Ist sicher Geschmacksache. Mir würde es wahrscheinlich mit den Malereien schon besser gefallen und zwar aus dem dargelegten Grund, dass das Hauptschiff zu ungegliedert erscheint und dadurch langweilig wirkt; es konzentriert sich alles auf auf den Ostbereich, der aber erst recht spät voll einsehbar wird. Und für diese Monotonie ist die Architektur letztendlich nicht stark genug und es offenbart sich ihr "nachgemachter" Charakter.
München - Die Kirchen (Galerie)
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Hm ja, die Ausmalung war etwas arg wild und teppichmusterartig, das stimmt. Aber jetzt ist es zuviel Weiß, und das Mosaik und die Bilder knallen zu kontrastreich raus. Auch paßt zu (Neo-)Romanik nicht unbedingt klassizistisches Weiß. Man bräichte eine Farbgestaltung, die etwas vermittelt.
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Als "monoton" kann man den Raumeindruck in der Pfarrkirche St. Anna m. E. nicht bezeichnen. Keine Kirche, in der mir etwas fehlen würde. Da warten wir mal auf St. Johann in Haidhausen und Maria Hilf in der Au...
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Es geht noch viel unbefriedigender, das ist klar, aber für meinen Geschmack ist St. Anna halt leider kein zufriedenstellender Kirchenraum, ich empfinde die Architektur als nicht so stark, dass sie den Mangel an Aura des Echten überspielen kann. Mehr Dekoration hingegen könnte einen zufriedenstellenderen Raumeindruck schaffen, weil dann eine Rhythmisierung stattfindet und das Langhaus nicht eine ungegliederte Masse ist. Aber wir müssen ja nicht einer Meinung sein.
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Ich hab vor ein paar Tagen noch eine schöne alte Postkarte von St. Anna entdeckt:

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Wir gehen in die Ludwigsvorstadt.
Ehem. Spitalkirche St. Elisabeth
Mathildenstraße 10
Erbaut 1758-60
Typus: oktogonaler Zentralraum mit Pendentifkuppel, querrechteckigem Altarraum und ebenfalls querrechteckigem Vorraum mit Orgelempore


Baugeschichte:
- 1754 Ansiedlung des Pflegeordens der Elisabethinerinnen in der Nähe des kurz zuvor gegründeten Spitals der Barmherzigen Brüder auf Veranlassung der Kaiserinwitwe Maria Amalie
- 1757 Grundsteinlegung zum Kloster- und Spitalbau der Elisabethinerinnen
- 1758 Grundsteinlegung zur Spitalkirche St. Elisabeth, Entwurf der Kirche wahrscheinlich von Leonhard Matthäus Gießl, evtl. auch von Johann Michael Fischer
- 1760 Fertigstellung der Anlage samt Kirche mit Ausnahme der Fassade und der Innenausstattung und vorläufige Benediktion der Kirche
- 1765 Fresken in der Kuppel, am Chorgewölbe, sowie Zwickelkartuschen und Monogramme von Matthäus Günther
- 1777 Errichtung von Hochaltar und Kanzel nach Entwürfen von Ignaz Günther (Ausführung Joseph Häringer) und endgültige Weihe
- 1790 Fertigstellung der Fassade wahrscheinlich nach Entwurf von Franz Anton Kirchgrabner
- 1809 Auflösung der Ordensniederlassung der Elisabethinerinnen, ab 1823 Nutzung des Spital- und Klostergebäudes für das hierher transferierte Heiliggeistspital
- 1844-48 Erweiterung des Spitalgebäudes zu einer symmetrisch sich um die Kirche gruppierende, um einen rückwärtigen Trakt erweiterten Vierflügelanlage
- 1907 Abriss des Spitalgebäudes nach Auszug des Heiliggeistspitals und Neubau von Poliklinik und Augenklinik unter Beibehaltung und Einbeziehung der Kirche
- 1943 schwere Zerstörung der Kirche bis auf Fassade und Umfassungsmauern, Gewölbe und Ausstattung weitgehend vernichtet
- 1963-65 Rekonstruktion der Raumschale durch das Universitätsbauamt
- 1966-71 Teilrekonstruktion von Hochaltar und Kanzel unter Verwendung von einigen aus dem Schutt geborgenen Skulpturen durch Josef Lang und die Bildhauer Höpfl, Konrad und Rösner
- 1990/91 RestaurierungSt. Elisabeth wurde als Spitalkirche für die Elisabethinerinnen erbaut, welche mit Unterstützung der Witwe von Kaiser Karl VII., Maria Amalia, 1754 nach München gekommen waren. Diese höchste Protektion mag auch der Grund gewesen sein, weshalb zunächst zwei außergewöhnlich qualitätvolle Fassadenentwürfe samt Innenentwurf erstellt wurden, als deren Urheber entweder Johann Michael Fischer oder sogar jemand aus dem Umkreis des böhmischen Baumeisters Kilian Ignaz Dientzenhofer angenommen wird; diese Entwürfe wurden dann allerdings nicht realisiert, vermutlich weil das Projekt zu teuer gekommen wäre. Bei Verwirklichung dieser Entwürfe, in denen neben böhmischen Einflüssen auch die ebenfalls von Fischer stammende Fassade des Marienmünsters in Dießen am Ammersee anklingt, wäre wohl eine der feinsten und elegantesten Kirchenfassaden des bayerischen Spätbarock entstanden. Die schließlich in einfacheren Formen erbaute Kirche übernahm zwar das grundsätzliche, dreiteilige Innenschema des Entwurfs von Fischer, orientierte sich in ihrer Fassadengestaltung aber an der Damenstiftkirche, wobei die erst 1790 fertiggestellte Fassade noch mehr als jene der Damenstiftkirche klassizistisch geprägt ist. Der Architekt des letztendlichen Entwurfs ist nicht gesichert: Norbert Lieb schrieb die Kirche aufgrund stilistischer Übereinstimmungen trotzdem J. M. Fischer zu, in neueren Publikationen, u.a. bei Bernhard Schütz, wird sie aber dem Hofmaurermeister Leonhard Matthäus Gießl und die Fassade dem aus dem Fischer-Umkreis stammenden Franz Anton Kirchgrabner zugeschrieben.
Die Deckenfresken wurden von einem der großen Meister des süddeutschen Rokoko gemalt, von Matthäus Günther, von dem u.a. auch das Kuppelfresko in der Abteikirche von Rott am Inn stammt. Die drei Fresken, deren mittleres in einer Schwarz-Weiß-Aufnahme überliefert ist, wurden zusammen mit dem Gewölbe und dem Großteil der Ausstattung im 2. Weltkrieg zerstört, von der Kirche blieben nur die Umfassungsmauern. Im Anschluss wurde zwar das Äußere der Kirche, das Gewölbe sowie der Hochaltar und die Kanzel wiederhergestellt bzw. rekonstruiert, aber im Gegensatz zu den meisten anderen Kirchen der Innenstadt nicht die restliche Ausstattung, weswegen sich der Kirchenraum heute relativ kahl präsentiert; vor allem das Fresko von Matthäus Günther ist ein herber Verlust.
St. Elisabeth ist heute der Sitz der griechisch-katholischen Unierten Rumänischen Kirche; “uniert” bedeutet, dass sie mit der römisch-katholischen Kirche verbunden ist und den Papst als geistliches Oberhaupt anerkennt. Gleichzeitig aber hat sie ihren östlichen Ritus beibehalten, weswegen in St. Elisabeth vor dem Hochaltar auch eine Ikonostase steht.
Zunächst die nicht realisierten Entwürfe von 1757:Fassadenentwurf Nr. 1:

Fassadenentwurf Nr. 2:

Längsschnitt:

Dann einige Innenansichten vor der Zerstörung:


Das zentrale Kuppelfresko von Matthäus Günther, das Wirken des Elisabethinerinnenordens darstellend:

Weitere historische Innenansichten bei Google Arts & Culture (dort fälschlicherweise als Herzogspitalkirche bezeichnet):
- https://artsandculture.google.com/asset/münchen-katholische-herzogspitalkirche-sankt-elisabeth-0012-und-0013/SgE4enCWHayu9A
- https://artsandculture.google.com/asset/münchen-katholische-herzogspitalkirche-sankt-elisabeth-0012-und-0013/qQHm4omU2uhUtw
- https://artsandculture.google.com/asset/münchen-katholische-herzogspitalkirche-sankt-elisabeth-0012-und-0013/mAHSknNRpJ9icQAnsicht nach der Zerstörung (Foto von 1946):

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Der heutige Innenraum:




Die wiederhergestellte Kanzel von Ignaz Günther:

Einer der beiden Beichtstühle:

Weitere Fotos von St. Elisabeth hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720316248049
Zum Schluss möchte ich noch die Situation an der Mathildenstraße gegenüber der Elisabethspitalkirche zeigen, wo das 1881/82 bzw. 1895/96 erbaute Mathildenstift, ein Altenheim, einen Ehrenhof bildet und zusammen mit der Elisabethspitalkirche ein hübsches Ensemble ergibt:



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Eine farbige Fassung täte St.Elisabeth aber schon gut. So weiß wie jetzt der Innenraum ist, aber mit Stuckierung, sieht er wie halbfertig aus.
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Ja natürlich, man müsste im Grunde unbedingt das Deckenfresko rekonstruieren, aber da ist meiner Meinung nach der Zug abgefahren - ich glaube nicht, dass irgendjemand so viel Geld zur Verfügung hat (die Rumänische Kirche sicher nicht) oder dass dies heutzutage überhaupt jemand für nötig hält. St. Elisabeth ist außerdem zwar nahe am Zentrum, aber doch ziemlich unbekannt, Touristen kommen da nicht hin und auch die meisten Münchner dürften die Kirche nicht kennen. Ich nehme auch an, dass dies der Grund sein dürfte, warum man sie nach dem Krieg nicht besser rekonstruiert hat, sie ist im Vergleich zu anderen Kirchen einfach zu unbedeutend. Aber um das wunderbare Fresko von M. Günther ist es natürlich jammerschade.
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Wir gehen in die Maxvorstadt.
St. Ludwig (Ludwigskirche)
Ludwigstraße 20
Erbaut 1829-44
Typus: dreischiffige Basilika mit Querhaus und geradem Chorabschluss




Zwei Luftansichten mit der 2007-09 rekonstruierten ornamentalen Dachdeckung:

(Wikimedia Commons, Carsten Steger, CC BY-SA 4.0 DEED)
(Wikimedia Commons, M-Luftbild, CC BY-SA 3.0 DEED)Ein sehr beeindruckendes Panoramafoto:

(https://www.kollektion-wiedemann.de/wandbild-staed…gskirche/12914/)
Baugeschichte:- 1829 verschiedene Entwürfe des Architekten Friedrich v. Gärtner sowie Grundsteinlegung; Vertrag mit Peter v.Cornelius über die Freskogemälde; 1832 Vertrag mit Ludwig Schwanthaler über die Fassadenfiguren
- 1833 Fertigstellung der Gewölbe
- 1833-35 Stillegung des Baus aufgrund fehlender finanzieller Mittel
- 1835 Wiederaufnahme der Bauarbeiten: Nischenfiguren der Fassade von Ludwig Schwanthaler; Eindeckung des Dachs mit gelb und blau glasierten Dachziegeln
- 1836-40 Altargemälde „Das Jüngste Gericht“ von Peter Cornelius; die weiteren Fresken nach Entwürfen von Cornelius ausgeführt von Johann Dorner, Max Hailer, Ulrich Halbreiter, Franz Hellweger, Karl Hermann, Joseph Kranzberger, Georg Lacher, Ludwig Moralt, Fidelis Schabet und Karl Stürmer; 1838 Fertigstellung & Kreuzenthüllung der Türme; restliche Ausstattung (Altäre, Kanzel, Taufstein, Beichtstühle, Kerzenleuchter, die ursprüngliche Orgel, sämtliche ornamentale plastische Details) von Fr. v. Gärtner entworfen
- 1844 Weihe
- 1903/04 Restaurierung unter Leitung von August Spieß: Marmorierung der Pfeiler, Hinzufügung von ornamentaler Ausmalung und sechs Medaillons mit der Darstellung frühzeitlicher heiliger Bischöfe Bayerns an den Langhauswänden von Gebhard Fugel; Neuanfertigung des romanisierenden Chorgestühls
- 1944 relativ geringe Beschädigung infolge von Bombentreffern: Zerstörung von zwei Gewölben im südlichen Seitenschiff und des Dachs incl. der farbigen Ziegel; nach dem Krieg teilweise vereinfachte Instandsetzung, u.a. der südlichen Chorkapelle sowie des Dachs, bei dessen Neueindeckung zum Teil einige der alten farbigen Ziegel wiederverwendet (ohne Rücksichtnahme auf ihre originale Anordnung) und mit normalen Terrakotta-Ziegeln gemischt wurden, so dass ein unruhiges, chaotisches Bild entstand.
- 1955 Herabsturz von Gewölbeputz; 1955-57 umfassende Instandsetzung unter Leitung der Architekten Erwin Schleich und Wilhelm Gärtner: Beseitigung der gemalten ornamentalen Ergänzungen von 1903/04 mit Ausnahme der Medaillons; Restaurierung des Gerichtsfreskos (durch Hans Pfohmann) und der Deckenfresken (durch Albert Hunnemann), dabei weitgehende Erneuerung des Geburt-Christi-Bildes im nördlichen Querhaus; ornamentale Verglasungen im alten Stil für die Fenster (durch die Firma Bockhorni); Neuschaffung des Windfangs, der Orgelempore und des Orgelprospekts nach Entwürfen von Erwin Schleich für die 1960 ebenfalls neugeschaffene Orgel von Rudolf von Beckerath; Versetzung der Kanzel vom nordwestlichen zum nordöstlichen Vierungspfeiler; Schaffung eines Volksaltars in der Vierung (liturgiegeschichtlich bemerkenswert früh, weil vor dem II. Vatikanum, auf Anregung von Romano Guardini, Weihe 1957)
- 1958 und 1985 Fassadenrenovierung
- 2007-09 Rekonstruktion der alten Dacheindeckung unter Neuanfertigung der farbigen Dachziegel (Details hier)
- 2009 Schließung der Kirche und Entfernung der zwischenzeitlich unter dem Putz aufgefundenen Asbestschicht, welche bei der großen Restaurierung 1955-57 aufgebracht worden war; 2010 Wiedereröffnung mit (provisorisch) ziegelsichtigen Langhauswänden -
Einige Seitenansichten aus dem Garten:




Ein altes Farbfoto von 1943/44:

(Bildarchiv Foto Marburg / Foto: Bollert, Eva; Aufn.-Datum: 1943/1944; NoC-CR Kein Urheberrechtsschutz) -
Der Bau der Ludwigskirche muss im Rahmen der Entstehung der Ludwigstraße betrachtet werden (zu der ich hier bereits eine Galerie angelegt habe): auf Wunsch Ludwigs I. sollte die zu erbauende Kirche sowohl als Pfarrkirche des neu entstehenden Viertels um die Ludwigstraße als auch als Universitätskirche der 1826 von Landshut nach München verlegten Ludwig-Maximilians-Universität dienen (diese war seit 1826 zunächst im ehem. Jesuitenkolleg in der Neuhauser Straße untergebracht, bevor sie 1840 in das neue Gebäude an der Ludwigstraße umzog). Die Weigerung des Münchner Magistrats, die immensen Kosten für den in seinen Augen „entbehrlichen“, weil weit außerhalb der damaligen Stadt gelegenen Kirchenbau zu übernehmen, veranlasste Ludwig zu einer veritablen Erpressung: er drohte zunächst damit, die Universität wieder aus München abzuziehen und danach auch noch, seinen eigenen Regierungssitz von München an einen anderen Ort zu verlegen, was München den Titel der bayerischen Haupt- und Residenzstadt gekostet hätte. Solchermaßen in die Enge getrieben, lenkte die Stadt schließlich zähneknirschend ein und kam für die Baukosten auf, was zusammen mit den vorher schon hohen Unkosten für den Bau der Ludwigstraße den städtischen Schuldenstand innerhalb weniger Jahre von 300.000 Gulden auf über 2,5 Millionen anwachsen ließ, wobei die Ludwigskirche alleine 1,2 Millionen kostete.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Bau von städtischer Seite aus finanziellen Gründen immer wieder verzögert und sogar sabotiert wurde (wofür Leo von Klenze, der kurz zuvor als Architekt der Ludwigstraße auf königliche Anordnung von Friedrich von Gärtner, dem Architekten der Ludwigskirche, abgelöst worden war, in seiner Funktion als Präsident der obersten Baubehörde sicherlich eine Schlüsselrolle zukam): „die ganze Baugeschichte besteht aus retardierenden Momenten“ (Eggert: Friedrich von Gaertner, 1963) und zwischen 1833 und 1835 mussten die Bauarbeiten sogar ganz eingestellt werden.Die Ludwigskirche ist eines der Hauptwerke von Friedrich von Gärtner: in der durch Aufklärung und Säkularisation vollkommen unterbrochenen Kirchenbautradition stellt sie vor allem eine sehr eigenständige schöpferische Leistung dar, die sich in keiner Weise auf direkte Vorbilder stützen konnte: zwischen 1766 (dem barocken Um- bzw. Neubau von St. Georg in Bogenhausen) und 1826 (dem Baubeginn der Allerheiligen-Hofkirche) hatte es mit Ausnahme der kleinen und unbedeutenden Krankenhauskapelle St. Maximilian in der Ziemssenstraße keine Kirchenneubauten in München gegeben und auch die Allerheiligen-Hofkirche von Klenze konnte (neben sicherlich auch persönlichen Abneigungen der beiden Konkurrenten Klenze und Gärtner zueinander) nicht als Vorbild gelten, da sie auf königlichen Wunsch explizit als Adaptation der Cappella Palatina in Palermo entstanden und somit keine wirklich freie architektonische Schöpfung war.
Stilistisch ist die Ludwigskirche eine Synthese aus mittelalterlichen italienischen Elementen (romanische und gotische Motive), Byzantinismus und dem neuen nazarenisch-romantischen Sakralstil, der sich vor allem in der Innenausstattung zeigt.H. J. Sauermost und W. Hofmann hierzu (aus „Münchens Kirchen", 1973):
„Als Bau des 19. Jahrhunderts, des sogenannten Historismus, muß es sich die Ludwigskirche gefallen lassen, nach Vorbildern befragt zu werden. Eine enge Anlehnung an einen bestimmten Bau liegt offenbar nicht vor. Dagegen lassen sich einzelne Merkmale zurückverfolgen: die Grundriss- und Fassadendisposition ist an der Theatinerkirche vorgebildet; die Schauseite mit den symmetrischen Flankenbauten erinnert an barocke Reichsstifte, etwa an Weingarten, oder an Schloß Nymphenburg. Die Türme wurden nicht ohne Kenntnis des Florentiner Domkampanile entworfen, aber auch die Türme der Münchner Frauenkirche hat der Architekt studiert, was in der Höhendifferenzierung der Untergeschosse und der Eckbehandlung deutlich wird. Die Front wirkt irgendwie italienisch, nicht zuletzt wegen des marmorähnlichen Steins. Die Verwendung von Strebewerk und Kreuzrippengewölben verweist auf die Hochgotik, aber die Form der Streben und die Einhängung der Gewölbe sind ungotisch. Das Innere wirkt irgendwie romanisch. Die Seitenschiffe erscheinen byzantinisch und hängen sicher von der byzantinisierenden Allerheiligen-Hofkirche ab. Die Anordnung der Altäre läßt wiederum an die Theatinerkirche denken. Übereinstimmungen bestehen immer nur »irgendwie«. Sollte der Bau aus den verschiedensten Motiven gestückelt sein? Die Einheitlichkeit widerlegt diesen Verdacht sofort. Die Kirche ist aber auch nicht in einem bestimmten historischen Stil errichtet. Offenbar wurde aus verschiedenen Stilen eine neue Einheit geschaffen. Die Absicht, aus den historischen Stilen eine Synthese zu bilden, hat Gärtner 1828 ausdrücklich bekundet. Er bemerkte, »daß zwischen diesen strengen griechischen oder überhaupt den schulgerechten strengen architektonischen Regeln, und dem rein Gemütlichen und Phantastischen des Mittelalters etwas liege, daß wenn es vereint werden könnte sicher das beste für christliche namentlich katholische Kirchen seyn müßte«.
Der Bau ist völlig einheitlich; an ihm gibt es kein Auseinanderklaffen in Typus, Stil und Qualität, wie es im Verhältnis zwischen Äußerem und Innerem der Allerheiligen-Hofkirche immer festgestellt wurde. Ein Strukturprinzip, die rechtwinklige Fügung, welche die Richtungsachsen hervorhebt, liegt zugrunde. Aus ihm erklärt sich die völlig unmittelalterliche Form der durchgehenden Rahmenarkaden. Sie entsprechen der Rahmung der Wandfelder am Außenbau, sie verbinden das entschieden zusammengesetzte Mittelschiff mit den wie gehöhlt wirkenden Seitenschiffen und zeigen so die große Spannweite dieses Stils. (…)
Wie weit die überkommenen Motive ihre alte symbolische Bedeutung behalten haben - etwa die Rose als Symbol Christi -, muss dahingestellt bleiben; das Gewölbe jedenfalls stellt noch den Himmel dar. Vor allem sollen diese Motive eine als spezifisch christlich empfundene Stimmung hervorrufen, wobei die Stimmungswerte fein gestaffelt sind. Im Mittelschiff sind Architektur und Gemälde artikuliert, sprechen neben dem Gefühl auch den Verstand an; in den Querarmen steigert sich das Stimmungshafte, konzentriert sich in den relativ dunklen Seitenschiffen mit ihren goldleuchtenden Fenstern und kulminiert in der Taufkapelle. Der Konzentration des »Gemütlichen« in den Anräumen entspricht außen das Umgeben des Baukörpers mit Natur. Das Schattenspiel des windbewegten Blattwerks auf den Scheiben der Seitenschiffe läßt die Bäume auch nach innen wirksam werden. (…)
Es ist ein romantischer Innenraum, der räumlich über sich hinausweist. Auch die Synthese des historischen christlichen Sakralbaus, die Verbindung des Regelmäßigen mit dem Stimmungshaften, des Kunstwerks mit der Natur machen den Bau zu einem Werk der Romantik.“Die ursprünglich von König Ludwig für die ganze Kirche vorgesehene, sowohl religiös-geistig als auch künstlerisch höchst ambitionierte Ausmalung mit Fresken durch Peter von Cornelius wurde angesichts der langsamen Arbeitsweise des Künstlers schließlich auf den Chor- und Querschiffbereich beschränkt; die restlichen Flächen wurden einfach verputzt und monochrom gestrichen. Das Altarfresko von Cornelius, das Jüngste Gericht darstellend, ist mit 18 x 11 m das zweitgrößte Altarfresko der Welt (nach dem Jüngsten Gericht von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle in Rom), es beherrscht den gesamten Innenraum. Leider gefiel es dem Auftraggeber Ludwig nach Fertigstellung „wegen mangelnder Farbintensität und Dynamik, aber auch hinsichtlich der Auffassung des Themas“ (Bayer. Denkmaltopographie) nicht sonderlich, weswegen er sich mit Cornelius zerstritt und dieser daraufhin München verließ. Im Gewölbe des Altarraums ist die Erschaffung der Welt dargestellt, in der Vierung die Hl.-Geist-Taube umgeben von Patriarchen, Propheten, Aposteln, Märtyrern, Kirchenlehrern, Ordensgründern, Missionaren, Königen und Jungfrauen. Im Gewölbe des nördlichen Querhauses sind die vier lateinischen Kirchenväter, an der Stirnwand die Verkündigung an Maria und die Geburt Christi zu sehen; am Gewölbe des südlichen Querhauses die vier Evangelisten und an der Stirnwand Christus und Magdalena sowie die Kreuzigung Christi.
Um die Jahrhundertwende fand man die monochrom gefassten Wandflächen zu langweilig und dekorierte sie im Zuge der Restaurierung 1903/04: die Pfeiler wurden marmoriert, die Wandflächen mit Ornamenten und sechs Medaillons mit der Darstellung frühzeitlicher heiliger Bischöfe Bayerns versehen. Die Website der Kirchengemeinde St. Ludwig schreibt zu den damaligen Maßnahmen:„Hier waren die von Gärtner nur als rein farbige Wandflächen belassenen Partien über und über, und zwar unter Verwendung von Ornamenten, die in sparsamer Weise original im Chorbereich vorgegeben waren, dekoriert. Allerdings waren auch diese einer Veränderung unterworfen worden, indem man die rein im Sinn von Inkrustationen oder Intarsien gehaltenen Ornamentbänder und Flächen durch Hinterlegung von Schatten plastisch zu machen und durch größere Farbigkeit zu bereichern versuchte. Zudem hatte man die Pfeiler in ihrer Funktion verändert, indem man jeweils die Hauptvorlage mit Ölfarbe grau marmorierte und die begleitenden Lisetten mit den vom Gewölbe her genommenen Ornamentbändern bis unten zum Sockel hin aufgliederte.“
Ursprünglicher Zustand auf einem Stich von Herwegen nach Zeichnung von Seeberger (1845), noch ohne Ornamentmalerei an den Seitenwänden (und ohne Kronleuchter, dazu siehe später):

Fotos des umgestalteten Zustands nach 1904:
- https://www.bildindex.de/document/obj22…m202530/?part=0
- https://www.bildindex.de/document/obj22…m202528/?part=0
- https://www.bildindex.de/document/obj22…m202529/?part=0Es handelte sich bei dieser Neudekoration letztendlich um eine ähnliche Maßnahme, wie sie in der Pfarrkirche St. Anna im Lehel wenige Jahre später durchgeführt wurde und wie sie dem damaligen Zeitgeist entsprach. Bei der von Erwin Schleich und Wilhelm Gärtner geleiteten Restaurierung 1955-57 wurden diese Ornamentmalereien und Marmorierungen - wiederum dem nun geänderten Zeitgeist entsprechend - mit Ausnahme der Medaillons wieder entfernt und die Wandflächen mit einem ins Grau gebrochenen Violett einfarbig gestrichen. Leider verputzte man die Wandflächen - wohl zur Verbesserung der Raumakustik - aber mit einem Asbestputz, der mit einer dünnen Kalkschlämme überzogen und übermalt wurde. Dieser Asbestputz wurde 2008 wiederentdeckt und daraufhin in den Jahren 2009/10 vollständig entfernt; eine sehr schwierige und teure Maßnahme. Anschließend entschied man sich vorerst dazu, die Wandflächen nicht mehr neu zu verputzen bzw. nur die Wandflächen der vordersten beiden Langhausjoche probeweise zu verputzen und zu streichen: das nördliche violett-grau wie bei der Restaurierung 1955-57, das südliche weiß. Der Grund hierfür ist, dass man leider nicht weiß, in welchem Farbton die Wände ursprünglich gestrichen waren: die ursprüngliche Farbschicht war 1903/04 vollständig entfernt worden, so dass keine Befunde existieren. Allerdings existiert eine aquarellierte Bleistiftzeichnung von Friedrich v. Gärtner mit dem Blick aus dem südlichen Seitenschiff in Lang- und Querhaus, auf der man seine Farbvorstellungen nachvollziehen kann: die Wandflächen des Langhauses wären demnach in einem violett abgetönten Ockerton zu halten.

Auf der Website von St. Ludwig ist hingegen Folgendes zu lesen: „Daher hat sich in einem längeren Diskussionsprozess zwischen Fachleuten von Staat und Kirche eine klare Orientierung auf die Sanierung nach dem Krieg ergeben. Der Stil der Fünfzigerjahre wird mit reduzierten Farbfassungen und zurückgenommenen Ornamenten an die durch die Reinigung neue Farbigkeit der Fresken angeglichen.“
Diese Maßnahme wird zusammen mit einer Renovierung der Fenster, des Fussbodens und der Orgel zur Zeit geplant und soll in den kommenden Jahren durchgeführt werden. Der momentane Zustand mit den unverputzten, ziegelsichtigen Wandflächen ist leider etwas unschön, man kann nur hoffen, dass möglichst bald die Gelder für die sicherlich teure Renovierung organisiert werden können.Die von Erwin Schleich 1955 neu geschaffene, als Windfang dienende Eingangsarkade unter dem ebenfalls von Schleich (aber in Anlehnung an den ursprünglichen Entwurf von Gärtner) stammenden Orgelprospekt ist wohl einer der seltenen Fälle, in denen eine nach dem Krieg geschaffene Ergänzung sich harmonisch in die historische Gesamtkonzeption einfügt. Der ursprüngliche Gärtnersche Orgelprospekt muss irgendwann vor dem 2. Weltkrieg entfernt worden sein, weil er auf einem Foto, das entweder vor oder direkt nach dem Krieg aufgenommen wurde, schon nicht mehr vorhanden ist.
Wann der auf alten Aufnahmen zu sehende große Kronleuchter eingebaut und später wieder entfernt wurde, ist mir nicht bekannt: auf dem bereits oben präsentierten Stich von 1845, kurz nach Fertigstellung der Kirche, ist er nicht zu sehen und auch unter den fast komplett erhaltenen Ausstattungsentwürfen Gärtners zur Ludwigskirche taucht er nicht auf; auf Fotos vor 1955 hingegen ist er noch vorhanden. Dies legt die Vermutung nahe, dass er entweder im Laufe des 19. Jhs oder, wahrscheinlich, bei der Restaurierung 1903/04 hinzugefügt und bei der Restaurierung 1955-57 wieder entfernt wurde. Schade, möchte man sagen, er wertete den Raum durchaus auf.Zum Abschluss noch ein paar Worte zur äußeren Erscheinung und Einbindung der Ludwigskirche in die Ludwigstraße. Mit ihren beiden 71m hohen Türmen kommt der Ludwigskirche eine große städtebauliche Bedeutung im Gesamtkonzept der Ludwigstraße zu: sie nimmt Bezug auf die am Odeonsplatz stehende barocke Theatinerkirche mit ihrer Doppelturmfassade, schafft mit dieser eine diagonale Nord-Süd-Verklammerung und gibt dadurch eine Vorstellung von der großen räumlichen Ausdehnung der Ludwigstraße. Die Denkmaltopographie schreibt hierzu und zu ihrem Erscheinungsbild:
"Dem gegenüber ist der städtebaulich-kontrapostische wie grundrissmäßige Bezug zur barocken Theatinerkirche am Südende der Ludwigstraße ein erstaunliches Phänomen - der kreuzförmig angelegte Bau mit überkuppelten Seitenschiffsjochen am Langhaus und weit gestellten, von außen an die Fassade herangeschobenen Türmen verbindet sich mit einer barocker Formgesinnung völlig konträren, zeitgemäß unplastischen, kraftvoller Dynamik entsagenden Auffassung, der andererseits auch romanische Massigkeit und körperhafte Wucht fremd ist. Flächigkeit - innen im Sinne eines Farbträgers - und eher graphisch als plastisch wirkende Gliederungsdetails bestimmen den Eindruck. Der Außenbau ist verputzt (mit Quaderimitation); nur Westfassade und Türme in hellem Kelheimer Kalkstein. Zwischen die Türme bzw. die Anräume am Westende der Seitenschiffe - nördlich Turmtreppe, südlich Taufkapelle - ist die dreijochige, kreuzgratgewölbte, in Säulenarkaden geöffnete Vorhalle über hoher Freitreppe eingezogen. Ludwig Schwanthalers Kalksteinfiguren (1832-35) in den Rundbogennischen des Mittelgeschosses darüber - Christus und die Evangelisten, dazu Petrus und Paulus auf den Giebelschultern - offenbaren die Problematik einer zeitgenössischen religiösen Plastik, die christlichen Gehalt mit antikisierendem Gewandschema zu vereinen suchte."
Die Doppelturmfassade ist weniger auf ein frontales Betrachten, sondern vielmehr auf Schrägansicht, d.h. auf das Durchschreiten der Ludwigstraße, komponiert; die beiden Türme stehen so weit auseinander, dass sie sich, aus der Ludwigstraße betrachtet, lange Zeit nicht komplett überdecken und sogar noch den Mittelteil durchscheinen lassen. Trotzdem wirkt die Fassade auch aus der gerade auf sie zulaufenden Schellingstraße imposant (wenn dort nicht einige unpassende moderne Gebäude stünden, die einem leider den Blick verleiden…).


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Nun zu den Innenaufnahmen.




Die von Schleich neugestaltete Eingangsarkade samt Orgelprospekt:

Der Chor mit dem bereits 1957 aufgestellten Volksaltar:


Das monumentale Altarfresko von Peter von Cornelius:

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Die Seitenschiffe:







Die Taufkapelle:

Weitere Fotos der Ludwigskirche hier: https://www.flickr.com/photos/1619455…177720317309373 -
Zitat von Leonhard: "Es handelte sich bei dieser Neudekoration letztendlich um eine ähnliche Maßnahme, wie sie in der Pfarrkirche St. Anna im Lehel wenige Jahre später durchgeführt wurde und wie sie dem damaligen Zeitgeist entsprach."
Diese Malereien von 1903/04 scheinen mir nicht unpassend gewesen zu sein, während ich die (heute ebenfalls entfernten) ´Zutaten´ bei der Pfarrkirche St. Anna ja - wie schon geschrieben - als geschmacklos und misslungen empfinde.
Den riesigen Kronleuchter sähe ich als problematisch an, weil er das Altarfresko teilweise verdeckt hat. Aber eindrucksvoll war er natürlich. Vielleicht hat es ja aber auch statische Bedenken gegeben.
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In vielen Teilen zu sehr musterlastig, wie eine Moschee. Die Heiligenwimmelbilder gefallen mir durchaus besser als die nur gemusterten Bereiche und kahlen Sternenhimmel.
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Wann wohl Thérèse von Lisieux dazugekommen ist!? Die Heiligsprechung war erst 1925.
Abgesehen davon, daß die Proportionen nicht stimmen (Kopf erheblich zu klein), ist das eine gelungene und unauffällige spätere Hinzufügung. Man mag sich nicht vorstellen, was da in unserer Zeit für eine Stümperei hingeklatscht würde.
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Danke, das wusste ich gar nicht! Ich weiß auch nicht, wann sie hinzugefügt wurde, in der mir vorliegenden Literatur steht dazu nichts.
Bzgl. der hinzugefügten Ornamentmalerei geb ich Dir recht, sie war sicherlich stilistisch passender und weniger gewagt als diejenige in St. Anna.
Was den Kronleuchter betrifft, so glaube ich auch, dass man ihn deswegen entfernt hat, weil er die Sicht auf das Altarfresko verdeckt hat. Schade finde ich es trotzdem, weil das Mittelschiff einen gewissen Akzent vertragen würde.Loggia Der Ausdruck "Heiligenwimmelbilder" ist super
auch die Assoziation mit einer Moschee ist angesichts der Ornamentik naheliegend, die byzantinische Kunst beeinflusste meines Wissens ja auch die islamische Welt. -
Mir gefällt die ornamentale Wandgestaltung sehr. Aber ich mag ja auch die Gestaltung vieler Moscheen.
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