Beiträge von Pagentorn

    Eine vertane Chance

    Anläßlich des fünfhundertjährigen Bremer Reformationsjubiläums am 9. Novemer 2022 fand die letztjährige Jahrestagung der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte ausnahmsweise einmal außerhalb der Grenzen dieses Bundeslandes und zwar in Bremen statt.

    Die gelegentlich dieser Tagung gehaltenen Vorträge wurden jüngst in dem Jahrbuch der Gesellschaft (119./120. Band 2021/22) publiziert. Da meine Wenigkeit einer der Referenten sein durfte, erlaube ich mir hier aus meinem Beitrag auszugsweise gerafft zu zitieren und auch zwei der zugehörigen Abbildungen hier Farbe (in der Veröffentlichung konnten sie aus Kostengründen lediglich schwarz-weiß abgedruckt werden) beizufügen.

    Inhaltlich geht es bei diesem Exzerpt um die aus den ersten Nachkriegsjahren datierenden Pläne des Architekten Fritz Brandt hinsichtlich eines Wiederaufbaus von St. Ansagrii an historischer Stelle.

    "Vor dem Hintergrund der allgemeinen Zeitumstände und des Schocks über den Turmsturz brauchte es nach Ende des Krieges sehr lange, bis man in der Gemeinde begann, sich mit der Frage der weiteren Verwendung der Kirche zu beschäftigen. Auch die schon 1946 von Seiten des Bremer Baudirektors erhobene Forderung nach einer Rekonstruktion des städtebaulich unverzichtbaren Kirchturms fand von Seiten der Gemeinde zunächst kein öffentliches Echo. Drei Jahre nach Kriegsende wurden dann aber zwei Parteiungen erkennbar, die entgegengesetzte Ansätze hinsichtlich des Umgangs mit der alten Kirche vertraten:

    Am 18. Juli 1948 wurde die im Auftrag der Ansgarii-Gemeinde vom Architekten Fritz Brandt zu einer „Notkirche“ umgebaute Baracke der ehemaligen „Organisation Todt“ an der Ecke Schwachhauser Heerstraße / Holler Allee mit einem Weihegottesdienst in liturgischen Gebrauch genommen. Mit dem sechsunddreißigjährigen Claus Liske hielt ein junger Pastor die Weihepredigt, der die alte Kirche selber nicht mehr aus eigenem beruflichen Erleben kannte und für den es deshalb wesentlich leichter war, sich innerlich von der – immer noch imposanten – Ruine zu distanzieren, als es den beiden während des Krieges verstorbenen, langjährigen Ansgarii-Pastoren, Bode und Leonhardt möglich gewesen wäre. Liskes Predigt basierte auf 1. Korinther 3.11: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Die bei der Auslegung entscheidenden Worte Liskes waren dann: „Es ist besser, einen bescheidenen Raum mit dem Worte Gottes zu erfüllen als ein stolzes Gebäude zu besitzen, das leer bleibt.“ Durch die Zuweisung des positiv konnotierten Adjektivs ‚bescheiden’ an die Notkirche und die Betitelung des historischen Gebäudes mit dem negativ besetzten „stolz“, wurde begonnen, die Zuhörer suggestiv zugunsten der Aufgabe der alten Kirche zu beeinflussen."

    Dem gegenüber entwarf der Architekt der Gemeinde, Fritz Brandt im November 1948 einen Plan, der einen partiellen Wiederaufbau der alten Kirche in situ vorsah und insbesondere den stadtbildprägenden Turm - dem Postulat des Baudirektors folgend - zurückgewonnen hätte. Der Plan verzichtete auf das komplette Langhaus sowie auf das Joch nördlich des Turms. An deren Stelle sollten dreigeschossige, einen offenen Innenhof säumende Geschäftshäuser entstehen. Der Hauptzugang zu Innenhof und „Rumpfkirche“ hätte durch den in voller Höhe, jedoch ohne Fenster, Blenden und Ziffernblatt sowie lediglich durch Geschossbänder gegliederten Turm geführt, dessen Helm allerdings originalgetreu rekonstruiert worden wäre. Durch eine Wand vor Vierung und Querhaus wäre die Kirche nach Westen hin zum neuen Innenhof abgeschlossen worden. Die reformations- und stadtgeschichtlich hochbedeutsame Zütphenkapelle wäre innerlich und äußerlich komplett wiederhergestellt worden und hätte zukünftig die Funktion einer Taufkapelle übernehmen sollen.

    Aus dem Plan Brandts und der Weihpredigt Liskes ergibt sich somit folgendes Gesamtbild: Im Jahre 1948 hatten sich in der Gemeinde bereits Kräfte formiert, die auf die dauerhafte Trennung der Gemeinde von ihrem angestammten Gotteshaus hinarbeiteten. Gleichzeitig war aber die Gegenmeinung, die an der „Schaarskaaken“ festhalten wollte, immer noch so stark, dass ein gemeindlicher, kostenpflichtiger Auftrag an Brandt – dieser wird nicht pro bono gearbeitet haben – für Entwürfe bzgl. des Wiederaufbaus an der angestammten Stelle erteilt wurde. Pastor Liske mag da vielleicht das „Zünglein an der Waage“ gewesen sein, welcher die Gemeinde in Richtung Aufgabe von alter Kirche und Kapelle bewegt hat."

    Abbildung 01

    Brandt-Plan von 1948 - ohne Giebel des südlichen Querhauses - Grundriß.

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    Abbildung 02

    Brandt-Plan von Januar 1949 - mit Giebel des südlichen Querhaues - Ansicht von der Obernstraße.

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    Museumsquartier St. Ansgarii

    Zur Illustration der im vorigen Beitrag dargelegten Idee, anbei einige Abbildungen / Visualisierungen:

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    Zunächst - als Einstimmung - eine Zeichnung des unvergessenen Vorkriegsdomizils des Focke Museums an der äußersten Westspitze der Altstadt: Von 1915 bis zum 2.Weltkrieg beherbergte das historische Armenhaus die vom Senatssyndikus Johann Focke begründeten stadthistorischen Sammlungen.

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    Bereits kurz vor dem Kriege hatte der seinerzeitige Museumsdirektor Ernst Grohne das ehemals erzbischöfliche Vorwerk 'Riensberg' als Außendepot für das Museum erwerben können. Während des Krieges, der aufgrund der umsichtigen Auslagerungspolitik Grohnes zu nahezu keinerlei Verlusten an den Sammmlungsbeständen führte, wurde weitere Exponate der bisherigen Dauerausstellung im alten Armenhaus hierher evakuiert.

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    Nachdem das Armenhaus im Kriege so gut wie vollständig pulverisiert worden war, machte Ernst Grohne das Depot auf Gut Riensberg kurzerhand zum neuen Hauptdomizil des Museums; und handelte nebenbei bemerkt auf diese Weise ebenso wie Bundeskanzler Adenauer, der sich die Bundeshauptstadt Bonn vor seine Rhöndorfer Haustür holte: Ernst Grohne wohnte nämlich bereits seit der Vorkriegszeit schräg gegenüber dem Gutshaus.

    Der große Nachteil dabei war (und ist) aber, daß die stadthistorischen Sammlungen nun viereinhalb Kilometer von der Altstadt entfernt waren (und sind). Trotz der Anbindung mit der Straßenbahn ist diese Entfernung für viele Tagestouristen unüberbrückbar !

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    Vorteil der gegenwärtigen Anlage ist die umgrünte Lage vom Stammhaus Riensberg und den im Laufe der Jahre hinzugekommenen weiteren Bauten, wie dem vom Darmstädter Architekten Heinrich Bartmann in Anlehnung an das dänische Museum Lousiana entworfene neue Haupthaus.

    Soviel zum gegenwärtigen 'Ist-Zustand'. Und nun zu der Umzugs-Idee :

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    Germanisches Museum in Nürnberg

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    St.Annen Museum in Lübeck

    Wenn man das in die Altstadt zurückgekehrte Focke Museum in der mittleren Altstadt unter Einbeziehung der rekonstruierten Ansgarikirche unterbringen würde, so wäre dies kein Novum in Deutschland, denn z.B. beim Lübecker St. Annen Museum und dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg wurden auch Sakralgebäude in das jeweilige Museumsquartier mit einbezogen. Zugestanden, bei beiden Beispielen handelt es sich nicht um Vollrekonstruktionen. Jedoch trägt in beiden Fällen der jeweilige historische Kirchenbau viel zu der einzigartigen Atmosphäre des Museumskomplexes bei und ist aus diesem nicht wegzudenken.

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    Bezüglich unserer Bremer Überlegungen kann man davon ausgehen, daß die zusammengerechneten Grundflächen von St. Ansgarii Kirche, ihren Anbauten und des nördlich anschließenden C & A Gebäudes in etwa der Grundfläche des Lübecker St. Annen Museums entsprechen dürften.

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    Die Idee hat somit durchaus Potential und sollte ausgearbeitet werden. Dann könnte es möglicherweise mittelfristig eines Tages heißen:

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    Neues Domizil des stadthistorischen Museums

    - oder: Attraktion ist nicht gleich Attraktor - und: wo ist von Zütphen ?

    Der für baupolitische Fragen zuständige Redaktueur der 'Bremer Nachrichten' / des 'Weser Kuriers', Jürgen Hinrichs, hat vor dem Hintergrund des Verzichts des 'Focke Museums' auf den geplanten Erweiterungsbau an seinem aktuellen Hauptstandort im Stadtteil Schwachhausen durch einen Kommentar in seiner Zeitung (BN v. 29.03.2023) eine Diskussion darüber angestoßen, ob das Museum nach bald achtzigjährigem 'Exil' nicht wieder in die Altstadt zurückkehren sollte. Wir von Anschari verfolgen seit Jahren einen ganz ähnlichen Ansatz, da wir es für unglücklich halten, dass die museale Darstellung der Stadtgeschichte hier so peripher verortet ist. In keiner anderen Stadt Deutschlands von vergleichbarer Größe ist das so. Während aber Herr Hinrichs in diesem Zusammenhang die nicht realisierten Libeskind-Türme am Brill als seinerzeitiges Gedankenspiel bzgl. eines neuen Standortes in Erinnerung ruft und Leserzuschriften das Bankgebäude der ehemaligen Discontogesellschaft am Ostende der Langenstraße (heute im Eigentum von Dr. Jacbos) vorschlagen, haben wir uns - selbstredend - mit einem Plädoyer für ein Nutzungskonzept einer rekonstruierten Ansgarikirche als stadthistorisches Museum in die Diskussion per Leserbrief eingebracht. Auch wenn wir nicht abschätzen können, ob diese Diskussion - wie so viele vorher in Bremen - als Strohfeuer nach wenigen Tagen wieder enden wird, so möchten wir hier dennoch den besagten Leserbrief den hiesigen Foristen zur Kenntnis geben und zwar in 'beiderlei Gestalt': Zum einen die eingereichte Originalversion, zum anderen die von der Leserbriefredaktion redigierte Version:

    Der geneigte Leser möge sich bitte über Sinn und Unsinn dieser Redigierung und die hinter dieser stehenden Motive sein eigenes Urteil bilden...

    1. Originalversion

    (Durch die Redigierung veränderte Passagen fett formatiert und unterstrichen.)

    Für ein tatsächlich mittelfristig in die Altstadt zurückzuverlegendes Focke Museum gäbe es keinen idealeren Ort als eine rekonstruierte Ansgarikirche. In ihr würden sich die kostbaren stadthistorischen Sammlungen nämlich in einem baulichen Rahmen befinden, der selber Repräsentant wichtiger Aspekte der Stadtgeschichte war: Die mit dem Namen Ansgars verbundene Rolle Bremens als Missionszentrum Nordeuropas käme darin ebenso zum Ausdruck, wie die in der Zütphen-Kapelle ihren Ausgang nehmende Reformation. Viele Touristen würden den am Ende der Obernstraße aufragenden Riesen des Kirchturms zum Anlass nehmen, auch die westlichen Teile der Altstadt zu erkunden, wodurch das Gebäude zu einem fußläufig gut erreichbarem ‚Attraktor’ im Sinne der Tourismusforschung würde. Nach den Stationen im Katharinenkloster, Domanbau, Armenhaus und Gut Riensberg, wäre St. Ansgarii der wahrhaftige Höhepunkt in der Laufbahn unseres stadthistorischen Museums und gleichzeitig ein die Stadtgesellschaft zusammenbringendes Symbol für ein optimistisches Neudenken der im Strukturwandel begriffenen City.

    2. Am 01.04.2023 als Leserbrief veröffentlichte Version

    (Durch die Redigierung eingefügten Passagen sind fett formatiert und unterstrichen.)

    Für ein tatsächlich mittelfristig in die Altstadt zurückzuverlegendes Focke Museum gäbe es keinen idealeren Ort als eine rekonstruierte Ansgarikirche. In ihr würden sich die kostbaren stadthistorischen Sammlungen in einem baulichen Rahmen befinden, der selber Repräsentant wichtiger Aspekte der Stadtgeschichte war.Unter anderem käme die mit Ansgar verbundene Rolle Bremens als Missionszentrum Nordeuropas zum Ausdruck.

    Viele Touristen würden den am Ende der Obernstraße aufragenden Kirchturm zum Anlass nehmen, auch die westlichen Teile der Altstadt zu erkunden, wodurch das Gebäude zu einer zu Fuß gut erreichbaren Attraktion würde. Nach den Stationen im Katharinenkloster, Domanbau, Armenhaus und Gut Riensberg, wäre St. Ansgarii der wahrhaftige Höhepunkt in der Laufbahn unseres stadthistorischen Museums und gleichzeitig ein die Stadtgesellschaft zusammenbringendes Symbol für ein optimistisches ‚Neudenken’ der im Strukturwandel begriffenen City.

    Interessant ist jedenfalls die Gewichtung:

    Natürlich hält der Name der Kirche die Erinnerung an den ersten Bremer Erzbischof und Apostel des Nordens - Ansgar - aufrecht. Jedoch hat ein Mensch des 9. Jahrhunderts ein Bauwerk, welches erst im 13. Jahrhundert erbaut wurde, nicht selber durch in ihm vollzogenen Handlungen historisch prägen können. Anders war dies hingegen bei von Zütphen, der durch seine Predigten in Chorseitenkaplle und Kirche die Reformation in Bremen anstieß.

    Wenn man somit unbedingt an der einschlägigen Passage des Original-Leserbriefes kürzen musste, dann hätte man - in Gottes Namen - den Heiligen Ansgar eher wegstreichen können, als von Zütphen !

    Fundstück zu den sog. 'Luisenbräuten'

    Über diesen in der Garnisonkirche gepflegten karitativen und hochsozialen Brauch schweigen sich die Gegner des Kirchenschiffs und des gesamten Gotteshauses natürlich wohlweislich aus.

    Dennoch bin ich guten Mutes, dass es einen fernen Tages in unserer Garnisonkirche wieder Trauungen am Todestag der unvergesslichen Mutter Kaiser Wilhelms I. geben wird. Das walte Gott !

    Ausdauer des Nebensächlichen

    Marion Gräfin Dönhoff erzählte seinerzeit bzgl. eines lange nach Kriegsende stattfindenden Besuchs ihres Geburtsortes Friedrichstein am Pregel, daß es seltsam gewesen wäre zu sehen, was von dem großen Gut noch erhalten war und was nicht: Die namensgebende imposante Schlossanlage war bis auf kümmerliche Mauerreste verschwunden. Hingegen hing an einer erhaltenen Scheune noch der - im Verhältnis zum ehemaligen steinernen Schloss - sehr fragile hölzerne Glockenstuhl, mit dessen Glocke wochentags das Gesinde und die Gutsmitarbeiter zur Mittagspause gerufen worden waren. Dies hätte sie sehr angerührt.

    An diesen Bericht fühlt man sich erinnert, wenn man an der Wand mit den Bögen, die Handläufe sieht, die bis vor Kurzem zum Nordausgang gehörten. Wer weiß, vielleicht ist der Werbeslogan des neuen Balgequartiers "Am Handlauf zur Weser" dafür verantwortlich, daß man sich scheute, die beiden Objekte ebenso abzuflexen wie die massiven Träger, die die Treppenanlage einst stützten und deren in der Wand steckenden Enden man noch sehen kann.

    Noch anrührender ist das kleine grüne Hinweistäfelchen bzgl. des Fluchtweges. Schon bemerkenswert: Solche Kleinigkeiten bleiben vor Ort, wo anderes monolithisch Erscheinendes wie Staub verfliegt...

    Den bekannten Spruch: Nichts ist ewig, außer Gott, Rom und der lateinischen Sprache, kann man um 'Nebensächlichkeiten' ergänzen !

    Die Obernstraße war seit dem Mittelalter eine der vornehmsten Adressen in der Bremer Altstadt, Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entwickelte sie sich zur Haupteinkaufsstraße, vergleichbar der 'Breiten Straße' in der Schwesterstadt Lübeck. Während des Kaiserreichs wuchsen hier Firmen-Paläste, wie - u.a. - die Neorenaissance Burg von 'Schlotte' (dem Haus der Geschenke), das giebel-dominierte Bekleidungshaus der Gebrüder Hirschfeld, die Buchhandlung Franz Leuwer an der Ecke zur Kleinen Waagestraße, das Geschäftshaus von Johann Jacobs an der Ecke zur Großen Waagestraße und das imposante Jugendstil-Kaufhaus von Heymann & Neumann empor. Der Zweite Weltkrieg und der nachfolgende 'Neuaufbau' ließen von aller dieser Pracht nichts übrig. Lediglich das Ende der 20er Jahre hinzugekommene nüchterne Warenhaus von Rudolf Karstadt wurde als Ruine gesichert, wiederhergestellt und bis heute in Nutzung genommen.

    Im Folgenden sollen in unregelmäßigen Abständen einzelne Bauwerke vorgestellt werden.

    In Bremen steht ein 'rosa Elefant'...

    Bei einem Rundgang durch das neue Johann-Jacobs-Haus an der Obernstraße am Tag nach Dreikönig 2023 konnten die folgenden Ansichten der gigantischen Leerstelle im Herzen der mittleren Bremer Altstadt eingefangen werden...

    Fehlt da nicht etwas, rechts neben 'Finke' ?

    Blick aus dem Fenster der Rösterei in einem der Obergeschosse des Johann-Jacobs-Hauses.

    Die Obernstraße ohne rechtes Ziel...

    Die Nichtexistenz des 'Rosa Elefanten' ermöglicht Ausblicke über den Turm der katholischen St. Marien Kirche in Walle und die Roland-Mühle bis hin zur fernen Ritterhuder Geestkante am Horizont.

    Es ist durchaus nicht so, daß in Bremen in den vergangen Jahren keine neuen 'Türme' erbaut worden wären, wie der Helmut-Jahn-Tower und Kurt Zechs 'Stadtmusikanten-Hochhaus' am Kopf des Europahafens (an der Stelle des kriegszerstörten Hafenhauses am seinerzeitigen Freihafen I) beweisen.

    Aber ob sich der Turm des 'Rosa Elefanten' ebenso optisch hilflos zu diesen Neubauten stellen würde, wie der Turm der Kirche des Erzmärtyrers der Christenheit (St.Stephani), darf bezweifelt werden...

    Anläßlich einer 'Stammhaus-Führung' durch das neue Johann-Jacobs-Haus konnten heute einige Ansichten der rückwärtigen Giebels der Stadtwaage aus 'höherer Warte' eingefangen werdens

    Die aufgereihten Dachgauben.

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    'Neo-Gotik' der Nachkriegszeit. Der rückwärtige Giebel ist eine Schöpfung des seinerzeitigen - um Bremen hochverdienten und vor dem Kriege in Breslau (v.a. im Schweidnitzer Keller des dortigen Rathauses) tätig gewesenen - Landesdenkmalpflegers Rudolf Stein. Bis zum 2. Weltkrieg hatte diese Giebelwand des Gebäudes nie frei gestanden.

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    Plastizität des Vordergiebels mit seinen Obelisken.

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    Die urbane Einbettung des Rückgiebels.

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    Dialog von Stadtwaage und dem Turm von St. Martini. Dem, mit dem wunderschönen Glockenspiel...

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    Der Blick weitet sich. Leider sticht das Gebäude von Kühne & Nagel an der Weser (am linken Bildrand) auch aus dieser Perspektive sehr negativ ins Auge...

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    Die kriegszerstörte Stadtwaage ist kein Rekonstruktionsdesiderat der Gegenwart, da sie bereits in der Nachkriegszeit wiedergewonnen werden konnte. Aber infolge der aktuellen Umgestaltungen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft (Stichwort: Abriß des Essighauses) bieten sich momentan ungewohnte und teilweise nur temporär erlebbare Perspektiven auf dieses imposante Weser-Renaissance-Gebäude. Im Folgenden werden einige davon vorgestellt.

    Impressionen vom Samstag nach Epiphanias 2023

    Anläßlich einer 'Stammhaus-Führung' durch das neue Johann-Jacobs-Haus konnten heute einige Ansichten des Baufeldes aus 'höherer Warte' eingefangen werden.

    Baufeld und Rückseite der Stadtwaage. Gesehen von der rückwärtigen 'Loggia' des Johann-Jacobs-Hauses.

    Das Baufeld in seiner gesamten Länge. Gesehen von der Dachterrasse.

    'Strebepfeiler' und Wand mit den Bögen

    Der seltsame Versatz (roter Pfeil) in der Wand mit den Bögen ist einer Vormauerung aus Weißsteinen geschuldet, die beim Umbau in den 1950er Jahre offenbar zur Sicherung des uralten gotischen Mauerwerks aufgeführt wurde.

    Zum Vergleich: Der Versatz an der Außenseite der Mauer.

    Seinerzeitiger Gegenentwurf

    Das seinerzeitige schlüssige Spellenberg'sche Gesamtkonzept hinsichtlich der östlichen Langenstraße hätte u.a. das 'Steinerne Haus' nicht nur erhalten, sondern darüber hinaus auch noch altstadtgerecht und pittoresk in Szene gesetzt, sodaß ein Plätzchen mit Flair entstanden wäre, welches Einheimische und Gäste der Stadt gerne aufgesucht hätten.

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    Noch gäbe es die Chance, in diesem Sinne umzusteuern, wenn man von Seiten des Eigentümers und der Politik bereit wäre, über den eigenen Schatten zu springen, wie Jakku Scum es in seinem jüngsten Beitrag auf Stadtbild anmahnt...

    Widersprüche

    Ausgehend von dem, was der geschätzte Jakku Scum soeben auf ‚Stadtbild’ geschrieben hat (https://www.stadtbild-deutschland.org/forum/index.ph…1258#post401258) fallen demjenigen, der mit kritischen Augen die Baustelle umwandert diverse Widersprüche auf:

    Auf der veröffentlichten Visualisierung der Ansicht des ‚neuen’ Essighauses vom ‚Jacobshof’ aus, ist die Ostwand des historische Hinterhauses mit ihren zerklüfteten Mauervor- und rücksprüngen noch als komplett erhalten dargestellt. Tatsächlich ist nun aber nur noch der Pfeiler vorhanden. Ob an eine Rekonstruktion des Erscheinungsbildes der restlichen Wandfläche gedacht ist ? Wohl eher kaum !


    Die Baustellenplanen zeigen teilweise die ‚abgespeckte’ Schattenwurfversion der Fassade, teilweise aber auch noch die ursprünglich in 3-D-Druck vorgesehene Vollrekonstruktion aller Geschosse inklusive des Giebels.

    Was mag die Ursache sein ? Schludrigkeit ? Minachtung der Bremer (nach dem Motto: wird dort schon nicht auffallen und wenn doch, was macht das schon...) ? Überstürzte Planänderung wegen explodierender Baukosten, wobei die Bauplanen schon bestellt waren und eben trotz der Planänderung unmodifiziert aufgehängt wurden (erneut nach obigen Motto).

    Oder ist dies etwa ein verklausulierter Hinweis darauf, daß Dr. Jacobs eine große Überraschung bereithält und die Fassade letztlich doch rekonstruieren wird (frei nach dem Verhalten von Eltern, die auf bohrende Kinderfragen vor Heiligabend vorgeben, das Christkind würde einen bestimmten Wunsch nicht erfüllen, um die Freude bei der Bescherung nur zu steigern, wenn das Geschenk dann doch – und nun für das Kind um so kostbarer – auf dem Gabentisch zwischen Krippe und Christbaum liegt ? Zu letzterem Erklärungsversuch wird man wahrscheinlich nur sagen können: Träum weiter !

    Rißbildung im Mauerwerk

    Bei genauerer Betrachtung fällt einem ein deutlicher Riß im Mauerwerk des nördlichen Bogenfeldes auf, welcher durch die Abbrucharbeiten hervorgerufen sein muss, denn bei der Begehung des Gebäudes am 7. Juli war dieser Schaden noch nicht vorhanden. Aus eigener, leidvoller Erfahrung mit derartigen Phänomenen hochsensibilisiert, macht man sich natürlich so seine Gedanken...

    Der neue Riß

    Die intakte Wand am 7. Juli 2022

    (Der rote Pfeil deutet auf die Mörtelfuge hin, durch welchen der Riß jetzt läuft)

    ... und im Vergleich zu diesem recht 'unsicheren Kantonisten' wurde der nachweislich wirklich alte 'Mittelbau' mit Eßzimmer und darüberliegendem Rokoko-Zimmer (mit seinen drei kleinen Pfeilern zum Innenhof) beim jetzigen Abriß bedenkenlos geopfert.

    Eine in der Tat aparte Prioritätensetzung !