Hier mal eine schwierige Aufgabe, falls Du Lust hast: Die völlig verhunzte Fassade Böttcherstraße 18:
"Baujahr 1500" - so eine Anzeige hat was.
Na, 1500 halte ich aber für zu früh. 1600 würde eher hinkommen.
Das in der Beschreibung geschätzte Baudatum '1500' halte ich aber schon für möglich. Auch in der Denkmalliste bei Wikipedia - in der Böttcherstr. 18 nicht figuriert - wird bei vielen Bauten ein viel älteres Datum angegeben als es die Fassaden suggerieren. Wie oft wurde eine neue Fassade vor ein älteres Gebäude gesetzt? Von daher halte ich die Zahl schon für glaubwürdig, insbesondere weil das Haus von der Denkmalpflege oder Bauforschung begutachtet wurde.
Auf der vergrösserten Fassadenansicht sieht man praktisch keine Spuren, die Schlüsse auf ein früheres Aussehen der Fassade ermöglichen, lediglich über dem linken Fenster des 1. Obergeschosses deutet das Rissbild auf einen Entlastungsbogen des einstigen Dielenfensters hin. Bei der Putzöffnung rechts oben könnte man meinen, dass dort eine Baufuge besteht. Wenn man aber die Vergrösserung genau betrachtet, erkennt man, dass die Backsteine über die vermeintliche Fuge 'durchlaufen'; tatsächlich handelt es sich aber nur um eine Verfärbung! Jedenfalls war die Fassade vor dem Verputzten weiss oder hellgrau geschlämmt.
Natürlich lohnt sich auch ein Blick auf die Nachbarbebauung; zuerst einmal eine Vogelschauperspektive auf die Vorderseite und Rückseite der ganzen Häusergruppe Böttcherst. 16 - 22. Nr. 16 steht traufständig zur Strasse und ist stark überformt, weshalb dieses Haus keine Anhaltspunkte liefert. Nrn. 20 und 22 sind da schon interessanter und stehen zudem unter Schutz:
...
Böttcherstr. 20 und Böttcher 22.
Autor: Martin Lemke, Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license.
Als älteste nachweisbare Bebauung ist in der Denkmalliste bei Wikipedia für Nr. 20 das Jahr 1294 angegeben und für die prägende (bestehende) Bebauung 1606. Bei Nr. 22 sind es 1325 und das 17. Jahrhundert. Beide Fassaden weisen Elemente aus der Renaissance auf, und bei beiden nehmen die untersten Stufenpaare fast die gesamte Fassadenbreite ein. Beide Bauten haben auch ein Satteldach, aber bei Nr. 18 ist das Dach gegen die Vorderseite abgewalmt. Da stellt sich schon eine weitere generelle Frage, was es mit diesen Abwalmungen auf sich hat: sind diese ursprünglich oder entstammen sie einer Zeit, in der bei Überformungen von Giebelfassaden zu klassizistischen Fassaden mit geradem, hausbreitem Abschluss der Giebel dann 'quasi' abgeschrotet wurde, damit er nicht mehr über die Abschlusskante hervorschaute?
Jedenfalls hat Nr. 18 zwei Dachgeschosse und Nrn. 20 und 22 nur eines. Ich kann mir vorstellen, dass bei Nr. 18 das bestehende 1. Dachgeschoss (das ist kein 3. Obergeschoss) heute noch die originale Breite des ersten Stufenpaars einnimmt. Und die beiden seitlichen kleinen Fenster könnten aus einstigen Blindnischen hervorgegangen sein, auch wenn die Nachbarbauten keine solchen aufweisen.
Für eine zeichnerische oder fotografische Rekonstruktion sind zu wenige Kenntisse vorhanden, weshalb ich das eben Beschriebene in Skizzenform zeichnete. Aussagen zu Blindnischen, Form und Anzahl der Fenster im Giebeldreieck etc. können aufgrund der Fotografie und der Rückseite bei google.maps keine gemacht werden. Insbesondere die beiden Fenster in der aktuellen Form im 1. Dachgeschoss erscheinen mir in der Höhe zu gedrückt, auch wenn die abgeschrägten Sturzleibungen altertümlich wirken.
Böttcherstr. 18, Rekonstruktionsskizze. Bildgrundlage: Frank1204.