderen/reineren Grün. Die von Henry verlinkte Broschüre erwähnt hierbei besonders das Bergische Land, wo dies regional typisch sei und öfters in Gestaltungssatzungen festgeschrieben. Im Baskenland soll es auch viele grüne Fensterläden geben, erzählte mal eine Französischlehrerin.

  • In München selbst, kenne ich die Marienfeste auch nur in weiß - ich kann mir aber durchaus vorstellen, daß es Landkreise gibt, welche weiterhin blau verwenden.

    Gibts auch heute noch, ob in München weiß ich allerdings auch nicht:

    http://www.newliturgicalmovement.org/2009/12/immacu…gical-blue.html

    https://www.liturgicalartsjournal.com/2019/12/contem…-vestments.html

    http://www.newliturgicalmovement.org/2012/12/rose-and-blue.html

    https://www.liturgicalartsjournal.com/2018/09/spanis…-new-spain.html

  • Aus dem Strang "Höxter (Allgemeines)" die Renovierung des Erbmarschallhofes:

    getünchte Fachwerkhäuser im 18./19.Jhdt

    Die Fenster sind besser, aber so ganz überzeugt mich die barocke Tüncherei nicht, ich hätte eine Version mit Fensterläden besser gefunden. Ich sehe ein, daß man im EG kein Fachwerk mehr hat wegen der Reparatur der großen Fensterflächen, aber die getünchte Ecklisenen-Barockisierung ist mir "etwas zu durchsichtig".

    Mich faszinieren solche Varianten, in welchen die Fassaden unabhängig vom Fachwerk gestrichen werden. Denn solche Befunde gibt es sehr oft. In meinem Wohnort behaupte ich sogar, dass es die Regel war im späten 18./frühen 19. Jh., als Fachwerke "zugedeckt" wurden, aber noch nicht unter einer Verputzschicht verschwanden.

    Bei diesem Gebäude irritiert mich aber das historische Bild, welches leider nicht datiert ist. So auf Anhieb hätte ich behauptet, dass die jetzige Fassung die ursprüngliche war, und die Fassung mit Fachwerk eine spätere Renovation. Aber so "fälschliche" Fachwerkrenovationen hat man erst im 20. Jahrhundert gemacht, nicht schon im 19. Jh., und das Bild sieht nach 19. Jh. aus.

    Was meinst du mit "aber die getünchte Ecklisenen-Barockisierung ist mir "etwas zu durchsichtig" "? Weil man die Fachwerkstruktur dort sehr stark sieht? Abgeschlossen ist die Renovation offensichtlich noch nicht, aber ich glaube nicht, dass da noch gross etwas verändert wird. Ich hätte die Dachuntersicht ebenfalls im Lisenen-rot gestrichen; ebenso vermute ich, dass einst auch Fensterumrandungen gemalt waren. Fensterläden gab es zumindest am Erdgeschoss mal, wenn man die historische Ansicht anschaut. Aber so wie die Fenster fassadenbündig eingebaut sind, liessen sich Fensterläden gar nicht schliessen. Ich kenne mich aber mit den regionalen Gepflogenheiten dort überhaupt nicht aus. Befunde wären interessant. Jedenfalls eine sehr lobenswerte Renovation!

    Weil man die Fachwerkstruktur dort sehr stark sieht

    Ja, genau das :)

    Das einfarbig übertünchte, wie man es in Stralsund z.T. an manchen Häusern hat, geht so, finde ich, aber wenn man dann noch farbflächige Gestaltungsversuche macht, sieht es mE arg ärmlich aus. Gut möglich, daß man das im 18. Jahrhundert öfters so machte. Aber es steht nun halt in einem Umfeld mit heutigen Häusern, und da ist die Anmutung ... naja, eher ein bißchen kläglich ("konnte mir keinen Verputz leisten"), damals wird sie eher "zeitgemäß" oder "modisch" gewesen sein, weil das viele so machten - eben wie mit den einflügligen sprossenlosen Kippfenstern aus den 1960ern.

    Nicht schließbare Fensterläden halte ich für extrem unwahrscheinlich - vielleicht mußte man die von außen zumachen, und eben deswegen sind sie nur im EG angebracht, wo man mit ausgestreckten Händen gerade noch so hinlangt?

    Das Problem der Fensterläden ist nicht der Schliessvorgang, sondern der Falz, in welchen der Laden geschlossen wird. Dieser Falz wird im Winter für die Vorfenster/Winterfenster/Kastenfenster benutzt; dann kann der Laden nicht geschlossen werden. Sind die Vorfenster im Sommer draussen, kann der Laden geschlossen werden.

    Hier wurden aber neue Fenster eingesetzt, und dazu noch fassadenbündig, sodass es aussieht, als wenn Winterfenster drin wären. Somit könnten neue Fensterläden nicht geschlossen werden, sondern wären nur noch Zierrat. Es gilt auch zu bedenken, dass es schon vor 200 Jahren viele Häuser gab, die nie Fensterläden besassen!

    Fensterläden wurden früher nicht nur zur Verdunkelung benutzt, sondern auch als Schutz der filigranen Fenster vor Regen. In den Erdgeschossen dienten sie zudem als Einbruchschutz. Wenn man ein Gebäude noch mit originalen Fensterläden antrifft, haben die Läden des Erdgeschosses meistens geschlossene Füllungen, während in den Obergeschossen solche mit beweglichen Lamellen (Jalousien) hängen. Fensterläden einfach zur Zierde hat man nie gamacht. Von daher macht es auch Sinn, wenn gemäss der historischen Abbildung in Löbennichters Beitrag oben nur am Erdgeschoss Läden vorhanden sind.

    Zur Fachwerkstruktur in den Lisenen: das Problem bei diesem Gebäude ist das, dass die Backsteinfüllungen gegenüber den Balkenoberflächen vorstehen, was eigentlich nicht sein sollte. Backsteinfüllungen (und auch anderes Material) sollten eher zurückstehen, damit der Gefachputz in etwa flächenbündig mit den Balken wird. Bei Sichtbacksteinfüllungen (was hier der Fall ist) werden sie normalerweise flächenbündig mit den Balken gemauert.

    Kleiner Exkurs: In St. Gallen hatte ich vor 30 Jahren die älteste datierte Fachwerkfassade (von 1418) restauriert. Das Problem war, dass dieses Haus ausgerechnet in einer Gasse steht, wo man auf Fachwerkfreilegungen bewusst verzichtet, weil es die erkerreichste Gasse der Stadt ist. Fachwerk würde das Bild der Gasse beunruhigen. Glücklicherweise fand ich hier erstmals einen Farbbefund vor, der das Fachwerk nicht mehr berücksichtigte, aber aus der Zeit stammte, in welcher die meisten Erker errichtet wurden. Zusätzlich bestanden auf den Eckständern sogar Reste gemalter Eckquaderungen, sodass der Zustand des späten 18. Jahrhunderts eindeutig rekonstruiert werden konnte. So konnten zwei Fliegen auf einen Streich geschlagen werden: das sehr wertvolle Fachwerk konnte sichtbar gemacht, und die Fassade in einer Art gestrichen werden, die aus der Zeit der Entstehung der Erker stammte. Siehe hier das letzte Bild.

    Zu den Farbtönen:

    der "barock getünchte" Fachwerksbau in Höxter ist ockergelb-rostrot, die "klassizistisch modifizierten" getünchten Fachwerksbauten in Stralsund sind weiß.