Bremen - St. Ansgarii

  • In der Hoffnung, daß es nicht pietätlos erscheinen möge, wenn man am Volkstrauertage der Meinung Ausdruck verleiht, daß auch ein verlorenes Stadtbild am heutigen Tag erinnerungswürdig ist, füge ich die folgende, vom Rathaus aus aufgenommene Photographie von Liebfrauenkirchhof und Obernstraße bei, auf der natürlich auch Bremens 'größter Kriegstoter' zu sehen ist...

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  • Wiederholt mußte sich das Bürgertum Bremens innerhalb der letzten hundert Jahre gegen totalitäre Anwandlungen zur Wehr setzen, z.B. als Kommunisten zur Jahreswende 1918/19 versuchten, in der Hansestadt ein Räteregime zu errichten.

    Die Erinnerungsblätter, die seinerzeit die Teilnehmer am Abwehrkampf überreicht bekamen, ziert auch der Turm von Anschari, der im Rahmen der Stadtsilhouette zu sehen ist.

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    Sollten derartige Urkunden zukünftig wieder nötig werden (...) müßte man allerdings auf den Riesen des Heiligen Ansgar verzichten, denn so zügig, wie die Gefahr momentan aufzieht, könnte man ihn nicht rekonstruieren...

  • Nicht 'Advocatus Diaboli' sondern Defätismus

    Leider ist das, was 'findorffer' auf dem Ansgari-Strang auf Stadtbild jüngst betreibt,

    Bremen - St. Ansgarii - Architekturforum Architectura Pro Homine
    Dieser Thread liegt mir sehr am Herzen, weil das mein grösster Rekowunsch ist und diese grossartige Kirche im Gedächtnis bleiben sollte. Es ist eine Schande,…
    www.stadtbild-deutschland.org

    wieder einmal seine - uns Bremer Ansgari-Freunden - altbekannte Strategie der Bekundung des Bedauerns über den Verlust, bei gleichzeitiger Charakterisierung des Wiederaufbaus als utopisch.

    Ohne seine Bedenkenträgerei hätte unser eingetragener Verein nicht wertvolle Zeit verloren, die es ermöglicht hätte, noch vor Corona die Gemeinnützigkeit zu erlangen und endlich an die Öffentlichkeit zu treten.

  • Ansgaritor vom Wall aus gesehen

    Anbei eine Ansicht des Kirchturms aus Richtung Wall (konkret: vom Ostrand der ehem. 'Ansgaribastion'),

    aufgenommen am 8. Mai 1942.

    Bis auf das Torhaus sind alle auf dem Foto sichtbaren Gebäude heute nicht mehr vorhanden.

    Der Zweiklang von Anschari und Turm des Lloydgebäudes ist einer - bis heute andauernden - Tristesse gewichen...

    (Originalfoto in meinem Eigentum; jüngster Neuzugang in das 'Anschari-Archiv'.)

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  • "Die fehlende Kirche"

    Der Verlust von Anschari und die Bemühungen um ihren Wiederaufbau haben nun auch - recht überraschend - Eingang in die aktuelle Belletristik gefunden:

    Der aus dem Bremer Umland stammende Autor Jörg M. Karaschewski hat einen Mystery-Thriller mit dem Titel 'Die fehlende Kirche' geschrieben, welcher im November letzten Jahres erschienen ist und St. Ansgarii zum Thema hat.

    Ganz langsam schlägt das Projekt somit Wurzeln...

    Hier ein Link zum Buch:

    'Die fehlende Kirche' von 'Jörg M. Karaschewski' - Buch - '978-3-7543-4377-7' (osiander.de)

    (Beim Monopolisten [so bezeichnet Ellen Kositza den Anbieter 'Amazon'] soll es sogar eine Leseprobe geben, bei der zu sehen ist, daß unser Verein auf Seite 14 des Thrillers Erwähnung findet.)

  • Interessant auch die darin formulierte Idee der Spendensammlung im angelsächsischen Raum; vor dem Hintergrund des für den Turmsturz letztlich hauptverantwortlichen Bombentreffers im Fundament...

    Dies könnte durchaus zukunftsweisend werden, wenn eines Tages das momentane gesellschaftliche Klima abklingt und mit ihm all jene destruktiven Stimmen verstummen, die es gegenwärtig der 'Schwesterkirche' in Potsdam so derart schwer machen...

  • Habe den für kurzweilige Spannung sorgenden Thriller heute durchgelesen.

    Nach der Lektüre konnte das Buch in dem befriedigenden Bewußstsein zur Seite gelegt werden, daß die Ansgari-Freunde vom Autor im Endeffekt als die Guten porträtiert werden und der Wiederaufbau der Kirche kommt...

    Als Einstieg in die Thematik - gerade auch für ein jüngeres Publikum - ist dieser Roman somit durchaus geeignet.

  • Bremen - Stadt der Türme

    Das beiliegende Foto beweist, daß sich das unzerstörte Bremen hinsichtlich der 'vertikalen Akzente' seiner Silhouette nicht hinter der jüngeren Schwester an Trave und Wakenitz mit ihrem berühmten 'Sieben-Türme-Blick' verstecken mußte.

    Aufgenommen wurde das Foto vom Dach der Villa Frerichs am Osterdeich, welche bis heute wenige Schritte neben der Einmündung der Reederstraße gelegen ist.

    Eine wirklich seltene Perspektive auf die Altstadt. Das Foto wurde wohl von einem Mitglied des 'Luftschutzes' aufgenommen, welch letzterer einen Beobachtungsposten auf dem Dach der Villa hatte.

    Durch die Vergrößerung ist das Bild leider etwas unscharf.

    (Original-Foto-Unikat aus meinem Archiv)

  • Die 'Hauskirche' des Essighauses

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    Seitdem das Essighaus - nach der Renovierung durch Albert Dunkel - gastronomisch genutzt wurde und sich zu einem der führenden Restaurants am Platze (neben Ratskeller, Jakobihalle und Amtsfischerhaus) entwickelte, bildete sich auch eine gewisse 'Zusammenarbeit' mit St. Ansgarii heraus, bzgl. ganz bestimmter, festlicher Aktivitäten. Aber sehen Sie bitte selbst:

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    (Ja, das Essighaus verfügte über eine eigene Hauskapelle, die zu Feierlichkeiten 'mit-gemietet' werden konnte.)

    (Ephemera aus eigenen Beständen, Namen anonymisiert.)

    Man kann sich vorstellen, wie die Hochzeitsgesellschaft ihren Weg vom Hochchor der Kirche, an dem die Trauung stattgefunden hatte, durch das Südportal (unter den Augen des steinernen Arnd von Gröplingen) hindurch und die Obernstraße entlang, zum Nordeingang des Essighauses nahm, um dann im Rokokozimmer oder im Patriziersaal zu feiern...

  • Fundstück

    Bis unmittelbar vor dem Abbruch der Ruine Ende der 50er Jahre tobte die Diskussion über das Für und Wider, vor allem hinsichtlich des von der Gemeinde forcierten Verkaufs des Grundstücks an einen Warenhauskonzern. In diesem Zusammenhang ist das folgende kurze Zitat des seinerzeitigen Staatsarchivdirektors Friedrich Prüser zu sehen, welches erfreulicherweise aufgrund der seither erfolgten Weiterentwicklung der christlichen Ökumene in Teilen so heute nicht mehr formuliert werden würde. Der übrige Inhalt der Aussage kann aber vorbehaltlos unterschrieben werden:

    "Die Zulassung eines Warenhauses an dieser Stelle würde bedeuten, daß die Wechsler, die Christus einst vom heiligen Ort verdrängt habe, sich dieses wieder bemächtigten. Außerdem würde die Katholische Kirche triumphieren, wenn die Evangelische Kirche selber den Ursprungsort der Reformation in Bremen, das auch heute noch eine überwiegend evangelische Stadt sei, preisgebe".

    (Friedrich Prüser am 01.12.1953)

    Nun, die Wechsler sind auch im Jahre 2022 nach wie vor am Ort anwesend und okkupieren ihn...

  • Ansporn

    Am Mittwoch den 09. November 2022 jährt sich zum fünfhundertsten Mal die erste reformatorische Predigt in Bremen, die seinerzeit von dem Lutherfreund und Augustiner-Eremiten Heinrich von Zütphen gehalten worden war. Aus diesem Anlass hat die Kirchengemeinde von St. Ansgarii bei dem Komponisten Keno Hankel ein 'Zütphen-Oratorium' in Auftrag gegeben.

    Komme gerade von der furiosen Welt-Uraufführung - unter der Leitung des Ansgari-Kantors Kai Henke - und bin absolut begeistert. Meine Befürchtung ein gewöhnungsbedürftiges Stück atonaler E-Musik der Gegenwart zu hören zu bekommen, war vollkommen unbegründet. Solisten und Kantorei waren großartig, das Stück mitreißend und am Ende gab es stehende Ovationen.

    Für uns von Anschari ist es ein Ansporn, alles daran zu setzen, daß dieses Werk anläßlich der Sechshundertjahrfeier im Jahre 2122 in der wiederaufgebauten Kirche erklingen kann.

    Hier ein Link zur Veranstaltung:

    Veranstaltung
    www.kirche-bremen.de
  • 9. November: Verengung der 'Erinnerungskultur'

    Man hat sich ja mittlerweile daran gewöhnt, daß bei der Würdigung dieses Datums in der gegenwärtigen Medienöffentlichkeit das Jahr 1938 absolut dominiert, während 1989 und 1918 dahinter deutlich zurücktreten müssen.

    Geradezu beschämend ist es aber für die Bremer Lokalpresse, daß in ihrer heutigen Ausgabe das Jahr 1522 keinerlei Erwähnung findet.

    Man wird sich natürlich damit herausreden, daß man bereits am vergangenen Reformationstag der ersten evangelischen Predigt in Bremen 'mitgedacht' habe, es also überflüssig wäre, nochmals daran zu erinnern.. Schon seltsam, denn beim Gedenken an 1938 scheint man keine Redundanzen zu scheuen...

    Nun gut, es ist wie es ist.

    Drum sie hier daran erinnert: Heute, auf den Tag genau vor fünfhundert Jahren, hielt der Augustiner-Eremit und Luther-Freund Heinrich von Zütphen in der südlichen Chorseitenkapelle von St. Ansgarii die erste reformatorische Predigt in Bremen.

  • Anbei ein Video der BEK zum Ereignis.

    St. Ansgari kommt tatsächlich auch vor.

    Der kleine Film ist allerdings eher für jugendliche Zuseher gedacht, da er für die Verwendung in allgemeinbildenden Schulen entstanden ist.

    Aber immerhin...

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  • Verzeihung:

    BEK = Bremische Evangelische Kirche; die Landeskirche aller evangelischen Gemeinden in der Hansestadt Bremen sowie der Gemeinde der 'Großen Kirche' (Bürgermeister-Smidt-Gedächtniskirche) in Bremerhaven.

    Hier ein Link:

    Reformationstag 2022
    1517 nagelte Martin Luther 95 Thesen an die Wittenberger Schlosskirche. 1522 gab es in Bremen die erste evangelische Predigt, dazu gibt es ein Festprogramm.
    www.kirche-bremen.de
  • In Bremen steht ein 'rosa Elefant'...

    Bei einem Rundgang durch das neue Johann-Jacobs-Haus an der Obernstraße am Tag nach Dreikönig 2023 konnten die folgenden Ansichten der gigantischen Leerstelle im Herzen der mittleren Bremer Altstadt eingefangen werden...

    Fehlt da nicht etwas, rechts neben 'Finke' ?

    Blick aus dem Fenster der Rösterei in einem der Obergeschosse des Johann-Jacobs-Hauses.

    Die Obernstraße ohne rechtes Ziel...

    Die Nichtexistenz des 'Rosa Elefanten' ermöglicht Ausblicke über den Turm der katholischen St. Marien Kirche in Walle und die Roland-Mühle bis hin zur fernen Ritterhuder Geestkante am Horizont.

    Es ist durchaus nicht so, daß in Bremen in den vergangen Jahren keine neuen 'Türme' erbaut worden wären, wie der Helmut-Jahn-Tower und Kurt Zechs 'Stadtmusikanten-Hochhaus' am Kopf des Europahafens (an der Stelle des kriegszerstörten Hafenhauses am seinerzeitigen Freihafen I) beweisen.

    Aber ob sich der Turm des 'Rosa Elefanten' ebenso optisch hilflos zu diesen Neubauten stellen würde, wie der Turm der Kirche des Erzmärtyrers der Christenheit (St.Stephani), darf bezweifelt werden...

  • Neues Domizil des stadthistorischen Museums

    - oder: Attraktion ist nicht gleich Attraktor - und: wo ist von Zütphen ?

    Der für baupolitische Fragen zuständige Redaktueur der 'Bremer Nachrichten' / des 'Weser Kuriers', Jürgen Hinrichs, hat vor dem Hintergrund des Verzichts des 'Focke Museums' auf den geplanten Erweiterungsbau an seinem aktuellen Hauptstandort im Stadtteil Schwachhausen durch einen Kommentar in seiner Zeitung (BN v. 29.03.2023) eine Diskussion darüber angestoßen, ob das Museum nach bald achtzigjährigem 'Exil' nicht wieder in die Altstadt zurückkehren sollte. Wir von Anschari verfolgen seit Jahren einen ganz ähnlichen Ansatz, da wir es für unglücklich halten, dass die museale Darstellung der Stadtgeschichte hier so peripher verortet ist. In keiner anderen Stadt Deutschlands von vergleichbarer Größe ist das so. Während aber Herr Hinrichs in diesem Zusammenhang die nicht realisierten Libeskind-Türme am Brill als seinerzeitiges Gedankenspiel bzgl. eines neuen Standortes in Erinnerung ruft und Leserzuschriften das Bankgebäude der ehemaligen Discontogesellschaft am Ostende der Langenstraße (heute im Eigentum von Dr. Jacbos) vorschlagen, haben wir uns - selbstredend - mit einem Plädoyer für ein Nutzungskonzept einer rekonstruierten Ansgarikirche als stadthistorisches Museum in die Diskussion per Leserbrief eingebracht. Auch wenn wir nicht abschätzen können, ob diese Diskussion - wie so viele vorher in Bremen - als Strohfeuer nach wenigen Tagen wieder enden wird, so möchten wir hier dennoch den besagten Leserbrief den hiesigen Foristen zur Kenntnis geben und zwar in 'beiderlei Gestalt': Zum einen die eingereichte Originalversion, zum anderen die von der Leserbriefredaktion redigierte Version:

    Der geneigte Leser möge sich bitte über Sinn und Unsinn dieser Redigierung und die hinter dieser stehenden Motive sein eigenes Urteil bilden...

    1. Originalversion

    (Durch die Redigierung veränderte Passagen fett formatiert und unterstrichen.)

    Für ein tatsächlich mittelfristig in die Altstadt zurückzuverlegendes Focke Museum gäbe es keinen idealeren Ort als eine rekonstruierte Ansgarikirche. In ihr würden sich die kostbaren stadthistorischen Sammlungen nämlich in einem baulichen Rahmen befinden, der selber Repräsentant wichtiger Aspekte der Stadtgeschichte war: Die mit dem Namen Ansgars verbundene Rolle Bremens als Missionszentrum Nordeuropas käme darin ebenso zum Ausdruck, wie die in der Zütphen-Kapelle ihren Ausgang nehmende Reformation. Viele Touristen würden den am Ende der Obernstraße aufragenden Riesen des Kirchturms zum Anlass nehmen, auch die westlichen Teile der Altstadt zu erkunden, wodurch das Gebäude zu einem fußläufig gut erreichbarem ‚Attraktor’ im Sinne der Tourismusforschung würde. Nach den Stationen im Katharinenkloster, Domanbau, Armenhaus und Gut Riensberg, wäre St. Ansgarii der wahrhaftige Höhepunkt in der Laufbahn unseres stadthistorischen Museums und gleichzeitig ein die Stadtgesellschaft zusammenbringendes Symbol für ein optimistisches Neudenken der im Strukturwandel begriffenen City.

    2. Am 01.04.2023 als Leserbrief veröffentlichte Version

    (Durch die Redigierung eingefügten Passagen sind fett formatiert und unterstrichen.)

    Für ein tatsächlich mittelfristig in die Altstadt zurückzuverlegendes Focke Museum gäbe es keinen idealeren Ort als eine rekonstruierte Ansgarikirche. In ihr würden sich die kostbaren stadthistorischen Sammlungen in einem baulichen Rahmen befinden, der selber Repräsentant wichtiger Aspekte der Stadtgeschichte war.Unter anderem käme die mit Ansgar verbundene Rolle Bremens als Missionszentrum Nordeuropas zum Ausdruck.

    Viele Touristen würden den am Ende der Obernstraße aufragenden Kirchturm zum Anlass nehmen, auch die westlichen Teile der Altstadt zu erkunden, wodurch das Gebäude zu einer zu Fuß gut erreichbaren Attraktion würde. Nach den Stationen im Katharinenkloster, Domanbau, Armenhaus und Gut Riensberg, wäre St. Ansgarii der wahrhaftige Höhepunkt in der Laufbahn unseres stadthistorischen Museums und gleichzeitig ein die Stadtgesellschaft zusammenbringendes Symbol für ein optimistisches ‚Neudenken’ der im Strukturwandel begriffenen City.

    Interessant ist jedenfalls die Gewichtung:

    Natürlich hält der Name der Kirche die Erinnerung an den ersten Bremer Erzbischof und Apostel des Nordens - Ansgar - aufrecht. Jedoch hat ein Mensch des 9. Jahrhunderts ein Bauwerk, welches erst im 13. Jahrhundert erbaut wurde, nicht selber durch in ihm vollzogenen Handlungen historisch prägen können. Anders war dies hingegen bei von Zütphen, der durch seine Predigten in Chorseitenkaplle und Kirche die Reformation in Bremen anstieß.

    Wenn man somit unbedingt an der einschlägigen Passage des Original-Leserbriefes kürzen musste, dann hätte man - in Gottes Namen - den Heiligen Ansgar eher wegstreichen können, als von Zütphen !

  • Museumsquartier St. Ansgarii

    Zur Illustration der im vorigen Beitrag dargelegten Idee, anbei einige Abbildungen / Visualisierungen:

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    Zunächst - als Einstimmung - eine Zeichnung des unvergessenen Vorkriegsdomizils des Focke Museums an der äußersten Westspitze der Altstadt: Von 1915 bis zum 2.Weltkrieg beherbergte das historische Armenhaus die vom Senatssyndikus Johann Focke begründeten stadthistorischen Sammlungen.

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    Bereits kurz vor dem Kriege hatte der seinerzeitige Museumsdirektor Ernst Grohne das ehemals erzbischöfliche Vorwerk 'Riensberg' als Außendepot für das Museum erwerben können. Während des Krieges, der aufgrund der umsichtigen Auslagerungspolitik Grohnes zu nahezu keinerlei Verlusten an den Sammmlungsbeständen führte, wurde weitere Exponate der bisherigen Dauerausstellung im alten Armenhaus hierher evakuiert.

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    Nachdem das Armenhaus im Kriege so gut wie vollständig pulverisiert worden war, machte Ernst Grohne das Depot auf Gut Riensberg kurzerhand zum neuen Hauptdomizil des Museums; und handelte nebenbei bemerkt auf diese Weise ebenso wie Bundeskanzler Adenauer, der sich die Bundeshauptstadt Bonn vor seine Rhöndorfer Haustür holte: Ernst Grohne wohnte nämlich bereits seit der Vorkriegszeit schräg gegenüber dem Gutshaus.

    Der große Nachteil dabei war (und ist) aber, daß die stadthistorischen Sammlungen nun viereinhalb Kilometer von der Altstadt entfernt waren (und sind). Trotz der Anbindung mit der Straßenbahn ist diese Entfernung für viele Tagestouristen unüberbrückbar !

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    Vorteil der gegenwärtigen Anlage ist die umgrünte Lage vom Stammhaus Riensberg und den im Laufe der Jahre hinzugekommenen weiteren Bauten, wie dem vom Darmstädter Architekten Heinrich Bartmann in Anlehnung an das dänische Museum Lousiana entworfene neue Haupthaus.

    Soviel zum gegenwärtigen 'Ist-Zustand'. Und nun zu der Umzugs-Idee :

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    Germanisches Museum in Nürnberg

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    St.Annen Museum in Lübeck

    Wenn man das in die Altstadt zurückgekehrte Focke Museum in der mittleren Altstadt unter Einbeziehung der rekonstruierten Ansgarikirche unterbringen würde, so wäre dies kein Novum in Deutschland, denn z.B. beim Lübecker St. Annen Museum und dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg wurden auch Sakralgebäude in das jeweilige Museumsquartier mit einbezogen. Zugestanden, bei beiden Beispielen handelt es sich nicht um Vollrekonstruktionen. Jedoch trägt in beiden Fällen der jeweilige historische Kirchenbau viel zu der einzigartigen Atmosphäre des Museumskomplexes bei und ist aus diesem nicht wegzudenken.

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    Bezüglich unserer Bremer Überlegungen kann man davon ausgehen, daß die zusammengerechneten Grundflächen von St. Ansgarii Kirche, ihren Anbauten und des nördlich anschließenden C & A Gebäudes in etwa der Grundfläche des Lübecker St. Annen Museums entsprechen dürften.

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    Die Idee hat somit durchaus Potential und sollte ausgearbeitet werden. Dann könnte es möglicherweise mittelfristig eines Tages heißen:

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  • Eine vertane Chance

    Anläßlich des fünfhundertjährigen Bremer Reformationsjubiläums am 9. Novemer 2022 fand die letztjährige Jahrestagung der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte ausnahmsweise einmal außerhalb der Grenzen dieses Bundeslandes und zwar in Bremen statt.

    Die gelegentlich dieser Tagung gehaltenen Vorträge wurden jüngst in dem Jahrbuch der Gesellschaft (119./120. Band 2021/22) publiziert. Da meine Wenigkeit einer der Referenten sein durfte, erlaube ich mir hier aus meinem Beitrag auszugsweise gerafft zu zitieren und auch zwei der zugehörigen Abbildungen hier Farbe (in der Veröffentlichung konnten sie aus Kostengründen lediglich schwarz-weiß abgedruckt werden) beizufügen.

    Inhaltlich geht es bei diesem Exzerpt um die aus den ersten Nachkriegsjahren datierenden Pläne des Architekten Fritz Brandt hinsichtlich eines Wiederaufbaus von St. Ansagrii an historischer Stelle.

    "Vor dem Hintergrund der allgemeinen Zeitumstände und des Schocks über den Turmsturz brauchte es nach Ende des Krieges sehr lange, bis man in der Gemeinde begann, sich mit der Frage der weiteren Verwendung der Kirche zu beschäftigen. Auch die schon 1946 von Seiten des Bremer Baudirektors erhobene Forderung nach einer Rekonstruktion des städtebaulich unverzichtbaren Kirchturms fand von Seiten der Gemeinde zunächst kein öffentliches Echo. Drei Jahre nach Kriegsende wurden dann aber zwei Parteiungen erkennbar, die entgegengesetzte Ansätze hinsichtlich des Umgangs mit der alten Kirche vertraten:

    Am 18. Juli 1948 wurde die im Auftrag der Ansgarii-Gemeinde vom Architekten Fritz Brandt zu einer „Notkirche“ umgebaute Baracke der ehemaligen „Organisation Todt“ an der Ecke Schwachhauser Heerstraße / Holler Allee mit einem Weihegottesdienst in liturgischen Gebrauch genommen. Mit dem sechsunddreißigjährigen Claus Liske hielt ein junger Pastor die Weihepredigt, der die alte Kirche selber nicht mehr aus eigenem beruflichen Erleben kannte und für den es deshalb wesentlich leichter war, sich innerlich von der – immer noch imposanten – Ruine zu distanzieren, als es den beiden während des Krieges verstorbenen, langjährigen Ansgarii-Pastoren, Bode und Leonhardt möglich gewesen wäre. Liskes Predigt basierte auf 1. Korinther 3.11: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Die bei der Auslegung entscheidenden Worte Liskes waren dann: „Es ist besser, einen bescheidenen Raum mit dem Worte Gottes zu erfüllen als ein stolzes Gebäude zu besitzen, das leer bleibt.“ Durch die Zuweisung des positiv konnotierten Adjektivs ‚bescheiden’ an die Notkirche und die Betitelung des historischen Gebäudes mit dem negativ besetzten „stolz“, wurde begonnen, die Zuhörer suggestiv zugunsten der Aufgabe der alten Kirche zu beeinflussen."

    Dem gegenüber entwarf der Architekt der Gemeinde, Fritz Brandt im November 1948 einen Plan, der einen partiellen Wiederaufbau der alten Kirche in situ vorsah und insbesondere den stadtbildprägenden Turm - dem Postulat des Baudirektors folgend - zurückgewonnen hätte. Der Plan verzichtete auf das komplette Langhaus sowie auf das Joch nördlich des Turms. An deren Stelle sollten dreigeschossige, einen offenen Innenhof säumende Geschäftshäuser entstehen. Der Hauptzugang zu Innenhof und „Rumpfkirche“ hätte durch den in voller Höhe, jedoch ohne Fenster, Blenden und Ziffernblatt sowie lediglich durch Geschossbänder gegliederten Turm geführt, dessen Helm allerdings originalgetreu rekonstruiert worden wäre. Durch eine Wand vor Vierung und Querhaus wäre die Kirche nach Westen hin zum neuen Innenhof abgeschlossen worden. Die reformations- und stadtgeschichtlich hochbedeutsame Zütphenkapelle wäre innerlich und äußerlich komplett wiederhergestellt worden und hätte zukünftig die Funktion einer Taufkapelle übernehmen sollen.

    Aus dem Plan Brandts und der Weihpredigt Liskes ergibt sich somit folgendes Gesamtbild: Im Jahre 1948 hatten sich in der Gemeinde bereits Kräfte formiert, die auf die dauerhafte Trennung der Gemeinde von ihrem angestammten Gotteshaus hinarbeiteten. Gleichzeitig war aber die Gegenmeinung, die an der „Schaarskaaken“ festhalten wollte, immer noch so stark, dass ein gemeindlicher, kostenpflichtiger Auftrag an Brandt – dieser wird nicht pro bono gearbeitet haben – für Entwürfe bzgl. des Wiederaufbaus an der angestammten Stelle erteilt wurde. Pastor Liske mag da vielleicht das „Zünglein an der Waage“ gewesen sein, welcher die Gemeinde in Richtung Aufgabe von alter Kirche und Kapelle bewegt hat."

    Abbildung 01

    Brandt-Plan von 1948 - ohne Giebel des südlichen Querhauses - Grundriß.

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    Abbildung 02

    Brandt-Plan von Januar 1949 - mit Giebel des südlichen Querhaues - Ansicht von der Obernstraße.

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