Frankfurt am Main - Fachwerkbauten

  • Alle Häuser wiesen im Gegensatz zur Gassenseite drei anstatt zwei Obergeschosse auf, was gemäss den Bauvorschriften für das Juden-Ghetto aus dem frühen 18. Jahrhundert erlaubt war.

    Ich habe nun zwei Abbildungen gefunden, die den Planansichten im schon mehrmals erwähnten 'Juden-Baubuch' entsprechen. Man erkennt gut, dass die Häuser wegen der ungleichen Geschossanzahl vorne und hinten einen asymmetrischen Querschnitt hatten:

    Baubuch-Judengasse-I.jpg

    Querschnitt durch ein Haus an der Judengasse. Aus: Isidor Kracauer, 'Die Geschichte der Judengasse in Frankfurt am Main', 1906, S. 378.

    Edit. 23.5: Gemäss der Hausnamen- und Hausnummernliste Kracauers hatte es die Nr. 190. Es stand im nördlichen Teil des Judenghettos, der nach 1711 und 1721 durch Beschiessung der Stadt durch französische Revolutionstruppen in der Nacht vom 13./14. Juli 1796 ein drittes Mal abbrannte.


    Baubuch-Judengasse-II.jpg

    Querschnitt durch ein Haus im Juden-Ghetto. Aus: https://www.juedischesmuseum.de/blog/hygiene-u…uelle-reinheit/

    Die Lage der beiden Häuser konnte ich noch nicht eruieren, aber die Bilder sollen stellvertretend einen Querschnitt der Judengasse-Häuser veranschaulichen. Beide Querschnitte verdienten eine eigene Beschreibung. Das erste Beispiel zeigt im Gegensatz zu den Bauvorschriften ein Erdgeschoss in Fachwerk, und beim zweiten Beispiel vermute ich, dass es sich um ein Hinterhaus handelt (links die Umfassungsmauer des Ghettos oder die Stadtmauer? Rechts ein Zaun).

    Edit. 23.5: Der Text oben links könnte folgendermassen lauten: 'Querschnitt eines fördern und hintern Hauses in der Judengasse N. 42 darauf die Windmühlen'. Mit Hilfe eines Grundplans des Judenghettos vom März 1711 (zwei Monate nach dem ' Grossen Judenbrand') und Kracauers Häuserliste konnte ich das Haus just gegenüber von Judengasse 150/151 (im übernächsten Beitrag genauer beschrieben) lokalisieren. Das Bild ist wahrscheinlich nur ein Ausschnitt eines grösseren Plans und zeigt links die Staufenmauer und das Hinterhaus. Der Zaun trennte den Hofraum von den Nachbarn. Rechts auf dem Plan sähe man dann knapp abgeschnitten die Rückfassade des Vorderhauses. Gemässs https://metahubfrankfurt.de/jmf/locations/haus-windmühl/ wurde das Haus 1843 von der Stadt übernommen und später zusammen mit mehreren Nachbarhäusern abgebrochen. Die Fläche blieb dann leer (siehe 2. Bild linke untere Ecke im übernächsten Beitrag) bis zur gründerzeitlichen Neuüberbauung in den 1880er Jahren.

  • Fazit zum Rothschild-Haus

    Das Rothschild-Haus verkörperte einen der drei Grundtypen der Fachwerkbauten in der Judengasse. Die durchgehenden Fensterreihen von Hauskante bis Hauskante, die Fensterbrüstungen mit einer Raute aus vier Winkelhölzern, die Rezeption des immer gleichen Fachwerkmusters an beiden Obergeschossen und der verschieferte Quergiebel waren die prägenden Elemente des Hauses. Insofern unterschied es sich nicht von andern Häusern in der Altstadt; auch dort waren durchgehende Fensterreihen und verschieferte Giebel vielenorts anzutreffen. Aber in der Judengasse war es die beinah endlose Aneinanderreihung von Bauten mit einheitlichen Höhen, die sie von der Altstadt unterschied.

    Die Fassade wurde um 1885 originalgetreu rekonstruiert. Einzig die gegenüber den neuen Brandmauern seitlich vorstehende Fachwerkkonstruktion liess sie als Erker erscheinen, was dem ursprünglichen Zustand nicht entsprach. Auch ist unklar, ob die Stirnflächen der Deckenbalkenlagen ursprünglich sichtbar oder mit profilierten Brettern verschalt waren.


    Rautenmuster in den Fensterbrüstungen sind typisch für das 17. und 18. Jahrhundert und im ganzen Gebiet des mitteldeutschen Fachwerks verbreitet. In der Frankfurter Altstadt wiesen auch folgende Bauten Rautenmuster auf:

    376px-Frankfurt_Am_Main-Roemer-Silberberg-nach_1900.jpg?uselang=de

    Haus 'Silberberg' Limpurggasse 2 als Teil des Römers um 1900.

    Obergeschosse im 2. WK zerstört. Quelle: commons.wikimedia.org.


    beth1.jpg

    Haus 'Heydentanz' Bethmannstrasse 20(?), früher Schüppengasse 6 um 1924.

    1938 abgebrochen für den Durchbruch der Eckermannstrasse. Foto vom

    'Bund tätiger Altstadtfreunde', Sammlung Riegel.


    Ak-Bendergasse-26-Funffingerplatzchen.jpg

    'Pesthaus' Bendergasse 26, Seite Fünffingerplätzchen, im 2. WK zerstört. Ungelaufene Ansichtskarte, Sammlung Riegel.


    Und in der Judengasse können folgende Bauten mit Rautenmuster in den Brüstungen ausgemacht werden:

    Judengasse-150-155-1882x.jpg

    Die Judengasse mit der 1860 eröffneten Hauptsynagoge. Rechts anschliessend die Häuser Nr. 150 - 155 (von rechts her). Foto C. F. Mylius, 1882, Historisches Museum Frankfurt. Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hmf/objects/ha…ter-judengasse/.

    Das Eckhaus südlich der Hauptsynagoge (Nr. 155) und das Nachbarhaus (Nr. 154) wiesen ebenfalls Brüstungen mit Rautenmustern auf.



    Judengasse-ab-147-sudwarts-1877.jpg

    Die Judengasse südwärts ab Nr. 147 (rechte Hälfte des Rothschild-Hauses!) 1877.

    Historisches Museum Frankfurt. Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/blick-in-die-judengasse-2/.

    Das bereits um 1870 abgerissene 'Dreifachhaus' 141/142/143 (Bildmitte), weiter südlich Nr.137 und die ebenfalls in den 1870er Jahren abgerissenen Häuser Nr. 123 - 129 (auf der Fotografie die dunkle Lücke) zeigten auch solche Rautenmuster. Auf weiteren Abbildungen - auch von der Westseite der Judengasse - sind weitere Fachwerke dieses Typs auszumachen.

  • Nun komme ich zu einem zweiten Typ von Fachwerk in der Judengasse:

    Judengasse 150/151, 'Hindin' und 'Schwarzer Hermann'

    Das Doppelhaus war 1711 gemäss der Häuserliste in Isidor Kracauer 'Die Geschichte der Judengasse in Frankfurt a. M.', S. 462 noch ein Haus. Natürlich ist es äusserst schwierig, anhand des Ravenstein-Plans von 1861 und alter Fotografien die einzelnen Häuser einander zuzuordnen (die Häusernummerierung auf dem Ravenstein-Plan entstand gemäss der Liste Kracauers 1761). Oft erkennt man nur an wenigen Details, dass ein scheinbar breiteres Haus tatsächlich aus zwei (oder sogar drei!) Hausteilen bestand. Diese oft geteilten Häuser haben ihre Ursache darin, dass die Fläche des Judenghettos trotz stark wachsender Bevölkerungszahl seit seiner Entstehung 1460 bis 1800 nie vergrössert wurde. Dies hatte zur Folge, dass ein Haus bis zu annähernd zwei Meter schmal sein konnte!

    Beim Wiederaufbau nach den Gassenbränden von 1711 und 1721 wurden die Hauseigentümer durch die Bauvorschriften angemahnt, dass Nachbarn ihre Häuser jeweils zusammen neu bauen und gemeinsame Dachstühle errichten sollen. Die genaue Betrachtung historischer Fotos lassen solche Anzeichen erkennen, wie zum Beispiel hier an den Rückseiten der beiden nördlichen Nachbarhäuser des Rothschild-Hauses. Die Schwellen und Rähme laufen nämlich bei beiden Bauten durch, sodass diese mit Sicherheit zusammen errichtet wurden. Es sind dies die Häuser 149 'Roter Hirsch' und 150 'Schwarzer Hermann'. Letzteres betrifft die eine Hälfte des Doppelhauses, das in diesem Beitrag beschrieben werden soll.

    Zudem wurden nach etwa zehn Hauseinheiten jeweils Brandmauern errichtet. Deren an den Fassaden zu erkennenden Stirnseiten sind zudem eine grosse Hilfe bei der Orientierung auf den Fotos.

    Nochmals eine Fotografie aus dem letzten Beitrag:

    Judengasse-150-155-1882x.jpg

    Die Judengasse mit der 1860 eröffneten Hauptsynagoge. Rechts anschliessend die Häuser Nr. 150 - 155 (von rechts her). Foto C. F. Mylius, 1882, Historisches Museum Frankfurt. Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm…r-frankfurter-judengasse/.

    Nr. 150/151 ist rechts angeschnitten: Nr. 150 mit Sichtfachwerk und Nr. 151 mit Schieferverkleidung, beide je zwei Fenster breit, aber mit einer gemeinsamen Dachlukarne. Die unterschiedlich verschieferten Giebelhälften wiesen ebenfalls auf zwei Hausbesitzer hin. Auf älteren Fotografien sah das Haus aber so aus:

    Judengasse-143-154-1868.jpg

    Judengasse 143 bis 154 (von rechts). Foto C. F. Mylius, 1868, Historisches Museum Frankfurt.
    Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/sudseite-der-judengasse/.

    Auch die linke Haushälfte zeigte noch sichtbares Fachwerk; es handelte sich also um eine sehr späte Verkleidung. Auf dem Foto sieht man gut die beiden zusammengebauten Dachlukarnen von Nr. 149 und 150/151 - auch dies ein Anzeichen einer gemeinsamen Errichtung.

    Wie beim Rothschild-Haus gingen die Fensterreihen an beiden Obergeschossen von Hauskante bis Hauskante durch. Ebenso war das Fachwerk an beiden Obergeschossen identisch, mit einer Auskragung über dem Erdgeschoss. Über dem Erdgeschoss lag eine enggelegte Balkenlage mit sichtbaren Balkenköpfen. Über dem 1. Obergeschoss wurden die Balkenköpfe mit einem offenen oder verschalten Dächlein geschützt. Alle Schwellen und Rähme waren profiliert. Im Gegensatz zum Rothschild-Haus und den Bauvorschriften von 1711/1721 bestand das Erdgeschoss aber aus Holz.

    Das Fachwerk zeigte ausschliesslich Rauten (nicht aus Winkelhölzern) in Kombination mit Andreaskreuzen. An der Rückseite waren es nur einzelne, gegenläufig zueinander angeordnete Brüstungsstreben. Auf einer weiteren Fotografie, allerdings von der Seite, sind die Details des Fachwerks besser zu erkennen:

    Judengasse-ab-151-sudwarts-um-186870x.jpg

    Die Judengasse ab Nr. 150/151 südwärts. Foto Th. Creifeld, um 1868/70, Historisches Museum Frankfurt.
    Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/blick-in-die-judengasse-6/

    Judengasse-ab-151-sudwarts-um-186870x-entzerrt.jpg

    Judengasse 150/151. Entzerrter Ausschnitt aus der vorangehenden Fotografie.

  • Hausteilungen in der Judengasse

    Am Beginn des vorangehenden Beitrag erwähnte ich die Schwierigkeit, die Hausnummern den einzelnen Häusern auf den Fotos und auf dem Ravenstein-Plan zuzuordnen. Einige Häuser waren nicht nur auf zwei Eigentümer aufgeteilt, sondern sogar auf drei und in einem Fall sogar vier! Deshalb befasse ich mich in diesem Beitrag weiter mit diesen Hausteilungen und fasse die Resultate auf einer Fotografie zusammen.

    Auf zwei Fotos interessierte es mich, ob allenfalls auch das Nachbarhaus Nr. 152 in einem baukonstruktiven Zusammenhang mit Nr. 150/151 stand. Die Geschossbodenhöhen stimmten exakt überein, auch wenn Nr. 152 unter einem gemeinsamen Quergiebel mit geschweifter Giebelkontur mit Nr. 153 lag, was einen Bauzusammenhang eher zwischen letzteren Beiden nahe legt anstatt mit Nr. 150/151. Es könnte aber sein, dass auch drei Nachbarn zusammen neu gebaut hatten anstatt nur zwei. Zwischen Nr. 152 und 153 bestand aber ein Einwärtsknick in der Fassade, sodass dort die Schwelle und Rähme unmöglich durchgehend sein konnten.

    480px-C_F_Mylius_Frankfurt_Judengasse_c1870.jpg

    Die Judengasse ab Nr. 154 südwärts. Foto von C. F. Mylius, um 1870. >> Vergrösserung.
    Quelle (gemeinfrei): https://commons.wikimedia.org/wiki/File:C_F_…gasse_c1870.jpg.

    Nr. 152/153 ist das Doppelhaus links, dessen Brüstungen im 1. Obergeschoss erst ab halber Höhe verschiefert sind. Darunter sieht man die profilierten Schwellbalken, und unter diesen bei Nr. 153 ein profiliertes Schalbrett, das die Deckenbalkenköpfe abdeckt, und bei Nr. 152 die sichtbaren Deckenbalkenköpfe. Der Schwellbalken von Nr. 152 könnte ein durchgehender, profilierter Balken bis unter Nr. 151 sein. Wenn man unter maximaler Vergrösserung genau schaut, erkennt man, dass die Profile identisch sein könnten. Der Rähm über dem 1. Obergeschoss kann aber unmöglich durchgehend gewesen sein. Da somit keine Eindeutigkeit herrscht, betrachtete ich ein weiteres Foto:

    471px-Frankfurt_Judengasse_1868.jpg

    Die Judengasse ab Nr. 155 südwärts. Foto von Th. Creifelds, um 1868. >> Vergrösserung.
    Quelle (gemeinfrei): https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fran…ngasse_1868.jpg.

    Hier kann man einen ganz kleinen Unterschied in der Plastizität der Profile erkennen, woraus ich schliesse, dass die Schwelle nicht durchgehend war, und somit Nr. 151 und 152 konstruktiv nicht zusammenhingen. Wenn man aber die beiden Rähme der 1. Obergeschosse von Nr. 153 und 154 betrachtet, könnten diese dafür durchgehend gewesen sein.

    Aus der Gesamtheit dieser kleinen Beobachtungen schliesse ich:

    - Nr. 149 und Nr. 150/151 hängen konstruktiv zusammen und wurden gemeinsam errichtet

    - Nr. 151 und Nr. 152 wurden sehr wahrscheinlich getrennt errichtet

    - Nr. 152 und Nr. 153 wurden sehr wahrscheinlich gemeinsam errichtet (gemeinsamer Quergiebel)

    - Nr. 154 könnte konstruktiv mit Nr. 153 zusammenhängen und mit diesem zusammen errichtet worden sein

    - Nr. 155 (Kopfbau, hier ausserhalb des Fotos) ist aufgrund anderer Geschosshöhen unabhängig von Nr. 154 errichtet worden.

    Eingetragen in einem Bild des vorangehenden Beitrages sieht das dann so aus (zum besseren Vergleich zuerst das Bild ohne Eintragungen):

    Judengasse 143 154 1868

    Judengasse 143 bis 154 (von rechts). Foto C. F. Mylius, 1868, Historisches Museum Frankfurt.
    Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm…/sudseite-der-judengasse/.


    Judengasse-143-154-1868-Grenzen.jpg

    Hausaufteilungen und Nummernzugehörigkeit am Beispiel Judengasse 143 bis 154. Bildgrundlage: Foto C. F. Mylius, 1868, Historisches Museum Frankfurt. Orange = mutmasslicher Kernbau (s. Text). Farbige Eintragungen von mir.
    Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm…/sudseite-der-judengasse/.

    Ein spannendes und zugleich schwieriges Objekt bezüglich dieser Baugeschichtsforschung waren die Häuser Nr. 144 und 145/146. Bei Nr. 146 kann man sich fast nicht vorstellen, dass es Häuser gab, die nur eine Haustür breit waren. Gerade bei nachträglichen aufgeteilten Häusern war es nicht üblich, eine gerade Scheidewand über die ganze Haushöhe zu errichten. Vielmehr wurden bestehende Wände verwendet, wodurch einzelne Räume in der Höhe ineinander übergriffen. Im 2. und 3. Obergeschoss kann man anhand des Abbruchfotos abschätzen, wo etwa die Zwischenwände standen. Im Dachgeschoss ist es die Anordnung der Lukarnen, die einen Hinweis auf die Aufteilung geben könnte.

    Ich gehe davon aus, dass die Lukarne von Nr. 146 nachträglich an jene von Nr. 145 angebaut worden ist. Somit bestand die Trennwand unter der linken Lukarnentraufe, also der linken Seitenwand der mittleren Lukarne. Nun hatte aber die Lukarne von Nr. 145 eine merkwürdig asymmetrische Form. Überhaupt passte auch die Fassade von Nr. 144 nicht so ganz zu allen andern Fassaden in der Judengasse. Sie zeigte ein Bild aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts (Einzelfenster, flache Gurtsimse). Wahrscheinlich wurde hier ein Haus(-teil) komplett abgebrochen und nicht bloss umgebaut. Zudem hatten Nr. 145/146 niedrigere Erdgeschosse als die meisten Nachbarn. Hatten hier möglicherweise Erdgeschosse aus der Wiederaufbauzeit nach dem 1. Ghetto-Brand von 1711 den zweiten Ghetto-Brand von 1721 überdauert?

    Jedenfalls vermute ich, dass Nr. 144, 145 und 146 ursprünglich ein Haus mit einem breiten Quergiebel in der Mitte bildeten, das später zweimal eine Aufteilung erfuhr. Der rechts abgetrennte Hausteil wäre dann im frühen 19. Jahrhundert über einem höheren Erdgeschoss neu errichtet worden. Zwischen Nr. 143 und 144 bestand zudem eine Brandmauer.

    Ein ganz spannendes Objekt ist das rechts angeschnittene Haus Nr. 143, das mit Nr. 141 und 142 ursprünglich ein Haus bildete. Seine Fassade werde ich später vorstellen. Jedenfalls gebe ich mal die zugehörigen Hausnamen an:

    - Nr. 141 'Wilder Mann'

    - Nr. 142 'Schwarzer Löwe'

    - Nr. 143 'Weinfass'

    Im bereits im ersten Beitrag über die Judengasse angegebenen Link https://metahubfrankfurt.de/about/ gibt es zu jedem einzelnen Haus eine eigene Seite samt kurzer Geschichte. Findet jemand die Seiten dazu? Oder muss ich sie angeben? :wink:

  • Das Geburtshaus von Ludwig Börne, Judengasse 118

    In der östlichen Zeile der Judengasse konnten zwei Grundtypen von Fachwerk ausgemacht werden:
    - Fachwerk mit durch vier Winkelhölzer gebildeten Rauten in den Brüstungen
    - Fachwerk mit einer Kombination von Andreaskreuzen und Rauten in den Brüstungen.

    Auf den Rückseiten war das Fachwerk einfacher. Den einzigen Schmuck bildeten hier je eine einzelne Strebe in den Brüstungen, die durch gegenläufige Anordnung (einmal nach links geneigt, einmal nach rechts) auch als Schmuckglieder betrachtet werden dürfen. Der Weg zum verputzten Konstruktionsfachwerk war aber nicht mehr weit. Auch scheinen die Lukarnen von Anbeginn an (also wohl 1721) verschiefert gewesen zu sein.

    Im südlichen Bereich der Ostzeile fällt nun ein dritter Fassadentyp auf:

    Judengasse 115 122

    Judengasse 115 - 122 (von rechts, inkl. dem angeschnittenen Haus). Foto C. F. Mylius, 1880, Historisches Museum Frankfurt.
    Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/ostseite-der-judengasse/.

    Die Häuser sind zu diesem Zeitpunkt bereits grösstenteils leergezogen und die Strasse tiefer gelegt. In diesem Abschnitt gab es eine Gruppe von Bauten, deren Fassaden komplett aus Holz bestanden. Sehr wahrscheinlich handelte es sich dabei um Holztäfer, das auf die Fachwerkkonstruktion angebracht wurde. Es fällt auf, dass die Fenster in einem leichten Stichbogen abschlossen, während sie bei der Sichtfachwerkbauweise gerade Stürze aufwiesen. Solche Fenster waren in ganz Frankfurt anzutreffen, vorwiegend bei barocken und barockisierten Bauten (Goethehaus von 1755/56). Es wäre zu erforschen, ob solche Fenster bereits 1721 möglich sind, als die Häuser in diesem Teil der Judengasse nach einem zweiten Brand innert kurzer Zeit neu gebaut werden mussten. Ich gehe aber eher davon aus, dass die Fassaden erst nachträglich ihre Vertäferung erhielten.

    Was könnte aber der Grund gewesen sein, hier einen völlig anderen Fassadentyp anzuwenden, der sonst nirgends in der Frankfurter Altstadt vorkam? War der Auslöser das einzige gemauerte Wohnhaus, das 'Steinerne Haus' Nr. 109? Dieses besass am 1. Obergeschoss 'Spiegel' in den Brüstungen und war durch horizontale Gurtsimse gegliedert. Es ist möglich, dass dessen Fassadenarchitektur Vorbild war für die zu modernisierenden Bauten, als man des Sichtfachwerks überdrüssig war. An den Rückseiten unterschieden sich die Bauten nicht von den weiter nördlich stehenden, bereits beschriebenen Bauten.


    Judengasse 116 120

    Judengasse 116 - 120 (von rechts, inkl. dem angeschnittenen Haus). Foto C. F. Mylius, 1884, Historisches Museum Frankfurt.
    Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/ludwig-bornes-geburtshaus-in-der-judengasse/.

    Wie im oberen Teil der Judengasse kann man auch hier gemeinsam errichtete Bauten erkennen, so zum Beispiel Nrn. 117/118 mit einer gemeinsamen Lukarne. Als Besonderheit wies dieses Doppelhaus ein Mansarddach anstelle eines Satteldaches auf. Dieses griff auch auf das rechte Nachbarhaus Nr. 116 über, was ein Hinweis auf die gleichzeitige und konstruktiv einheitliche Errichtung mit dem Doppelhaus sein könnte.

    Die hell gestrichene Haushälfte (Nr. 118) war das Geburtshaus von Ludwig Börne, einem Journalisten, Literatur- und Theaterkritiker. Nach dem nach Abbruch des Judenghettos wurde die erneuerte und tiefergelegte Strasse in 'Börnestrasse' umbenannt. Doch mittlerweile ist auch dieser Name wieder verschwunden. Das verbliebene Stück der einstigen Judengasse nach dem Wiederaufbau der Stadt nach dem 2. Weltkrieg heisst heute 'An der Staufenmauer'.

    Beim Abbruch der Gasse wurden wertvolle Bauteile wie Schmiedeeisengitter, Treppenpfosten, geschnitzte Brüstungstafeln etc. ausgebaut und eingelagert (oder in einem Museum ausgestellt). Diese Spolien sind im 1906 erschienen Buch 'Die Geschichte der Judengasse in Frankfurt am Main' von Isidor Kracauer abgebildet. So erkennt man auf der vorangehenden Ansicht die Brüstungsplatte ganz links mit einem Kreis drin auch in der Buchabbildung wieder. Wo sich diese Spolien heute befinden und ob sie noch existieren, weiss ich nicht.

  • Für die Erforschung des Fachwerks in Frankfurt am Main ergeben die Häuser leider nicht mehr her als ich hier beschrieben hatte. Es wäre aber dringend nötig, die Gasse systematisch bezüglich ihrer jüngsten Baugeschichte zu erforschen. Schön wäre die Erstellung einer Liste aller Bauten der Gasse, die nach Hausnummern geordnet wäre, aus der dann auch die Hausnamen, die Nutzung und das Abbruchdatum ersichtlich wäre. In der METAhub-Seite gibt es ausführliche Beschreibungen zu den einzelnen Häusern, aber leider ohne Hausnummern und einfach alphabetisch nach Hausnamen geordnet. Dort gibt es auch Angaben, wann die Häuser von der Stadt jeweils aufgekauft und schliesslich abgebrochen wurden. Eine Zuordnung zu den jeweiligen Hausnummern wäre grösstenteils mit der bereits erwähnten Hausnamen- und Hausnummernliste Kracauers von 1906 möglich. Und schliesslich könnte in diesem Zuge auch das im ersten Beitrag zur Judengasse erwähnte Juden-Baubuch weiter erschlossen werden.

    Ich möchte deshalb in einem späteren Beitrag nur noch ein Haus genauer betrachten (Nrn. 141/142/143), das bereits um 1870 als erstes 'Mehrfach-Haus' der östlichen Zeile fiel (siehe ganz am Schluss dieses Beitrags) und dann die Betrachtungen zur Judengasse hier im Fachwerk-Strang abschliessen. Weitere Forschungen wären in einem separaten Strang zur Judengasse sicher gut aufgehoben, doch vorher wäre noch viel systematische Forschungsarbeit notwendig. Mir schwebte dann eine gebäudeinventarmässige Bearbeitung aller Bauten des Judenghettos vor.

    Nun folgen noch zwei Gesamtansichten der östlichen Zeile nach der abgeschlossenen Niederlegung der westlichen Zeile ab den 1840er Jahren:

    Judengasse vor 1874

    Die Ostseite der Judengasse nach der vollständigen Niederlegung der westlichen Zeile, um 1874. Unbekannte Sammlung.

    Im Vordergrund sind just jene fünf Häuser zu sehen, deren Fundamente 1987 ausgegraben wurden und heute im Museum Judengasse besichtigt werden können. Von rechts her trugen sie folgende Nummern und Hausnamen:

    - Haus mit hellgestrichenem Fronttäfer, Brandmauer und zwei Fensterachsen: Nr. 106 'zum weissen Widder'
    - Haus mit dunklem Fronttäfer am 1. Obergeschoss, rechte Hälfte: Nr. 107 'zum roten Widder'
    - Haus mit dunklem Fronttäfer am 1. Obergeschoss, linke Hälfte: Nr. 108 'zum Sperber'
    - gemauertes Haus mit hohen Geschossen: Nr. 109 'Steinernes Haus'
    - hell verputztes Haus: Nr. 110 'Warmes Bad'.

    Passendes Bild zu den wiedereingebauten Fundamenten der ersten drei Bauten: Klick.

    Leider wurden diese Fundamente ein paar Jahre zu früh entdeckt, denn während die Stadt Frankfurt dort ihr Verwaltungsgebäude realisieren und die Funde nur dokumentieren und anschliessend abtragen wollte, entschied man sich schliesslich zu einem Kompromiss:

    Fünf der entdeckten Hausfundamente [von insgesamt 19] wurden abgetragen und im Kellergeschoss des Verwaltungsgebäudes am originalen Platz wiederaufgebaut.

    (Einfügung von mir)

    Was man heute dort sieht und auch begehen kann, ist lediglich eine 'Rekonstruktion' der Fundamente, aber sehr anschaulich und authentisch wirkend gemacht. Ich denke aber, dass mit solchen Gebäuderesten heutzutage anders umgegangen würde...


    Judengasse Ostseite um 1878 C. Hertel

    Die Judengasse nach der vollständigen Niederlegung der westlichen Zeile und bereits ersten erfolgten Abbrüchen in der östlichen Zeile, um 1878. Fotograf Carl Hertel, unbekannte Sammlung.

    Eine weitere sehr seltene Ansicht zeigt die Häuserzeile nach weiteren erfolgten Abbrüchen und Teilabbrüchen. Die sieben sehr schmalen Bauten Nrn. 123 - 129 bestehen hier nicht mehr und sind durch zwei Schuppen ersetzt worden. Teilweise sind auch einzelne Dächer bereits abgebrochen worden, während die Vollgeschosse wohl aus Stabilitätsgründen für die Nachbarhäuser noch stehen blieben (Nrn. 106, 107, 108, 130). Ganz selten ist die Aufnahme deshalb, weil sie ganz rechts noch das Haus Nr. 102 'zum Pfau'(?) zeigt, das ebenfalls ein Fronttäfer aufwies (Name und Nr. noch nicht gesichert, denn der Ravensteinplan von 1862 und die Liste Kracauers stimmen nicht ganz überein). Die Lücke links von ihm zu Nr. 106 hin blieb seit dem zweiten Brand der Judengasse 1721 unbebaut.

  • Judengasse 141/142/143, 'Wilder Mann', 'Schwarzer Löwe' und 'Weinfass'

    Die drei äusserst schmalen Häuser gehörten konstruktiv zusammen. Sie erwecken ein spezielles Interesse, weil ihr Fachwerk bis zum Abbruch um 1870 frei lag, und weil ihre Erdgeschosse wie bei Nrn. 145 und 146 niedriger waren als jene der restlichen Bauten der Zeile.

    Zudem hatten Nr. 145/146 niedrigere Erdgeschosse als die meisten Nachbarn. Hatten hier möglicherweise Erdgeschosse aus der Wiederaufbauzeit nach dem 1. Ghetto-Brand von 1711 den zweiten Ghetto-Brand von 1721 überdauert?

    Könnte dies auch bei Nr. 141/142/143 der Fall gewesen sein? In der Literatur (Kracauer?) las ich einmal, dass beim zweiten Judengassenbrand ein einziges Haus dieses Inferno überdauert hatte. Von daher könnte ein Blick auf seine Fassade interessant sein. Auf einem bereits gezeigten Foto sieht man das ganze Haus genau in der Mitte aus einem ziemlich flachen Winkel, aber doch noch so, dass man einen Ausschnitt entzerren kann:

    Judengasse-ab-147-sudwarts-1877.jpg

    Die Judengasse südwärts ab Nr. 147 (rechte Hälfte des Rothschild-Hauses!) 1877.
    Historisches Museum Frankfurt. Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/blick-in-die-judengasse-2/.

    Das bereits um 1870 abgerissene 'Dreifachhaus' 141/142/143 (Bildmitte), weiter südlich Nr.137 und die ebenfalls in den 1870er Jahren abgerissenen Häuser Nr. 123 - 129 (auf der Fotografie die dunkle Lücke) zeigten auch solche Rautenmuster.

    Judengasse ab 147 südwärts 1877x
    Entzerrter Ausschnitt aus dem vorangehenden Foto. Die Hausnummerierung 141, 142, 143 ist von rechts her.

    Es fällt auf, dass einzelne Pfosten sehr schief standen. Ein Blick zurück auf die Originalfotografie zeigt aber, dass diese stellenweise stark zurückgebeilt wurden und somit Dellen entstanden, welche die Pfosten als schief stehend aussehen liessen. Vielleicht waren Fäulnisschäden die Ursache. Vor allem am 1. Obergeschoss erkennt man aber auch Unregelmässigkeiten in der Pfostenstellung, die normalerweise bei Bauten in der Judengasse regelmässig angeordnet waren.

    In die rechten drei Felder wurden später Fenster mit Stichbogenstürzen eingesetzt. Sie verraten, dass einer der drei Hauseigentümer hier die Hälfte der Front einnahm. Links ist die Aufteilung der unterschiedlichen Feldbreiten wegen unklar. Im 2. Obergeschoss waren die Breiten aller sechs Fenster gleich. Links folgt eine Brandmauer mit Regenablaufrohr davor, das just den Übergang zum Fachwerk verdeckt. Auf einer weiteren Fotografie (in diesem Beitrag) sieht man Nr. 143 rechts angeschnitten, aber in Frontalansicht. Hier ein Ausschnitt davon:

    Judengasse 143 154 1868x

    Ausschnitt aus einer Fotografie von C. F. Mylius, 1868, Historisches Museum Frankfurt.

    Der Eckpfosten war genau hinter dem Rohr. Besser als auf dem entzerrten Ausschnitt erkennt man, dass die Pfosten unterschiedlich breit waren. Es scheint, dass der linke und mittlere Hauseigentümer sich die linke Hälfte des 1. Obergeschosses teilten, während der rechte Eigentümer die ganze rechte Hälfte besass. Das 2. Obergeschoss war aber gleichmässig auf alle drei Besitzer aufgeteilt. Aus diesen beiden Fotos lässt sich bezüglich der Baugeschichte leider nicht mehr herauslesen, aber vielleicht finden sich weitere Quellen mit Angaben dazu. Interessant wäre ein Blick ins Judenbaubuch. Über der Dachtraufe sass mittig eine breite Lukarne, die links bis zur Brandmauer verbreitert worden war.

  • Das Nebeneinander von breiten und schmalen Pfosten reizte mich doch noch, eine Durchzeichnung des Fachwerks zu zeichnen, auch wenn einige Partien unscharf waren. Auffallend ist auch der rechte Fassadenabschluss, der zwischen dem 1. und 2. Obergeschoss stark zurück sprang.

    Das Erdgeschoss und allenfalls auch die Lukarne könnten auch noch entzerrt und durchgezeichnet werden. Hierzu sollte aber die entzerrte Fotografie höher aufgelöst zur Verfügung stehen. Für die Betrachtung der Hausaufteilung auf drei Besitzer genügt aber das genaue Betrachten der Fotos:
    - Das Erdgeschoss war gedrittelt und mit drei zweiflügeligen Türen mit unterschiedlichen Oberlichtern, aber ohne jeglichen Fensteröffnungen versehen. So zeigt es auch der Ravensteinplan von 1862.
    - Die Lukarne nahm fast die gesamte Hausbreite ein. Sie war ursprünglich symmetrisch und wies ein spitzgiebliges, zweigeschossiges Giebelfeld auf, das mindestens nach links verbreitert wurde. Ob dies rechts auch der Fall war, kann aufgrund der Fotos nicht festgestellt werden. Die Anordnung mit einem sechsfachen Reihenfenster am 1. Dachgeschoss und unterschiedlich grosser Fenster im Giebelfeld lässt eine Besitzaufteilung just über den Trennwänden des 2. Obergeschosses zu.

    Judengasse 141 143 Besitzaufteilung

    Aufteilung von Judengasse 141 - 143 auf die drei Besitzer. Fassadenzeichnung aufgrund der Fotos im vorangehenden Beitrag.

    Man kann sich nun fragen, woher diese Unregelmässigkeiten kamen, denn in der Judengasse waren solche selten anzutreffen. Waren sie eine Folge vom Wiederaufbau 1721? Hatten zwei der drei Eigentümer zu wenig Geld für einen sofortigen Wiederaufbau und sprang der Dritte ein, erhielt dafür aber mehr am Anteil am 1. Obergeschoss? Weshalb der Rücksprung zwischen dem 1. und 2. Obergeschoss rechts? Und weshalb das niedrigere Erdgeschoss als die Nachbarn? Fragen, die vielleicht die schriftlichen Archivalien im jüdischen Museum beantworten können.

    Nachdem die Stadt alle drei Hausteile aufkaufen konnte, liess sie diese als erste in der östlichen Reihe in den frühen 1870er Jahren abbrechen. Ein Foto von 1881 zeigt rechts die entstandene Baulücke. Die stehen gebliebene Brandmauer musste seitlich abgestützt werden, um ein horizontales Ausweichen der weiterhin bewohnten Nachbarhäuser zu verhindern.


    Judengasse 1881

    Die Judengasse 1881, nach dem Abbruch von Nr. 141 - 143. Carte de visite, unbekannte Sammlung.

  • Bis 1944 erhaltene Häuser des Judenghettos

    Neben dem Rothschildhaus, von welchem meistens angegeben wird, dass es als einziges den Abbruch des Judenghettos überdauert haben soll, gab es im Umfeld der alten Synagoge weitere Wohnhäuser, die bis 1944 existierten. Es waren dies das Doppelhaus Hinter dem kalten Bad 147/148 und Allerheiligenstr. 69, 71 und 73. An Nr. 73 schloss sich das Gemeindehaus an, das an die Rückseite der 1854-1860 errichteten neuen Synagoge an der Judengasse angebaut war. In einem Vorgängerbau von ihm befand sich das alte 'Kalte Bad', das im Innern nur über etwa 30 Treppenstufen in die Tiefe erreichbar war. Seine Grundfläche blieb seit der Zerstörung der Synagoge 1938 unbebaut und wird heute grösstenteils von der Kurt-Schumacher-Strasse vor dem Haus Nr. 43 eingenommen. Eine archäologische Grabung hat dort meines Wissens nie stattgefunden.

    Nun interessierte mich als erstes mal die Lage dieser Häuser im heutigen Stadtgrundriss:

    Synagoge Judengasse 1944 2024

    Überlagerung des Stadtplans 1944 mit dem Satellitenbild 2024 (Google maps). Der östliche, schmalere Bereich der Synagoge wurde vom Gemeindehaus eingenommen. Das Haus mit dem hellen Dach ist die Nr. 43.


    Synagoge Judengasse 1862 2024

    Überlagerung des Ravensteinplans 1862 mit dem heutigen Satellitenbild (Google maps).
    Das Haus mit dem hellen Dach ist die Nr. 43.

    Beim Neubau des Gemeindehauses der jüdischen Gemeinde 1854-1860 blieb das seit dem 18. Jahrhundert allmählich ausser Gebrauch gekommene kalte Bad noch erhalten. Seit der Zerstörung der Synagoge 1938 und wohl gleichzeitig auch des Gemeindehauses blieb der Platz von letzterem unbebaut. Erst beim Wiederaufbau der Stadt ab 1945 wurde hier die Kurt Schumacher-Strasse angelegt, sodass in ihrer Tiefe vor dem Haus Nr. 43 (siehe Link oben) heute noch interessante zu erforschende Artefakte schlummern werden.


    Börnestr. 32 38 1915 C.Abt x

    Blick von der Judengasse (Börnestrasse) in die Sackgasse 'Hinter dem kalten Bad'. Von rechts her: Das Doppelhaus Börnestr. 32/34 (früher hinter dem kalten Bad 156/157) und im Hintergrund Börnestr. 36 u. 38 (resp. Allerheiligenstr. 69 u. 71). Links angeschnitten die Synagoge. Diese Häuser blieben bis 1944 erhalten. Fotografie von C. A. Abt, 1915, Historisches Museum Frankfurt. Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/bornestrae-32-38-fruher-judengasse/.


    Einen pittoresken Winkel bildeten die Rückseiten von Hinter dem kalten Bad 156 u. 157 und der Häuser an der Judengasse:

    Judengasse 152 157 1856 Reiffenstein

    Rückseiten von Hinter dem kalten Bad 156 u. 157. Im Vordergrund die Judenghettomauer, im Hintergrund die drei rückseitigen Lukarnen von Judengasse 152-154. C. T. Reiffenstein, 1856, Historisches Museum Frankfurt. Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/hinterhauser-in-der-judengasse-bez-romischer-konig/.

    Beachtenswert am Bild oben ist der in die Ghettomauer eingelassene, mit 'F 1712' datierte Stein. Was es für eine Bewandtnis mit ihm hat, weiss ich nicht. Ein Jahr davor, 1711, passierte ja der 1. Brand des Judenghettos.


    Hinter dem kalten Bad 1880 Becker

    Rückseiten von Hinter dem kalten Bad 156 u. 157. Im Vordergrund die durchbrochene Judenghettomauer. Aquarell von P. Becker, 1880, Historisches Museum Frankfurt. Quelle: https://metahubfrankfurt.de/hm.../objects/blick-in-den-hof-des-hauses-nr-32-hinterhauser-der-judengasse/.


    Ak Hinter dem kalten Bad 147:148

    Rückseiten von Hinter dem kalten Bad 156 u. 157. Im Vordergrund die durchbrochene Judenghettomauer. Ungelaufene Ansichtskarte um 1915. Verlag L. Klement, Frankfurt a. M., Sammlung Riegel.


    Der Blick heute vom exakt selben Standort aus und mit gleicher Blickrichtung wie in der Ansichtskarte:

    Kurt Schumacher Strasse Google maps

    Die Rückseiten von Nrn. 156 u. 157 würden heute genau auf den Gleisen auf der Höhe des Pfeils stehen.
    Quelle: https://maps.app.goo.gl/...spDfz9xZ1fx6bKU9.

    Über das Fachwerk von Nrn. 156 u. 157 gibt es nicht viel zu schreiben. Wie schon bei der Rückseite des Rothschildhauses bestimmten breite Reihenfenster das Fachwerk, das in den Brüstungen mit abwechselnder Neigungsrichtung nur je eine einzelne Brüstungsstrebe pro Gefach aufwies. Die beiden Lukarnen zeigten bereits klassizistisch anmutende, flach geneigte Giebelfelder mit markanter Rahmung. Aus der Reihenfolge der Rückansichten bemerkt man, dass die Verschieferung des Fachwerks nur allmählich erfolgte anstatt in einem Zug.