Beiträge von Leonhard

    Etwas komplizierter ist die Situation mit der Kirchenfassade. Die ursprüngliche von Fischer gebaute Fassade ist nicht hundertprozentig überliefert: es gibt zwar einen Aufriss, von dem aber nicht klar ist, ob er eine frühe Fassung oder eine spätere Revision darstellt; gebaut wurde bis 1754 auf jeden Fall eine veränderte Version mit u.a. hinzugefügter Attika und verkleinertem Giebel, wie in zwei Zeichnungen von 1807 und 1840 zu sehen ist. Allerdings widersprechen sich die beiden Zeichnungen bzgl. einiger Details, vor allem im Giebel, weswegen der originale Zustand der Fassade leider nicht ganz klar ist.

    Der Aufriss von Fischer:

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    Die Zeichnung von 1807 von Häusler:

    Zeichnung-Hausler-1807.jpeg

    Die Zeichnung von 1840 von Lebschée:

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    1849 formierte sich unter den Bürgern des Lehels ein Turmbauverein, welcher der als zu wenig imposant empfundenen Kirche wenigstens einen Turm samt Uhr und Geläut an die Seite stellen wollte. Schließlich entschloss man sich sogar dazu, der Kirche eine ganz neue, dem Zeitgeschmack entsprechende, repräsentative Fassade vorzublenden: 1852/53 wurde durch August von Voit eine neoromanische Zweiturmfassade errichtet, die sichtlich von der wenige Jahre zuvor durch Voits Lehrmeister Friedrich von Gärtner gebauten Ludwigskirche an der Ludwigstraße inspiriert war. Die neue Fassade war zwar viel größer und „imposanter” als die alte, passte aber weder stilistisch noch atmosphärisch zur bestehenden Kirche: die unverputzten und - abgesehen von der durch Haustein akzentuierten Gliederung - dekorlosen Ziegelstein-Mauerflächen schufen eine eher asketische Ausstrahlung, die in scharfem Kontrast stand zum barocken, festlichen Innenraum.

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    (Wikimedia Commons, gemeinfrei)

    Weiteres Foto der neoromanischen Fassade: https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=676590

    So ist es kein Wunder, dass nach den Beschädigungen des 2. Weltkriegs schnell die Idee aufkam, diese geschmackliche Verirrung wieder zu beseitigen und die barocke Fassade zu rekonstruieren: nicht nur vonseiten Erwin Schleichs, der die Wiederherstellung der Kirche leitete und schließlich 1965/66 die Barockfassade rekonstruierte, sondern schon zuvor von Richard Steidle, der als Architekt den Wiederaufbau des zur Kirche gehörigen und im Krieg zerstörten Franziskanerklosters geplant hatte. Schleich interpretierte die vorhandene und, wie oben bereits beschrieben, unklare Quellenlage zur Fassade auf eigene Weise und hielt sich, was den Giebel betrifft, dabei eher an die Zeichnung von 1840 von Lebschée. Das Vorhaben sah sich aufgrund des Mangels an sicheren Quellen und der daraus folgenden, etwas kreativen Herangehensweise natürlich einer gewissen Kritik ausgesetzt und wird in der Denkmaltopographie als „gewagte Nachschöpfung” bezeichnet. Die neoromanische Fassade war bis auf die zerstörten Turmhelme eigentlich recht glimpflich durch den Krieg gekommen und hätte mit relativ geringem Aufwand wiederhergestellt werden können; nichtsdestotrotz trug man bereits 1946 die Türme bis auf die Höhe des Fassadengiebels ab und 1965 schließlich auch noch bis auf Traufhöhe des Klosters, um darauf die barocke Fassade rekonstruieren zu können.

    Foto nach der Beschädigung:

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    (https://www.erzbistum-muenchen.de/pfarrei/st-ann…chen/cont/64328)

    Nach der Abtragung der Türme:

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    (https://hdbg.eu/wiederaufbau/g…na-im-lehel/348)

    Diese Entscheidung zum Abbruch ging wie schon erwähnt bereits auf Steidle zurück, dessen Wiederaufbauplan des Klosters direkt nach dem Krieg auch die Rekonstruktion der barocken Kirchenfassade vorsah, und war wahrscheinlich der damals weitverbreiteten Abneigung gegenüber historistischer Architektur geschuldet. Aus denkmalpflegerischer Sicht mag man diese Entscheidung vielleicht bedauern, aus ästhetischer und städtebaulicher Sicht hingegen muss man sie meines Erachtens unbedingt gutheißen: eine neoromanische Fassade braucht an dieser Stelle niemand - direkt gegenüber der Klosterkirche St. Anna befindet sich die gleichnamige neoromanische Pfarrkirche St. Anna von 1887-92.

    Was man hingegen kritisieren kann, ist, dass die barocke Fassade dem verbliebenen Torso der neoromanischen Fassade vorgeblendet wurde und somit nicht mehr wie ursprünglich auf einer Linie mit den flankierenden Klostertrakten liegt; diese Lösung wurde wahrscheinlich gewählt, weil sie erstens einfacher und kostengünstiger zu realisieren war und zweitens die erweiterte Vorhalle so beließ, wie sie seit 1853 bestand. Um diese etwas “zusammengebastelte” Lösung zu kaschieren, bekam der Torso sowohl links und rechts neben der Fassade als auch an den vorspringenden Seiten jeweils eine Fensterachse im Aussehen der Klostertrakte, d.h. ein rustiziertes Erdgeschoß mit Stichbogenblenden um die Fenster, darüber ein Gurtgesims, profilierte Fensterrahmungen mit stuckierten Brüstungsfeldern unter den Fenstern des 1. Stocks sowie als Abschluss ein Traufgesims. Diese Fassadengestaltung wurde den Bauaufnahmen von 1807 entnommen und ebenfalls beim Wiederaufbau des Klosters angewendet.

    Rekonstruierte Barockfassade auf dem Torso der neoromanischen Fassade mit angrenzendem Kloster:

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    Insgesamt ist die Wiederherstellung von St. Anna ein Paradebeispiel für die von Schleich angestrebte schöpferische Denkmalpflege: einerseits wird mit größtmöglicher Akribie rekonstruiert, was verloren gegangen ist und wovon es genaue Quellen gibt; andererseits werden Teile, von denen nicht genau bekannt ist, wie sie ausgesehen haben, mit künstlerischer Kreativität und einer gewissen Unbekümmertheit so nachgeschöpft, dass sich in der Summe ein möglichst lückenloses und künstlerisch einheitliches Bild ergibt. Bezogen auf St. Anna bedeutet dies, dass die auf Fotos überlieferten Teile der Innenausstattung vollständig und so perfekt wie möglich rekonstruiert wurden, weil anders als etwa im Alten Peter, der Heiliggeistkirche oder der Damenstiftkirche hier keinerlei bauliche oder kunsthandwerkliche Kompromisse eingegangen werden mussten, die nicht vollständig bekannten Teile der Innenausstattung wie die beiden mittleren Seitenaltäre und vor allem die Fassade hingegen mit einem gewissen Pragmatismus und schöpferischer Eigenständigkeit nachempfunden wurden. Was den Innenraum betrifft, so wird heute niemand, ausgenommen vielleicht ein Experte für Malerei, erkennen, dass die Ausstattung nahezu vollständig neu ist und auch der neoromanische Torso ist hinter der vorgeblendeten Barockfassade so gut versteckt, dass die im Grunde etwas ungeschmeidige Art, wie die Kirchenfassade mit den Klostertrakten verbunden ist, kaum jemandem auffallen dürfte.

    Weitere Fotos der Klosterkirche St. Anna hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720315209691


    Wenn man aus der Klosterkirche hinaustritt, sieht man direkt gegenüber die neoromanische Pfarrkirche St. Anna von 1887-92, der wir uns als nächstes widmen werden:

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    Weitere Fotos der Kirche:

    Der bis auf den Tabernakel von J. B. Straub und die beiden Heiligenfiguren links und rechts komplett rekonstruierte Hochaltar (incl. des ebenfalls von Manninger geschaffenen Altarblatts):

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    Auf der linken blauen Tafel ist auf Latein die Rekonstruktion der Kirche vermerkt:

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    Seite links:

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    Seite rechts:

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    Das herrliche, ebenfalls rekonstruierte bayerisch-österreichische Allianzwappen über dem Altarraum:

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    Zwei Schrägansichten des Kirchenraums:

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    Das Fresko über dem Altarrraum mit der Verherrlichung des Namens Anna:

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    Original:

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    (Deutsche Fotothek, gemeinfrei)

    Das Fresko über der Orgelempore mit dem Tod Annas (davon hab ich leider keine bessere Aufnahme):

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    Original:

    Fresko-Orgelempore.jpeg
    (Deutsche Fotothek, gemeinfrei)

    Die alte Signatur von C. D. Asam:

    Signatur-Asam.jpeg

    (Deutsche Fotothek, gemeinfrei)

    Die neue von Manninger:

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    Weitere Farbaufnahmen der originalen Fresken von Asam hier: https://www.deutschefotothek.de/gallery/encode…_ry8RGRZAORCGiw

    Für meine laienhaften Augen hat Manninger die Fresken der Annakirche herausragend gut hinbekommen, nicht nur als großes Ganzes, sondern auch in den meisten Details; viele Gesichter stimmen geradezu unglaublich überein. Er hat aber eine etwas weichere und "lieblichere" Malart als der scharfkantigere und schwungvollere Asam, ein bisschen "Charakter" geht Manninger im direkten Vergleich vielleicht ab. Das ist aber auch nicht verwunderlich angesichts der immens schwierigen Aufgabe, ein Werk eines anderen Künstlers so genau wie möglich zu kopieren. Insgesamt würde ich diese Fresko-Rekonstruktionen zu den besten zählen, die in Deutschland nach dem Krieg geschaffen wurden.

    Wenden wir uns nun den drei im Krieg zerstörten und danach von Karl Manninger rekonstruierten Deckenfresken zu.

    Zunächst eine Übersicht über das gesamte Gewölbe, auf dem man schön die tief in das Gewölbe einschneidenden Kalotten der Konchen sieht:

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    Eine Farbaufnahme des originalen zentralen Freskos von C. D. Asam von 1943/44, die Aufnahme der hl. Anna in den Himmel darstellend:

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    (Deutsche Fotothek, gemeinfrei)

    Das von Karl Manninger 1972 rekonstruierte Fresko:

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    Einige Ausschnitte:

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    Original:

    Ausschnitt-Deckenfresko-2.jpeg
    (Deutsche Fotothek, gemeinfrei)
    Ausschnitt-Deckenfresko-3.jpeg
    (Deutsche Fotothek, gemeinfrei)


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    Original:

    Ausschnitt-Deckenfresko-1.jpeg
    (Deutsche Fotothek, gemeinfrei)

    Als erste Kirche außerhalb der Altstadt möchte ich die Klosterkirche St. Anna im Lehel (münchnerisch "Lechl") vorstellen.


    Klosterkirche St. Anna im Lehel
    St.-Anna-Straße 19
    Erbaut 1727-39

    Typus: längsovaler, von seitlichen Konchen umgebener Zentralraum mit rundem Presbyterium und querovalem Orgelchor

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    Baugeschichte:

    - 1725 Baugenehmigung durch Kurfürst Max Emanuel: die Vorstadt Lehel hatte damals noch keine eigene Kirche, weswegen die Bewohner den Kurfürsten baten, dort eine Kirche zu errichten; der Kurfürst verband den Bau der gewünschten Kirche mit der Ansiedlung des Hieronymiten-Ordens im Lehel, die an ihrem bisherigen Standort am Walchensee nicht zufrieden waren und eine neue Niederlassung suchten.

    - 1727 Grundsteinlegung durch Kurfürstin Maria Amalia, der Gemahlin des neuen Kurfürsten Karl Albrecht (dessen Vater Max Emanuel 1726 verstorben war) und Ernennung des Kirchenbaus als Votivkirche anlässlich der Geburt des Kurprinzen Max III. Joseph.

    - 1727-33 Bau der Kirche nach Plänen von Johann Michael Fischer; 1729/30 Deckenfresken von Cosmas Damian Asam; 1730 vorläufige Benediktion der Kirche; 1734 Altarblätter von C. D. Asam; 1737 Weihe; 1738/39 Errichtung des Hochaltars und der beiden Haupt-Seitenaltäre durch Egid Quirin und Cosmas Damian Asam. Die Altaraufbauten, Plastiken und Stuckaturen der Kirche schafft Egid Quirin Asam, die Fresken und Altarblätter Cosmas Damian Asam, den Tabernakel mit den beiden Engeln sowie die Kanzel Johann Baptist Straub.

    - 1753/54 Fertigstellung der Fassade

    - 1802 Säkularisation und Aufhebung des Ordens, 1807 Auszug der Hieronymiten; ab diesem Zeitpunkt dient St. Anna als Pfarrkirche des Lehels.

    - In das Kloster, das seit 1807 als Magazin und Kaserne gedient hatte, ziehen 1827 die Franziskaner ein, die ihrerseits 1802 von ihrem angestammten Kloster am Max-Joseph-Platz vertrieben worden waren und nun im Zuge der kirchlichen Rehabilitationspolitik Ludwigs I. wieder nach München geholt werden.

    - 1845 Renovierung

    - 1852/53 wird, nachdem der alte Chorturm baufällig geworden war, der Kirche eine neue Vorhalle mit zwei flankierenden Türmen vorgelagert (Architekt August von Voit); diese neoromanische Fassade, die sich an St. Ludwig in der Ludwigstraße orientiert, soll dem Kirchenvorplatz einen zeitgemäßeren und repräsentativeren Charakter geben.

    - 1893 Umgestaltung einiger Teile der Ausstattung im Sinne der damals populären Nazarenerkunst, wobei einige wertvolle Altarblätter von C. D. Asam verloren gehen.

    - 1934 Renovierung des Innenraums, 1935 neues Relief an der Korbbrüstung der Kanzel mit der Darstellung der Stigmatisation des hl. Franziskus von Konrad Ritter von Hofmann

    - 1944 Zerstörung des Dachstuhls und laut Karlheinz Hemmeter in “Bayerische Baudenkmäler im Zweiten Weltkrieg” auch des Gewölbes; in der Denkmaltopographie steht allerdings nichts von einer Zerstörung des Gewölbes (lediglich von einem Absenken desselben um 25cm) und Fotos von 1946 zeigen ein zwar ausgebranntes, aber baulich intaktes Gewölbe; allerdings ist auf den Fotos auch nicht das gesamte Gewölbe zu sehen. Die Türme und der Innenraum brennen aufgrund von Brandbomben völlig aus: Deckenfresken, Stuckaturen, Orgelempore und ein Großteil der Ausstattung werden vernichtet.

    - 1946 Abtragung der neoromanischen Türme bis auf Höhe des Fassadengiebels, neuer Dachstuhl, Stabilisierung des Gewölbes samt weißem Anstrich, Nachguss der zerstörten Stuck-Kapitelle, Errichtung von provisorischen Altären aus übriggebliebenen Resten; in dieser sehr einfach wiederhergestellten Form wird die Kirche 1951 wiedereröffnet.

    - 1965/66 Rekonstruktion der Barockfassade durch Erwin Schleich unter Einbeziehung der um ein weiteres Geschoß reduzierten Turmstümpfe und der erweiterten Vorhalle von 1853

    - 1967-79 Rekonstruktion der kompletten Innenausstattung unter Leitung von Erwin Schleich: 1967 Stuckierung der Kirche, Rekonstruktion des Allianzwappens über dem Chorbogen und des Freskos im Presbyterium; 1970 Wiederherstellung des Hochaltars (dessen Tabernakel den Krieg überstanden hatte); 1972 Rekonstruktion des großen Freskos im Mittelraum (anhand von Farbdias von 1942); 1973 Restaurierung der beiden vorderen Seitenaltäre (die Altarblätter von C. D. Asam waren vor der Bombardierung gerettet worden); 1974 Wiederherstellung der Kanzel; 1975 Rekonstruktion des Hochaltarbildes (anhand eines Schwarzweißfotos) und Neukonzeption des Antoniusaltars; 1976 Wiederherstellung des Kreuzaltars und des Freskos über der Orgelempore, Stuckierung der Emporenbrüstung; 1978 Erneuerung des letzten Seitenaltars links mit neuem Altarblatt 1979. Die Künstler und Kunsthandwerker des Wiederaufbaus: Karl Manninger, Maler (Deckenfresken, Hochaltarbild, Altarblatt letzter Seitenaltar links); Hermann Rösner, Bildhauer (Hauptportal, St. Annafigur im Giebel der Fassade, Hl. Franziskus und Hl. Antonius in der Vorhalle, Putti am Kreuzaltar, linker Engel am Antoniusaltar); Robert Auer, Maler (Bildtafeln Antoniusaltar); Joseph und Jakob Schnitzer (sämtliche Stuckarbeiten); Firma Kunze (Maler- und Vergolderarbeiten); Albert Knestele & Franz Schreiner (Rekonstruktion verschiedener Großplastiken).

    - 1999 Einweihung der neuen Orgel mit neuem neobarocken Orgelgehäuse der Firma Hermann Mathis (Näfels/Schweiz), Schnitzarbeiten von Bildhauer Wieland Graf.


    St. Anna im Lehel ist ein Frühwerk von Johann Michael Fischer, einem der bedeutendsten barocken Kirchenbaumeister Süddeutschlands: zu seinen Werken gehören u.a. die Klosterkirchen von Ottobeuren, Zwiefalten, Rott am Inn, Fürstenzell und Dießen am Ammersee sowie St. Michael in Berg am Laim in München.

    Bernhard Schütz schrieb über St. Anna im Lehel:

    Fischer gab hier auf Weltenburg, wovon das Konzept für St. Anna gerne abgeleitet wird, eine eigenständige, erfindungsreiche Antwort. Schon der Grundriss bietet zum Weltenburger Längsoval eine ganz besondere Alternative, weil das Oval auf der Querachse ein wenig eingezogen ist. Die Grundrissfigur erinnert an die Form einer Geige. Das ist im Kirchenbau etwas sehr Seltenes. Angeschlossen ist der Chor in Form einer Rotunde. Fischer griff bei der Gesamtdisposition des Grundrisses nicht auf Weltenburg zurück, sondern auf einen Musterbau in Böhmen: die wohl von Christoph Dientzenhofer entworfene Schlosskirche in Smiřice, bei der die Geigenform noch viel deutlicher in Erscheinung tritt und wo in der Gewölbezone ein überall einschwingendes Bogenachteck ausgebildet ist. Die böhmische Präzision der Form ist bei Fischer zurückgenommen; sie ist ein wenig abgeschliffen, doch bleibt das böhmische Muster, nicht zuletzt auch bei der Chorrotunde, immer noch erkennbar. Für die Anschauung bleibt der Raum freilich eine längsovale Rotunde. Die ovale Form wird durch die Einschwünge nicht aufgehoben, sondern - typisch für den frühen Fischer - mit feinem Bewegungsspiel belebt. Vollends konträr zu Weltenburg ist die Wandform, die Fischer in St. Anna erprobte. Während der Aufbau in Weltenburg, festen Schalen vergleichbar, von Travéen mit ungemein gewichtiger Ordnung bestimmt wird, umkleidete Fischer in St. Anna den Raum an den Längsseiten jeweils mit drei Abseiten in Form von Konchen. Die Konchen sind eine frei modellierte Umformung des althergebrachten Motivs rektangulärer Wandpfeilerabseiten, und entsprechend sind die Konchenwände, zum Kernraum hin, mit Hilfe der Pilasterordnung zu festen Pfeilerköpfen verfestigt. Zum Kernraum öffnen sich die Konchen durch ihre Stirnarkaden, die zusammen mit den Öffnungsarkaden zum Chor und Eingangsraum einen den Raum umschließenden Arkadenkranz bilden.”
    Kurz gesagt: Fischer nimmt das eigentlich longitudinale Wandpfeilerschema, zentralisiert es und bringt es zum Schwingen.

    Im Gegensatz zu diesem klar strukturierten Unterbau ist die Gewölbezone ohne weiteres Stützensystem aufgesetzt, Bernhard Schütz schreibt hierzu: “Hier verschneiden sich die Kalotten der Konchen und die Flachkuppel des Kernraums ohne jeden Gurt einfach nur mit einer Gratlinie, die dann der Stukkateur als Profilleiste hervorgehoben hat. Ohne ein konsequentes Stützen-Bogen-System ist die Wölbung wie von Hand aufmodelliert. Fischer rechnete von vornherein mit der Ausstattung und ließ ihr an der Decke ein ideales freies Feld.” Vor allem dieses Ineinanderfließen der Raumteile ist der Grund, weswegen St. Anna im Lehel die erste Rokokokirche in Altbayern genannt wurde: in dem bis dahin vorherrschenden italienisch-österreichischen Ovalkirchentypus war hingegen eine deutlich artikulierte Abgrenzung zwischen Unterbau und Kuppel üblich, meistens ein Tambour mit Gebälk. Hinzu kommt das Lichte und Leichte, das vor allem im Vergleich zur mehr oder weniger gleichzeitig entstandenen Asamkirche auffällt, die mit ihren Hell-Dunkel-Kontrasten und dem schweren, marmorierten und vergoldeten Ornat noch klar in der römischen Barocktradition steht. Trotzdem würde ich St. Anna insgesamt noch als spätbarock bezeichnen: die Asamsche Ausstattung besitzt noch keine Rokokoelemente (lediglich die wahrscheinlich erst um 1756 entstandene Kanzel von J. B. Straub) und rein architektonisch ist eine Unterscheidung zwischen Barock und Rokoko im altbayrischen Kirchenbau sowieso schwierig bis unmöglich, da sich die Charakteristiken des Rokokostils hier kaum architektonisch manifestierten (mit wenigen Ausnahmen wie der Wieskirche), sondern auf Dekoration und Ausstattung beschränkten.

    Bernhard Schütz abschließend zur Architektur von St. Anna: “St. Anna im Lehel ist ein Musterbeispiel für Fischers Fähigkeit, mit modellierten Wand- und Wölbflächen zu arbeiten, denen die Pilaster und Pilasterpfeiler als Ordnungsmacht entgegengestellt sind. Die Flächen umschließen als Schalen den Raum, die Pilaster aber weisen den Zusammenhang vor, in welchem die Teile zu sehen sind.”

    Was die Ausstattung betrifft, so überrascht die höfische Eleganz und Festlichkeit, die eigentlich einer Vorstadtkirche bzw. der Klosterkirche eines Eremitenordens unangemessen erscheint: nicht nur das große, aufwändige Deckenfresko, die elegant geschwungene Kanzel oder die insgesamt sieben reich geschmückten Altäre fallen dabei ins Auge, sondern vor allem auch das prächtige bayerisch-österreichische Allianzwappen über dem Altarraum, welches die Verbindung zwischen Kurfürst Karl Albrecht von Bayern und seiner Gemahlin Maria Amalia von Österreich symbolisiert. Der Grund für die reiche Ausstattung war die Förderung des Kirchenbaus seitens des kurfürstlichen Hauses als Votivkirche anlässlich der Geburt des Kurprinzen Max III. Joseph, weswegen Maria Amalia auch den Grundstein gelegt hatte.

    Im 2. Weltkrieg brannte die Kirche nahezu vollständig aus und die Ausstattung incl. Fresken und Stuck wurde bis auf wenige Reste zerstört. Übrig blieben Teile der Seitenaltäre, Teile der Kanzel, die beiden Stuckfiguren der hll. Pius und Augustinus sowie der Tabernakel des Hochaltars. Die verlorengegangene Ausstattung wurde unter der Leitung von Erwin Schleich 1967-79 vollständig und originalgetreu rekonstruiert, wobei man die Leistung des Malers Karl Manninger besonders hervorheben muss: er rekonstruierte nicht nur die drei Asamschen Deckenfresken, sondern auch das Hochaltargemälde und das Altarblatt des hinteren linken Altars. Besonders das große zentrale Deckenfresko mit der Einführung der hl. Anna in den Himmel ist ihm herausragend geglückt und stellt vielleicht Manningers beste Arbeit in München dar. Auch insgesamt ist die Rekonstruktion der Ausstattung von St. Anna hervorragend gelungen und wirkt absolut authentisch und stimmig: auch neu entworfene Teile wie die Orgel von 1999 oder die teilweise neu ausgestatteten beiden mittleren Seitenaltäre fügen sich ohne stilistische oder qualitative Brüche ein.


    Innenansicht vor der Zerstörung:

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    Weitere Innenansichten vor der Zerstörung:

    - https://www.bildindex.de/document/obj20…m340409/?part=0
    - https://www.bildindex.de/document/obj20…m606278/?part=0
    - https://www.bildindex.de/document/obj20…2244b10/?part=0
    - https://www.bildindex.de/document/obj20…m606279/?part=0

    Zustand nach der Zerstörung durch Brandbomben:

    - https://www.bildindex.de/document/obj20…m202016/?part=0
    - https://www.bildindex.de/document/obj20…2244c13/?part=0
    - https://www.bildindex.de/document/obj20…m202015/?part=0
    - https://www.bildindex.de/document/obj20…2244c11/?part=0
    - https://www.bildindex.de/document/obj20…2244c12/?part=0
    - https://www.bildindex.de/document/obj20…2244c05/?part=0

    Zustand nach der ersten, rein konservierenden Instandsetzung (Foto von 1955):

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    Auf dem obigen Foto sieht man, wie traurig die Kirche aussehen würde, hätten sich danach nicht die traditionalistischen Kräfte um Erwin Schleich und Norbert Lieb durchgesetzt und die Innenausstattung komplett rekonstruiert.

    Heute:

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    Zum Vergleich nochmal die Rückseite nach den Zerstörungen: https://www.bildindex.de/document/obj20…m202015/?part=0

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    Riegel : ich war 1998 in Rio, mein Großonkel lebte seit dem 2. Weltkrieg dort und hatte eine Wohnung im obersten Stockwerk eines Hochhauses direkt an der Baia de Botafogo gegenüber vom Zuckerhut... die Aussicht war fantastisch. Ich war auch fasziniert von der Stadt, aber mehr von der Topographie als der Architektur - ich finde schon, dass der Ausdruck "verschandelt" zutreffend ist. Vom Rio des ersten Drittels des 20. Jhs ist meiner Erinnerung nach nicht mehr sehr viel geschlossen übrig, fast alles wird überragt von häßlichen riesigen Wolkenkratzern. Mein Onkel hat mir irgendwo noch ein kleines Viertel (eher nur ein paar Häuser) mit kleineren Häusern aus der Kolonialzeit gezeigt, aber das war die totale Ausnahme. Die im zweiten Film zu sehenden gepflegten Avenidas sind auf jeden Fall Geschichte, alles ist von Stadtautobahnen durchkreuzt. Trotzdem ist die Lage der Stadt, das Licht und die Atmosphäre absolut fantastisch, das werde ich nie vergessen. Und mit am schönsten war die Schifffahrt auf die Insel Paquetà, wo es einen wunderschönen tropischen Park gibt!

    Sehr faszinierender Fund diese beiden Filme, vielen Dank! Das Rio de Janeiro von Stefan Zweig... so also hat es ausgesehen, als er Ende der 1930er dorthin ins Exil ging. Die Stadt macht einen sehr friedlichen und ruhigen Eindruck, alle Leute elegant gekleidet, die Herren im feinen Anzug und die Damen in lässigen aber schicken Kleidern... hollanda : findest Du das nicht schöner, als wie wenn jeder im Kapuzenpulli und Jeans herumrennt? ;)

    Es sind erstaunlich wenig Schwarze zu sehen, ganz im Gegenteil zu heute, wo das Gegenteil der Fall ist.

    Architektonisch ist es auch interessant, ich teile Loggia's Eindruck, dass es nicht nicht ganz fertig erscheint. Aber die Stadt war wahrscheinlich immer schon "work in progress". Im zweiten Video wird erwähnt, dass die Stadt bereits seit 1900 einen großen Transformationsprozess mitgemacht hätte und dass vom alten Rio des 19. Jhs fast nichts mehr übrig sei... in diesen in den 30er Jahren gemachten Filmen sind an den Stränden auch schon viele moderne Bauten des Neuen Bauens der 20er Jahre zu sehen, wie sie an den europäischen Mittelmeerstränden auch oft stehen... teilweise hat mich das ein bisserl an Rimini u.ä. erinnert. Die Avenidas scheinen unglaublich gepflegt und sauber, wie im Paradies. Kein Vergleich zu heutigen Metropolen. Und gemütlich schaut es aus! Ich bin durchaus fasziniert von diesen Impressionen, vielen herzlichen Dank!

    reklov2708 : das ist tatsächlich eine spannende Frage, über die ich auch schon nachgedacht habe. Ich glaube, dass unsere Städte in etwa so wie die Schweizer Städte aussehen würden, d.h. mitunter durchaus geschlossen erhaltene Altstädte, aber drumherum viele moderne Hässlichkeiten. Unsere Schweizer Mitforisten mögen es mir nachsehen, aber ich hab selten so häßliche Stadtlandschaften gesehen wie in der Schweiz - wenn man von Italien her kommt, ist es oft wie ein Schock. Aber natürlich muss man auch neidlos anerkennen, dass die Altstädte in einem hervorragenden Zustand sind, von dem wir in Deutschland meistens nur träumen können. Aber sei es wie es sei, die Geringschätzung für historistische Architektur war im mittleren 20 Jh so weit verbreitet, dass man auch ohne Kriegsschäden vieles davon abgerissen hätte und zudem die autogerechte Stadt mit Stadtautobahnen etc. umgesetzt hätte. Aber natürlich hätte insgesamt wesentlich mehr überlebt als mit den Kriegszerstörungen, das steht außer Zweifel.

    Es gibt noch einige weitere abgegangene Kirchen und Kapellen in der Altstadt Münchens, hier eine Aufzählung:

    - Kirche des Püttrich-Regelhauses St. Christophorus Ecke Residenz-/Perusastraße (14. Jh, Abbruch 1806)

    - Wieskapelle St. Salvator am Petersbergl (14. Jh, Abbruch 1880)

    - Nikolauskapelle am Petersbergl (14. Jh, 1807 profaniert und überbaut, 1898 entfernt)

    - Kirche des Ridler-Regelhauses St. Johann Baptist und Evangelist am Max-Joseph-Platz (14. Jh, Abbruch 1803)

    - Gruft- oder Neu-Stiftkirche “Unsere Liebe Frau in der Gruft” in der Gruftstraße (heute Marienhof; 14. Jh, 1806 profaniert, 1944 zerstört)

    - Hofkapelle St. Georg in der Neuveste (von 1559, 1750 beim großen Residenzbrand vernichtet)

    - Wartenbergische Kapelle St. Sebastian im Rosental (von 1588, Abbruch 1807)

    - Hofkapelle der Wilhelminischen Veste (spätere Herzog-Max-Burg) Maria Immaculata (von 1593; 1944 zerstört)

    - Spitalkirche St. Rochus in der Rochusgasse (von 1603, Abbruch Anfang des 19. Jhs)

    - Kapelle des Gregoriushauses St. Maria und Gregorius in der Neuhauser Straße (von 1645, Abbruch 1806)

    - Kapelle St. Joseph im Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide in der Residenz (von 1665; 1944 zerstört)

    - Kapelle St. Katharina in der Residenz (von 1669; 1750 beim Residenzbrand zerstört)

    - Cäcilienkapelle in der Residenz (1757; 1944 Vernichtung der Ausstattung)


    Dies soll es aber mit den Kirchen der Altstadt gewesen sein. Ab jetzt werden wir uns den Kirchen der Vorstädte widmen, die ebenfalls aus verschiedensten Epochen stammen und zum Teil sehr prächtig und wertvoll sind. Dies wird allerdings noch einige Zeit dauern, da ich erst einmal die bereits gemachten Fotos sortieren und nachbearbeiten, von vielen Kirchen überhaupt noch Fotos machen und dann die dazugehörige Baugeschichte recherchieren muss. Aber peu à peu werde ich hier weitermachen, allerdings nicht mehr in chronologischer Reihenfolge, sondern so, wie es mir gerade gefällt :) Ich bedanke mich schon einmal für das bisher gezeigte große Interesse!

    Ebenfalls im Zuge der Säkularisation abgebrochen wurde die Franziskanerkirche samt Kloster.

    Franziskanerkirche (Patrozinium nicht überliefert)

    Heute Max-Joseph-Platz

    Erbaut 1284-1297

    Abgebrochen 1802/03

    Typus: ursprünglich flachgedeckte, dreischiffige gotische Basilika mit achtjochigem Langhaus und gewölbtem, einschiffigem und vierjochigem Chor mit 5/8-Schluss

    Franziskanerkloster-Wening.jpeg

    (Kupferstich von Wening 1701)


    Baugeschichte:

    - Baubeginn ab 1282 (Kloster) bzw. 1284 (Kirche) auf der Fläche des heutigen Max-Joseph-Platzes; das dort neu entstehende Franziskanerkloster samt Kirche dient als Ersatz für den vorherigen Sitz der Franziskaner in St. Jakob am Anger, welches den Klarissen überlassen wird. Der Umzug geschieht auf Wunsch Herzog Ludwigs des Strengen, der die Franziskaner als geistliche Betreuung in der Nähe seiner Residenz am Alten Hof haben möchte und der auch den Hauptteil der Finanzierung übernimmt. Weihe 1297.

    - Nach zwei Bränden (1311 und vor allem 1327, dem großen Stadtbrand), bei denen Teile der Kirche und fast das gesamte Klostergebäude vernichtet worden waren, werden bis 1392 Kirche und Kloster wiederaufgebaut, der Chor der Kirche neu eingewölbt und das Langhaus wieder mit einer Holzbalken-Flachdecke versehen, wie sie auch vor dem Brand schon bestanden hatte und wie sie durch das franziskanische Wölbungsverbot vorgeschrieben war. Dieses für Langhäuser, aber nicht für Chöre geltende Wölbungsverbot war 1260 durch den Franziskanerorden erlassen worden und war dem gewünschten Armutsideal des Bettelordens geschuldet. Neuerliche Kirchenweihe nach dem Wiederaufbau 1375.

    - Vom 13. bis zum 17. Jh Errichtung von mehreren Kapellen um die Franziskanerkirche herum, welche größtenteils als Grablege für hochrangige Familien dienen: Agneskapelle (wahrscheinlich schon existent vor dem Bau der Franziskanerkirche), Antoniuskapelle (1. Hälfte 14. Jh), Alte Kreuzkapelle (2. Hälfte 14. Jh), Ludwigkapelle (2. Hälfte 14. Jh), Magdalenenkapelle, Sebastiankapelle, Leonhardkapelle, Bernhardkapelle (Mitte 15. Jh), Annakapelle (1557), Neue Kreuzkapelle (auch Schwarzenbergkapelle genannt, letztes Viertel 16. Jh), Kurzkapelle (1655/56). Ludwigkapelle, Bernhardkapelle, Sebastiankapelle und Leonhardkapelle werden bereits im Mittelalter wieder abgebrochen.

    - 1611/12 tiefgreifende Umgestaltung: das Äußere wird dadurch verändert, dass die Seitenschiffe mit dem Mittelschiff unter einem mächtigen Satteldach vereinigt werden und somit die wahrscheinlich als altertümlich empfundene basilikale Baustruktur verborgen werden soll; durch diese Verlängerung des Daches vom Langhaus-Obergaden zu den Traufen der Abseiten ergibt sich der Eindruck einer Hallenkirche. Außerdem wird das vorher sichtbare Ziegelmauerwerk verputzt. Das Innere bekommt eine Renaissance-Ausstattung: statt der Holzbalken-Flachdecke werden Gewölbe eingezogen und die (ohnehin sparsamen) gotischen Zierformen im Renaissance-Stil verdeckt. 1618-20 wird auch die Sockelzone des Chors zeitgemäß umgestaltet.

    - Im Laufe des 17. und 18. Jhs werden zahlreiche Instandhaltungsmaßnahmen (überwiegend Dachreparaturen) notwendig, die allesamt zu Lasten der kurfürstlichen Verwaltung gehen, welche dafür schließlich nicht mehr aufkommen möchte.

    - 1802 kommt im Zuge der Säkularisation das Aufhebungsdekret für das Kloster, im selben Jahr - direkt vom Kurfürsten - auch die Anweisung zum Abbruch des gesamten Gebäudekomplexes. Diese Eile erklärt sich wahrscheinlich aus den vielen Kosten, die vor allem der marode Dachstuhl der Kirche verursacht hatte. Die geweihten Ausstattungsstücke sollen an einen würdigen Ort verbracht, die Grabdenkmäler den Familien zurückgegeben oder, falls keine Nachfahren mehr existieren, in den allgemeinen Friedhöfen aufgestellt werden; der Rest wird versteigert, wobei man die Dinge hauptsächlich unter ihrem materiellen und weniger unter ihrem kulturellen Wert betrachtet. Auch die Altäre, darunter der Hochaltar von 1492 von Jan Polack sowie zwei Altäre von Hans Krumpper, werden nur nach ihrem Materialwert gehandelt. Ein Teil der Bibliothek wird der Hofbibliothek überlassen, der Rest ebenfalls versteigert, die Archivalien gehen in Staatsbesitz über. Wenn von all den künstlerischen Kostbarkeiten von Kirche und Kloster doch einige Dinge die Zeiten überdauert haben (z.B. hier, hier und hier), so ist dies nur dem Zufall geschuldet. Gegen diese Verschleuderung von wertvollem Kunstgut werden zwar auch Stimmen laut, u.a. von der Akademie der Wissenschaften, nur leider ohne Erfolg.

    Im November 1803 ist die gesamte Fläche von Kloster und Kirche bereits eingeebnet und ein großer neuer Platz entstanden: der spätere Max-Joseph-Platz.


    Die Franziskaner kamen bereits vor 1257 nach München und genossen die besondere Gunst der Wittelsbacher. Bevor sie 1284 ihr neues Kloster in der Nähe des Alten Hofes bezogen, hatten sie ihre erste Niederlassung in St. Jakob am Anger.

    Im 14 .Jh wurde das Münchner Franziskanerkloster zu einem europaweit beachteten geistigen Zentrum im Streit um das Armutsideal in der Kirche, nachdem mehrere hochrangige Franziskaner (Michael von Cesena, Wilhelm von Ockham und Bonagratia von Bergamo) vor Papst Johannes XXII., der die Armutsthese als häretisch verurteilt hatte, nach München geflohen waren und von dort aus gemeinsam mit Kaiser Ludwig dem Bayern gegen den Papst agitierten. Alle drei Franziskaner blieben für den Rest ihres Lebens in München und fanden in der Franziskanerkirche ihre letzte Ruhestätte.

    Zur baulichen Einordnung der Franziskanerkirche schreibt Wilhelm Kücker (1963): "Die Ahnenreihe der Franziskanerkirche führt jedenfalls (…) vom Freisinger Dom (1159-1205) über das Moosburger Kastulusmünster (1170/80-1230), die Klosterkirchen Indersdorf (nach 1260) und Fürstenfeld (1266 begonnen) bis zur Franziskanerkirche in Ingolstadt (Langhaus 1275 begonnen) als unmittelbarem Vorläufer. Die Ähnlichkeit mit dem Ingolstädter Bau war besonders auffällig, wie auch die Anlage beider Klöster im ganzen einen Vergleich herausfordert. Zeitlich annähernd parallel mit der Franziskanerkirche entstanden in München der gotische Bau von St. Peter und die Augustinerkirche, deren Verwandtschaft und Zugehörigkeit zu dieser Schule ebenfalls nicht zu übersehen sind."

    Auch wenn die Franziskanerkirche auf den Darstellungen eher klein und fast wie eine Scheune aussieht, so hatte sie doch beträchtliche Ausmaße: die Gesamtlänge der Kirche betrug 74,40 m, die Lichtbreite des Langhauses 24,60 m, die Firsthöhe 34 m, die Traufhöhe des Chors (die der ursprünglichen Trauflinie des Obergadens vor dem Umbau entsprach) in etwa 24 m und die Traufhöhe der Seitenschiffe 11,50 m.


    Die Franziskanerkirche in einer Radierung von Domenico Quaglio um 1800, rechts angeschnitten das Palais Törring:

    210904_071453.jpg

    (https://stadtgeschichte-muenchen.de/bilder/d_bilder.php?id=4560)

    In der obigen Darstellung ist der Giebel laut Wilhelm Kücker zu flach gezeichnet, in Wahrheit soll er um einiges steiler gewesen sein, in etwa so wie in folgendem Kupferstich von Ferdinand Schießl (um 1800 nach einer Zeichnung von Giovanni Maria Quaglio):

    Franziskanerkirche.jpeg

    Legende zu obigem Bild:

    a: Kurzkapelle

    b: Eingang zur Klosterpforte

    c: Nische mit ausgegrabenen Schädeln

    d: Hauptportal der Kirche

    e: ein Brot- und Wachskerzenladen

    f: Annakapelle

    g: Antoniuskapelle

    h: Schwarzenbergkapelle

    i: Nischen mit Grabmälern

    Auf Wikipedia ist noch folgendes Gemälde mit der Franziskanerkirche zu finden, allerdings ohne Angaben zum Maler:

    1280px-Franziskanerkloster_München.jpg

    (Wikimedia Commons, GNU Free Documentation License)


    Es scheinen keine brauchbaren Innenansichten der Kirche zu existieren, aber es gibt zwei Radierungen von Ferdinand Schießl nach Zeichnungen von Domenico Quaglio vom Abbruch der Kirche 1802, die interessante Einblicke ermöglichen.

    Ansicht von Südwesten durch die schon teilweise abgerissene rechte Seitenschiff- und Hochwandmauer in das Innere:

    Franziskanerkirche-Abbruch-1.jpeg

    Blick aus Westsüdwest in den Vorchor mit dem noch unzerstörten Gewölbe, dargestellt ist die Situation nach dem Einsturz des Dachreiters (dessen Abbruch nicht ganz planmäßig verlaufen war und bei dessen Einsturz drei Arbeiter verunglückten, die aber wie durch ein Wunder mit dem Leben davonkamen):

    Franziskanerkirche-Abbruch-2.jpeg

    Ein rekonstruierender Längsschnitt der Kirche von Wilhelm Kücker:

    Franziskanerkirche-Langsschnitt.jpeg

    Und zu guter Letzt ebenfalls von Wilhelm Kücker ein sehr interessanter Lageplan des Klosters und der Kirche in Bezug auf den heutigen Max-Joseph-Platz, bei dem erstaunt, wie nahe die Kirche an das südlich angrenzende Palais Törring anschloss (die Kirche befindet sich rechts vom Schriftzug "Friedhof"):

    Franziskanerkloster-Lageplan.jpeg

    Wie auf dem Plan ersichtlich, schloss sich nördlich an das Franziskanerkloster noch das Ridlerkloster an, das in mehreren Etappen zwischen 1783 und 1803 abgebrochen wurde und auf dessen Terrain später der Königsbau der Residenz errichtet wurde (weitere Informationen zum Ridlerkloster hier).

    Bereits 1816 abgerissen wurde die gotische Hofkirche St. Lorenz am Alten Hof.

    St. Lorenz am Alten Hof

    Heute Alter Hof 4

    Erbaut 1319-24 als Hofkirche von Kaiser Ludwig dem Bayern,

    1806 geschlossen, 1816 abgebrochen

    Typus: einschiffige, rippengewölbte Hallenkirche mit niedrigerem, eingezogenem, dreiseitig schließendem Chor

    Ansicht von Norden:

    Lebschee_C_St_Lorenzkirche_u_Alten_Hof_GR_P-958-ONLINE.jpg

    (Carl August Lebschée: St. Lorenz-Kapelle um 1810, Sepia-Aquarell, Münchner Stadtmuseum, CC BY-SA 4.0)

    Ansicht von Süden aus dem Alten Hof:

    D250010_a884fa410c.jpg

    (Carl August Lebschée: Der alte Hof mit der St. Lorenz Kirche zu München. Aquarell, Bayerisches Nationalmuseum, CC BY-NC-ND 4.0)

    Innen:

    St.-Lorenz-innen.jpeg

    (Innenansicht der St.-Lorenz-Kapelle im Alten Hof, aquarellierte Tuschezeichnung von Wilhelm Rehlen um 1815)


    Der Alte Hof war der alte Sitz der Herzöge von Oberbayern, später von ganz Bayern, und diente Ludwig dem Bayern, ab 1314 römisch-deutscher König und ab 1328 bis zu seinem Tod 1347 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, als Kaiserresidenz. Er wurde in seiner Funktion als Residenz nach 1508 durch die seit dem späten 14. Jh erbaute Neuveste, der heutigen Residenz, abgelöst und diente ab diesem Zeitpunkt hauptsächlich als Verwaltungssitz. Zwischen 1319 und 1324 ließ Ludwig der Bayer am Nordende des Areals eine Hofkirche errichten, die dem hl. Laurentius geweiht war.

    Norbert Lieb über St. Lorenz (1973): “Entschlossen aber, auch in der außenbaulichen Gestaltung, griff die Münchner Hofkirche zum hochgotischen System mit Hausteingliederung und figuraler Steinskulptur. Maßgeblich war wohl - der Politik Ludwigs des Bayern entsprechend - der Anschluß an die neueste Bau- und Bildkunst Südwestdeutschlands. Unterschieden von den Ordenskirchen, bestand die Hofkirche in einer näheren Einheit von Gemeinderaum und Altarhaus. Im Gemeinderaum hatte das Hofgesinde Platz. Für den König und Kaiser, für seine Familie und für die höheren Ränge des Hofstaats war im Westen eine Empore angelegt, die vom angrenzenden Trakt des Alten Hofs aus erreicht werden konnte und den erhabenen, offenen Blick ins Altarhaus gewährte. Für die Schau von der Kaiserempore aus war über dem Ansatz des Altarhauses das Gewölbe baldachinhaft herabgezogen.”

    1816 wurde die bereits 1806 geschlossene Kirche abgerissen und durch ein Amtsgebäude, den sogenannten Lorenzistock, ersetzt. Dieses sich bis zur Dienerstraße hinziehende Gebäude wurde im 2. Weltkrieg schwer beschädigt, im westlichen Bereich auch zerstört, und danach in konservativem, aber nüchternem Stil wiederaufgebaut (sogenannter “Esterer-Bau”).

    Von der Kirche erhalten und im Bayerischen Nationalmuseum aufbewahrt sind das Stifterrelief aus Sandstein, auf dem Ludwig der Bayer und seine Gemahlin Margaretha von Holland das Modell der Hofkirche der Muttergottes darreichen, drei Gewölbeschlusssteine mit Wappen des Reichs, von Pfalz/Bayern und Holland sowie Figuren der Heiligen Drei Könige.

    An sich eine gute Idee, allerdings wurde das Kloster ja schon 1808 aufgelöst und zum Innenministerium umfunktioniert, weswegen es vom Orden her keine Fotos geben kann. Aber vielleicht gibt es Zeichnungen! Ich werde mich bei Gelegenheit mal dorthin wenden.

    Ebenfalls im 2. Weltkrieg zerstört wurde die Kapelle des Instituts der Englischen Fräulein an der Weinstraße.

    Kapelle des Instituts der Englischen Fräulein Maria Immaculata

    Weinstraße 13 (heute Marienhof)

    Erbaut 1691-97

    Baugeschichte:

    - ab 1690 Bau des vierflügeligen Barockkomplexes des Instituts der Englischen Fräulein durch Hofbaumeister Henrico Zuccalli und Philipp Zwerger, bestehend aus Kloster, Schule und Kapelle; Deckenfresko der Kapelle von Hans Georg Asam

    - 1692 Weihe der Kapelle

    - 1808-12 klassizistischer Umbau des Komplexes zum Innenministerium (ab 1827 Sitz der Polizeidirektion) nach Plänen Karl von Fischers, Kapelle profaniert

    - 1944/45 stark zerstört, die Ruine 1948 abgeräumt und die Fläche unbebaut gelassen (sogenannter Marienhof)

    Über die Kapelle des Instituts der Englischen Fräulein ist nicht viel bekannt und sie wäre von daher eigentlich auch nicht besonders erwähnenswert; sie beherbergte aber das erste barocke Deckenfresko Münchens, gemalt um 1692 von Hans Georg Asam, und stellt somit eine wichtige Wegmarke in der Geschichte der Münchner Kirchenarchitektur dar. Hans Georg Asam war einer der ersten Freskomaler Bayerns und zudem Vater der später berühmt gewordenen Cosmas Damian Asam und Egid Quirin Asam.

    Das imposante Institut der Englischen Fräulein wurde nach schweren Kriegszerstörungen zusammen mit dem gesamten Areal zwischen dem Neuen Rathaus im Süden, der Weinstraße im Westen, der Schrammerstraße im Norden und der Dienerstraße im Osten komplett abgeräumt, die dabei entstandene Freifläche trotz zahlreicher Bebauungsvorschläge bis heute nicht wieder bebaut und „Marienhof“ genannt.

    Ansicht des ursprünglichen Klosters in einem Kupferstich von Wening um 1700:

    Institut-der-Englischen-Fraulein-Wening.jpeg

    Nach der klassizistischen Umgestaltung von 1808-12:

    Weinstrase-Polizeidirektion.jpeg

    (Stadtarchiv München, CC BY-ND 4.0 DEED)

    Weitere Fotos des Instituts:

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/bil…EID=10&SQNZNR=1

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/bil…EID=10&SQNZNR=1

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/bil…EID=10&SQNZNR=1

    Ansichten des Kapellenraums habe ich keine finden können, aber es gibt im Münchner Stadtarchiv einige Fotos des Deckenfreskos:

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478583

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478584

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478585

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478586

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478587

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478588

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478589

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478590

    - https://stadtarchiv.muenchen.de/scopeQuery/detail.aspx?ID=478591

    Damit haben wir uns alle noch bestehenden Kirchen der Altstadt Münchens angeschaut (abgesehen von ein paar Privatkapellen wie z.B. im Erzbischöflichen Palais, im Ordinariat oder in der ein oder anderen Schule, die aber allesamt nicht sonderlich interessant sind). Bevor wir zu den Kirchen der Vorstädte gehen, folgen nun noch einige abgegangene Kirchen der Altstadt, also Kirchen, die nicht mehr existieren, an die ich aber kurz erinnern möchte.

    Wir beginnen mit der im 2. Weltkrieg zerstörten und nicht wiederaufgebauten Josephspitalkirche.


    Josephspitalkirche (dem hl. Joseph geweiht):

    Josephspitalstraße 11 (heute Herzog-Wilhelm-Straße 11)

    Erbaut 1682-1700

    Die einzige mir bekannte Innenaufnahme der Josephspitalkirche:

    Josephspitalkirche-Altar.jpeg

    (Stadtarchiv München, CC BY-ND 4.0 DEED)

    Baugeschichte:

    - 1626 Stiftung des Josephspitals durch Kurfürst Maximilian I. und seiner Gemahlin Renata als weiteres Kranken- und Versorgungshaus des Hofes, welches zunächst in sechs bereits bestehenden, an der (späteren) Josephspitalstraße gelegenen Anwesen angesiedelt wird

    - 1682 monumentaler barocker Neubau des Spitals samt Kirche, möglicherwiese durch Giovanni Antonio Viscardi, 1700 Weihe der Kirche

    - Ausstattung: Hochaltargemälde „Tod des hl. Joseph“ von Andreas Wolff von 1685; Ölbildnisse der beiden Stifter zu Seiten des Hochaltars; auf den Seitenaltären Gemälde von Christian Winck die hl. Franz von Sales und Franz Xaver darstellend (1780)

    - 1870-81 Umgestaltung des Inneren durch Johann Marggraff, dabei Ersetzung des stark nachgedunkelten Hochaltargemäldes durch eine gleichnamige Schnitzgruppe zusammen mit „Herz Jesu“ und „Herz Mariä“ von Stiefenhofer

    - das Spital wurde durch das 1925-27 erbaute Altersheim Sankt Josef in Sendling ersetzt, das leere Gebäude daraufhin 1929 an die Stadt München verkauft

    - im 2. Weltkrieg völlig zerstört, danach abgerissen und durch das moderne Kassen- und Steueramt ersetzt

    Die Josephspitalkirche, von der mir nur das obige Foto des Hochaltars bekannt ist, war sicherlich eine eher einfache und künstlerisch unbedeutende kleine Spitalkirche; Hans Karlinger bezeichnet sie 1922 als „wenig bedeutenden gewölbten Raum“. Franz Paul Zauner beschreibt sie 1914 etwas ausführlicher als „rechteckiger Raum mit gedrücktem und durch 3 Gurten geteiltem Gewölbe; an der Straßenfassade Steinbüste des hl. Joseph und das kurfürstliche Wappen des Stifters und dessen Gemahlin Renata“. Bedeutender war die Hofseite des Josephspitals mit ihrer dreigeschoßigen, monumentalen Laubenfront aus gedrückten Loggienbögen mit Zwiebelturm über der mittig eingefügten Spitalkirche. Hans Karlinger schreibt über den Innenhof: „Schön ist der Blick im Hof über die Gärten hinweg auf den Turm der Herzogspitalkirche.“ Die Fassade zur Josephspitalstraße war bündig in die Spitalfassade eingelassen und nur durch einen Schweifgiebel sowie zwei hohe Rundbogenfenster mit einem mittig darüber platzierten Oculus akzentuiert. Auffälliger war der breite, herrschaftliche Schweifgiebel des Spitals nach Westen hin, der allerdings erst 1885 aufgesetzt wurde, nachdem der ganze Baublock samt Kirche um ein Stockwerk erhöht worden war (auch der Schweifgiebel am Ostende der Fassade wurde damals in Anlehnung an den ebenfalls erneuerten, aber vorher schon bestehenden Giebel der Kirche hinzugefügt).

    Zusammen mit dem nördlich anschließenden Herzogspital bildete das Josephspital einen beeindruckenden barocken Baublock, der die westliche Münchner Altstadt beherrschte. Seine Zerstörung im 2. Weltkrieg ist, wie bereits oben bei der Herzogspitalkirche geschrieben, einer der größten Kriegsverluste Münchens.


    Ansicht des Josephspitals von Westen, in der Mitte des Baublocks mit den hohen Rundfenstern, dem Oculus und dem Schweifgiebel zu sehen die Josephspitalkirche:

    Josephspitalstrase-1.jpeg

    (Stadtarchiv München, CC BY-ND 4.0 DEED)

    Ansicht von Osten:

    Josephspitalstrase-2.jpeg

    (Stadtarchiv München, CC BY-ND 4.0 DEED)

    Ansicht des Josephspitals vor der Aufstockung in einer Zeichnung von 1850:

    Josephspitalstrase-3.jpeg

    (Stadtarchiv München, CC BY-ND 4.0 DEED)

    Der schöne Innenhof:

    Josephspital_München_%28Hof%29_um_1910.jpg

    (Wikipedia Commons)

    Heute, das grauenhafte Stadtsteueramt von 1953/54, das zu allem Überfluss auch noch unter Denkmalschutz steht:

    Josephspitalstrase-Stadtsteueramt-1.jpeg

    Ein furchtbarer Verlust.