St. Gallen - Fachwerkbauten in der Altstadt

  • Die Schweiz ist nicht so wie Deutschland als Fachwerk-Land bekannt, aber trotzdem haben wir einen sehr hohen Bestand an Fachwerkbauten, vor allem auf dem Land. Anders sieht es in den grösseren Städten aus. Während einstige Fachwerkstädte ab der Renaissance und dem Frühbarock allgemein "versteinerten", behielten Kleinstädte eher ihr spätgotisches Gepräge mit Holzbauten. Von den grösseren Städten machte einzig St. Gallen diese Entwicklung nicht mit. Weshalb - die Frage ist noch nicht beantwortet worden. Vielleicht war die Mentalität der St. Galler, denen man gern nachsagt "De Sanggaller drait de Füfräppler zweimol um, bevor er en usgit", die Ursache dafür?

    Jedenfalls existieren hier immer noch viele baugeschichtlich wertvolle und altertümliche Fachwerkbauten aus dem 15. Jahrhundert. Der lang zurückliegende letzte Stadtbrand (1418) und die Nichtbeteiligung am Dreissigjährigen Krieg haben dazu geführt, dass die Altstadt in den letzten 600 Jahren nie grundlegend umgestaltet oder erneuert wurde. So richtig reiches Schmuckfachwerk ist die Ausnahme und vor allem bei Bauten aus dem frühen 17. Jahrhundert und bei Landhäusern ausserhalb der Altstadt zu finden. Spannend ist der Gegensatz zwischen der barocken Klosteranlage und der eng anschliessenden spätgotischen Altstadt:


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    Zahlen: In der rund 500 Häuser zählenden Altstadt liegen etwa 50 Fachwerke frei. Über ebenso viele gibt es baugeschichtliche Dokumentationen, und von weiteren 100 Infrarot-Aufnahmen, sodass wir über das ursprüngliche Aussehen unserer Fachwerkbauten sehr gut dokumentiert sind. Mehr als die Hälfte des heutigen Baubestandes weist unter dem Verputz noch Sichtfachwerk oder Reste davon auf. Bis gegen 1880 bestanden noch 95% (!) aller Bauten in der Altstadt aus Fachwerk. Gemäss historischen Abbildungen wurden alle Fachwerke zwischen 1790 und 1835 verputzt.

    Zuerst folgen Beiträge mit spärlich kommentierten Bildern, noch wahllos vermischt und nicht sortiert nach Alter oder Gassenzug. Später sind Beiträge zur Baugeschichte einzelner Bauten vorgesehen.


    Inhaltsverzeichnis:

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    Plan mit eingetragenen Sichtfachwerken:


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    (Plangrundlage: Vermessungsamt der Stadt St. Gallen, Überarbeitung: Riegel)

    Tiefrot = Wandständerbauten aus dem 15. Jh.

    Grün = Geschossbauten aus dem 16. bis 18. Jh.

    Leichtrot = nachgewiesene und mutmassliche Wandständerbauten aus dem 15. Jahrhundert, aber verputzt

  • Zitat von Loggia

    Danke, hochinteressant!

    Die Schweiz hatte nicht die starken Brüche durch Weltkriege und war in ihrer ökonomischen Entwicklung gleichmäßiger als West- und Mitteleuropa, ich denke dadurch wurden nicht so oft "Bauwellen" angeschoben (das Verputzen um 1800 war definitiv eine).

    Aber daß da noch Gebäude aus dem 15. Jahrhundert stehen, wußte ich nicht. Auf dem Plan sieht es so aus, als habe St.Gallen ein sehr geschlossenes Stadtbild, an dem man nie mit ideologisch begründeter Änderung Schneisen geschlagen hat. Sehr erstaunlich.

  • Es ist in der Tat so, dass Schweizer Städte von radikalen Stadtumbauten und Schneisen verschont blieben. Genf hat eine teilweise Umgestaltung in Haussmann-Manier in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebt, Zürichs Altstadt teilweise in der Umgebung des Bahnhofs um 1900 und Basel ab den 1930er Jahren. St. Gallen hat nur eine Zäsur an Marktplatz und Bohl zwischen der Kernstadt und der Erweiterung im Norden, wo im 19. Jahrhundert mit einer Ausnahme alle öffentlichen Gebäude ersatzlos ausradiert wurden. Es gab aber ab 1900 auch Baulienienpläne in der Altstadt, sodass bei einem Ersatzbau die Fassade einige Meter zurückgenommen werden musste, was dann zu einzelnen Rücksprüngen führte. Es kam auch vor, dass von einem Gebäude nur das oberste Geschoss samt Dacherhalten blieb, um darunter dann auf der alten Flucht neu bauen zu können. Dies galt dann als Umbau, wie beispielsweise bei Kugelgasse 16 um 1911 (im Nachhinein fand ich allerdings heraus, dass hier kein Baulinienplan bestand, sondern andere Gründe zu diesem auwändigen Um- und Neubau führten):

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    (Historische Fotografie im Bauarchiv der Stadt St. Gallen)

  • Gallusstr. 29 "zur Linde"

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    Das grosse giebelständige Gebäude (siehe auch Bild im ersten Beitrag) umfasst zwei Kernbauten aus der Wiederaufbauphase nach dem Stadtbrand von 1418. Die ersten beiden Obergeschosse bestehen aus zwei voneinander unabhängigen Wandständerkonstruktionen mit über zwei Geschosse durchlaufenden Ständern, die mit Fuss- und Kopfbändern ausgesteift sind. Das ursprüngliche Dach bestand wohl aus zwei aneinander stossenden, 30° geneigten Pultdächern in derselben Ausrichtung wie das heutige Dach. Die beiden Kernbauten verkörpern das typische alemannische Fachwerk, wie es im 15. Jahrhundert im Bodenseegebiet und schweizerischen Mittelland bis Basel verbreitet war.

    1567 oder 1576 wurden die beiden Kernbauten vereinigt und das 3. Obergeschoss samt Satteldach aufgesetzt.


    Webergasse 15 "zu den vier Winden"

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    Auch hier besteht eine zweigeschossige Wandständerkonstruktion. Vom zugehörigen ursprünglichen Dach hat sich in der linken Giebelwand ein Sparren erhalten. Der rechte Hausteil und das aufgestockte 3. Obergeschoss zeigen fälschlicherweise freigelegtes, konstruktives Fachwerk aus dem 19. Jahrhundert. Anhand von Vergleichsbeispielen wird das Haus um 1450/60 errichtet worden sein.


    Gallusstr. 20 "Blaues Haus"

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    Mit seinen beiden zierlichen Eckerkern und dem blau gestrichenen Fachwerk ist das "Blaue Haus" eines der auffälligsten Häuser rund ums ehemalige Kloster. Nach seiner Errichtung 1575 erhielt das Fachwerk zuerst einen roten, und erst im 17. Jahrhundert einen blauen Anstrich.


    Gallusstr. 26 "zum grünen Hof"

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    Gegenüber dem Westausgang der Kathedrale empfängt einen dieses zierliche Gebäude mit rundem Eckerker. Es entstand 1606 durch die Aufstockung eines älteren gemauerten Stalles mit dem Fachwerkgeschoss. Im frühen 17. Jahrhundert steht das St. Galler Fachwerk allgemein in einer Blüte mit reichen Fachwerkfiguren.


    Auf dem Damm 14 und 16

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    Anlässlich des Umbaus und Vereinigung der Häuserzeile 12-18 1982 wurden zwei Fachwerke freigelegt. Infolge starker Veränderung im 19. Jahrhundert wurden sie in Anlehnung an den ursprünglichen Zustand handwerklich gut, formal aber sehr schlecht rekonstruiert. Erkennbar ist beim hinteren Gebäude wiederum eine Wandständerkonstruktion aus dem 15. Jahrhundert.


    Gallusstr. 4 und 6

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    Beide Häuser wurden seit dem 15. Jahrhundert zweimal aufgestockt, wobei die erste Aufstockung (heutiges 3. Obergeschoss) aus dem 16. Jahrhundert die Häuser konstruktiv verbindet. Ob es damals effektiv ein Haus war, ist unbekannt. Nr. 6 (links) hat zudem einstige Verbindungstüren zum rückseitig zusammengebauten Haus Schmiedgasse 5. Der Erker ist der Rest eines breiten Aufzuggiebels, der bis ins 19. Jahrhundert auch auf Nr. 6 übergriff und zur Konstruktion des 3. Obergeschosses gehörte. Die Aufstockungen beider 4. Obergeschosse erfolgten im 16./17. und 19. Jahrhundert getrennt.


    Webergasse 26 "zum Strauss"

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    Der "Strauss" ist eines der wenigen Gebäude mit Kern aus dem 15./16. Jahrhundert, dessen Fassaden im 16. Jahrhundert teilweise durch Mauerwerk ersetzt wurden. Das Fachwerk der Rückseite entstammt ebenfalls dem 16. Jahrhundert. 1606 erhielt das Haus ein 3. Obergeschoss mit neuem Dachstuhl und eine neue Vorderfassade, wobei diese im 19. Jahrhundert abermals umgestaltet wurde und seither verputzt ist.

  • Im entferntesten Altstadtviertel, dem St. Mangenquartier, decken sich der Bestand und die Qualität der Fachwerkbauten weitgehend mit jenen in Klosternähe. Wann dieses Quartier als 1. Stadterweiterung in den Mauerring einbezogen wurde, ist nicht klar. Jedenfalls geschah dies im frühen 15. Jahrhundert entweder unmittelbar vor dem Stadtbrand von 1418 oder als Folge davon.

    Hier befindet sich eine weitere ehemalige Klosteranlage, das Frauenkloster St. Katharinen:

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    Dieses birgt in seinem Innern einen in den Jahren 1504 bis 1507 erbauten Kreuzgang. Das Fachwerk des 1. Obergeschosses über dem Ostflügel (rechts) dürfte dieser Bauphase entstammen und zeigt die typisch alemannische horizontale Gliederung des Gefüges. Die Gefache sind nicht mit lehmverschmierten Rutenflechtwerk oder Backsteinen ausgefacht, sondern mit dicken Holzbohlen, die früher die Wärme der dahinterliegenden beheizbaren Stuben am besten isolierten. Aussen waren sie mit Tonplatten und Verputz zugedeckt, sodass wie beim ausgemauerten Fachwerk nur die Balken sichtbar blieben.

    In nachreformatorischer Zeit, als das Kloster bereits aufgehoben war, erhielt dieser Flügel (1664) eine Aufstockung mit dem Quergiebel.


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    Die Aussenseite des Ostflügels gegen die Katharinengasse hat links eine Veränderung der Fensterdisposition erfahren. Die einst freiliegende Aussenwand des 1. Obergeschosses ist heute durch den Anbau im Vordergrund aus der Restaurierungsphase von 1976/78 verdeckt, der einen Vorgänger aus den 1880er-Jahren ersetzte.


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    Ebenfalls im 17. Jahrhundert wurde auch der Nordflügel des Kreuzgangs neben der Kirche überbaut. Das ehemalige Kloster diente damals als städtisches Gymnasium, und so ist es möglich, dass in dieser Aufstockung eine oder zwei Schulstuben Platz fanden. Erstaunlich ist das lange Fortleben angeblatteter Fuss- und Kopfbänder bis ins 17. Jahrhundert.


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    Die Erschliessung der ehemaligen Klosteranlage erfolgt heute durch einenTrakt an der Katharinengasse. Der zweigeschossige, massive Kernbau aus dem frühen 16. Jahrhundert erhielt 1664(?) ein 3. Obergeschoss aus Fachwerk. Bei der Restaurierung der Klosteranlage 1976/78 wurde eine weitere Aufstockung von etwa 1880 rückgängig gemacht und dem neuen Dach ein früher nie existierender Quergiebel aufgesetzt. Die Aufstockung von 1664(?) erfolgte über einem L-förmigen Grundriss, der auch den bereits gezeigten Ostflügel des Kreuzganges umfasst.


    Katharinengasse 16

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    Das um 1630 erbaute Gebäude ist ein äusserst einfaches Handwerker- oder Fuhrhalterhaus mit Wohnung im Obergeschoss. Sein Fachwerk zeigt entsprechend einfache Formen.

  • Schwertgasse 17-23

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    An der Schwertgasse, die bis zum endgültigen Mauerfall gegen die Mitte des 19. Jahrhundert nur einseitig mit Wohnhäusern bebaut war, finden sich gleich fünf Wandständerbauten aus dem 15. Jahrhundert. Bis zu einem Brandfall vor gut zehn Jahren waren es sogar noch sechs!

    Die Häuser Schwertgasse 17-23 haben ihre altertümliche Form bis heute bewahren können. Das älteste Bauteil findet sich im Erd- und 1. Obergeschoss von Nr. 17 (rötlich verputztes Gebäude) und konnte dendrochronologisch auf 1433 (oder kurz danach) datiert werden. Bis ins 18. Jahrhundert wurde es insgesamt dreimal aufgestockt - und es steht immer noch! 1468 (oder kurz danach) entstand mit selben Ausmassen der gemeinsame Kernbau der Nummern 19 (schmales rotes Fachwerkhaus) und 21 (graues Fachwerkhaus).

    Nr. 23 hat einen sehr gut dokumentierten, zweigeschossigen Kernbau von 1529, bereits aber in Stockwerkbauweise. Insgesamt birgt dieses Haus 15 Bauetappen! Diese sind in folgendem Artikel anschaulich beschrieben:

    Die wechselvolle Geschichte eines Fachwerkbaus: ein Fallbeispiel aus St. Gallen


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    Der gemeinsame Kernbau der Nummern 19 und 21 (Partie mit gründen Fensterläden und Dreierfenster rechts daneben) wurde spätestens 1607 geteilt, nachdem er schon sehr früh eine Erweiterung gegen Norden (rechts) erfahren hatte. Nr. 19 wurde insgesamt dreimal aufgestockt: 1607 (mit rückseitiger Erweiterung), 1682 und 1718; Nr. 21 (ebenfalls mit rückseitiger Erweiterung) 1631 mit zweigeschossigem Aufzuggiebel darüber und 1710 beidseits des Aufzuggiebels.


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    Die vielen Bauetappen innerhalb eines Hauses sind in St. Gallen keine Seltenheit. Der Umstand des Lieber-Bewahrens statt Neubauens hat wahrscheinlich dazu geführt, dass in St. Gallen noch viele weitgehend erhaltene Wandständerbauten aus dem 15. Jahrhundert existieren.


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    Die Rückseite der Häuser 17-21 gegen die Katharinengasse, wo ein Brand vor fast zwei Jahren relativ glimpflich abgelaufen ist. Äusserlich hat sich nichts verändert, ausser das einige Bretter des verschalten Aborterkers neu sind.


    Schwertgasse 1-9

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    Die Häuser weisen eine ähnliche Baugeschichte wie die zuvor beschriebenen Nummern 17-23 auf. Sie sind allerdings zwischen 1860 und 1880 rigoros umgebaut und mit klassizistischen Fassaden versehen worden. Die Nr. 1 (im Hintergrund mit starker Auskragung) birgt eine zweigeschossigen Wandständerbau von kurz nach 1420 über einem gemauerten Erdgeschoss.

    Daran wurde über einem Erdgeschoss unbekannter Bauweise ein weiterer Wandständerbau angefügt (Nr. 3, weiss) und 1465 ein dritter (umfassend Nr. 5, grün und Nr. 7, gelb). Letzterer war ebenfalls zweigeschossig, lag aber wie bei Nr. 17 und 19/21 direkt auf dem Boden und nicht über einem gemauerten Sockelgeschoss.

  • Im St. Mangenquartier bestanden bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts mit Ausnahme der kirchlichen und öffentlichen Bauten praktisch alle Bauten aus Fachwerk. An massiven Wohnbauten fand ich bisher erst zwei (Goliathgasse 1, Magnihalden 15).

    Durch die Goliathgasse führte einst der Verkehr vom Kanton Thurgau und östlichen Bodenseeraum in die Stadt. Baulich unterschied sie sich nicht von andern (Neben-)Gassen. Durch die Topographie am Fuss eines Hügels sowie der Lage entlang dem heute zugedeckten Irabach und dem ehemaligen St. Katharinenkloster ist sie nicht geschlossen bebaut.


    Goliathgasse 3

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    Das Haus mit einem Ladenvorbau und Terrasse darüber besticht durch seinen zweigeschossigen Erker und dem Dachgiebel. Diese Dachgiebel dienten einst dem Warenaufzug und sind heute praktisch durchwegs als Wohnraum ausgebaut. Sein heutiges Volumen fand das Haus im 17. Jahrhundert, und es musste später nur noch eine Fensterumdisponierung und einen deckenden Verputz über sich ergehen lassen.


    Goliathgasse 5 "zum roten Herz" und 7

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    Die folgenden zwei Häuser besitzen ebenfalls solche Aufzugsgiebel und unter dem Verputz einstiges Sichtfachwerk. Nummer 5 erfuhr eine ziemlich frühe Fassadenumgestaltung, und zwar zeigt sie nicht die üblichen hochformatigen Fenster des Klassizismus, sondern noch die nach dem 16. und 17. Jahrhundert anmutenden Zwillingsfenster mit fein profilierten Fenstersimsen. Im Hausemblem mit dem roten Herz findet sich die zugehörige Jahreszahl 1784.

    Der Ursprung des Hauses geht ins 15. oder 16. Jahrhundert zurück. An den höheren Fensterbrüstungen des 3. Obergeschosses erkennt man, dass dieses aufgestockt worden ist. Zweigeschossige Aufzuggiebel, wovon nur das untere Geschoss dem Warenaufzug diente, sind selten. Vier Vergleichsbeispiele sind zwischen 1628 und 1631 entstanden, und somit darf man postulieren, dass das 3. Obergeschoss auch um diese Zeit entstanden ist.


    Goliathgasse 21 "zum Kranich" und 23

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    Am tiefsten Punkt der Stadt, wo der Irabach hinter dem einstigen St. Katharinenkloster die Goliathgasse erreichte, steht ein bemerkenswertes Ensemble. Während Goliathgasse 21, mit einem kräftigen Balkenwerk und Auskragungen besticht, zeigt sich die Nr. 23 in einem fast bemitleidenswerten Zustand. Rigorose Fensterumdisponierungen und Setzungen haben zu einem Fachwerkbild geführt, wie man es heute nicht mehr freilegen würde.

    Beide Häuser haben einen gemeinsamen Kernbau von 1423, ein Wandständerbau auf Höhe des Erd- und 1. Obergeschosses.


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    Die zurückliegende Fassadenpartie beim Balkon ist die ursprüngliche Fassade des Baus von 1423. Bereits 1450 wurde dieser aufgestockt, wobei die starke Auskragung von über einem Meter rätselhaft ist. Denkbar ist eine einstige Vorrichtung zum Aufhängen und Trocknen gefärbter Leinwand. Der Erkervorbau am 1. Obergeschoss ist an seiner Tragsäule mit 1625 datiert. Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts erfuhr der "Kranich" eine weitere Aufstockung.


    Goliathgagasse 21-27

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    Die ganze Zeile zwischen der Goliathgasse und Magnihalden ist der am besten erforschte Häuserblock der Stadt. Der Ursprung der östlich anschliessenden Nr. 25 (verputzt, weiss) dürfte auch ins 15. Jahrhundert zurückreichen und mehrere Bauetappen in der Tiefe als auch in der Höhe umfassen. Nr. 27 (verputzt, hellgrau) ist ein Neubau von 1859 in Konstruktionsfachwerk. Sein Hinterhaus ist aber älteren Datums.


    Goliathgasse 27, Hinterhaus

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    Das Hinterhaus ist 1619 entstanden und bereits 40 Jahre später aufgestockt worden. Augenfällig sind hier die Setzungen im Häuserblock zwischen der Goliathgasse und Magnihalden mit bis zu 70 cm auf 14 m Tiefe!


    Magnihalden 14-22

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    Zuunterst an der Goliathgasse zweigt die Magnihalden ab und führt zur St. Mangenkirche hinauf. Alle Bauten zeigten einst Sichtfachwerk, aber infolge radikaler Fensterumdisponierungen im 19. Jahrhundert wurde auf eine Freilegung verzichtet.

    Der Kopfbau rechts, Magnihalden 22, ist ein sehr später, zweigeschossiger Wandständerbau von 1560 mit einem stockwerkweise abgebunden 2. Obergeschoss aus demselben Jahr. 1860 wurde das Haus aufgestockt und die unteren Geschosse umgebaut.


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    Bei der Restaurierung von Magnihalden 22 vor einigen Jahren wurden die Innenräume, die nur noch rudimentäre Ausstattung aus dem 19. Jahrhundert aufwiesen, im Zustand aus der Bauzeit von 1560 restauriert.

  • Zitat von Loggia

    Mal eine Frage zu den Aufzugsgiebeln:
    In Waldshut waren die zeitenweise auch zumindest an einigen Häusern zu sehen. In St. Gallen scheinen die ja sehr häufig erhalten zu sein.
    Das waren Lastaufzüge, ja, aber was wurde damit in welches Geschoß befördert? Wie war die Nutzung damals für Vorräte welcher Art auch immer (Brennholz vielleicht?), und wo wurden Pferde untergebracht, die gab es früher ja auch mehr als heute?

  • Solche Aufzuggiebel (in Mundart sagen wir "Büscheliufzug"; Büscheli = Reisigbündel, zusammengebundene Äste) gab es früher beinahe in jeder Stadt. Bei giebelständigen Bauten sitzen die Aufzugsöffnungen meistens in der Mittelaxe des Giebeldreiecks mit einem Kragarm darüber (bspw. in Holland noch sehr häufig anzutreffen). Es ist auch möglich, dass bei traufständigen Bauten die Aufzugsöffnung im obersten Vollgeschoss integriert war. In St. Gallen waren die Kragarme samt Winde beweglich und konnten mit Muskelkraft nach draussen gestossen werden.

    Wahrscheinlich waren es vor allem Brennholz- und Kornvorräte, die im Estrich untergebracht wurden. Ich kann mir aber vorstellen, das je nach Gewerbe oder Handel, die im Haus betrieben wurden, auch andere Sachen im Estrich gelagert wurden. Wertvolle Güter fanden ihr Lager aber eher in feuersicheren, mit Eisentüren verschlossenen und oft überwölbten Lagerräumen im Erdgeschoss.

    In St. Gallen sind die Aufzuggiebel aber besonders markant, weil sie spitzgieblig und noch zahlreich erhalten sind. In Deutschland sind sie auch in Nürnberg in sehr hoher Zahl augenfällig; im 15. Jahrhundert zuerst in Form einer hohen, fassadenbündigen Schleppgaube, später dann mit einem trapezförmigen Walmabschluss und im 18./19. Jahrhundert mit einem flachen Dreieckgiebel. In St. Gallen waren sie aber seit dem 15. Jahrhundert bis zu ihrer Aufgabe im 19. Jahrhundert spitzgieblig. Nebst St. Gallen weist in der Schweiz auch noch Solothurn eine hohe Zahl an Aufzuggiebeln auf.

    Wo die Pferde untergebracht waren... sicher nicht im Estrich ;) . Diese Thematik hat aber weder mit Fachwerkbau noch mit St. Gallen zu tun. Trotzdem aber ein kleiner Exkurs: innerhalb der Stadtmauern dürften nur die reichsten Bürger Pferde besessen haben. Die meisten Bewohner gehörten dem Mittelstand an, und in Randgebieten waren vor allem Handwerker anzutreffen. Von letzteren beiden besassen aber die wenigsten Pferde; wofür auch? Die meisten Waren wurden mit Handkarren transportiert, und für grössere Güter gab es Lohnkutscher (die Vorläufer der heutigen Camioneure/Transportfirmen).

    Um trotzdem noch den Bogen von den Pferden zu den Aufzuggiebeln zu spannen, habe ich schon einige Zeichnungen und Stiche mit Ställen gesehen, die oft auch einen Aufzuggiebel für Stroh- und Futtervorräte besassen.


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    Löwengasse 4: Beispiel eines ehemaligen, zu einem Wohnraum umgenutzten Aufzuggiebel aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts (das Datum im Giebelfeld stellt ein Renovationsdatum dar).


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    Schwertgasse 21: Beispiel eines ehemaligen, zweigeschossigen Aufzuggiebels von 1631, dem durch Aufstockung von 1710 beidseits Wohnräume angefügt wurden. Die Aufzugsvorrichtung selbst wurde erst im 19. Jahrhundert zugunsten eines weiteren Wohnraumes aufgegeben und die Öffnung mit einer Wand verschlossen.

  • Die Magnihalden führt parallel zur Goliathgasse zur St. Mangenkirche hinauf und wieder zum Marktplatz hinunter. Dazwischen liegt nur eine Häuserzeile, die in der Tiefe einen Höhenunterschied von zwei Geschossen ausgleicht. Im östlichen Teil wiesen die Häuser Vorgärten auf, die im 19. Jahrhundert mit niedrigen Gewerbebauten überbaut wurden. Der westliche Teil stösst beidseits direkt an die Strassen, sodass dort an zwei Stellen ein Vorder- und ein Hinterhaus direkt aneinander stiessen (eines heute vereinigt mit Goliathgasse 19, das andere Goliathgasse 21/Magnihalden 10.

    Die Seiten zur Goliathgasse sind vier Beiträge vorher ab dem dritten Bild abgelichtet. Die Topographie und die komplizierten Grundrisse haben hier ein Eldorado für die Bauforschung geschaffen!


    Goliathgasse 25 (Rückseite)

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    Die klassizistisch gestaltete, weiss gestrichene Vorderseite von Goliathgasse 25 sieht man hier nochmals.

    Das 3. Obergeschoss (hier das oberste Vollgeschoss) und das Dachgeschoss sind aufgrund baugeschichtlicher Beobachtungen im Hohlraum zum Hinterhaus von Goliathgasse 27 sicher vor letzterem entstanden, also vor 1619. Das Hinterhaus schaut links von der Parkverbotstafel ganz knapp auch auf den Platz an der Magnihalden. Über die Baugeschichte der unteren Geschosse ist nichts bekannt.


    Magnihalden 10, Goliathgasse 19 "zum Raben"

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    Magnihalden 10 ist das rote Fachwerkhaus hinter der Brunnensäule und auf drei Seiten von Nachbarhäusern umgeben. Zeitweise war es das Hinterhaus des "Kranichs", Goliathgasse 21, und ist heute wieder mit ihm vereinigt. Es wurde 1450/51 errichtet und 1689 aufgestockt. Bei der Aufstockung wurden der Zimmermeister und Bauherr gebüsst, weil der Dachfirst zwei Fuss (60 cm) höher als bewilligt gelegt wurde.

    Das graue Fachwerkhaus, Goliathgasse 19, ist wieder ein Wandständerbau über zwei Geschosse (Eingangsgeschoss und erstes Fachwerkgeschoss) von 1450. Aufstockungen erfolgten 1689 und 1716.

    Das rechte Fachwerkhaus ist ebenfalls ein zweigeschossiger Wandständerbau über einem geschossweise abgebundenen Erdgeschoss aus einem Guss von 1464. Gleichzeitig mit dem Nachbar erfolgte 1716 eine Aufstockung. Bis 1827 war es ein selbständiges, auf drei Seiten zugebautes Häuschen und wurde dann mit Nr. 19 und dem Vorderhaus vereinigt.


    Magnihalden 3 "zum Pfauen"

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    Ein auf den ersten Blick rein konstruktives Fachwerk zeigt Magnihalden 3 bei der Einmündung in die Goliathgasse. Links von Nr. 1 folgen die bereits gesehenen Häuser Goliathgasse 3 bis 7.


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    Am durchgebogenen Rähm und den beiden Kopfbändern des 2. Obergeschosses erkennt man den älteren Kern. Tatsächlich ist auch hier ein zweigeschossiger Wandständerbau von 1425 versteckt, der kurz nach 1830 aufgestockt und stark umgebaut wurde.


    Metzgergasse 5 "zum goldenen Schäfli" (Rückseite)

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    Der Kern des ehemaligen Metzgerzunftgebäudes reicht auch ins 15. Jahrhundert zurück. 1629 wurde es ab dem 2. Obergeschoss neu aufgeführt. Das Fachwerk dieser Erneuerung liegt auf der Hofseite frei.

    Der zweigeschossige Quergiebel ist typisch für diese Jahre, diente aber nie dem Warenaufzug. Die Waren wurden natürlich auf der Gassenseite aufgezogen, wo ein Pendant zum hofseitigen Giebel besteht. Vermutlich als Lastenausgleich für den Dachstuhl wurden meist auf beiden Seiten solche Giebel erstellt.


    Kirchgasse 2

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    Das Eckhaus ist ein typisches Handwerkeranwesen von 1642.


    Augustinergasse 22

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    Es ist das einzige Haus aus dem frühen 15. Jahrhundert, das bis heute seine ursprüngliche Form samt Dachstuhl bewahren konnte. Es besteht aus einem zweigeschossigen Wandständerbau auf vermutlich originalem, aus Bruchsteinen gemauertem Erdgeschoss. Das Dach hat eine Neigung von 30 Grad. Die Fassade ist leider ein Fantasieprodukt der 1980er Jahre.


    Marktplatz 10-16

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    Nach dem Bummel durch das St. Mangenquartier gelangt man wieder auf den Marktplatz, wo sich nur noch vier Häuser aus spätgotischer Zeit erhalten haben. Ihre Ursprünge reichen ins 15. bis 17. Jahrhundert zurück. Bis ins 19. Jahrhundert wurden sie ein- bis zweimal aufgestockt und verputzt.

  • Turmgasse 6 "hinterm Turm"

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    Es ist das erste Haus in der Stadt, dessen Fachwerk um 1904 "freigelegt" wurde. Damals wurden auf die Balken Bretter genagelt, um eine optisch einwandfreie Oberfläche zu erhalten. Zudem wurden einige historistische Zutaten angebracht, die später teilweise wieder entfernt wurden.

    Das links angeschnittene Haus ist Kugelgasse 16 ,"zum Regenbogen", das man im dritten Beitrag während den Um- und Neubauarbeiten 1911 sieht.


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    In der Literatur wird als Baudatum immer 1523 genannt, was aber kaum zutrifft. Die ersten beiden Obergeschosse zeigen Merkmale aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. 1523 könnte aber auf das 3. Obergeschoss zutreffen.


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    Das verputzte Nachbarhaus Nr. 8 mit schiefwinklig und stark auskragendem 3. Obergeschoss ist ein sehr interessanter Bau, dessen baugeschichtliche Untersuchung ich als Vergleich zu einem Haus in Nürnberg heranzog, wo auch Detailpläne publiziert sind. >>> Augustinerstrasse 7 in Nürnberg

    1937 sind die unteren drei Geschosse aus dem 15. Jahrhundert komplett mit einem ausbetonierten Stahlfachwerk neugebaut worden. Um die damals geltende, zurückversetzte Strassenbaulinie zu umgehen, liess man das 3. Ober- und das Dachgeschoss stehen.


    Kugelgasse 8 "zur Kugel" und 10 "zum Schwanen"

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    Ein beliebtes Fotosujet ist die Kugelgasse mit zwei prächtig geschnitzten Erkern und dem dem St. Laurenzen-Kirchturm im Hintergrund.

    Die Seitenwand von Nr. 8 zeigt freigelegtes Fachwerk. Die Vorderseite blieb aber verputzt, um das Augenmerk allein auf den zweistöckigen Erker zu konzentrieren. Das Haus stammt von 1642, der Erker vermutlich von 1690, wohl als Gegenrecht, als der Nachbar in der Nr. 10 eine Bewilligung zur Aufstockung seines Erkers erhielt.

    Die Altstadt ist reich an historischen Erkern, sowohl an Stein- als auch an Fachwerkbauten. Die Krux ist nun, dass die Häuser mit den schönsten Erkern oft unter dem Verputz auch die schönsten Fachwerke verbergen. Sichtbares Fachwerk konkurriert aber die Pracht der Erker, und deshalb ist man sehr zurückhaltend mit der Freilegung an solchen Bauten. Baugeschichtliche Beobachtungen zeigen hingegen, dass beides nebeneinander existiert hatte.


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    Dasselbe gilt auch für Nr. 10. Das Haus von 1621 besass wahrscheinlich von Anfang an am 1. Obergeschoss einen Erker, der dann 1690 eine Aufstockung durch einen anderen Künstler erfahren hatte.


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    Ein Infrarotbild der Fassade von Nr. 8 zeigt das verborgene Fachwerk, das im Bereich des Erkers einige Veränderungen aufweist. Auch die Aufstockung mit konstruktivem Fachwerk aus den 1880er-Jahren hebt sich von den untern beiden Geschossen ab.


    Kugelgasse 4

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    Das fälschlicherweise freigelegte, rein konstruktive Fachwerk stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die enggelegte Balkenlage über dem 1. Obergeschoss sowie eine Zäsur an der Rückfassade belegen, dass das Haus einen älteren Kern hat. Das Haus war Teil des einstigen Heiliggeist-Spitals.


    Kugelgasse 6

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    Dieses Haus gehörte ebenfalls zum einstigen Heiliggeist-Spital, und auch sein Fachwerk wurde fälschlicherweise freigelegt. Unregelmässigkeiten am 3. Obergeschoss sowie die Rückseite belegen, dass das Haus einen viel älteren Kern hat, als es die Fassade vorgibt.


    Spisergasse 24-32 und 29

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    Fünf der sechs hier gezeigten Häuser haben alle eine zweigeschossige Wandständerkonstruktion über gemauertem(?) Erdgeschoss als Kernbau. Sie wurden zwischen 1418 und 1422 errichtet und dokumentieren, dass man den Wiederaufbau der 1418 letztmals abgebrannten Stadt zügig an die Hand nahm. Die Spisergasse ist reich an Erkern, weshalb hat man hier nie Fachwerke freigelegt hat, da solche die Erker konkurrenzieren würden. Eine Ausnahme bildet das weiss gestrichene Fachwerk von Spisergasse 24 (rechts angeschnitten).


    Spisergasse 24

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    Es ist das einzige Haus, dessen Wiedererrichtung noch ins Jahr des Stadtbrandes von 1418 datiert werden konnte. Seine zweigeschossigen Ständer haben einen Querschnitt von bis zu 45 cm, und stammen demnach von Fichten und Tannen mit einem Durchmesser von mindestens 60 cm!

    Das Fachwerk wurde um 1800 noch nicht deckend verputzt, sondern nur weiss übertüncht und die Fassadenkanten mit einer illusionistischen Eckquadrierung versehen. Erst später folgte ein deckender Verputz. Ein solcher Vorgang konnte schon an mehreren Bauten nachgewiesen werden. Mit der Restaurierung dieses Zustandes konnten zwei Fliegen auf einen Streich getroffen werden: einerseits die Sichtbarmachung eines historisch sehr wertvollen Fachwerks und andererseits die Wahrung des gewohnten Bilds der Spisergasse mit "steinernen Bauten" und ihren Erkern.

  • Löwengasse 4 "zum Löwen"

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    Das Haus hat eine fast identische Baugeschichte wie Spisergasse 24 (s. Schluss des vorangehenden Beitrages). Die Vorderseite zeigt zwar eine klassizistische Fassade von 1860/70, wobei das 3. Obergeschoss beim Um- und Neubau 1983/84 in einen spätgotischen Zustand zurückversetzt wurde. Auf den damals zutage getretenen Balken prangten ebenfalls eine weisse Tünche und gemalte Eckquader wie bei Spisergasse 24. Die Jahrzahl "1783" im Giebelfeld des Aufzuggiebels dürfte diese Renovation dokumentieren, als lediglich mit Farbe ein Massivbau vorgetäuscht wurde. Erst später folgte dann ein deckender Verputz.

    Im Hintergrund sieht man Kugelgasse 8 (s. ebenfalls vorangehenden Beitrag) mit dem grösstenteils erst aus den 1880er-Jahren stammenden Fachwerk der Aufstockung und des Anbaus.


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    Das Fachwerk des 3. Obergeschosses erfuhr eine handwerklich gute, formal aber mit viel Fantasie ausgeführte Rekonstruktion. Das Zugladentäfer, bei dem die Fenster mit senkrecht verschiebbaren Läden geschlossen werden, ist hier nicht nachgewiesen und ebenfalls eine freie Rekonstruktion.


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    Die Hoffassade offenbart mehr über die Ursprünge der Baugeschichte. Die Fassade ist grösstenteils leider auch eine sehr freie Rekonstruktion, bei der nur die wesentlichsten Grundgerüstbalken erhalten blieben.


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    Aufnahme des 1983 zutage getretenen Fachwerks.

    Die Wandständerkonstruktion (braun) der ersten beiden Obergeschosse schliesst oben mit einem doppelten Rähm ab, der ein Merkmal des frühen alemannischen Fachwerks ist. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts erscheinen in St. Gallen die ersten Bauten mit einem einfachen Rähm. Vermutlich hing diese Vereinfachung mit einer Anhebung des Dachneigungswinkels von 30° auf knapp 45° zusammen, wodurch die Konstruktionsdetails am Dachfuss geändert werden mussten. Eine Errichtung des Hauses zwischen 1418 und 1450 ist somit wahrscheinlich.

    Um 1500 erfolgte die Aufstockung des 3. Obergeschosses (rot) mit den heute noch erhaltenen Quergiebeln auf der Vorder- und Rückseite. Die Gefache waren ursprünglich mit Sichtbacksteinen ohne Brüstungspföstchen ausgemauert.

    Die baulichen Merkmale und daraus gefolgerte Baugeschichte entsprechen auch hier weitgehend derjenigen von Spisergasse 24.

    Infolge von Fensterumdisponierungen und des Anbaus eines Aborterkers (gelb) erlitt die Fassade über die Jahrhunderte hinweg grosse Veränderungen.


    Spisergasse 13, Hinterhaus

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    An denselben Hinterhof wie Löwengasse 4 stösst das Hinterhaus von Spisergasse 13, "zum Bären". Es wurde um 1800 als Putzbau mit einem konstruktiven, nicht auf Sicht konzipierten Fachwerk errichtet. Dieses wurde fälschlicherweise in den 1980er-Jahren freigelegt.

  • Schmiedgasse 3 und 5

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    Aus einer Reihe vorspringende Häuser haben immer wieder ihren besonderen Reiz, nicht nur wegen ihrer Position wie ein Eckhaus. Auch das Innere erhält dadurch mehr Licht, und der Ausblick auf das Leben in der Gasse ist ungemein grösser.

    Schmiedgasse 5 ist ein solches Beispiel, wiederum ein Wandständerbau aus dem 15. Jahrhundert, der bis ins 19. Jahrhundert zweimal aufgestockt worden war. Zeitweise war er mit dem rückseitig anstossenden Haus Gallusstrasse 6 (siehe Beitrag, 6. Bild) verbunden.


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    Bei der Restaurierung vor etwa 40 Jahren wurden einzelne Fenster rekonstruiert, insbesondere der alemannische Fenstererker im 1. Obergeschoss. Der linke Wandständer fehlt dort möglicherweise, oder der Wandständer des linken Nachbarn Nr. 3 wurde von Anfang an gemeinsam benutzt. Überhaupt sind die rekonstruierten Teile konstruktiv nicht nachvollziehbar, was vor allem auch die Auskragung betrifft. Zudem steht der linke Ständer des 2. Obergeschosses direkt über einem Fenster darunter. Nr. 3 besitzt im 2. und 3. Obergeschoss Fensteröffnungen des 19. Jahrhunderts mit konstruktivem Fachwerk. Bei der Restaurierung wurde dieses freigelegt unde blaugrau gestrichen. Ob das Blau wirklich einst vorhanden war, müsste in allfälligen Dokumentationen nachgeprüft werden. aus dem Reihenfenster im 1. Obergeschoss wurde mit Brettern ein Fenstererker nachempfunden.


    Schmiedgasse 16-24

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    Eine besonders spätgotisch anmutende Häusergruppe bilden die Häuser Nrn. 16 bis 24. Das rötlich-ockerfarbene Haus, Nr. 16, ist aber ein massiver Neubau von 1914/15 in Heimatstilformen. Nr. 24, mit grauem Fachwerk, ersetzte kurz nach 1850 einen spätgotischen Vorgängerbau. Sein Fachwerk ist rein konstruktiver Natur und erst 1984 fälschlicherweise freigelegt worden.


    Schmiedgasse 18 "zum Bäumli"

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    Ein Musterbeispiel eines St. Gallischen Fachwerk-Reihenhauses bildet das "Bäumli". Errichtet im 15. Jahrhundert als Wandständerbau, aufgestockt im 17. Jahrhundert und im 19. Jahrhundert einer klassizistischen Fassadenumgestaltung entgangen, birgt es im 1. Obergeschoss eine Stube mit einer gewölbten gotischen Balkendecke. Wohl gleichzeitig mit der Aufstockung wichen die Ausfachungen aus dem 15. Jahrhundert mit Bohlen und lehmverschmierten Rutenflechtwerk solchen aus Mauerwerk. Hierzu waren aber kleinere Gefache notwendig, und man setzte dafür im 2. Obergeschoss die geschwungenen Zierbälkchen ein.


    Schmiedgasse 22,24

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    Die beiden Häuser bilden einen Blickfang in der Rosengasse. Am niedrigen Erdgeschoss von Nr. 22 erkennt man das hohe Alter des Hauses, das im 1. und 2. Obergeschoss aus einer Wandständerkonstruktion aus dem 15. Jahrhundert besteht. Kurz nach 1850 wurden zwei weitere Geschosse und der Quergiebel aufgesetzt.

    Nr. 24 zeigt wie bereits erwähnt ein nicht auf Sicht gedachtes Fachwerk. Vom Vorgängerbau haben sich aber in der Wand des linken massiv gebauten Nachbarhauses Nr. 26 aus dem 16. Jahrhundert Spuren erhalten. Das Bruchsteinmauerwerk seiner Seitenwand wurde nahtlos an die damals bereits bestehende Fachwerkwand des Vorgängers von Nr. 24 an- und aufgemauert. Beim Abbruch der Fachwerkseitenwand von Nr. 24 um 1850 blieben aber die Negativabdrücke des Balkenwerks im vorquellenden Fugenmörtel von Nr. 26 erhalten. Beim "Neubau" von Nr. 24 wurde dann keine eigene Seitenwand mehr ausgeführt, da brandschutzmässig die Seitenwand von Nr. 26 allein genügte. Hinter den Holztäfern blieben die Mörtelabdrücke bis heute erhalten. So wäre es theoretisch möglich, das Baujahr eines seit rund 170 Jahren nicht mehr existierenden Hauses dendrochronologisch zu ermitteln, da vom abgebrochenen Haus Balkenkopfabdrücke samt Jahrringen im Mörtel sichtbar blieben.


    Schmiedgasse 30 "zum goldenen Löwen"

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    Hier wurden schon im 17. Jahrhundert zwei Gebäude vereinigt. Beim rechten Hausteil sind Reste einer Wandständerkonstruktion aus dem 15.Jahrhundert auszumachen, die einst auch das Erdgeschoss einbezog. Das Fachwerk ist im 18. und 19. Jahrhundert stark verändert worden.


    Schmiedgasse 21 "zur Stärke"

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    Die Baugeschichte des Hauses "zur Stärke" ist unklar, obwohl es erst aus dem späten 16. Jahrhundert stammt, und zahlreiche Urkunden und Belege über Umbauten berichten. Das Fachwerkgeschoss des sonst gemauerten Gebäudes stammt sicher aus dem 17. Jahrhundert.


    Bankgasse 7

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    Das Fachwerk dieses Hauses wurde nie verputzt. Für die Lage direkt an einer Gasse ist dies die einzige Ausnahme in der ganzen Altstadt! Nur in Seitengässchen und Höfen entgingen einzelne Fachwerke der Verputzungswelle im 18. und 19. Jahrhundert.

    Der viereckige Eckerker mit oktogonalem Aufsatz und der Aufzuggiebel zeugen vom Können der damaligen Zimmermeister. Die im rundbogigen Hauseingang eingemeisselte Jahrzahl 1578 bezeichnet wahrscheinlich das Baudatum des Hauses, wobei der Eckerker wohl erst 1615 angebaut wurde.


    Neugasse 41

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    Das Fachwerk aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts war bis 1980 verputzt. Damals bestanden pro Geschoss drei grosse quadratische Fensteröffnungen. Die heutige Fenstereinteilung ist rekonstruiert worden. Man erkennt dies daran, dass die Brustriegel horizontal verlaufen, die Böden aber einen starken Durchhang aufweisen. Interessant ist die kreuzförmige Teilung der Fenster, wovon sich im altmodischen Sprachgebrauch noch der Begriff "Kreuzstock" für Fenstereinfassung erhalten hat.


    Neugasse 39, 41

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    Gleichzeitig wurde auch Nr. 39 restauriert. Hier entschied man sich für die Erhaltung des klassizistischen Zustands, obwohl genügend Belege für eine Rekonstruktion des Fachwerks vorhanden gewesen wären.

  • Der Fachwerk-Rundgang durch die Altstadt endet wieder im Klosterviertel, wo der Ausgangspunkt war. Die Fassaden einiger Bauten sind nach Nordosten orientiert und im Winterhalbjahr schwieriger abzulichten.


    Gallusstrasse 18 "zur Rose" (rechts) und 20 "zum blauen Haus" (links)

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    Das Haus "zur Rose" ist 1628/29 durch die Vereinigung zweier dreigeschossiger Steinbauten entstanden, was an der Rückseite anhand eines Fassadenversatzes noch zu erahnen ist. Damals wurde das 3. Obergeschoss in Fachwerk aufgestockt. Der charakteristische, zweigeschossige Aufzuggiebel reiht sich in eine Reihe gleicher Pendants aus den Jahren um 1630 ein (Magnihalden 14: 1628, Metzgergasse 5: 1629, Schwertgasse 21: 1631, undatiert: Spisergasse 5, 29, Goliathgasse 5).

    (das Haus hat Fensterläden, welche zum Zeitpunkt der Aufnahme wegen Neuanstrichs ausgehängt waren).

    Das "Blaue Haus" von 1575 ist bereits in diesem Beitrag vorgestellt worden.


    Gallusstrasse 22 "zum Greif"

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    Das Haus mit dem am prächtigsten geschnitzten Erker der Stadt besteht aus Mischbauweise. Die Vorderfassade ist verputzt, trägt am 1. Obergeschoss einen Erker aus dem letzten Viertel des 17. Jahrhundert und am 2. und 3. Obergeschoss eine Wandmalerei von 1943. Durch unsachgemässe Restaurierungen sind beide arg in Mitleidenschaft gezogen worden.


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    Eine Infrarot-Aufnahme der Fassade zeigt, dass sie ab dem 1. Obergeschoss in den linken zwei Dritteln in Fachwerk und im rechten Drittel massiv aufgeführt ist. Wahrscheinlich handelt es sich bei den Massivbauteilen, die über die halbe Haustiefe hinaus reichen, um ein ehemaliges Warenlager oder einen einstigen Wohnturm. Das dritte, nachträglich aufgestockte Obergeschoss besteht ganz aus Fachwerk.

    Die Rückseite zeigt ein freigelegtes Fachwerk, dessen unteren beiden Geschosse durch klassizistische Fensteröffnungen stark verändert worden sind:

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    Gallusstrasse 24

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    Die Rückseite des nach hinten immer schmaler werdenden Hauses zeigt ebenfalls freigelegtes Fachwerk. Eine Seltenheit sind die beiden "Kreuzstöcke" (Fenstergewände samt kreuzförmiger Unterteilung) mit separaten Oberlichtern. Die Vorderseite blieb bei der letzten Restaurierung verputzt, da durch die klassizistische Fensterdisposition vom ursprünglichen Fachwerk aus dem 17. Jahrhundert nur noch wenig Reste übrig blieben. Aussergewöhnlich für St. Gallen ist die Auskragung ab dem 2. Obergeschoss (siehe Abbildung drei Bilder oben, links).


    Gallusstrasse 28 "zum Sonnenhof"

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    Das Haus mit seinem turmartigen Eckerker hatte bis vor 150 Jahren ein noch pittoreskeres Aussehen als heute. Seine einstige Schönheit mit zwei weiteren zweigeschossigen Erkern am 1. und 2. Obergeschoss seitlich des Eckerkers, einem Dachaufzuggiebel, sichtbarem Fachwerk an der Hauptfront sowie Klebedächlein ab dem 3. Obergeschoss ist kaum vorstellbar!

    Das hellblau gestrichene Fachwerk ist für das 17. Jahrhundert als Zweitfassung nachgewiesen. Erbaut wurde das Haus 1607 in einem Guss. Die roten geschosstrennenden Farbbänder sind Reste der ursprünglichen Klebedächlein, die bei der Renovation 1978 nicht als solche erkannt worden waren. Der Standort des entfernten rechten Erkers ist heute durch eine dunklere Tönung der Verputzfelder markiert.


    Gallusstrasse 30 (rechts) und 34 "zur Jägerei" (links)

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    Gallusstrasse 30

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    Das Haus ist ein Beispiel vieler Fachwerkbauten, die ab dem Anfang des 17. Jahrhunderts entstanden sind. Diese zeichnen sich durch kräftige Balkenquerschnitte, Zierfachwerk und grossen Raumhöhen aus. Ganz typisch sind die "Knickbüge", die an die Stelle von angeblatteten Fuss- und Kopfstreben getreten sind. In den Brüstungen findet man oft geschwungene Streben und Andreaskreuze sowie breite, wandhohe Streben (prominentestes Beispiel: Burggraben 23 "zur Hechel, am Rande der Altstadt). Auch bei älteren aufgestockten Gebäuden erkennt man das Fachwerk aus dieser Bauperiode leicht wieder.

    Das Baujahr des Hauses ist unbekannt, aber sicher älter als der nachträglich angefügte Erker von 1672. Am 2. und 3. Obergeschoss ist die Fensteranordnung - für den Laien kaum merklich - verändert.


    Gallusstrasse 34 "zur Jägerei"

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    Wie bei Gallusstr. 22 sind zwei Drittel des Hauses in Fachwerk aufgeführt und ein Drittel massiv. Die Ursprünge sind unbekannt: es ist möglich , dass das Anwesen durch einen Anbau im 15. Jahrhundert in Wandständerkonstruktion an einen älteren Wohnturm entstanden ist. Denkbar ist auch ein Wohn- und Handelshaus aus einem Guss, bei dem die Warenlager massiv gebaut wurden.

    Das 3. Obergeschoss stammt wohl aus dem späten 16.Jahrhundert. Der dreigeschossige Kastenerker ist einmalig und könnte in einer oder zwei Etappen im 17./18. Jahrhundert angebracht worden sein. Aus dem 18./19. Jahrhundert stammt die Fensteranordnung.


    Gallusstrasse 37 "zum Ölblatt"

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    Bis 1559 bildete das Haus mit dem linken Nachbar ein Haus. Beim Umbau beider Bauten um 1977 kam in den ersten beiden Obergeschossen eine Wändständerkonstruktion aus dem 15. Jahrhundert zum Vorschein. Eigenartigerweise umfasst sie gegen die Gasse zwei Räume und gegen den Hof drei. Es muss noch erforscht werden, ob bei der Teilung des Hauses 1559 die Grundstruktur eine Änderung erfuhr. Über diesem Kernbau thronte ein breiter Aufzuggiebel, von dem die rechte Hälfte ins heutige 3. Obergeschoss integriert ist (Pendants von geteilten und in Wohnraum umgenutzten Aufzuggiebeln gibt es bei Gallusstr. 4 und 6, sowie bis 1932 bei Neugasse 6 und 8).

    Die auskragende Fassade des 3. Obergeschosses ist beim Umbau um 1977 leider stark erneuert worden. Durch die Verwendung von Altholz können die ersetzten Teile nicht leicht eruiert werden.


    Auf dem Damm 2

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    Eigentlich handelt es sich hier um ein Eckhaus zwischen der Gallusstrasse und Auf dem Damm, vor das dann Gallusstr. 29 "zur Linde" (s. Abb. 1. Beitrag) gesetzt worden war. Dadurch liegt gegen Osten die schmale Hauptfassade frei, und gegen Norden nur ein Teil der Seitenfassade (hier im Bild). Obwohl das Haus Mitte der 1970er-Jahre saniert worden war, ist über die Baugeschichte praktisch nichts bekannt. Der Kern dürfte aber wohl ins 15. Jahrhundert zurückreichen.


    Auf dem Damm 6 und 2 sowie Gallusstr. 29 "zur Linde" (nach rechts folgend)

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    Beim Umbau und der Vereinigung von Nr. 6 mit dem Neubau Nr. 8 um 1984 ging der grösste Teil der Substanz leider verloren. Die Fassade, die bis dahin verputzt gewesen war und es auch bleiben sollte, zeigte einen Kernbau unter Pultdach aus dem 16. Jahrhundert, der 1723 umgebaut worden war. Erst 1904 wurde auch die Fensterdisposition verändert.

    Ein von privater Seite eingereichter Fassadenplan, der mit wenigen Auswechslungen die Wiederherstellung des Fachwerks im Zustand von 1723 und die erforderlichen Reparaturen darstellte, sowie mit dem Erhalt der meisten Mauerfüllungen rechnete, wurde von der Bauherrschaft aufgenommen. Die Umsetzung erfolgte aber völlig hilflos, sodass heute nur noch 10 % des Balkenwerks alt sind und die Mauerfüllungen gänzlich verlustig gingen. Wenn das Fachwerk wieder verputzt worden wäre, hätten wir heute noch mehr Originalsubstanz.