Wenn wir schon in Sachsen (nicht Saxen bei Perg, wo wir auch schon die Kirche besucht haben) sind, dann wollen wir uns gleich mit was Ordentlichem beschäftigen. Den Vergleich der obersächsischen Hallengewölben mit der MSG hat ja bereits Brucher angestellt, und wir haben ihn schon zitiert. Grund genug, uns damit näher zu befassen.
das da braucht man wohl nicht extra vorzustellen:
Von C. Cossa - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21399692
Dieses dichte und regelmäßige Netz hat nun mit der MSG auf ersten Blick nicht viel zu tun, wenngleich...
es in Stadt Haag in abgeschwächter Form auch aufgetreten ist, allerdings nicht in der Hallenform. Dieser Unterschied erscheint bemerkenswert: In beiden Fällen erwächst das Netz nicht zwingend aus der Pfeiler- oder Raumstruktur, es erscheint etwas "aufgesetzt". Das erscheint in Haag nicht so verwunderlich, da die Dienste für die Entwicklung eines komplexeren Gewölbes nicht eben viel hergeben. Dennoch scheint man sich in Pirna die Möglichkeiten der von den Pfeilern ausgehenden Rippenstruktur nicht sonderlich zunutze gemacht zu haben- dh nicht im Hauptschiff: es sind jeweils 5 auslaufende Rippen, von denen jeweils 2 die Diagonale eines schichten Kreuzgewölbes bilden, somit organisch im Netz aufgehen. Die mittlere Rippe verzweigt sich immerhin symmetrisch, während die beiden Randrippen die Gewölbestruktur überhaupt nicht zu beeinflussen scheinen.
Im Gegensatz dazu geht das Sterngewölbe der Seitenschiffe völlig organisch und musterhaft aus den Pfeilern hervor, sodass die formale Konzeption eigentlich auf diese angelegt erscheint.
Das Mittelschiffgewölbe mit seinem prächtigen Netz erscheint eigentlich als virtuoser "Lückenfüller" bzw als von der eigentliche Raumstruktur autonom.
Dieser letztgenannte Eindruck verstärkt sich noch in der Marktkirche zu Halle:
Von den Pfeilern gehen in der "Deckenebene" überhaupt nur jeweils 3 Rippen ins Mittelschiff ab, von denen die beiden Randrippen immerhin "durchlaufen", also ein Kreuzgewölbe ergeben würden. Die Mittelrippe "versandet in vierfacher Spaltung bzw Kreuzung samt gleichzeitiger Aufspaltung, und drei (nach Spaltung vier) Hilfsrippen auf unterer Ebene tragen eigentlich überhaupt nichts "Konstruktives" bei, dh sorgen für Verunklarung. Das originelle Gewölbebild, das zwischen Netz und Sternenfolge anzusiedeln ist, erscheint von den Pfeilern mehr oder weniger, jedenfalls mehr als noch in Pirna der Fall, autonom zu sein.
Diese Autonomisieurng des Gewölbes ist auch eine Spezialität der "klassischen" MSG, ja wird dort auf die Spitze getrieben:
(St. Valentin)
Der Unterschied zu den zuletzt gezeigten Schlingrippengewölben liegt auf der Hand!
Aber auch diese gehören zu Repertoire der sächs. Hallengotik, einem Kapitel, dem wir uns gesondert widmen müssen.
Zunächst noch eine obersächsische Antithese, nämlich die gewölbetechnisch eher schlicht gehaltene Wolfgangskirche zu Schneeberg:
André Karwath aka Aka - Eigenes Werk
Hier ist wirklich alles aus der Struktur der gekehlten Achteckpfeiler ableitbar.
Gleiches gilt auch für den Dom zu Freiberg.
C. Cossa - Eigenes Werk