Gent (Oost-Vlaanderen, Galerie)

  • Leider ist die alte Gent-Galerie hier im Forum verloren gegangen. Also fange ich hier neu an.

    Gent war im Hoch- und Spätmittelalter die wichtigste Stadt Flanderns (noch vor Brügge!), damals die wirtschaftlich wohl starkste Region Europas (zusammen mit Teilen Norditaliens), und deshalb auch die größte und wichtigste Stadt der Niederlanden (im 13. Jahrhundert hatte die Stadt schon etwa 55.000 Einwohner!). In ganz Europa waren nur Paris, London und einigen italienischen Großstädten noch größer (Köln, Brügge und Prag hatten alle weniger Einwohner)! Nicht umsonst besitzt diese Stadt immer noch 3 romanische Häuser, und dazu auch dutzende (sehr) beeindruckende gotische Bauten, wie der Gravensteen, der Belfort, Teile des Rathauses, die Sankt-Baafskathedrale mit dem weltberühmten Lam Gods von 1432, ein Retabel geschaffen von den Brüdern Jan und Hubert van Eyck, und einige Paläste, sonstige Kirchen und Bürgerhäuser.

    Erst im 16. Jahrhundert, als die Spanier die immer unabhängig gewesene Stadt von wegen der Reformation -die Stadt war eine hochburg der Calvinisten- annektierten, wurde Gent definitiv von der brabantischen Hafenstadt Antwerpen überflügelt, und versank daher in eine gewisse bedeutungslosigkeit. Auch wenn die Stadt, teilweise auch wegen diese Geschichte, für ihr mittelalterliches Stadtbild bekannt ist, ist vom richtig mittelalterlichen Gent, anders als in Brügge oder Lübeck, doch sehr viel weniger erhalten geblieben als man auf den ersten Blick vermuten würde. Eine gut erhaltene, geschlossene Altstadt darf man also auch/sogar hier, wie üblich in Belgien, nicht erwarten!

    Im 18. Jahrhundert blühte Gent wieder auf, wurde dann aber im 19. Jahrhundert, nach der Hungersnot von 1845-'48, zu einer grauen, nicht allzu interessanten Industriestadt. Anfang des 20. Jahrhunderts begann man aber damit, die große Geschichte der Stadt wieder sichtbar zu machen. Für die Weltausstellung von 1913 schuf man dann im inneren Stadtzentrum ein Stadtbild, das eigentlich gar nicht wahrhaft das Predikat "mittelalterlich" tragen darf (wie übrigens auch einige sogenannt "mittelalterliche" Städte in Deutschland). Es ist eher eine Art Synthese aus Relikten des Mittelalters und dem Geist des ausgehenden 19. Jahrhunderts, und gehört sicherlich zum Allergroßartigsten, was der Historismus zustandegebracht hat.

  • Leider war ich erst im letzten Dezember dort, also waren die Lichtverhältnisse fürs Fotografieren eher schwierig. Also sind es diesmal nicht sehr viele Bilder, aber ich habe zumindest versucht, das Wichtigste herauszunehmen.

    Fangen wir an mit einem Bild eines mittelalterlichen Stadtpalästes, genannt "Geeraard de Duivelsteen", aus dem 13. Jahrhundert (unglaublich, was für ein Bau! :anbeten: ) :

    Die unmittelbare Umgebung des "Geeraard de Duivelsteens" (wir sind hier östlich der Kathedrale, also am östlichen Rand des Stadtzentrums):

    Jetzt einige (leider nur wenige) Bilder der Kathedrale; hier die völlig zugebaute Nordseite - wenigstens hier ist Gent richtig mittelalterlich geblieben:

  • Für die Vollständigkeit folgen hier nun einige Fremdbilder der Sankt-Baafskathedrale:

    Door Donar Reiskoffer (Eigen werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) undefined CC BY 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

    Door Parsifall (Eigen werk) [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons

    I, Sailko [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) undefined CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

    Das "Lam Gods":

    Jan van Eyck [Public domain], via Wikimedia Commons

  • Die heutige Kathedrale war bis 1539 nur Pfarrkirche der Gemeinde St. Johann Baptist, wie auch der Vorgängerbau der heutigen Kirche aus dem 12. Jahrhundert (schon davor, seit dem 10. Jahrhundert, gab es an diesem Standort eine St. Janskirche). Der heutige Kirchenbau stammt, bis auf der Ausstattung (Barock), weitestgehend aus dem 14. bis 16. Jahrhundert, auch der 89 Meter hohe Westturm, der seit einem Brand aber nicht mehr ganz vollständig ist:

    Gleich westlich der Kathedrale gibt's eine im 19. Jahrhundert durch Abrisse entstandene Platz, an deren Westseite sich schon der ebenso beeindruckende Belfried (mit Tuchhalle) befindet:

    Und gleich nördlich des 95 Meter hohen Belfrieds befindet sich dazu noch der (ebenfalls beeindruckende) Renaissanceflügel des Rathauses:

    Blick zurück gen Südosten, links ein beeindruckender Bau des Historismus:

    Etwa die Hälfte der Tuchhalle und der untere Teil des Belfrieds sind weitgehend noch Originalbauten aus dem Spätmittelalter, der übrige Teil der Tuchhalle wurde dagegen erst anfang des 20. Jahrhunderts nach Originalplänen erbaut, und der obere Teil des Turms ist sogar eine völlige Neuschöpfung von 1912(!), die damals eine (nicht allzu schöne) Eisenkostruktion aus dem 19. Jahrhundert ersetzte:

  • Nun der gotische Flügel des Rathauses, der aber wegen dem Gegenlicht und der niedrigen Sonne nur schwer zu fotografieren war:

    Beim Rathaus ging der Blick also schon schnell gen Osten, in die äußerst interessante Straße "Hoogpoort":

    Noch einmal ein Blick gen Südwesten - welch ein Anblick (es gibt aber gerade in Gent aber noch deutlich großartigere Motive)!

    Die Südzeile der Hoogpoortstraße: lauter spätmittelalterliche Steinbauten!!