Nürnberg - Ansichten unbekannter Häuser in der Altstadt (Galerie)

  • Dank der Beschäftigung mit dem Stadtplan und der Suche nach Abbildungen aus der Klaragasse konnte ich per Zufall ein weiteres Rätsel lösen. Es handelt sich um Bild Nr. 9 in diesem Beitrag. Es gibt eine Litho-Karte derselben Häuser, betitelt mit "Martha-Haus in Nürnberg" an der Wolfsgasse 4. Nur finde ich nirgendwo in der Altstadt eine Wolfsgasse... auch im Stadtplan von 1945 nicht. Kann jemand etwas zur Wolfsgasse sagen? Die Litho-Karte werde ich bei Gelegenheit hier einstellen.

  • IMG_20190406_0010.jpg

    9

    Institution des "Roten Kreuzes". Auf der Rückseite nachträglich "Lazarett" hinzugefügt.

    Es handelt sich um Bild Nr. 9 in diesem Beitrag. Es gibt eine Litho-Karte derselben Häuser, betitelt mit "Martha-Haus in Nürnberg" an der Wolfsgasse 4. Nur finde ich nirgendwo in der Altstadt eine Wolfsgasse...

    Die Postkarte: https://www.ebay.de/itm/Nuernberg-…0-/154267668904

    Die Wolfsgasse führte vom Egidienplatz zum Paniersplatz, vgl. diese Karte: https://www.landkartenarchiv.de/historischesta…nuernberg_u1903

    Das Adressbuch von 1904 nennt unter Wolfsgasse 4: "Verein für innere Mission in Nürnberg". Das passt: "Die 1887 gegründete Mägdeherberge und das 1891 eingeweihte Martha-Haus sollten als „Heim- und Schutzstätte für ordentliche Mädchen“, nicht als „Rettungsanstalt für Gefallene“ dienen." (https://de.wikipedia.org/wiki/Stadtmission_N%C3%BCrnberg)

  • Klaragasse 10 und 12?

    Die Klaragasse 12 sieht heute so aus: https://www.google.de/maps/place/Kla…1.0784862?hl=de ("Bratwurst Friedl"), vgl. auch: https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.4392694:1502133341/a-nn-eig-20150518_204800-2.jpg?f=16%3A9&h=480&m=FIT&w=900&$p$f$h$m$w=75d51fd

    Ist das Erdgeschoss der Nr. 12 alt? Die Stockwerke darüber sind es offensichtlich nicht. Beim linken Nachbarhaus scheint mir das Erdgeschoss tatsächlich alt (d.h. historistisch) zu sein. Falls die Hausnummern unverändert geblieben sind, zeigt das unbekannte Photo nicht die Klaragasse.

  • Zur Klaragasse:

    Das Erdgeschoss von Klaragasse 12 ist ziemlich sicher Nachkriegs-Wiederaufbau*) und mit dem linken Eckhaus Hallplatz 21 vereinigt worden. Der Stadtplan von 1945 zeigt die Nr. 12 noch als eigenständige Parzelle, aber ohne Hausnummer. Daraus kann man lesen, dass Nr. 12 bereits vor 1945 Teil von Hallplatz 21 war. Hallplatz 21 scheint mir aber sehr späthistoristisch zu sein, möglicherweise erst um etwa 1910. Die Ansichtskarte von Daniel Gürtler könnte einen früheren Zustand zeigen. Aber wie geschrieben, auf die Vermutung bin ich wirklich nur aus der Betrachtung des Stadtplans gekommen. Der Verlauf der Trottoirkante auf der historischen Ansicht spricht eher gegen die Klaragasse.

    *) Edit.: es ist schon vor 1945 entstanden! Siehe folgende Beiträge.


    Zur Wolfsgasse:

    Vielen Dank für deine Verortung! Die Wolfsgasse heisst heute Mummenhoffstrasse und ist nur noch eine Sackgasse. Dreimal dürft ihr raten, mit was für einem Gebäudekomplex sie heute überbaut ist: mit unserem ach so heiss geliebten Scharrer-Gymnasium, das auch die Grundfläche des einstigen Hinterhauses des Pellerhauses einnimmt... Die gleiche Perspektive wie in der historischen Ansicht: https://maps.app.goo.gl/K4AwsvjVKh4y87rz5

    Die Litho-Karte, die ich erwähnte, ist dieselbe Ansicht wie bei ebay. Da die Bilder dort aber irgendwann verschwinden, stelle ich sie hier direkt ein. Im Hintergrund ist mir noch der Anbau mit den beiden Voluten-Halbgiebeln aufgefallen, der mich sehr ans Bratwurstglöcklein bei der Moritzkapelle erinnert.

    Wolfsgasse-4-Martha-Haus-1900.jpg

    1900 gelaufene Ansichtskarte.

  • https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:194…3%BCrnbergs.jpg zeigt, dass (kurz) vor dem Krieg das Haus Nr. 12 bereits das große war, das heute noch steht. Die Hausnummern wurden nicht verändert, jedenfalls nicht in der Weise, dass die damalige Nr. 12 weiter östlich gewesen wäre als die heutige. Wenn das Bild den Zustand von kurz vor dem Krieg zeigt, kann es nicht von der Klaragasse sein.

    Der Stadtplan von 1945 zeigt die Nr. 12 noch als eigenständige Parzelle, aber ohne Hausnummer.

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:194…3%BCrnbergs.jpg (älter als 19.02.45) aber nicht. Da gibt es keine Nr. 12; dieser Bereich ist Teil der großen Parzelle mit "Hallplatz 21".

  • Hallplatz 21 ist heute ja auch wieder ein Konglomerat: die Kopfpartie Wiederaufbau um 1950, die Mittelpartie als Torso des späthistoristischen Baus und der östliche Bereich mit den niedrigen Geschossen wiederum Wiederaufbau.

    > https://goo.gl/maps/5kHx1UacUEz9r28E6

    Die Ansichtskarte könnte aber die Situation vor dem Bau des späthistoristischen Gebäudes zeigen. Dort standen vorher Klaragasse 12, 14, 16 und Hallplatz 21, also insgesamt vier Häuser. Klaragasse 12 und 14 wären dann auf der Ansichtskarte links, sofern sie die Klaragasse zeigen würde.

  • Betreffend der Tafel wären wir auf den Rätselersteller angewiesen. :wink:

    Der Torso der späthistoristischen Mittelpartie hat übrigens auch eine Baunaht. Diese entspricht ungefähr der Grenze zwischen den ehemaligen Nrn. 14 und 16:

    https://goo.gl/maps/z3m1XC7vi8irgKFfA

    Hier noch der entsprechende Ausschnitt aus der Bayerischen Uraufnahme ab 1808. Aufgepasst, der Fassadenknick ist hier zwischen Nr. 8 und 10 eingezeichnet anstatt zwischen Nr. 10 und 12, was ich aber als Ungenauigkeit in der Uraufnahme ansehe:

    https://geoportal.bayern.de/bayernatlas/?l…&catalogNodes=1

    Nr. "866" war Hallplatz 21. Nach rechts folgen dann Klaragasse 16, 14, 12...

    Beim Abzählen orientierte ich mich jeweils auch am vorspringenden Dacherker der Mauthalle, wenn ich mit dem Stadtplan von 1945 und dem heutigen Satellitenbild verglich. Es ist natürlich immer spannend, diese drei Quellen mit Photoshop übereinander zu kopieren, was aber seine Zeit braucht. Manchmal mache ich diese Übung auch im Kopf, so wie heute Nachmittag. :smile:

  • Leider kann man selbst mit einer Lupe den Schriftzug neben dem Chörlein nicht erkennen. Allerdings bin ich mir bei der Klaragasse nicht ganz sicher. Ich habe zwei Ansichten des Gebäudes Hallplatz 21 gefunden, auf denen auch ein zwei Häuser der Klaragasse zu erkennen sind, allerdings erkennt man nicht genug um es wirklich vergleichen zu können. Auf dem Ausschnitt der Luftaufnahme von 1927 erkennt man jedoch, dass die Dachlandschaft in der Klaragasse nicht mit den Dächern auf der Ansichtskarte übereinstimmt.

    https://ibb.co/jhxFKhp

    https://ibb.co/KD2Rmcz

    https://ibb.co/8xLmbrN

    Mein Vermutung war, dass es irgendwo im Bereich Judengasse / Untere Talgasse ist. Jedoch habe ich hier bisher keine passenden Bilder gefunden.

  • Auf dem Ausschnitt der Luftaufnahme von 1927 erkennt man jedoch, dass die Dachlandschaft in der Klaragasse nicht mit den Dächern auf der Ansichtskarte übereinstimmt.

    Da hast Du wohl recht.

    Interessant ist der Vergleich dieses Bildes: https://ibb.co/8xLmbrN mit der Luftaufnahme. Man erkennt nämlich, dass das Hotel Goldener Adler nach 1927 an der Klaragasse erweitert worden ist - daher rührt wohl die von Riegel erwähnte Baunaht. Das heutige Haus Klaragasse 12 stammt also doch aus der Vorkriegszeit! https://www.google.ch/maps/@49.44880…!7i13312!8i6656

  • Ja, somit ist es ganz klar nicht an der Klaragasse. Erstaunlich finde ich zudem, dass die niedrigen Geschosse des Osttrakts von Hallplatz 21 auch noch Vorkriegsarchitektur sind. Ich kann nun aber gleich zwei Katzen aus dem Sack lassen:

    a) Klaragasse 6 ist ein Nachkriegsprovisorium, das noch historische Bausubstanz aufweisen könnte.

    https://goo.gl/maps/GNQM6J721jiE2gvZA

    Die unregelmässigen Öffnungen des Erdgeschosses sind auffallend, ebenso der Rhythmus der Fenster des Obergeschosses mit 2 - 3 - 2 und der Fassadenknick zwischen der linken und mittleren Fenstergruppe. Im zweiten verlinkten Bild von Daniel Gürtler ist es das Haus rechts innerhalb des roten Rahmens; hier noch mit einem zweiten Obergeschoss mit demselben Fensterrhythmus und einem dreifenstrigen Quergiebel, dessen Fenster wiederum zu den drei mittleren Fensterachsen passen. Es war das Hinterhaus von Hallplatz 5. Ich vermute auch, dass das hohe Erdgeschoss von Klaragasse 4 noch auf den Vorkriegsbau zurückgehen könnte. Ein Bild kommt noch.

    b) Die gesuchten Häuser sind Geiersberg 8 - 14!!! :biggrin: :biggrin:

  • Auf den vielen Stadtansichten vom südlichen Pegnitzufer aus (mit dem Burgpanorama im Hintergrund und dem Kettensteg am linken Bildrand) sieht man auf den Geiersberg. Die fraglichen Häuser 8 - 14 werden aber immer durch den grauenhaften Klotz Geiersberg 25 mit diesem unmöglichen Mansarddach verdeckt.

    Stadtansichten von ausserhalb der Fronveste lassen aber einen weiteren Einblick auf den Geiersberg zu. Im Vordergrund rechts der Turm 'Grünes E' noch mit der historistischen Zinnenbekrönung, und im Vordergrund Mitte der noch nicht rekonstruierte 'Schlayerturm Grünes F' (der übrigens schon im 16. Jahrhundert in der Höhe reduziert und erst nach 1945 auf die ursprüngliche Höhe rekonstruiert wurde). Über dem Walmdach von letzterem sieht man Geiersberg 25 und links davon die gesuchte Häusergruppe:


    Ak Ansicht Altstadt von SW 1902
    Altstadt von Südwesten mit der Fronveste (Pegnitzausfluss) im Vordergrund. 1902 gelaufene Ansichtskarte, Verlag B. Lehrburger, Nürnberg.


    Ak Ansicht Altstadt von SW 1902 Ausschnitt

    Bildausschnitt aus der Ansichtskarte oben.

    Gleicher Blick wie auf der Ansichtskarte heute: https://goo.gl/maps/PwwSGMZMMCwhSrnn8

    Ich dachte immer, dass die gesuchte Häuserzeile irgendwo in der westlichen Hälfte der Altstadt zu finden sein musste. Denn westlich von der Axe Burgstrasse-Königstrasse werden die Gassen von Ost nach West nummeriert, sodass die geraden Nummern auf die besonnten Nordseiten der Gassen zu liegen kommen. Östlich dieser Axe werden die Gassen von West noch Ost nummeriert, sodass die geraden Nummern auf die unbesonnten Südseiten der Gassen zu liegen kommen. Die Nord-Süd verlaufenden Gassen können oft infolge des Gefälles ausgeschieden werden, dürfen bei einer Suche aber nicht einfach so übergangen werden.

    Ganz markant ist der flach geneigte Giebel an der Traufe von Nr. 14. Wahrscheinlich bildet er der Überrest eines Quergiebels, der durch eine seitliche Aufstockung der äusseren beiden Fensterachsen zu einem Vollgeschoss wurde.

    Was mich an der gesuchten Ansichtskarte aber besonders freut, ist der Schattenwurf eines Dacherkers auf Nr. 10. Er stammt von Geiersberg 13, das Haus, das schon am Schluss dieses Beitrags in diesem Strang zu sehen ist und das heute leicht rekonstruierbar wäre, wenn nicht ein Hausanstösser an der Weissgerbergasse sein Veto einlegen würde...

  • Erstaunlich finde ich zudem, dass die niedrigen Geschosse des Osttrakts von Hallplatz 21 auch noch Vorkriegsarchitektur sind.

    Das stimmt natürlich. Allerdings haben nach dem Zerstörungsplan auch nur diese den Krieg überlebt. Der Rest des Gebäudes wurde wohl wieder aufgebaut, da als vollkommen zerstört eingetragen.

  • Ja, das ist genau die Karte, die ich auch einstellen wollte. Den Google-maps-Link https://goo.gl/maps/GNQM6J721jiE2gvZA hatte ich deshalb auch aus dieser Blickrichtung gewählt. Bei der Ansicht links mit Hallplatz 3 staune ich immer wieder, wie unzimperlich der Historismus oder jene Zeit mit den historischen Bauten umgegangen ist. Im Erdgeschoss eine 0815-Ladenfront, die Fassade grossflächig beschriftet, und - als ob es noch nicht genug wäre - auf dem Dach nochmals eine Reklametafel. Wobei, wenn man in Frankfurt und Berlin historische Fotografien betrachtet, sogar die Gründerzeitbauten selbst schon so verschandelt worden sind. Kaiserstrasse in Frankfurt um 1930.


    Die fraglichen Häuser 8 - 14 werden aber immer durch den grauenhaften Klotz Geiersberg 25 mit diesem unmöglichen Mansarddach verdeckt.

    Geiersberg 25 sieht man auf folgenden beiden Ansichten:


    Ak Pegnitz Kettensteg 1910

    Die Pegnitz beim Kettensteg. Im Hintergrund Hallertor, Neutorturm, Geiersberg und Weissgerbergasse. 1910 gelaufene Ansichtskarte, Dr. Trenkler Co.; Leipzig.

    Das Gebäude ist unverkennbar mit seinem unförmigen Mansarddach und der Dachterrasse darüber.


    Ak Pegnitz Kettensteg 1907

    Die Pegnitz beim Kettensteg. Im Hintergrund Hallertor, Neutorturm, Geiersberg und Weissgerbergasse. 1907 gelaufene Ansichtskarte, Kunstverlag Fritz Schardt, Nürnberg.

    Auf einer stark bearbeiteten Ansicht eines Kunstverlages ist die Situation aufgehübscht worden. Nebst den nachgezeichneten Dachkonturen und Schieferfärbung der Dächer im Hintergrund ist auch Geiersberg 25 nicht mehr wiederzuerkennen.

    Man muss zwar aufpassen bei solchen Mutmassungen über Retuschen, denn mitunter wurden auch schon ältere Bilder für Ansichtskarten verwendet. Ich hatte mal eine Ansichtskarte von 1905 von St. Gallen in den Händen, deren Bild sicher schon vor 1879 aufgenommen wurde. Bei Geiersberg 25 sind die Fenster und Fensterläden sehr genau gezeichnet. Insbesondere das Rundbogenfenster im Erdgeschoss sieht wie nach einer Fotografie aus. Wurden da wohl Fotoausschnitte hineinkopiert, oder handelt es sich tatsächlich um eine sehr alte Fotografie, die einen älteren Zustand des Hauses zeigt? Die Frage muss ich offen lassen, bis wir mehr über seine Baugeschichte erfahren.

  • Nun zu einer Neuerwerbung, die ich getätigt hatte, weil ich lange überlegen musste, welches Quartier darauf abgebildet ist (für eine höhere Auflösung auf den Bildschirm kopieren). Die Karte ist nicht datiert, aber der Machart nach denke ich so um 1910/1920. Gesucht ist der Name der Gasse ganz links:

    nurnberg.jpg